Cansel Kiziltepe möchte Stammwähler zurückgewinnen

Die Direktkandidatin der SPD zu Besuch im Gasthaus Valentin

Cansel Kiziltepe im Gespräch mit Peter S. Kaspar und Manuela Albicker.

Foto: rspCansel Kiziltepe im Gespräch mit Peter S. Kaspar und Manuela Albicker. Foto: rsp

Eine echte Eingeborene tritt in Kreuzberg für die Sozialdemokraten an. Cansel Kiziltepe ist im Wrangelkiez geboren und aufgewachsen. »Kiezkind« steht dann auch auf ihrem T-Shirt und den Buttons, die sie zum Redaktionsgespräch mit Peter S. Kaspar und Manuela Albicker von der KuK ins Gasthaus Valentin mitgebracht hat.

Die 37-Jährige hat an der TU Volkswirtschaft studiert. Nach mehreren Jahren als Büroleiterin und Referentin des Bundestagsabgeordneten Ottmar Schreiner arbeitet sie jetzt für den VW-Konzern. Die Entscheidung für ihr Studienfach hat sie damals sehr bewusst getroffen. Teilhabe, Gerechtigkeit und die Verteilung zwischen Arm und Reich waren wichtige Themen im Kreuzberg der 80er Jahre. »Ich kann mit voller Überzeugung die Politik, die ich fordere auch ökonomisch untermauern«, sagt sie.

Sozialpolitik ist ihr Schwerpunktthema, und so nimmt es nicht wunder, dass das Redaktionsgespräch schnell beim Thema Mietenexplosion, daraus entstehender Verdrängung und möglichen Lösungsansätzen ankommt. Kiziltepe ist einerseits von Anfang an bei der Initiative »Kotti&Co« dabei, und ist andererseits von Beginn an Mitglied bei der Genossenschaft Möckernkiez. Damit steht sie für zwei verschiedene aber sich ihrer Aussage nach nicht widersprechende Ansätze, dem Problem der stetig steigenden Mieten entgegenzutreten. »Der Staat muss sozialen Wohnungsbau machen, aber auch Genossenschaften können einen Beitrag dazu leisten, das Mietniveau stabil zu halten«, ist ihre Überzeugung.

Die Forderungen der Flüchtlinge am Oranienplatz teilt sie in allen Punkten, aber eine Patentlösung für die Campingproblematik – gerade auch im Hinblick auf den bevorstehenden Winter – hat sie auch nicht parat. Auch für die Sorgen der Anwohner des Görlitzer Parks hat sie Verständnis und erinnert sich daran, als Jugendliche ohne Angst durch den dunklen Tunnel unter dem Görli gegangen zu sein. Da müsse man eine Lösung schaffen. Die Coffeeshop-Idee der Grünen hält sie für eine gute Idee.

Auf der Landesliste ist Kiziltepe für den fünften Platz nominiert. Ob das für den Einzug in den Bundestag reicht, liegt einerseits am Zweitstimmenergebnis und andererseits daran, wie viele Direktmandate die SPD in Berlin erreichen kann. »Ich könnte auch mit 40.000 Erststimmen Ströbele schlagen«, grinst sie verschmitzt. Sie hofft, mit ihren anderen Themen, die die Menschen im Kiez konkret berühren, Wählerstimmen für die SPD zurückzugewinnen. »Mein Nachname bedeutet ,roter Berg‘ – und Kreuzberg wird wieder rot«, lacht sie.

Und in welchen Ausschüssen würde sie im Bundestag arbeiten wollen? »Natürlich im Finanzausschuss – weil da auch die Gelder verteilt werden. Und dann kommen sie schön in den sozialen Bereich.«

Hier kann die Veranstaltung noch einmal nachgehört werden:

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2013.

Die Volkswirtschaftlerin aus dem Wrangelkiez

Redaktionsgespräch mit der SPD-Kandidatin Cansel Kiziltepe

Aus dem Wrangelkiez in den Bundestag? Cansel Kiziltepe im Redaktionsgespräch mit der KuK.

Foto: rspAus dem Wrangelkiez in den Bundestag? Cansel Kiziltepe im Redaktionsgespräch mit der KuK. Foto: rsp

So etwas nennt man Standortvorteil. Auf dem T-Shirt ist es zu lesen, und auf den Buttons sowieso. Cansel Kiziltepe ist ein Kiezkind. Im Wrangelkiez groß geworden und dort auch sozialisiert, kennt sie die Probleme in SO36 nicht aus der Zeitung, sondern durch eigenes Erleben. Der Protest am Kottbusser Tor und die Initiative Kotti & Co. bekommen plötzlich einen Namen: Tante Hatice. Die Bundestagskandidatin der SPD spricht im Gasthaus Valentin über die Probleme ihrer Tante. Das hat etwas sehr intimes und authentisches – viel berührender, als das sperrige Wort Gentrifizierung.

