Ein Projekt hängt in der Luft

Monika Herrmann hofft auf Landesbürgschaft für Möckernkiez

Stillstand: Derzeit geht auf den Baustellen am Gleisdreick nichts.

Foto: pskStillstand: Derzeit geht auf den Baustellen am Gleisdreick nichts. Foto: psk

Es hätte zumindest eine gute Antwort auf die Verdrängungsdebatte sein können: das Projekt Möckernkiez. Am Rande des Ostparks am Gleisdreieck sollte auf genossenschaftlicher Basis ein ganz neues Stadtviertel entstehen, mit bezahlbarem Wohnraum, einem Biosupermarkt, einem integrativen Hotel. Insgesamt 464 Wohnungen verteilt auf 15 Gebäude auf drei Hektar.

Die Rechnung klang zunächst recht vielversprechend: Die Genossen sollten 30 Prozent des Wertes der Wohnung einzahlen und nach dem Bezug eine vergleichsweise moderate Miete von im Schnitt acht Euro pro Quadaratmeter berappen. Das hätte – aus Sicht des Jahres 2010, als das Projekt startete – vielleicht auch funktioniert. Allerdings sind in Berlin in diesen vier Jahren die Mieten um satte 40 Prozent gestiegen. Das blieb auch nicht ohne Folgen für das Projekt Möckernkiez. War 2010 mit einem Quadratmeterpreis von 2000 Euro kalkuliert worden, liegt er jetzt bei 2750 Euro.

Doch damit noch nicht genug der Probleme. Weder das geplante Hotel, noch der Biosupermarkt werden nach jetzigem Stand realisiert werden.

Alles in allem fehlten der Genossenschaft Anfang Dezember noch rund fünf Millionen Euro, um das angestrebte Eigenkapital von 32,6 Millionen zu erreichen. Das Gesamtprojekt umfasst inzwischen ein Volumen von 124 Millionen Euro. Geplant waren 80 Millionen. Das Problem bislang: Die Banken wollen nicht mitmachen.

Für die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann sollte das Projekt an dieser Hürde nicht scheitern. »Eine Bürgschaft vom Senat fände ich nicht schlecht«, meint sie. »Man kann die Leute jetzt nicht hängen lassen. Da hängen Existenzen kleiner Leute dran. Hier sollte sich die Landesregierung einen Ruck geben.«

Doch im Moment scheint die Landesregierung noch gar nicht daran zu denken. Bau-Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup jedenfalls sagte dem rbb gegenüber klipp und klar: »Das Land bürgt nicht.«

Senatserinnerungen an das Tempodrom

Der Staatssekretär erinnert daran, dass der Senat gerade in Kreuzberg mit Bürgschaften schlechte Erfahrungen gemacht hat und verweist auf das Tempodrom, das ja in Sichtweite des Möckernkiezes liegt.

Die Empfehlung ist denn auch eine ganz einfache: Entweder soll sich die Genossenschaft irgendwie mit den Banken einigen oder eine größere Wohnungsgenossenschaft mit ins Boot nehmen.

Ob das allerdings die Lösung ist? Mit ihrer Planung wollten sich die Genossen ja gerade von anderen genossenschaftlichen Projekten abheben.

Das sieht auch die Bezirksbürgermeisterin so. Sie spricht von einem »sehr bezirklichen Herangehen.« Zwar räumt sie ein, dass die Planungen vielleicht etwas großzügig ausgefallen sind, erinnert aber daran, wer hier investiert. Hier gehe es um Menschen, die nicht zu den Besserverdienenden gehörten und die zum Teil ihre ganzen Ersparnisse als eine Art Alterssicherung in das Projekt gesteckt hätten.

Von den 15 geplanten Gebäuden stehen bislang vier im Rohbau, die vorerst alle winterfest gemacht worden sind. Ansonsten ist auf den Baustellen in den letzten Monaten nicht mehr sehr viel gelaufen.

Das heißt nicht, dass das Projekt am Ende ist, aber es hängt in der Schwebe. Derzeit hat die Genossenschaft etwa 1.300 Mitglieder und es kommen noch neue hinzu. Für die wird es allerdings deutlich teurer, als ursprünglich gedacht. Sie werden nun 40 statt 30 Prozent der Bausumme einbezahlen müssen. Bei einer vier Zimmer-Wohnung mit 100 Quadratmetern sind das trotzdem noch weniger als 100.000 Euro. Allerdings dürften dann die Mieten nicht mehr ganz so günstig sein, wie gedacht.

Letztlich hängt alles daran, was für einen Partner die Möckernkiez Genossenschaft am Ende finden wird und zu welchen Konzessionen die Mitglieder bereit sind. So scheinen derzeit noch viele Möglichkeiten offen. Allerdings wird die Situation neu bewertet werden müssen. Die Genossenschaft hat reagiert und den Vorstand zum Jahrebeginn auf fünf Mitglieder erweitert.

Das einzige was sicher ist: Eine Bauruine wird dort nicht stehen bleiben. Was jetzt schon steht ist ein gefundenes Fressen für Baulöwen und Immobilienhaie.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2015.

