Das Ökologische mit dem Sozialen zusammenbringen

Pascal Meiser und Oliver Nöll (Die Linke) sehen viel Bedarf für Reformen

Oliver Nöll und Pascal Meiser beim Redaktionsgespräch im unterRockOliver Nöll und Pascal Meiser (Mitte) auf dem Podium im unterRock mit Manuela Albicker und Robert S. Plaul von der Kiez und Kneipe. Foto: cs

Für die zweite Runde der Öffentlichen Redaktionsgespräche hatte die Kiez und Kneipe die Linke eingeladen. Auf dem Podium im unterRock stellten sich Bundestagsdirektkandidat Pascal Meiser und BVV-Spitzenkandidat Oliver Nöll den Fragen von Manuela Albicker und Robert S. Plaul.

Beide sind keine Neulinge im Politikgeschäft. Meiser kandidierte bereits 2017 für den Wahlkreis 83 und kam knapp hinter Canan Bayram von den Grünen auf den zweiten Platz. Das gute Abschneiden der Berliner Linken insgesamt und sein Listenplatz sicherten ihm dann doch den Einzug in den Bundestag. Nöll ist bereits seit 10 Jahren Bezirksverordneter in Friedrichshain-Kreuzberg und kann sich durchaus vorstellen, künftig das Amt des Bezirksbürgermeisters zu bekleiden.

Zum Themenkomplex Corona befragt, betont Pascal Meiser, dass die Linke gegen einen staatlich verordneten harten Impfzwang ist.  Stattdessen müsse mit guten Argumenten für eine Impfung geworben werden. Über die »Bratwurstgeschichte in Thüringen« lacht er nicht. »Die Impfung mit etwas Positivem verbinden und dort hingehen, wo die Leute sind« hält er für eine gute Lösung, um die Impfquote zu steigern.

Wohnungspolitisch spricht er sich für ein bundesweites Rahmengesetz aus, das den Ländern und Kommunen Kompetenz überträgt, Höchstmieten festzulegen und gegen Vermieter vorzugehen, die sich nicht an diese halten. Dies sei wirkungsvoller als die derzeitige Mietpreisbremse, die Mieter in die Pflicht nehme, ihren Vermieter zu verklagen, um eine Mietsenkung durchzusetzen.

Die Linke unterstützt das Volksbegehren »Deutsche Wohnen und Co. enteignen«. Oliver Nöll sagt, die Initiative habe einen Nerv getroffen, und beim Unterschriftensammeln habe er erst gemerkt, »wie viele  Menschen in dieser Stadt in überteuerten Mietverhältnissen leben«.

»Das Ökologische mit dem Sozialen zusammenbringen« sei in Verkehrs- und Klimapolitik der einzig richtige Weg. Attraktive und bezahlbare Alternativen zum motorisierten Individualverkehr müssten geschaffen werden, und Maßnahmen zum Klimaschutz wie etwa energetische Altbausanierung sollen so gestaltet werden, dass nicht diejenigen bezahlen, die eh kein Geld haben.

Bei der Frage nach Wunschkoalitionen waren sich beide Kandidaten einig. Sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene favorisieren sie ein rotrotgrünes Reformbündnis. »In der Bundesregierung würde das den Reformstau der letzten Jahre auflösen, im Land haben die fünf Jahre noch nicht ausgereicht«, sagt Nöll. Meiser betont, dass die Linke nicht als reiner Mehrheitsbeschaffer eines Rot-Grün-Bündnisses im Bund zur Verfügung steht – »da müsste schon ein echter Politikwechsel passieren – wir lassen uns nicht für einen Appel und ein Ei einkaufen«.

Fünf muntere Runden vor den Wahlen
KuK lädt die Kandidaten zur Diskussion
Mehr Digitales und höhere Häuser
Ann Cathrin Riedel und Michael Heihsel (FDP) zu Gast im unterRock
Das Ökologische mit dem Sozialen zusammenbringen
Pascal Meiser und Oliver Nöll (Die Linke) sehen viel Bedarf für Reformen
»Mit Zwang erreicht man nichts«
Kevin Kratzsch und Marita Fabeck (CDU) wollen in der Politik Rahmenbedingungen schaffen
»Zu viel Kapital auf dem Wohnungsmarkt«
Canan Bayram und Clara Herrmann (Grüne) wollen einen gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt
SPD-Kandidaten klar für rot-rot-grün
Cansel Kiziltepe und Sebastian Forck stellen sich im Gasthaus Valentin den Fragen der KuK
Aus der Kneipe ins Internet
Wie die KuK die Öffentlichen Redaktionsgespräche live übertragen hat

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2021.

Hilfe bei der Qual der Wahl

KuK lädt zu öffentlichen Redaktionsgesprächen mit den Direktkandidaten

Unübersehbar naht die Bundestagswahl, und auch wenn sich die mediale Berichterstattung derzeit vor allem auf die PR-Pannen der Kanzlerkandidaten konzentriert, geht es natürlich um viel mehr – zumal gleichzeitig ja auch noch die Berlin-Wahl ansteht.