Die 37-Jährige ist Volkswirtschaftlerin und weiß um die Exotik dieses Standes. Ihr sind aber die großen Zusammenhänge wichtig. Sollte sie in den Bundestag kommen, dann würde sie am liebsten in den Finanzausschuss gehen, erklärt sie. Doch wie stehen die Chancen von Cansel Kiziltepe? Die SPD hatte sie überraschend ohne Gegenkandidaten auf Rang fünf der Landesliste gehievt. Ob das reicht, liegt einerseits am Zweitstimmenergebnis und andererseits daran, wie viele Direktmandate die SPD in Berlin erreichen kann. Es gäbe ja noch einen anderen Weg in den Bundestag: Sie müsste ja nur Hans-Christian Ströbele schlagen. Kann sie das? Mit einem charmanten und etwas ironischen Lachen meint sie: »Na klar.« Doch im gleichen Atemzug versichert sie auch, dass Ströbele eine gute Arbeit mache. Respektlosigkeit oder Überheblichkeit ist ihre Sache nicht. Aber ihr Lächeln signalisiert auch: In ihrem wundersamen Kreuzberg gibt’s eben manchmal auch Wunder.

Hier ist der komplette Mitschnitt des Gesprächs mit Cansel Kiziltepe:

Das nächste Redaktionsgespräch – mit Götz Müller von der CDU – findet am Dienstag, dem 20. August um 19:00 Uhr im Galander inder Großbeerenstraße statt.

Standhaft und optimistisch

Halina Wawzyniak kämpft um ihren erneuten Einzug in den Bundestag

Halina Wawzyniak (Linke) im Gespräch mit der Kiez und Kneipe.

Foto: philsHalina Wawzyniak (Linke) im Gespräch mit der Kiez und Kneipe. Foto: phils

Vor vier Jahren sorgte sie für die große Überraschung im Wahlkreis 83: Halina Wawzyniak gelang über den vierten Platz der Linken-Landesliste der Einzug in den deutschen Bundestag. Wenn ihr das noch einmal gelingen sollte, wäre die Überraschung kaum weniger groß. Das räumte die 40jährige Juristin durchaus auch ein bei ihrem Besuch im »DODO« in der Großbeerenstraße. Dorthin hatte die KuK am Mittwochabend eingeladen. Allerdings zeigte sich Halina Wawzyniak auch durchaus kämpferisch. Warum soll diesmal nicht wieder das gelingen, was schon vor vier Jahren gelang? Damals sorgte sie mit einem ungewöhnlichen Wahlplakat bundesweit für Aufsehen. Dieses Mal kommt sie auf den Plakaten eher bieder daher. Doch das wird wohl kaum so bleiben. Sie hat wohl schon noch einen pfiffigen Pfeil im Köcher. Was für einen, wollte sie indes nicht verraten.

In den vergangenen vier Jahren arbeitete sie im Rechtsausschuss und war netzpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Und hier, so glaubt sie, habe sie einiges bewegen können. War Netzpolitik vor vier Jahren im bundesdeutschen Parlament eher eine exotische Angelegenheit, haben inzwischen immer mehr Abgeordnete begriffen, wie wichtig das weltweite Netz ist, und sie holen sich auch immer häufiger Rat bei ihr. Gerade die Vorgänge um den amerikanischen Geheimdienst NSA haben aktuell wieder belegt, welche Bedeutung das Thema inzwischen gewonnen hat.

Darüber hinaus hat sie sich auch intensiv mit Kotti & Co. sowie dem Flüchtlingscamp am Oranienplatz beschäftigt. Und Neonazis haben sich mit ihr beschäftigt. Gleich drei Anschläge haben Rechtsradikale in den letzten vier Jahren auf ihr Bürgerbüro am Mehringplatz verübt. In allen Fällen gilt dann stets ihr Grundsatz: Man muss standhaft bleiben.

Hier ist der komplette Mitschnitt des KuK-Redaktionsgespräches:

Heute abend um 19:00 Uhr geht es weiter mit der SPD-Kandidatin Cansel Kiziltepe im Gasthaus Valentin.