Cantina in Cannstatter Hand

VfB-Fans vom Prenzelberg finden neue Heimat

Fans des VfB Stuttgart haben in der Cantina Orange ihre neue Heimat gefunden.

Foto: pskFans des VfB Stuttgart haben in der Cantina Orange ihre neue Heimat gefunden. Foto: psk

Es mag ja vielleicht auch daran liegen, dass man in Kreuzberg Minderheiten gegenüber wesentlich toleranter ist als am Prenzelberg. Dort jedenfalls hatte der VfB-Fanclub »Landesvertretung Cannstatt 07« lange Zeit sein Domizil. Aber am Prenzelberg sind auch Plakate aufgetaucht, die den Weg zurück nach Stuttgart weisen (650 Kilometer). Als es dann auch noch innerhalb der Fangruppe Differenzen gab, zog der größere Teil hinaus, um sein Glück zu suchen.

Er fand es in der Cantina Orange. Die Schwäbisch-Albanische Kneipe in der Mittenwalder Straße nahm die Landsleute aus dem Südwesten auch sogleich mit offenen Armen auf. Die VfB-Fans landeten zwar nicht im Land wo Milch und Honig fließen, aber dafür in einer Kneipe, wo sich schwäbische Köstlichkeiten nicht nur in Kässpätzle und Maultaschen erschöpfen. »Außerdem versteht man hier, wenn man eine Halbe bestellt«, schildert einer der Fans die Vorzüge der neuen Fan-Arena.

Seit Anfang Oktober werden die Spiele des VfB Stuttgart in der Cantina nun in voller Länge übertragen, die Konferenz gibt es nur noch dann, wenn die Schwaben nicht spielen. Für das Wirtepaar Carmen und Bashkim rechnet sich das allemal. So drängten sich zum Championsleague-Spiel Stuttgart gegen Sevilla so viele Fußballfans wie noch nie zuvor über die beiden Stockwerke.

Allerdings begannen die ersten Stuttgarter Fans schon zu zweifeln, denn die ersten Spiele an neuer Stätte verliefen durch die Bank nicht gerade so, wie sie sich die erhofft hatten. Der VfB verlor eine Begegnung nach der anderen. Immerhin gab es Trost von den letzten verbliebenen Hertha-Fans. Denen ging es noch schlechter.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Brandstiftung blieb ohne Folgen

Eine Brandstiftung am Mittwoch früh gegen 3:10 Uhr in einem sechsstöckigen Wohnheim in der Waldemarstraße in Kreuzberg blieb im Versuchsstadium stecken: Vermutlich unter Alkoholeinfluss hatte ein 32jähriger Heimbewohner eine Hose vor die Holztür des Duschraumes im 4. Obergeschoss gelegt, sie mit Benzin begossen und angezündet. Der Brandmelder löste Alarm aus, und die Brandschutztüren schlossen sich automatisch. Ein 49jähriger Wachmann eilte herbei und löschte die brennende Hose mit einem Handfeuerlöscher. Der 32jährige wurde festgenommen.

Authentisch, intensiv und exzessiv

Robert S. Plaul war beim 4. Pornfilmfestival Berlin

Diskussionsrunde der Pornoregisseurinnen: Ovidie, Anna Peak, Renee Pornero, Anna Brownfield, Shine Louise Houston und Julie Simone.

Foto: rspDiskussionsrunde der Pornoregisseurinnen: Ovidie, Anna Peak, Renee Pornero, Anna Brownfield, Shine Louise Houston und Julie Simone. Foto: rsp

»Wer alleine Pornos guckt, ist ein Wichser« – so drastisch, aber auch missverständlich formulierte es der Trailer zum 4. Pornfilmfestival, das Ende Oktober im Moviemento stattfand. Denn bei der Veranstaltung ging es mitnichten um die klassischen »Rubbelfilme«, wie sie von den großen Distributoren in hoher Zahl für ein überwiegend männliches Publikum produziert werden. Pornografie nämlich kann – ebenso wie der Sex, den sie darstellt – mehr sein, als die immer gleiche Abfolge von bestimmten Standardstellungen, dargeboten von dickbusigen Blondchen in Strapsen und muskulösen Bodybuilder-Typen, die untenrum gut ausgestattet sind. Wie es anders geht, zeigte etwa der Eröffnungsfilm »The Band« der australischen Regisseurin Anna Brownfield. Klar, es gibt explizite Sexszenen, aber eben auch eine Handlung, eine Geschichte, eine Spannungskurve. Zwar würde der Film theoretisch auch ohne pornografische Elemente funktionieren, aber das wäre so wie bei einem intelligenten Actionfilm ohne Prügelszenen oder Schießereien. Damit sind die Vertriebsprobleme der Produktion allerdings auch schon vorprogrammiert, denn im normalen Einzel- und Versandhandel dürfen »pornografische Schriften« nicht ohne weiteres angeboten werden, und die existierenden Verkaufsmöglichkeiten über Sexshops werden von der Mainstream-Industrie dominiert, deren Kunden »Vorspulfilme« nach üblichem Schema erwarten und kein Interesse an gleichermaßen intelligenter wie stimulierender Unterhaltung haben. Oder haben sie es doch? Um diese Frage kreiste unter anderem die Diskussionsrunde unter dem Titel »Chicks with Guts«, bei der sechs Filmemacherinnen die Frage diskutierten, ob es so etwas wie »feministische Pornografie« gibt, was die Probleme des Mainstream-Marktes sind und wie sie sich vielleicht lösen ließen.

