Verbotene Verbote

Was ist eigentlich unerträglicher? Diese üblen Plakate der NPD? Der Versuch, sie zu verbieten? Oder die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das Verbot zu verbieten? Genau in dieser Abfolge liegt die Dramaturgie des Infamen. Dr. Peter Beckers ist ein ehrenwerter Mann und er wurde von ehrenwerten Motiven geleitet, als er mit einer Untersagungsverfügung die NPD zwingen wollte, die Plakate wieder abzunehmen. Aber was hat er damit erreicht? Er hat eine Niederlage vor dem Verwaltungsgericht erlitten, die der Demokratie mehr schadet und der NPD mehr nützt, als ein paar geschmacklose Plakate. Vielleicht ist es mal Zeit es in der Härte zu sagen: Der Satz »Die NPD muss mit aller Entschiedenheit bekämpft werden«  ist schlicht und einfach falsch. Genau aus diesem Kampf schöpfen die Braunen doch ihre Lebenskraft. Sie müssen doch provozieren, alleine darin sehen sie doch ihre Existenzberechtigung. Jeder weiß doch, dass die NPD keine Unterabteilung der Heilsarmee ist. Die Rechten tun doch genau das, was man von ihnen erwartet.

Es müßte ganz anders heißen: »Die NPD muß mit aller Klugheit und Intelligenz bekämpft werden.« Der sonst nicht immer geschmackssichere Martin Sonneborn hat es mutmaßlich vorgemacht, als er die »Gas geben«-Plakate mit Haiders Todeswrack überkleben ließ. Das allerschlimmste, was der Demokratie im Bezug auf die Rechten passieren kann, ist, dass sie sich immer wieder an den Schranken des Gerichts eine blutige Nase holt. Darüber freuen sich am Ende nur die Rechten. Sonst keiner.

Bezirk muss NPD-Plakate dulden

Die NPD hat ihren Vorsitzenden Udo Voigt an einen Laternenmast gehängt und ihm die Worte: »Gas geben« in den Mund gelegt. Kreuzberger Farbbeutel-Kunstwerfer haben dazu ihr eigenes Statement abgegeben. Foto: psk

Ausgerechnet in der Kreuzberger Lindenstraße, in Sichtweite des Jüdischen Museums hat die NPD Wahlplakate angebracht, auf denen der zynische Spruch »Gas geben« zu lesen ist. Der stellvertretende Bezirksbürgermeister Peter Beckers reagiert als Leiter der Ordnungsamtes darauf mit einer Untersagungsverfügung. Der NPD wurde dabei ein Zwangsgeld angedroht, wenn sie nicht die Plakte mit dem Inhalt »Gas geben« und »Gute Reise« aus dem Straßenbild entfernen würde. »Bei den beiden Plakaten handelt es sich nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums um Äußerungen, die nicht zu billigen sind und die den Tatbestand der Volksverhetzung nach dem Strafgesetzbuch erfüllen, so dass ein behördliches Eingreifen geboten ist«, erklärt Dr. Peter Beckers. Das wurde am 7. September gegen Mittag als Pressemitteilung verbreitet. Doch letztlich blieb es nur bei dem Versuch, sich der rechten Wahlpropaganda zu entledigen.

Am gleichen Tag entschied die erste Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts: Die Plakate dürfen hängen bleiben. Das Gericht wollte in den Inhalten keine Volksverhetzung sehen. Zwar schließt das VG nicht einmal aus, dass das »Gas geben« auf die Verfolgung der Juden im dritten Reich abzielt, aber die Kammer zieht auch in Betracht, dass eine andere Deutung möglich sei.

Die Kreuzberger haben allerdings schon vor Wochen ihre Haltung zu den Plakaten der NPD deutlich gemacht. In der Lindenstraße hängt kein einziges NPD-Plakat, das nicht durch Farbbeutel ziemlich unkenntlich gemacht wurde. Dabei hingen diese »Werbemittel« sowieso stets ganz oben an den Laternenpfählen. Wäre eigentlich auch ein guter Slogan für die NPD: »Höher hängen«.