Den Sommeranfang feiern mit Musik an allen Ecken

Wieder viele Kreuzberger Bühnen zur Fête de la Musique

mog61-Bühne auf der Fête de la MusiqueMusik umsonst und draußen. Die Fête de la Musique fällt 2019 auf einen Freitag. Foto: phils

Mit erfreulich wenig gesperrten Straßen kommt wie immer die Fête de la Musique zum Sommeranfang am 21. Juni aus. Na gut – die Fürbringerstraße (zwischen Mittenwalder und Schleiermacherstraße) hat’s mal wieder erwischt – aber die ist ja auch keine wichtige Durchgangsstraße und dafür steht da dann auch wie schon in den letzten Jahren die vermutlich größte Bühne im Kiez, gemeinsam organisiert vom Verein mog61 e.V. und dem unterRock. Hier gibt es von 16 bis 22 Uhr ein hochkarätiges Programm mit Schwerpunkt Rock. Tipp der Redaktion: Die Potsdamer Band Sonator ganz am Ende. Wenige Meter weiter verbindet das House of Life auch in diesem Jahr die Fête mit ihrem jährlichen Sommerfest. Hier geht es schon um 15:45 Uhr los mit der Verleihung des »Prize of Life«, danach wird mit mehreren Livebands und gutem Essen gefeiert.

Ebenfalls eine feste Größe ist die Bühne auf dem Marheinekeplatz vor dem Matzbach. Das Programm stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest, aber aus gut unterrichteten Kreisen ist zu vernehmen, dass am frühen Abend Berlin Beat Club dort auftreten wird – wer die beste (Rock‑)Musik der Hippie-Ära mag, ist da richtig.

Gerne würden wir an dieser Stelle auf die Webseite der Fête de la Musique verweisen, allerdings ist diese bisher alles andere als vollständig, sowohl bezüglich der Bühnen als auch bezüglich des Programms. Daher ganz kurz und knapp noch ein paar andere Orte in Kreuzberg, an denen in der kürzesten Nacht des Jahres Musik gemacht wird. Überall – wie immer zur Fête – ist der Eintritt frei:

  • Passionskirche (Marheinekeplatz): Chormusik
  • Dodo (Großbeerenstraße): Buntes Programm von Singer/Songwriter bis Pop und Rock
  • Melitta Sundström (Mehringdamm): Nicht nur Pop im wandernden Wohnzimmer »Jesterfield«
  • Gretchen (Obentrautstraße): Blockparty mit Tanzmusik live und vom Plattenteller
  • Regenbogenfabrik (Lausitzer Straße): Kinderprogramm, Drehorgel und mehrere Bands
  • Birgit und Bier (Lohmühleninsel): Blues und Blech
  • Exploratorium (Mehringdamm): Experimentelles mit teils sehr ungewöhnlichen Instrumenten
  • Bona-Peiser-Projekträume (Oranienstraße): Rap, Jazz und Musikprojekte aus dem Kiez
  • Expedition Metropolis (Ohlauer Straße): Folk, Mathrock, Indie
  • Pirata Patata (Kotti): Punk, Indie and more
  • unterRock (Fürbringerstraße): Rock
  • Matzbach (Marheinekeplatz): Rock

Aus Gründen des Lärmschutzes ist um 22 Uhr überall draußen Schluss, aber danach geht für die echten Nachteulen in einigen Locations die Fête de la Nuit drinnen weiter – und das ohne Reue, da der 21. Juni ja 2019 auf einen Freitag fällt. Junction Bar (Gneisenaustraße), Gretchen und Ritter Butzke seien hier als geeignete Party-Locations empfohlen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2019.

Fest, Fester, am Festesten

Der Kiez zwischen Karneval der Kulturen und Bergmannstraßenfest

Abschiedsvorstellung? Afoxé Loni führt seit 15 Jahren den KdK-Umzug an. Es war in diesem Jahr wohl das letzte Mal. Foto: mr

Im Juni kam es dann wirklich knüppeldick. Dass sich im späten Frühjahr und im frühen Frühsommer die Feste häufen, ist ja nichts Außergewöhnliches, doch eine solche Ballung auf einen Monat hat es selten gegeben. Mit schuld war natürlich der Kalender, der in diesem Jahr Ostern und damit logischerweise auch Pfingsten auf den zweitspätesten nur möglichen Termin im Jahr geschoben hat. Damit rückte der Karneval der Kulturen anderen traditionellen Junifesten schon bedenklich nahe.

Über eine Million Menschen zog es innerhalb der vier Festtage auf den Blücherplatz und am Pfingssonntag zum großen Umzug. Der wurde möglicherweise zum letzten Mal traditionell von der brasilianischen Formation Afoxé Loni angeführt. Den weiß-gelben Bahnbrechern geht das Geld aus, und ein Auftreten beim Karneval 2012 ist zumindest ungewiss.