Doch nicht alle gezeigten Filme waren »Pornos« (in welchem Sinne auch immer), und nicht alle – wenn auch gut 40 Prozent – der Filme waren von Frauen. »Stalags – Holocaust and Pornography in Israel« von Ari Libsker zum Beispiel ist eine Dokumentation, die dem Phänomen der in den 60er Jahren in Israel überaus populären pornografischen Stalag-Heftchen auf den Grund geht, die in stereotyper Weise die sexuelle Misshandlung von Gefangenen durch weibliche SS-Offiziere in den Nazi-Stammlagern schildern. Weitaus weniger ernst ging im »Fun Porn«-Kurzfilmprogramm zu, etwa bei den Episoden von »Making of Teeny-Stuten 7«, die das Making-Of-Genre und gängige Pornofilmproduktionsklischees gleichermaßen parodieren. Deutlich mehr zur Sache ging es beim Episodenfilm »Roulette« der Amerikanerin Courtney Trouble, der in sieben unterschiedlichen Szenen die Queer-Subkultur San Franciscos ungeschminkt darstellt und inszeniert. Gerade aus jener Szene ist in den nächsten Jahren noch eine ganze Menge zu erwarten – vielleicht nicht für jeden Geschmack und jede Vorliebe – aber auf jeden Fall authentisch, intensiv und exzessiv.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Niemand hat die Absicht…

Jeder wird wohl wissen, wie dieser Satz von Walter Ulbricht weiter ging und jeder wird auch wissen, was zwei Wochen nach diesem Satz passierte. Die Mauer wurde eben doch gebaut.

Kurt Wansner, Urgestein der Kreuzberger CDU, lehnt eine Bürgerwehr ab. Gleichzeitig fürchtete er jedoch, dass seine wackeren Kreuzberger zur Selbstjustiz greifen könnten, wenn das Anzünden von Autos nicht bald aufhören würde. Vielleicht wäre eine Bürgerwehr dann ja doch ganz schlau, dann hätte man all die Selbstjustizaspiranten unter Kontrolle? Nicht wahr? So könnte die Argumentation doch weiter gehen.

Kurt Wansner ist für rustikale und krachlederne Vorstöße bekannt, manchmal sind sie auch ganz amüsant. Aber hier scheint einer mit Hilfe von Brandstiftern politisch zu zündeln. Bürgerwehr in Kreuzberg? Schwachsinn.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Hubschrauber, Bürgerwehr und gute Worte

Ratlosigkeit im Kampf gegen Autobrandstifter

Brennende Autos in Kreuzberg und Friedrichshain scheinen inzwischen zum Alltag zu gehören. Wie die Berliner Polizei diesem inzwischen chronischen Problem endlich Herr werden will, hat Polizeipräsident Glietsch in einem großen Interview, das er dem »Tagespiegel« gegeben hat, leider nicht verraten. Dagegen hat der frühere CDU-Bundestagskandidat für Kreuzberg der gleichen Zeitung verraten, was er ablehnt, nämlich eine Bürgerwehr.

Tatsächlich ist die Ratlosigkeit aller Orten inzwischen ziemlich groß. Die Bürgerlichen Parteien werfen der Berliner Polizei vor, zu wenig gegen die steigende Zahl der Brandstiftungen zu unternehmen, doch ein Patentrezept haben auch sie nicht.

Einen Rückschlag mussten die Ermittlungsbehörden nun hinnehmen, als die Justiz zwei Verdächtige wieder laufen ließ und der Polizei mehr oder minder deutlich Schwächen in der Ermittlung unterstellten.

