Poller, Kiezblocks, Umwidmungen

Kreuzberger Verkehrswende schreitet voran

Versenkbarer Poller auf der KörtestraßeThou shalt not pass: versenkbarer Poller in der Körtestraße. Foto: psk

Nicht nur im Zusammenhang mit den X-Hain-Terrassen ändert sich in Kreuzberg einiges für den bewegten und unbewegten Kraftfahrzeugverkehr. Seit Mitte Mai ist die Durchfahrt durch die Bergmannstraße für Autos und Lkw zumindest in der Theorie nur noch für Anlieger möglich. Es ist der erste Schritt der geplanten Umgestaltungsmaßnahmen in Bergmann- und Chamissokiez. Über kurz oder lang soll die Bergmannstraße zwischen Nostitzstraße und Marheinekeplatz komplett zur Fußgängerzone werden. Damit steht auch die derzeit noch offene beliebte Verbindung zwischen Columbiadamm und Gneisenaustraße durch Friesen- und Zossener Straße nicht mehr zur Verfügung.

Obwohl sich an der Situation in der Körtestraße seit letztem August eigentlich nichts geändert hat, war die kürzlich erfolgte Aufstellung eines versenkbaren Pollers ein kleines Politikum. Damals war die Fahrradstraße zwar mittig für den Autoverkehr gesperrt worden, doch immer wieder waren Schilder ignoriert und Absperrungen entfernt oder umfahren worden, so dass Bezirk und Senatsverwaltung jetzt zu drastischeren Maßnahmen greifen mussten.

Parallel dazu formieren sich in vielen Teilen Berlins Initiativen, die sogenannte Kiezblocks fordern: autofreie Areale, in denen das Straßenland als zusätzliche Fläche für nachbarschaftliche Begegnungen zur Verfügung steht. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) steht der Idee offenbar positiv gegenüber.

Umgestaltung der Oranienstraße geplant

Doch dass Friedrichshain-Kreuzberg als Innenstadtbezirk mit einem hohen Maß an Durchgangsverkehr zu kämpfen hat, ist auch ihr klar.

Der soll künftig allerdings aus möglichst vielen Straßen herausgehalten werden. Ende Mai stimmte die Bezirksverordnetenversammlung mehrheitlich für eine Verkehrsberuhigung im Viktoria- und Reichenbergerkiez. So soll etwa die Katzbachstraße zur Nebenstraße herabgestuft und für den Lkw-Verkehr gesperrt werden. Damit würde sich die Zuständigkeit für die Straße vom Senat zum Bezirk verschieben.

Schließlich gibt es auch für die Oranienstraße zwischen Moritzplatz und Skalitzer Straße hehre Pläne, die allerdings erst ab 2023 umgesetzt werden sollen. Auf dem gesamten, etwa einen Kilometer langen Abschnitt soll die Fahrbahn verschmälert werden, so dass zusätzliche Streifen auf Bürgersteigniveau entstehen, die beispielsweise für Fahrradständer und Straßenlaternen genutzt werden sollen. Am kürzlich in Rio-Reiser-Platz umbenannten Heinrichplatz sollen die diagonalen Querstraßen aufgehoben werden und die jetzigen Parkbuchten für Autos  als zusätzliche Fläche für »Fahrradständer, Gastronomie und weitere Anlagen« genutzt werden, heißt es in einem anschaulichen Film der planenden Stattbau GmbH, der auf YouTube angesehen werden kann. Unter anderem sind dort auch Spielflächen für Kinder und Jugendliche ge­plant.

Ebenfalls zum Bürgersteig werden die Querverbindung zur Dresdener und die Rechtsabbiegerspur zur Skalitzer Straße.

Parkplätze entlang der Straße sind für den Abschnitt nicht geplant. Lediglich für den Lieferverkehr sollen eine Reihe von Ladezonen auf den neuen Seitenstreifen eingerichtet werden.

Erst in einem zweiten Schritt soll der Durchgangsverkehr eliminiert werden. Wie bei der Katzbachstraße ist dafür die Herausnahme aus dem Hauptstraßennetz erforderlich, die mit der Senatsverwaltung geklärt werden muss.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2021.

Das Bergmann-Labyrinth

Planungen für die Umgestaltung von Bergmann- und Chamissokiez

Der Entwurf des Bezirksamtes zur Verkehrsplanung in Bergmann- und Chamissokiez lässt sich mit einem Satz zusammenfassen: Möglichst keine Autos.