Die Gruppe Comparsa Chamanes wusste die Jury am besten zu überzeugen und gewann den Wettbewerb mit 107 Punkten, gefolgt von »Der ungarische Schnurrbart« und den Kids 44 aus Neukölln, die bereits im Vorjahr für ihren Wagen ausgezeichnet worden waren.

Während der Karneval der Kulturen in diesem Jahr vom Wettergott einigermaßen begünstigt war, hatten die anderen Feste nicht ganz soviel Glück. Die Fête de la musique ertrank zwar nicht ganz so im Regen wie vor einigen Jahren, doch der eine oder andere kalte Guss sorgte dann doch für Abkühlung. Insgesamt gab es zumindest im Süden Kreuzbergs etwas weniger Bands, als in den letzten Jahren zu hören, was wohl auch dem Termin mitten in der Woche an einem Dienstag geschuldet war.

Einen feuchten Auftakt erlebte auch das Bergmannstraßenfest. Drei Tage wurde dort gejazzt und am Chamissoplatz von Sterneköchen gekocht. Auf vier Bühnen und in der Passionskirche wurde drei Tage fleißig Musik gemacht. Jazz war dabei aber nicht alles. Darüber hinaus war die Bühne in der Nostizstraße für Theaterprojekte reserviert.

Guten Appetit: Die Kreuzberger Spitzenköche präsentierten am Chamissoplatz für wenig Geld ihr großes Können. Foto: phils

Für den kulinarischen Höhepunkt sorgten sechs Kreuzberger Spitzenköche, angeführt von Stefan Hartmann, der erst vor kurzem für seine Küchenkunst mit einem Stern im Guide Michelin belohnt wurde. Er servierte gebackenen Kabeljau mit französischem Gemüse und Wildkräutern. Für gerade mal sieben Euro konnte sich der Besucher auf diese Weise einmal von einem echten Sternekoch bekochen lassen.

Den Festreigen vervollständigte schließlich das Festival »Berlin lacht«. Auf dem Mariannenplatz hatten sich wieder zahllose Straßenkünstler versammelt, die dort gemeinsam ihr Können darboten. Ganz ungetrübt blieben die Feiern indes nicht. Am ersten Tag des Karnevals stürzte ein betrunkener Gast am Halleschen Tor in den Landwehrkanal und ertrank.

Rasen betreten verboten

In Kreuzberg darf also nur noch auf der Straße gelacht werden. Grün ist für die Vergnüglichkeit tabu. Nun ist es so außergewöhnlich nicht, dass sich ein grüner Bürgermeister für den Erhalt der Natur – in diesem Fall des strapazierten Rasens auf dem Mariannenplatz – stark macht. Warum aber er und seine Parteifreunde nur wenige Wochen zuvor beim 1.Mai-Fest den Rasen, der „Berlin lacht“ nun vorenthalten wurde, ramponieren durften, darf man sich dann wohl auch mal fragen. Da passt es ja auch gut ins Bild, dass ein bezirkseigener Lieferwagen die Utensilien ankarrt, die benötigt werden, um einen Informationsstand der Grünen aufzubauen (so geschehen beim Graefekiezfest 2007). Nun ja, der Lateiner würde wohl sagen: „quod licet iovi, non licet bovi“ – zu deutsch: „Was Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen noch lange nicht erlaubt“. Das dumme Wahlvolk besteht eben offensichtlich nur aus Ochsen. Kein Wunder, dass die grüne Aristokratie und ihre Klientel immer selbstherrlicher werden. Vorsorglich sind (mitten im Herzen des grünsten deutschen Wahlbezirks) inzwischen schon die ersten Proteste gegen die Fête de la musique eingegangen – einem weltweiten Musikfestival, das für Toleranz und Völkerverständigung steht! Einen Tag vor der Fête soll der Flughafen Tempelhof durch eine Zaunübersteigung besetzt werden. Die Grünen haben ausdrücklich dazu aufgerufen. Da hat aber der Wowi indigniert den Kopf geschüttelt. Er habe sich nicht vorstellen können, dass eine Partei wie die Grünen… Rechtsbruch… blablabla… Lieber Herr Wowereit, das ist kein Rechtsbruch, das ist Nostalgie, das erinnert an Wyhl, an Brokdorf, an Mutlangen. Da muss man sich nicht groß aufregen. Ein Tipp unter Freunden, der der Stadt viel Geld sparen wird. Schicken sie keinesfalls Polizei an den Flughafen. Stellen Sie einfach überall am Zaun Schilder auf: „Das Betreten des Rasens ist verboten“. Das werden die grünen Spießer dann schon verstehen. Denn eines ist ja wohl klar. Sollten eines Tages Politiker vom Schlage der durchschnittlichen Kreuzberger Grünen über die Zukunft des Flughafengeländes entscheiden können, dann wird es zwar ausgedehnte Grünflächen geben, die dann allerdings nicht betreten werden dürfen. Und es wird Stille herrschen – denn Straßenmusikanten, Gauklern und anderem fahrenden Volk wird der Zutritt zur grünen Oase selbstverständlich verwehrt werden.