Tatsächlich scheinen die Beamten bisweilen etwas unbedarft zur Werke zu gehen. In der militanten linken Szene amüsiert man sich jetzt noch über die polizeiliche Einschätzung eines Brandanschlages auf einen mehr als zehn Jahre alten japanischen Mittelklassewagen. Da dieses Modell nun schon ziemlich betagt war und außerdem entschieden nicht ins Hochpreissegment passte, entschied die Polizei messerscharf, dass es sich dabei nicht um einen politisch motivierten Brandanschlag handele.

Die Polizei musste sich dann allerdings von der linken Szene korrigieren lassen. Ein Wagen mit dem Kennzeichen B-DM 1933 habe durchaus eine politische Bedeutung, zumal er einer, wie die Linken behaupteten, bekennenden Rechtsextremistin gehöre.

Dieter Glietsch, will im Kampf gegen die Autozündler weder Hubschrauber einsetzen, wie das zum Beispiel schon im Kampf gegen Sprayer passiert ist, noch will er bestätigen, dass die Polizei Lockfahrzeuge einsetzt.

Er hofft, dass vor allem linke Politiker mit guten Worten auf die Szene einwirken können, damit die Brandanschläge aufhören. Kurt Wanser wird das nicht genügen. Er fürchtet sowohl um seinen Kiez, als auch, dass Bürger zur Selbtsjustiz schreiten könnten.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Grenzerfahrungen

Robert S. Plaul sah »Drei Stern Rot«

Christian und seine Jugendliebe Jana – will Nattenklinger sie trennen?

Foto: Hoferichter & JacobsChristian und seine Jugendliebe Jana – will Nattenklinger sie trennen? Foto: Hoferichter & Jacobs

Bei Dreharbeiten zu einem Film, der an der deutsch-deutschen Grenze spielt, dreht der Schauspieler Christian Blank (Rainer Frank), der einen DDR-Grenzer spielen soll, plötzlich durch, attackiert aus heiterem Himmel einen Kollegen und landet in der Psychiatrie. In einem Gespräch mit einer Ärztin wird seine ostdeutsche Vergangenheit aufgerollt. Seine Kindheit direkt an der Mauer, seine große Liebe Jana (Meriam Abbas) und vor allem seine Zeit bei der NVA, in der er selbst als Grenzer an der »Staatsgrenze« stand. Und immer wieder ist da ein gewisser Major Nattenklinger (Dietmar Mössmer), der ihn scheinbar durch sein ganzes Leben verfolgt hat und den er in dem angegriffenen Schauspieler wiederzuerkennen glaubte. Nattenklinger, der schon immer da war, als Polizist, als Lehrer und schließlich als Vorgesetzter beim Militär. Aber ist jener, dem Christian vorwirft, seinen ganzen damaligen Lebensentwurf zerstört zu haben, tatsächlich real oder nur ein Hirngespinst, eine Projektionsfläche? Ärztin Wehmann (Petra Kleinert) bohrt nach und fördert die Geschichte jener drei Jahre NVA-Dienst am Todesstreifen zutage, die für ihren Patienten so prägend waren, dass er auch Jahre später noch unter Paranoia leidet.

»Drei Stern Rot« – übrigens das Leuchtraketensignal, das von den Grenzern bei Fluchtversuchen verwendet wurde – gibt einen Einblick in den Grenzer-Alltag am Todesstreifen – in all seiner Absurdität und Bizarrität. Trotzdem ist der Film von Olaf Kaiser und Holger Jancke weder ein anstrengender Problembewältigungsfilm noch die nächste Ostalgie-Komödie á la Sonnenallee. Komische Szenen und NVA-Realität verschwimmen durch den retrospektiven Blick des psychisch angeknacksten Christian Blank zu einem eigenartigen, aber spannenden und unterhaltsamen Konglomerat. Acht Jahre nach Erstaufführung kommt »Drei Stern Rot« im Jubiläumsjahr des Mauerfalls jetzt wieder in die Kinos. Das ist auch gut so, denn der Film ist absolut sehenswert.

Ab 5. November im Sputnik.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Feuerwehr befreit Ehepaar aus Autowrack

Bei einem Zusammenstoß zweier Pkw wurde am Freitagabend ein Fahrer in Kreuzberg schwer verletzt. Gegen 21 Uhr 30 befuhr ein 45-jähriger Mann mit seinem „Opel“ die Brachvogel- in Richtung Gneisenaustraße und übersah an der Kreuzung Blücherstraße einen von links kommenden „BMW“. Durch den Zusammenstoß wurden beide Fahrzeuge auf den dortigen Mittelstreifen geschleudert. Ein Passant befreite die vier- und 13-jährigen Kinder aus dem „Opel“. Der im Pkw eingeklemmte Fahrer und seine 44-jährige Ehefrau mussten durch die alarmierte Feuerwehr befreit werden und wurden in ein Krankenhaus gebracht. Der 19-jährige Fahrer des „BMW“ und seine 14-jährige Beifahrerin sowie ein weiterer 20-jähriger Insasse wurden ebenfalls in nahegelegene Krankenhäuser transportiert. Während der Bergungsarbeiten war die Blücher- zwischen Schleiermacher- und Zossener Straße für rund zwei Stunden gesperrt.

