Karneval wieder da, MyFest wohl nicht

Planungen für Straßenfeste konkretisieren sich

Drei Jahre Corona-Pandemie mit Lockdowns und Kontaktbeschränkungen haben auch dazu geführt, dass die meisten der üblichen Straßenfeste drei Jahre lang nicht oder nicht wie gewohnt stattfinden konnten. 2023 werden die meisten Feste aber ihr Comeback feiern.

Bunt gekleidete Tänzerinnen auf dem Umzug beim Karneval der KulturenDer Karneval der Kulturen kommt 2023 zurück – allerdings mit verkürzter Umzugsstrecke. Foto: rsp

So kündigten die Veranstalter des Karnevals der Kulturen Anfang Januar an, dass es zum diesjährigen Pfingstwochenende wieder Straßenfest und Umzug geben werde. Um den durch Pandemie und Inflation gestiegenen Kosten entgegenzuwirken, werde der Umzug allerdings kürzer ausfallen als früher – wie man sich das genau vorstellen darf, ist indessen noch nicht bekannt. Der Ankündigung war ein Beteiligungsverfahren mit über 1000 Personen vorausgegangen, bei dem auch Alternativ­szenarios wie ein anderer Ort oder ein anderer Termin diskutiert worden waren. Zumindest beim eigentlichen Straßenfest wird die Ortsfrage voraussichtlich ab 2025 relevant, wenn auf dem Blücherplatz der Neubau der Amerika-Gedenkbibliothek entsteht.

Weniger rosig sieht die Zukunft des MyFests aus, das dieses Jahr sein zwanzigjähriges Jubiläum feiern würde. Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) hatte in einer BVV-Sitzung Mitte Dezember berichtet, dass der private Trägerverein seine Arbeit nicht fortsetzen wolle. Ihre Aussage, das Bezirksamt sei nicht dafür zuständig, sich um Ersatz zu bemühen, hatte ihr Kritik vor allem von Seiten der Linksfraktion eingebracht.

Auch in Kreuzberg- und Mittenwalder Straße wird wieder gefeiert

Ob in Sachen MyFest das letzte Wort gesprochen ist, bleibt abzuwarten – ein wenig Zeit ist ja noch bis zum 1. Mai.

Blick von hinter einer Bühne in Richtung Publikum in der Mittenwalder StraßeMusik in der Nachbarschaft. Foto: phils

Als gefühlt einziges Kreuzberger Straßenfest hat das Kreuzberg-Fes­ti­val, der Nachfolger des ehemaligen Bergmannstraßenfests, auch in 2022 stattgefunden. Und auch in diesem Jahr soll es am Wochenende vom 30. Juni bis 2. Juli wieder ein buntes Kultur- und Musikprogramm auf den Bühnen in der Kreuzbergstraße geben. Das Fest war 2019 an den Viktoriapark umgezogen, weil wegen der Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in der Bergmannstraße Platz für Stände fehlte, um das Event zu finanzieren. Inzwischen scheint die neue Location auch bei den Besuchern auf überwiegend positive Resonanz zu stoßen.

Nach drei Jahren Unterbrechung feiert auch das vom Verein mog61 organisierte Fest in der Mittenwalder Straße eine Neuauflage. Es soll am 2. September stattfinden.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2023.

Bergmannstraßenfest dieses Jahr in der Kreuzbergstraße

Das Programm des Bergmannstraßenfests 2019 steht fest

Lageplan Bergmannstraßenfest 2019Im Westen was neues: Kreuzberg jazzt dieses Jahr auf der anderen Seite des Mehringsdamms bis zur Katzbachstraße. Grafik: Toge Schenck

Das Bergmannstraßenfest findet entgegen anders lautenden Ankündigungen auch dieses Jahr wieder statt. Zum 25. Jahr in Folge werden vom 28. bis 30. Juni 50 Bands auf drei Bühnen zu hören sein. Die Theaterbühne an der Großbeerenstraße zeigt neben Theater, Comedy und Tanz auch wieder das beliebte Kinderprogramm am Samstag und Sonntagvormittag.