Görlitzer Park kommt nicht zur Ruhe

Neue Taskforce soll die Situation verbessern

Mit der Gründung einer Taskforce reagiert nun die Politik auf die sich offenbar verschärfende Drogensituation im Gör­lit­zer Park. Pikant ist die Zusammensetzung des Gremiums. Mit Innensenator Frank Henkel, seinem Staatssekretär Bernd Krömer und Justiz­se­na­tor Thomas Heilmann sitzen drei CDU-Leute, die für Law-and-Order stehen, zwei Vertretern der Grünen, Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann und Bezirksstadtrat Hans Panhoff, gegenüber. Beide stehen naturgemäß für eine liberalere Drogenpolitik.

Der Görlitzer Park gilt schon lange als Umschlagplatz für meistens weiche Drogen. Doch seit geraumer Zeit ist die Zahl der Dealer enorm gewachsen. Zudem klagen vor allem Anwohner, dass das Auftreten der Rauschgiftverkäufer inzwischen auch ziemlich forsch geworden ist.

In wie weit das richtig oder eher eine subjektive Wahrnehmung ist, ist nur schwer zu überprüfen. Dass die Zahl der Dealer enorm gewachsen ist, lässt sich hingegen belegen. Auch ein Zusammenhang mit den Asylsuchenden in der nahegelegenen Gerhard-Hauptmann-Schule ist schlecht wegzudiskutieren.

So ergeben sich zwei Linien, wie dem Problem beizukommen sei. Der Innensenator sähe am liebsten eine Null-Toleranz-Politik mit hoher Polizeipräsenz in und um den Park. Und ihm geht der Umgang mit den Flüchtlingen in Kreuzberg entschieden zu weit.

Monika Herrmann dagegen hofft, mit einem legalen Coffeeshop den Dealern die Grundlage zu entziehen. Sie setzt mehr auf Dialog und glaubt, dass eine weniger restriktive Flüchtlingspolitik ohne Residenzpflicht und Arbeitsverbot hilfreich wäre.

Einig sind sich die beiden unterschiedlichen Lager in der Taskforce jedoch in einem: Die jetzige Situation im Gör­litzer Park ist so nicht mehr tragbar und den eigentlichen Nutzern des Parks auch so nicht mehr zuzumuten.

Mit den Anwohnern will die Grünen-Fraktion in der BVV im Januar ins Gespräch kommen.

Grünflächenamt vergrämt die Dealer

Bei einer Veranstaltung – so sie zustande kommt – sollen die Mitglieder der Taskforce ihre Vorstellungen kundtun.

Bis dahin ist die Taskforce allerdings auch schon tätig geworden. Zum Teil mit überraschenden Erfolgen. So hat Baustadtrat Hans Panhoff, das Grünflächenamt losgeschickt, um das Unterholz einmal so richtig auszuforsten – das Unterholz, in dem die Dealer auch schon mal gerne ihren Stoff deponieren.

Tatsächlich fanden die Mitarbeiter des Grünflächenamtes nicht nur weiche Drogen in Form irgendwelcher Cannabisprodukte, sondern auch richtig hartes Zeug wie Crystal Meth und Kokain.

Der Hohlweg am Spreewaldbad, den Panhoff einen »richtigen Angstraum« nennt, soll zugeschüttet werden. Durch solche und ähnliche Maßnahmen soll den Dealern die Lust am Dealen genommen werden.

Innensenator Frank Henkel setzt da auf eine andere Strategie. Er will die Grenze für den in der Regel nicht verfolgten Besitz von Cannabis-Produkten für den Eigenbedarf von 10 bis 15 Gramm auf sechs Gramm herabsetzen – und zwar nur für den Park und seine Umgebung.

Die Polizei sieht den Ruf nach größerer Präsenz mit sehr gemischten Gefühlen, denn personell arbeiten die Ordnungshüter am Park sowieso bereits am Anschlag. Noch mehr Präsenz ist angesichts der Personalsituation nur schwer darstellbar. Zudem gerät die Polizei auch immer wieder mit Anwohnern des Görlitzer Parks aneinander. Viele fühlen sich zwar durch die Dealer bedroht, doch die Festnahme eines Dealers wird andererseits auch gerne als unangemessene Polizeigewalt interpretiert.

Inwieweit die Maßnahmen wirklich greifen und welche Konzepte am Ende möglicherweise zum Erfolg führen, wird so schnell nicht festzustellen sein. In der kalten Jahreszeit und den kurzen Tagen, wenn Bäume und Büsche entlaubt sind, sind auch nicht nur weniger Parkbesucher, sondern auch weniger Dealer unterwegs.

Doch das Problem könnte sich im nächsten jahr auch ohne Tatort von selbst lösen. Die Polizei beobachtet, dass viele Dealer den Park verlassen, um andernorts zu dealen. Im Görli gibt es zuviele Kollegen. Das ruiniert die Preise.

Kommentar: Bringt das wirklich was?

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2014.