»Alles noch vage«

Zukunft des Bergmannstraßenfestes ungewiss

Vielleicht zum letzten Mal: »Kreuzberg jazzt« in der Bergmannstraße war 2018 wie gewohnt gut besucht. Foto: rsp

Schon bei der Ankündigung der mittlerweile in der Bergmannstraße aufgestellten Parklets der zweiten Generation hatte es Kritik von den Organisatoren des Bergmannstraßenfestes gegeben: Weil die »Aufenthalts- und Querungsmodule«, wie die Plattformen offiziell heißen, einen erheblichen Teil der Straßenfläche beanspruchen, fehle der Platz für Verkaufsstände, die das seit 1994 stattfindende Jazzfest finanzieren. Jetzt hat der »Kiez und Kultur e.V.«, Veranstalter seit 2006, die Reißleine gezogen und sich aufgelöst. Zumindest mit dem alten Team wird es kein Bergmannstraßenfest mehr geben.

Tatsächlich war die Problematik mit der Begegnungszone zwar Anlass für die Vereins­auf­lö­sung, aber nicht der alleinige Grund. Viele der Mitglieder gingen auf die Siebzig zu und seien nach 15 Jahren der Sache einfach müde, sagt Olaf Dähmlow, Inhaber des Yorckschlösschens und Programmkoordinator des Festes. »Da ist es die ideale Gelegenheit zu sagen: Dann lassen wir’s, lassen wir’s mal andere probieren.«

Diese anderen könnten die ehemaligen Mitglieder Ingrid und Toge Schenck sein, die jetzt planen, einen neuen Verein zu gründen und das Fest weiterzuführen.

Derzeit sei aber »alles noch vage«, so Ingrid Schenck. Fest steht, dass auch der Bezirk an einer Weiterführung der Veranstaltung interessiert ist. Neben der eher temporären Lösung, die Parklet-Testphase früher zu beenden, wird vor allem die Möglichkeit erwogen, das Fest in die Kreuzbergstraße zu verlegen. Gegenüber dem Tagesspiegel merkte Bezirksamtssprecherin Sara Lühmann an, dass das Fest urprünglich gar nicht Bergmannstraßenfest geheißen habe.

Ingrid Schenck steht der Idee einer Verlegung in die Kreuzbergstraße indessen eher skeptisch gegenüber. Neben dem sich dadurch deutlich verändernden Charakter des Festes macht sie sich vor allem Sorgen, dass es dort zu ganz neuen Problemen kommen könne, etwa mit dem für den Viktoriapark zuständigen Grünflächenamt.

So ist die Zukunft des Festes weiterhin ungewiss. Zumindest für 2019 wird es aber langsam knapp.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2019.

Görlitzer Park kommt nicht zur Ruhe

Neue Taskforce soll die Situation verbessern

Mit der Gründung einer Taskforce reagiert nun die Politik auf die sich offenbar verschärfende Drogensituation im Gör­lit­zer Park. Pikant ist die Zusammensetzung des Gremiums. Mit Innensenator Frank Henkel, seinem Staatssekretär Bernd Krömer und Justiz­se­na­tor Thomas Heilmann sitzen drei CDU-Leute, die für Law-and-Order stehen, zwei Vertretern der Grünen, Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann und Bezirksstadtrat Hans Panhoff, gegenüber. Beide stehen naturgemäß für eine liberalere Drogenpolitik.

Der Görlitzer Park gilt schon lange als Umschlagplatz für meistens weiche Drogen. Doch seit geraumer Zeit ist die Zahl der Dealer enorm gewachsen. Zudem klagen vor allem Anwohner, dass das Auftreten der Rauschgiftverkäufer inzwischen auch ziemlich forsch geworden ist.

In wie weit das richtig oder eher eine subjektive Wahrnehmung ist, ist nur schwer zu überprüfen. Dass die Zahl der Dealer enorm gewachsen ist, lässt sich hingegen belegen. Auch ein Zusammenhang mit den Asylsuchenden in der nahegelegenen Gerhard-Hauptmann-Schule ist schlecht wegzudiskutieren.

So ergeben sich zwei Linien, wie dem Problem beizukommen sei. Der Innensenator sähe am liebsten eine Null-Toleranz-Politik mit hoher Polizeipräsenz in und um den Park. Und ihm geht der Umgang mit den Flüchtlingen in Kreuzberg entschieden zu weit.

Monika Herrmann dagegen hofft, mit einem legalen Coffeeshop den Dealern die Grundlage zu entziehen. Sie setzt mehr auf Dialog und glaubt, dass eine weniger restriktive Flüchtlingspolitik ohne Residenzpflicht und Arbeitsverbot hilfreich wäre.

Einig sind sich die beiden unterschiedlichen Lager in der Taskforce jedoch in einem: Die jetzige Situation im Gör­litzer Park ist so nicht mehr tragbar und den eigentlichen Nutzern des Parks auch so nicht mehr zuzumuten.

Mit den Anwohnern will die Grünen-Fraktion in der BVV im Januar ins Gespräch kommen.

Grünflächenamt vergrämt die Dealer

Bei einer Veranstaltung – so sie zustande kommt – sollen die Mitglieder der Taskforce ihre Vorstellungen kundtun.