Eigenartigerweise findet das Bergmannstraßenfest dieses Jahr jedoch nicht in der Bergmannstraße statt. Weil die umstrittenen Parklets, Fahrradbügel und Fahrbahnübergänge den Veranstaltern zu viel Platz in Anspruch nehmen, wird es ausnahmsweise ein paar hundert Meter weiter in die Kreuzbergstraße verlegt. Dort soll eine ganz eigene Begegnungszone geschaffen werden, in der Anwohner aus Berlin, Brandenburg und tausende Besucher der Stadt zusammenkommen können. In der Bergmannstraße wären aufgrund der neuen Straßenmöblierung 80 bis 90 Prozent der zu vermietenden Stände weggefallen. Da der Veranstalter Kreuzberg Festival e.V. keine öffentlichen Gelder bezieht und das Fest sich durch Standgebühren trägt, kam die Bergmannstraße somit nicht mehr in Frage. Daraufhin wurde der Weg geebnet, die Kreuzbergstraße zu bespielen.

Neben der Vielzahl musikalischer Beiträge und kultureller Aktivitäten wird eine abwechslungsreiche Bewirtung mit Getränken und internationalen Leckereien angeboten. Auch Spitzenköche aus Kreuzberg werden in einem Zelt bei der Bühne Großbeerenstraße zu kleinem Preis Kostproben ihres Könnens anbieten.

Mit Wille & The Bandits (UK) und der Honey Island Swamp Band (USA) konnten zwei großartige internationale Bands engagiert werden. Unter den vielen Berliner Auftritten sind Mi Solar, Marcos Coll, Pugsley Buzzard und Kreuzberger Kiezgrößen wir Eb Davis, Roger Raddatz und Blue Bayou. Ebenso wieder mit dabei sind Bühnenprogramme der Kreuzberger Musikalischen Aktion e.V. und der im Kiez ansässigen Agentur Ahoi. Mit dem Slogan »Kreuzberg Jazzt« fassen die Veranstalter den Begriff »Jazz« also relativ offen. Das könnte für dieses Jahr besonders gelten, unter anderem weil der sonst prägende Yorkschlösschen Chef Olaf Dähmlow zum ersten Mal nicht mitorganisiert. Das komplette Programm mit Soundproben der verschiedenen Bands kann auf auf der Webseite des Straßenfests eingesehen werden.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2019.

»Alles noch vage«

Zukunft des Bergmannstraßenfestes ungewiss

Vielleicht zum letzten Mal: »Kreuzberg jazzt« in der Bergmannstraße war 2018 wie gewohnt gut besucht. Foto: rsp

Schon bei der Ankündigung der mittlerweile in der Bergmannstraße aufgestellten Parklets der zweiten Generation hatte es Kritik von den Organisatoren des Bergmannstraßenfestes gegeben: Weil die »Aufenthalts- und Querungsmodule«, wie die Plattformen offiziell heißen, einen erheblichen Teil der Straßenfläche beanspruchen, fehle der Platz für Verkaufsstände, die das seit 1994 stattfindende Jazzfest finanzieren. Jetzt hat der »Kiez und Kultur e.V.«, Veranstalter seit 2006, die Reißleine gezogen und sich aufgelöst. Zumindest mit dem alten Team wird es kein Bergmannstraßenfest mehr geben.

Tatsächlich war die Problematik mit der Begegnungszone zwar Anlass für die Vereins­auf­lö­sung, aber nicht der alleinige Grund. Viele der Mitglieder gingen auf die Siebzig zu und seien nach 15 Jahren der Sache einfach müde, sagt Olaf Dähmlow, Inhaber des Yorckschlösschens und Programmkoordinator des Festes. »Da ist es die ideale Gelegenheit zu sagen: Dann lassen wir’s, lassen wir’s mal andere probieren.«

Diese anderen könnten die ehemaligen Mitglieder Ingrid und Toge Schenck sein, die jetzt planen, einen neuen Verein zu gründen und das Fest weiterzuführen.

Derzeit sei aber »alles noch vage«, so Ingrid Schenck. Fest steht, dass auch der Bezirk an einer Weiterführung der Veranstaltung interessiert ist. Neben der eher temporären Lösung, die Parklet-Testphase früher zu beenden, wird vor allem die Möglichkeit erwogen, das Fest in die Kreuzbergstraße zu verlegen. Gegenüber dem Tagesspiegel merkte Bezirksamtssprecherin Sara Lühmann an, dass das Fest urprünglich gar nicht Bergmannstraßenfest geheißen habe.

Ingrid Schenck steht der Idee einer Verlegung in die Kreuzbergstraße indessen eher skeptisch gegenüber. Neben dem sich dadurch deutlich verändernden Charakter des Festes macht sie sich vor allem Sorgen, dass es dort zu ganz neuen Problemen kommen könne, etwa mit dem für den Viktoriapark zuständigen Grünflächenamt.