Deshalb lädt die Kiez und Kneipe auch in diesem Jahr zu öffentlichen Redaktionsgesprächen mit den Direktkandidatinnen und -kandidaten der wichtigsten demokratischen Parteien ein.

Öffentliche Redaktionsgespräche erstmals auch als Livestream. Foto: rsp

Während Pascal Meiser (Linke), Cansel Kiziltepe (SPD) und die derzeitige Inhaberin des Direktmandats Canan Bayram (Grüne) bereits im Bundestag vertreten sind, begrüßen wir mit Ann Cathrin Riedel (FDP) und Kevin Kratzsch (CDU) auch zwei neue Gesichter.

Anders als bei vielen Podiumsdiskussionen konzentrieren wir uns an den insgesamt fünf Terminen jeweils auf eine Partei – wie wir finden, ein bewährtes Konzept, seit unsere Redaktionsgespräche 2005 das erste Mal stattgefunden haben. Eine Stunde lang müssen uns die Politiker zu aktuellen Themen Rede und Antwort stehen, danach geben wir die Bühne frei für Fragen aus dem Auditorium.

Zwei Neuerungen gibt es indessen schon: Zum einen haben wir die Kandidierenden gebeten, jeweils noch eine Person mitzubringen, die sich um einen Sitz in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) oder dem Abgeordnetenhaus (AGH) bewirbt. Davon erhoffen wir uns, noch ausführlicher auf lokalpolitische Themen eingehen zu können, die im Bezirks- und Landesparlament in den nächsten fünf Jahren eine Rolle spielen werden.

So nah, als wär man da

Die andere Neuerung betrifft die Form der Veranstaltung: Wie gehabt laden wir an fünf Terminen im August in verschiedene Kneipen und Restaurants ein, zumindest sofern uns die Pandemiebekämpfungsmaßnahmen keinen Strich durch die Rechnung machen (vgl. ­kiezundkneipe.de). Während wir die Gespräche vor vier Jahren bereits auf Video aufgezeichnet haben, werden wir dieses Jahr zusätzlich einen Livestream anbieten. Wer sich lieber nicht in geschlossenen Räumen aufhalten mag, kann die Veranstaltungen so via YouTube oder Facebook auch von zu Hause aus verfolgen – und sich via Chatfunktion am Ende auch mit Fragen einbringen.

Für alle, die vor Ort dabei sein wollen, gilt ein Hygienekonzept mit den üblichen Regeln: Zutritt nur mit Maske (außer am Platz) sowie einem Nachweis über Impfung bzw. Genesung oder mit tages­aktuellem negativem Corona-Test. Außerdem erfassen wir Kontaktdaten und achten auf Abstände.

Alle Termine im Überblick

FDP: Ann Cathrin Riedel + Michael Heihsel (BVV)

Di, 10.08., 19:00
unterRock, Fürbringerstraße 20A
Facebook-Event
Gespräch auf YouTube

Die Linke: Pascal Meiser + Oliver Nöll (BVV)

Mo, 16.08., 19:00
unterRock, Fürbringerstraße 20A
Facebook-Event
Gespräch auf YouTube

CDU: Kevin Kratzsch + Marita Fabeck (AGH)

Mi, 18.08., 18:00
Restaurant Split, Blücherplatz 2
Facebook-Event
Gespräch auf YouTube

Die Grünen: Canan Bayram + Clara Herrmann (BVV)

Do, 19.08., 19:00
Heidelberger Krug, Arndtstraße 15
Facebook-Event
Gespräch auf YouTube

SPD: Cansel Kiziltepe + Sebastian Forck (BVV)

Di, 24.08., 19:00
Gasthaus Valentin, Hasenheide 49
Facebook-Event
Gesspräch auf YouTube

Update: Ursprünglich waren Timur Husein (CDU) und Peggy Hochstätter (SPD) als »Begleitung« für Kevin Kratzsch bzw. Cansel Kiziltepe vorgesehen. Wir bitten um Entschuldigung für die kurzfristige Änderung.

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2021.

»Ich will die Leute vor mir hertreiben«

Pascal Meiser möchte für Die Linke in den Bundestag

Pascal Meiser im Gespräch mit den KuK-Redakteuren Ninell Oldenburg und Robert S. Plaul. Foto: cs

Zum Redaktionsgespräch von Kiez und Kneipe erscheint Pascal Meiser betont locker in Jeans und weißem Hemd – und bestellt sich erstmal ein Bier im mit rund 40 Zuhörern gut besuchten »backbord« in der Gneisenaustraße.

Der 42-jährige Vorsitzende der Linken Friedrichshain-Kreuzberg will am 24. September direkt in den Bundestag gewählt werden und dort für die Interessen der Bürger des Wahlkreises 83 kämpfen. Der gebürtige Saarländer, der seit 1998 in Berlin und mit einer kurzen Ausnahme in Kreuzberg lebt, hat ziemlich kämpferische Ansichten zu brisanten Themen. Das war auch nicht anders zu erwarten bei den Linken, gerade im Wahlkampf.