Wenn die Planungen so umgesetzt werden, dann darf das Areal zwischen Columbia- und Mehringdamm, Gneisenau- und Lilienthalstraße mit Autos und LKW künftig nur noch von Anliegern befahren werden. In der Bergmannstraße wird ab der Nostitzstraße und bis einschließlich Marheinekeplatz eine Fußgängerzone eingerichtet, die nur zu bestimmten Zeiten für den Lieferverkehr offen steht und bis zur nächsten Kreuzung in Solms- und Schenkendorfstraße hineinreicht. Die Zufahrt zum Ärztehaus bleibt frei. So kann auch die Nostitzstraße erreicht werden, die wegen der vielen neuen Einbahnstraßen neben der Zufahrt Friesenstraße am Colum­bia­damm die einzige Möglichkeit ist, motorisiert in den westlichen Chamissokiez zu gelangen. Da der Chamissoplatz selbst samt den angrenzenden Abschnitten von Arndt- und Willibald-Alexis-Straße ebenfalls zur Fußgängerzone wird, gilt das nicht für die Blöcke östlich des Platzes, die mit dem Auto nur vom Columbiadamm angefahren werden dürfen.

Auch die »Abkürzung« zwischen Columbiadamm und Südstern über Golßener, Züllichauer und Lilienthalstraße fällt der Einbahnstraßenregelung zum Opfer.

Von allen Einschränkungen ausgenommen sind lediglich Radfahrer, für die keine der Einbahnstraßenregelungen gilt und die auch die Fußgängerzonen befahren dürfen sollen. In der Bergmannstraße wird für sie vermutlich ein separater zweispuriger Radweg eingerichtet, der räumlich von den Wegen für Fußgänger getrennt wird.

 

Entwurf Verkehrsplan BergmannkiezGrafik: raumscript

Auf der Webseite zum »Modellprojekt Bergmannstraße« kann man den Plan in voller Auflösung herunterladen.

Themenschwerpunkt: Bergmannstraße

Die Zeit des Autos ist vorbei
Bezirk setzt klares Zeichen gegen motorisierten Verkehr
Was lange währt, wird autofrei
Die unendliche Geschichte um die Bergmannstraßen-Neugestaltung neigt sich dem Ende zu
Wo Bächlein durch Straßen fließen
Kreuzberger Konzept funktioniert in Freiburg seit 1000 Jahren
Zukunft Bergmannkiez
Ausstellung zur Neugestaltung
Das Bergmann-Labyrinth
Planungen für die Umgestaltung von Bergmann- und Chamissokiez
Das Ende der Begegnungszone
Kommentar

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2020.

Bürgerdeputierte und Baumscheibenvandalen

BVV-Sitzungen werden jetzt auch im Internet übertragen

Jeden letzten Mittwoch im Monat tagt die BVV Friedrichshain-Kreuberg, und seit Neuestem müssen kommunalpolitisch interessierte Menschen nicht einmal mehr die heimische Wohnküche verlassen, wenn sie wissen wollen, welche Themen im Bezirksparlament verhandelt werden. Auf Initiative der Piratenfraktion werden nämlich alle BVV-Sitzungen live als Audiostream im Internet übertragen und auch aufgezeichnet.

So kann man zum Beispiel Ohrenzeuge werden, wie eine von allen anderen Fraktionen als dringlich eingestufte Resolution gegen den Ausbau der A100 auf Antrag eines einzelnen CDU-Verordneten vertagt werden musste. Diese kann damit dann wohl nicht mehr rechtzeitig vor der bevorstehenden Räumung eines Neuköllner Baugrundstücks verabschiedet werden. Auch die längere und recht hitzige Debatte über den unsensiblen Umgang des Grünflächenamts mit Baumscheibengärtchen in der Reichenberger Straße war nicht ohne Reiz.

Außerdem war zu erfahren, dass die Einführung der Parkraumbewirtschaftung für die Kochstraße geplant und für Bergmann- und Chamissokiez mittelfristig ebenso angedacht ist.

Die Bürgerdeputierten und ihre Stellvertreter wurden (einstimmig via Konsensliste) gewählt, so dass jetzt alle Ausschüsse vollständig und arbeitsfähig sind.

Ebenfalls einstimmig beschlossen wurde, dass das Bezirksamt sich beim EU-Projekt »Linked Open Data 2« um eine kostenlose Beratung zur benutzerfreundlicheren Veröffentlichung ihrer Drucksachen und Verwaltungsdaten im Internet bewerben soll.

Transparenz, Bürgerbeteiligung und Verbesserung der IT-Infrastruktur sind derzeit ohnehin ein großes Thema im Bezirk. Ein großes Bündel von Anträgen zu diesem Themenfeld – vor allem aus der Grünen-Fraktion und von den Piraten, und in einem Fall sogar von der CDU – wurde zunächst zur weiteren Ausarbeitung und Beratung in die entsprechenden Ausschüsse verwiesen.

Wem zwei Stunden BVV-Sitzung nicht genug oder zuviel des Guten sind, dem sei – ergänzend oder alternativ – der Podcast »Nachsitzen« der Piratenfraktion ans Herz gelegt, in dem diesen Monat erstmals die Bezirksverordneten Felix Just und Ralf Gerlich sowie der Fraktionsmitarbeiter Malte Jan Kaffenberger in lockerer Runde beim Bier die Highlights der BVV-Sitzung aus piratischer Sicht resümierten und mit Hintergrundinformationen und Anekdoten aus den Ausschüssen ergänzten.