So ist die Zukunft des Festes weiterhin ungewiss. Zumindest für 2019 wird es aber langsam knapp.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2019.

Der Retter des Traditionsbiers

Andreas Bogk braut die Berliner Weiße nach altem Rezept

Sudpfanne und Läuterbottich. Der Kellerbrauer mit seinem Equipment. Foto: rsp

Als Hauptstadt des Bieres dürfte Berlin trotz seiner traditionsreichen Geschichte ohnehin kaum durchgehen, doch fast schon unbemerkt ist das wohl berühmteste Berliner Bier auf die Liste der bedrohten Arten gelangt: Die Berliner Weiße gibt es praktisch nur noch von der Marke Kindl, die wie alle ehemaligen Berliner Großbrauereien inzwischen zur Radeberger-Gruppe gehört.

»Bedauerlicherweise hat damit genau die Berliner Weiße überlebt, die nicht mehr nach dem traditionellen Verfahren hergestellt wird«, sagt Andreas Bogk, der jetzt eine »echte« Berliner Weiße brauen will. Der 37-Jährige ist eigentlich IT-Spezialist und kam vor rund zwei Jahren auf einer Hacker-Konferenz eher zufällig zu seinem Hobby. Doch da er sein Bier als Hobbybrauer nicht legal weitergeben darf und auch die Menge, die pro Jahr produziert werden darf, begrenzt ist, entschied er sich jetzt, eine reguläre Brauerei zu eröffnen.

Über die Crowdfunding-Plattform ­inkubato.com sammelt Bogk derzeit Geld von Unterstützern – mit großen Erfolg: Bereits nach wenigen Stunden war die Zielsumme von 3.000 Euro, von denen er Equipment kaufen und die Herrichtung eines Souterrains in der Kreuzbergstraße finanzieren will, erreicht. Inzwischen steht der Zähler bei knapp 14.000 Euro.

Das Besondere an Bogks Berliner Weiße ist die Brettanomyces-Hefe. Sie sorgt traditionell für den charakteristischen Geschmack des Getränks – und fehlt bei der Kindl-Weißen. Da es die originale Hefe heute nicht mehr regulär zu kaufen gibt, erstand Bogk eine Flasche Berliner Weiße aus den 80er Jahren bei eBay, und es gelang ihm tatsächlich die Brettanomyces zu rekultivieren.

Bierkästen aus Holz und Hefe aus den 80ern

Die Erstauflage der Bogk-Weißen, die noch in der eigenen Wohnung entstand, ist bereits abgefüllt. Bei der klassischen Herstellungsweise ist das Bier damit allerdings noch nicht fertig, denn erst in drei Monaten wird die Flaschengärung abgeschlossen sein. Genug Zeit jedenfalls für den frischgebackenen Unternehmer, sich um die nötigen Behördengänge und die Einrichtung seiner Keller-Brauerei zu kümmern.

Wenn es dann richtig losgeht, will er einmal pro Woche brauen, und zwar nicht nur Berliner Weiße, sondern auch andere Biersorten wie India Pale Ales, Stouts und Abteibiere. Bei einer Ausschlagmenge von 36 Liter je Sud ergibt das je nach Biersorte zwischen 100 und 200 Liter pro Monat. Für den Massenmarkt ist das zu wenig, der Einfallsreichtum des Hackers ist aber trotzdem gefragt, um die Logistik zu bewältigen. »Ich lasse mir gerade von einem Tischler Bierkästen bauen«, erzählt er. Das sieht nicht nur besser aus als die Normkästen, sondern erspart ihm auch die Rücknahmepflicht für Fremdkästen. Die Flaschen wiederum bekommt er von einer Brauerei, die zurückerhaltene Fremdflaschen günstig loswerden will.

Noch ist das Projekt eher ein Hobby, das sich idealerweise irgendwann selbst tragen soll. Doch wenn Bogk mit seiner Mikrobrauerei Erfolg haben sollte, kann er sich auch vorstellen, die Sache eine Nummer größer aufzuziehen. »Ich habe schon Anfragen von Leuten bekommen, die auch etwas mehr investieren würden«, sagt er. Dann könnte das Hobby doch noch zum Beruf werden.

Weitere Infos unter bogk-bier.de.

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2012.