Zu der nicht funktionierenden Mietpreisbremse sagt der diplomierte Politikwissenschaftler radikal: »Es war auch nicht gewollt. Und zwar von den Regierenden. Es gibt keine Konsequenzen bei Verstößen und zu viele Ausnahmeregelungen. Die deutsche Regierung sitzt auf dem Schoß der Immobilienbranche.«

Meiser hat erste politische Erfahrungen als Studierendenvertreter der FU Berlin und Gewerkschafter gesammelt. Seit 2010 ist er Leiter der Kampagnen-Abteilung der Linken, 2013 übernahm er den Vorsitz in Friedrichshain-Kreuzberg.

Eine strategisch-kämpferische Position nimmt er auch bei einem seinen Hobbys ein: In der sogenanten Altliga (Ü40) spielt er beim FSV Hansa 07 in Kreuzberg auf einer zentralen Mittelfeldposition vor der Abwehr. Er sagt mit einem Schmunzeln: »Ich bin ein unangenehmer Gegenspieler.«

Unangenehm möchte er auch für die jetzt Regierenden werden. »Ich will die Leute vor mir hertreiben.« Seine Stärke sieht er in seiner starken Hartnäckigkeit, zu seinen Schwächen fällt ihm seine Ungeduld ein.

Auf die Palme bringt den Linken die bisherige Steuerpolitik der Regierung: »Wir wollen an die Reichen und Superreichen ran und wollen die Vermögenssteuer wieder einführen. Denn die gab es bis 1997, das haben viele vergessen. Ab einer Million Vermögen fünf Prozent Steuer.« Und auch die Einkommensteuer möchte er auf das kohl’sche Niveau von 53 Prozent hochfahren. Beifall aus dem Publikum.

Applaus gibt es auch, als Meiser klare Kante gegen die deutsche Türkei-Politik zeigt. »Es ist ein Skandal, dass wir immer noch Milliarden an Erdoğan zahlen, die Lage in der Türkei ist dramatisch, und wir unterstützen indirekt, dass dort schleichend eine Diktatur installiert wird. Rheinmetall will dort jetzt sogar eine Waffenfabrik bauen. Merkel könnte und sollte das verhindern.«

Auch bei der geplanten Verdoppelung der Militärausgaben ist Meiser radikal: »Diese wahnwitzige Aufrüstungsspirale muss gestoppt werden.«

Der Vorsitzende der LINKEN hofft, dass er notfalls über Platz 4 der Liste in den Bundestag kommt. »Ich wünsche mir ein starkes Ergebnis für Die Linke – das erhöht den Druck auf die anderen Parteien.«

Das komplette Gespräch mit Pascal Meiser:

Politik goes Schankwirtschaft
Öffentliche Redaktionsgespräche mit Direktkandidaten des Wahlkreises
Vorhandene Gesetze besser durchsetzen
Timur Husein will sich für mehr Sicherheit stark machen
»Ich will die Leute vor mir hertreiben«
Pascal Meiser möchte für Die Linke in den Bundestag
Canan Bayram tritt in große Fußstapfen
Die Direktkandidatin der Grünen stellt sich im Heidelberger Krug der Diskussion
»Mehr war mit der CDU nicht drin«
Cansel Kiziltepe kämpft für eine linke Mehrheit im Bundestag

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2017.

Wer kommt in den Bundestag?

Kiez und Kneipe lädt zu öffentlichen Redaktionsgesprächen ein

Eine gute Gelegenheit, die Direktkandidaten kennenzulernen: Kiez und Kneipe lädt zu öffentlichen Redaktionsgesprächen ein.

Die Bundestagswahl naht und wie vor jedem bundesweiten Urnengang lädt die Kiez und Kneipe Kreuzberg auch dieses Mal wieder die Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien ein.

Die Redaktion entwickelte das Format 2005. Jeder Kandidat wird seither einzeln in einer Kneipe befragt. Nach einem etwa dreiviertelstündigen Interview haben dann Gäste die Möglichkeit, Fragen an den Gast des Abends zu stellen.

Der scheidende Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele war nach seinem eigenen Bekunden immer ein großer Fan dieses Formates. »Normalerweise treffen wir Kandidaten uns vor der Wahl immer  auf einem Podium. Am Ende könnte jeder auch die Argumente der anderen heruntersagen«, sagte der Grüne einmal nach einer Veranstaltung im Too Dark. Zudem schätze er, dass jeder Kandidat in anderthalb Stunden ausreichend Zeit habe, seine Standpunkte ausführlich zu erläutern.

Hans-Christian Ströbele wird nicht mehr antreten. Ihn will Canan Bayram beerben, die sich am 22. August im Heidelberger Krug den Fragen der KuK stellt. Einen Tag später kommt die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe ins Valentin. Den Auftakt macht Timur Husein für die CDU am 15. August im Dodo. Pascal Meiser geht am 21. August im backbord für die Linke in den Ring.

Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 19:30 Uhr und dauern etwa 90 Minuten.

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2017.