Hier geht’s zu den Audioaufzeichnungen der Piratenfraktion Friedrichshain-Kreuzberg. Der Podcast „Nachsitzen“ findet sich hier.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2012.

Mieter raus und Touris rein

Kurze Momentaufnahmen zum Thema Gentrifzierung im Kiez

Gentrifizierung und die Folgen. Foto: psk

Die Gentrifizierung schlägt immer stärker zu. In der Willibald-Alexis-Straße 34 wollen sie sich die Bewohner nun Hilfe beim Regierenden Bürgermeister holen, an den sie sich in einem offenen Brief wenden.

Hier nun einige Beispiel, was gerade in Sachen Gentrifizierung passiert:

Nachdem die Eck-Kneipe »Tabula Rasa« im Chamisso-Kiez vor zwei Jahren nach Verkauf des Hauses und einer heftigen Mieterhöhung schließen musste, werden nun die Räume zu Ferienwohnungen umgebaut. Da Touristen bereit sind, im beliebten Kiez in der Nähe der Bergmannstraße 50 Euro pro Nacht und mehr zu zahlen, werden schnell Gelddruckmaschinen aus Räumen, in denen sich auf Grund der hohen Miete keine Kneipe mehr wirtschaftlich betreiben lässt.

Im Graefekiez ist nun das eingetreten, was angeblich nicht eintreten sollte. Bewohner der Luxuswohnungen im Fichtebunker haben nun gegen den benachbarten Sportplatz geklagt. Gegen den Bau dieser Wohnungen hatte es vor drei Jahren massive Proteste gegeben, weil genau dieses befürchtet wurde.

Die AG Mieten im Graefekiez hat bei ihrem jüngsten Kiezspaziergang festgestellt, dass es auch im Graefekiez starke Tendenzen gibt, Mieter aus ihren Wohnungen zu vertreiben, um sie dann in Eigentums- oder Ferienwohnungen zu verwandeln. Konkrete Fälle haben sie dabei in Böckhstraße, zweimal in der Dieffenbachstraße, in der Graefestraße und in der Grimmstraße ausgemacht.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2010.

Kinder Küche Kunst

Frühlingsfest am Chamissoplatz geplant

Mit Ökomarkt, Kiezmeile und Kunstgalerie wird am 9. Mai im Chamissokiez gefeiert. Nach langer Pause ist das Fest von allen für alle Auftakt zu einer Reihe von Projekten, die die Bewohner des Kiezes wieder vermehrt miteinander in Kontakt bringen soll. Vorgesehen ist ein Fest, auf dem gemeinsam gespielt, geredet, getanzt, gegessen, gelacht und nachgedacht werden kann.

Der Ökomarkt am Chamissoplatz.

Foto: pskDer Ökomarkt am Chamissoplatz. Foto: psk

Auf dem Ökomarkt kann lecker und gesund eingekauft werden. Er präsentiert die direkte Verbindung der Innenstadtbezirke mit dem Umland. Biohöfe und -hofgemeinschaften informieren über ihre Arbeit und das Leben auf ihren Höfen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Informationen über Ausflüge und „Ferien auf dem Bauernhof“, speziell auch für Großstadtkinder mit kleinem Geldbeutel.

Die Kiezmeile dient als Forum für Anwohner, soziale Projekte, Initiativen, Schulen und Kitas des Wohnbezirks, auf dem jeder seine Ideen verwirklichen und sich dar- und vorstellen kann. Musiker und andere kreativen Geister des Kiezes finden hier und auf zwei Bühnen ihren Platz. Auch die leiblichen Bedürfnisse werden nicht zu kurz kommen: ansässige Restaurants, der Wasserturm e.V. und andere inspirierte Hobbyköche bieten Leckereien aus allen Ecken der Welt an!

Auf der Kunstgalerie werden Künstler der Gegend und Künstler, die sich mit der kulturellen Vielfalt des Bezirkes auseinandersetzen, ihre Werke zeigen. Eine wunderbare Gelegenheit, auch mal die Menschen hinter den Bildern kennen zu lernen. Kleine Kunstführungen tragen dazu bei, auch Kindern und Jugendlichen den Zugang zur Malerei leicht zu machen.

Organisiert wird das Ganze vom DTK-Wasserturm Kreuzberg, dem Ökomarkt Chamissoplatz / Gäa e.V. Nordost, dem Jugend-, Kultur- und Kommunikationszentrum Wasserturm e.V. und dem Dreigroschen e.V. – Verein zur Förderung solidarischer Strukturen. Unterstützt wird das Frühlingsfest außerdem vom Stadtteilausschuss Kreuzberg e.V.

Mehr Informationen gibt’s hier.