U-Bahnfahrer geblendet

Mit einem Laserpointer blendete ein Kind am Sonntagabend den Fahrer eines U-Bahnzuges in Kreuzberg. Der 35-Jährige fuhr gegen 18 Uhr mit dem Zug der Linie U8 in den Bahnhof Schönleinstraße ein, als ihn der rote Lichtstrahl am Auge traf. Kurz zuvor beobachtete der Fahrer das Kind noch auf dem Bahnsteig. Im Bahnhof Hermannplatz gelang es dem Mann mit Unterstützung zweier Wachmänner den aus der Bahn aussteigenden Knaben festzuhalten und die Polizei zu alarmieren. Die Beamten beschlagnahmten das Gerät, leiteten ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr ein und übergaben den 13-Jährigen seiner Mutter. Der Zugfahrer wurde vom Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr zur Augenuntersuchung in eine Klinik gebracht.

Bau auf, Bau auf

Baustellen legen Verkehr in Kreuzberg lahm

Hier baut der Bund: Baustelle Gneisenau.

Foto: piHier baut der Bund: Baustelle Gneisenau. Foto: pi

Selbst das Bauamt hat es inzwischen wohl aufgegeben und den Überblick über die Baustellen verloren. Eine Liste gibt es jedenfalls nicht. Nur soviel ist klar: Die Bauorgie im Bezirk wird noch einige Wochen weitergehen.

Ärgerlich ist es für die Autofahrer vor allem, wenn sie in Ost-West-Richtung unterwegs sind. Die drei Magistralen Gitschiner/Skalitzer, Urbanstraße und Gneise­nau­straße sind alle unterschiedlich von Baustellen betroffen. Es nützt also nicht besonders viel, von der einen auf die andere auszuweichen.

Hart hat es die Bewohner rund um den Südstern getroffen. Seit gefühlten fünf Jahren wird da nun gebaut. Grund war der Umbau des U-Bahnhofs. In den letzten Jahren waren sogar Karneval der Kulturen und der Berlin-Marathon immer wieder gezwungen gewesen, ihre angestammten Routen zu verändern. Endlich, so schien es, war ein Ende abzusehen. Die Anlagen nördlich der Kirche waren frisch eingesät, die letzten Bagger verschwunden, und dann kamen schon die nächsten. Jetzt wurde die Fahrbahndecke im Zuge der Stra­ßen­sa­nie­rung erneuert.

Inzwischen ist auch die Zufahrt zur Blücherstraße blockiert, womit eine weitere Ausweichmöglichkeit, dem zwangsläufigen Stau in der Gneisenau zu entkommen, genommen ist.

Immerhin outet sich der Übeltäter an der Gneisenau sehr klar. Hier baut nämlich die Bundesregierung, die dem staunenden Autofahrer mehr oder weniger aufdringlich auf einem Schild klarmacht, dass die Gelder aus dem Konjunkturpaket II gerade in der Gneisenaustraße verbuddelt werden.

Wenn diese Gelder ihre segensreiche Wirkung getan haben werden, dann wird der Verkehr wunderbar und ungestört durch die Gnei­se­nau­straße rollen? Von wegen. Die BVG saniert derzeit die Tunnel der U7, und das bleibt auch nicht ganz ohne Auswirkungen auf den oberirdischen Verkehr.

Wer sich dem Ost-West-Chaos entziehen will, der kann es ja einfach mit einer Nord-Süd-Verbindung versuchen. Auf der Baerwald- und Prinzenstraße kommt er allerdings auch nicht besonders weit. Auch hier wird seit Wochen gebaut. Dann nichts wie raus aus der Stadt, am besten über die Stadtautobahn, doch um dorthin zu kommen, muss der Autofahrer erstmal den Engpass auf dem Tempelhofer Damm passieren.

Bleibt noch die U-Bahn zu benutzen. Aber bitte nicht die U1. Zwischen Warschauer Brücke und Kotti gibt es Schienenersatzverkehr. Vorausgesetzt, der Bus steckt nicht im Stau fest.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.