Bis dahin ist die Taskforce allerdings auch schon tätig geworden. Zum Teil mit überraschenden Erfolgen. So hat Baustadtrat Hans Panhoff, das Grünflächenamt losgeschickt, um das Unterholz einmal so richtig auszuforsten – das Unterholz, in dem die Dealer auch schon mal gerne ihren Stoff deponieren.

Tatsächlich fanden die Mitarbeiter des Grünflächenamtes nicht nur weiche Drogen in Form irgendwelcher Cannabisprodukte, sondern auch richtig hartes Zeug wie Crystal Meth und Kokain.

Der Hohlweg am Spreewaldbad, den Panhoff einen »richtigen Angstraum« nennt, soll zugeschüttet werden. Durch solche und ähnliche Maßnahmen soll den Dealern die Lust am Dealen genommen werden.

Innensenator Frank Henkel setzt da auf eine andere Strategie. Er will die Grenze für den in der Regel nicht verfolgten Besitz von Cannabis-Produkten für den Eigenbedarf von 10 bis 15 Gramm auf sechs Gramm herabsetzen – und zwar nur für den Park und seine Umgebung.

Die Polizei sieht den Ruf nach größerer Präsenz mit sehr gemischten Gefühlen, denn personell arbeiten die Ordnungshüter am Park sowieso bereits am Anschlag. Noch mehr Präsenz ist angesichts der Personalsituation nur schwer darstellbar. Zudem gerät die Polizei auch immer wieder mit Anwohnern des Görlitzer Parks aneinander. Viele fühlen sich zwar durch die Dealer bedroht, doch die Festnahme eines Dealers wird andererseits auch gerne als unangemessene Polizeigewalt interpretiert.

Inwieweit die Maßnahmen wirklich greifen und welche Konzepte am Ende möglicherweise zum Erfolg führen, wird so schnell nicht festzustellen sein. In der kalten Jahreszeit und den kurzen Tagen, wenn Bäume und Büsche entlaubt sind, sind auch nicht nur weniger Parkbesucher, sondern auch weniger Dealer unterwegs.

Doch das Problem könnte sich im nächsten jahr auch ohne Tatort von selbst lösen. Die Polizei beobachtet, dass viele Dealer den Park verlassen, um andernorts zu dealen. Im Görli gibt es zuviele Kollegen. Das ruiniert die Preise.

Kommentar: Bringt das wirklich was?

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2014.

Bürgerdeputierte und Baumscheibenvandalen

BVV-Sitzungen werden jetzt auch im Internet übertragen

Jeden letzten Mittwoch im Monat tagt die BVV Friedrichshain-Kreuberg, und seit Neuestem müssen kommunalpolitisch interessierte Menschen nicht einmal mehr die heimische Wohnküche verlassen, wenn sie wissen wollen, welche Themen im Bezirksparlament verhandelt werden. Auf Initiative der Piratenfraktion werden nämlich alle BVV-Sitzungen live als Audiostream im Internet übertragen und auch aufgezeichnet.

So kann man zum Beispiel Ohrenzeuge werden, wie eine von allen anderen Fraktionen als dringlich eingestufte Resolution gegen den Ausbau der A100 auf Antrag eines einzelnen CDU-Verordneten vertagt werden musste. Diese kann damit dann wohl nicht mehr rechtzeitig vor der bevorstehenden Räumung eines Neuköllner Baugrundstücks verabschiedet werden. Auch die längere und recht hitzige Debatte über den unsensiblen Umgang des Grünflächenamts mit Baumscheibengärtchen in der Reichenberger Straße war nicht ohne Reiz.

Außerdem war zu erfahren, dass die Einführung der Parkraumbewirtschaftung für die Kochstraße geplant und für Bergmann- und Chamissokiez mittelfristig ebenso angedacht ist.

Die Bürgerdeputierten und ihre Stellvertreter wurden (einstimmig via Konsensliste) gewählt, so dass jetzt alle Ausschüsse vollständig und arbeitsfähig sind.

Ebenfalls einstimmig beschlossen wurde, dass das Bezirksamt sich beim EU-Projekt »Linked Open Data 2« um eine kostenlose Beratung zur benutzerfreundlicheren Veröffentlichung ihrer Drucksachen und Verwaltungsdaten im Internet bewerben soll.

Transparenz, Bürgerbeteiligung und Verbesserung der IT-Infrastruktur sind derzeit ohnehin ein großes Thema im Bezirk. Ein großes Bündel von Anträgen zu diesem Themenfeld – vor allem aus der Grünen-Fraktion und von den Piraten, und in einem Fall sogar von der CDU – wurde zunächst zur weiteren Ausarbeitung und Beratung in die entsprechenden Ausschüsse verwiesen.

Wem zwei Stunden BVV-Sitzung nicht genug oder zuviel des Guten sind, dem sei – ergänzend oder alternativ – der Podcast »Nachsitzen« der Piratenfraktion ans Herz gelegt, in dem diesen Monat erstmals die Bezirksverordneten Felix Just und Ralf Gerlich sowie der Fraktionsmitarbeiter Malte Jan Kaffenberger in lockerer Runde beim Bier die Highlights der BVV-Sitzung aus piratischer Sicht resümierten und mit Hintergrundinformationen und Anekdoten aus den Ausschüssen ergänzten.

Hier geht’s zu den Audioaufzeichnungen der Piratenfraktion Friedrichshain-Kreuzberg. Der Podcast „Nachsitzen“ findet sich hier.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2012.