Tourismusdebatte entspannt sich

Weniger Party auf der Admiralbrücke / Preisaufschläge für Touris in der Wiener Straße

Schön ruhig ist es auf der Admiralbrücke zwar immer noch nicht, aber viel entspannter. Foto: psk

In der »Jungle World« war es ein Aufregerthema: Eine Kneipe in der Wiener Straße diskriminiert Touristen, in dem sie von ihnen höhere Preise verlangt, als von Einheimischen. Hat damit das Touristenbashing, das seit etwa drei bis vier Jahren zu den Kreuzberger Populärsportarten gehört, einen neuen unrühmlichen Höhepunkt erreicht?

Gaby Hartmann vom Deutschen Seminar für Tourismus (DSFT) sieht das nicht so. Die in Kreuzberg beheimatete Akademie unterstützt nicht nur Unternehmer, die sich hier im Fremdenverkehr engagieren, sondern betrachtet auch die Entwicklungen sehr genau. »Die Touri-Diskussion hat nicht an Schärfe zugenommen«, erklärt Gaby Hartmann. Eher habe sich die Debatte noch mehr in Richtung Gentrifizierung verlagert. Sie führt als Beispiel die Diskussion um das Guggenheim-Lab an, das ursprünglich in der Schlesischen Straße geplant war und nach massiven Protesten von Gentrifizierungsgegnern an den Prenzlauer Berg abgewandert ist.

Tatsächlich hat sich die Auseinandersetzung um die Touristen an manchen Stellen sogar entschärft. Bis vor einem Jahr galt die Admiralbrücke als der große Brennpunkt. Wo sich an warmen Tagen manchmal drei- oder vierhundert Menschen auf der Brücke drängelten, sind es inzwischen kaum noch die Hälfte. Üppige musikalische Darbietungen sind ebenfalls deutlich weniger geworden.

Gaby Hartmann, die selbst dort in der Nähe wohnt, führt das auf die Polizeipräsenz zurück und darauf, dass die Beamten um 22 Uhr auch tatsächlich für Ruhe sorgen. Sie meint: »Es sind immer noch viele Leute auf der Brücke, aber offenbar ist es den meisten unter Polizeiaugen zu ‚ungemütlich‘, und dann wechseln sie halt den Ort.«

Und der Ort ist kaum hundert Meter weiter die Wiese am Urbanhafen. Da sitzt es sich sowieso viel weicher als auf den harten Beton-Pollern auf der Brücke.

Kommentar zum Thema: Von Eulen und Ochsen

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2012.

Der Südstern bleibt unerreicht

1. Mai so ruhig wie seit Jahren nicht mehr

Seht wie der Zug der Millionen...: es waren aber nur 10.000 auf dem Kottbusser Damm. Foto: rsp

Die Routenführung der revolutionären Mai-Demo hatte schon seit Tagen zu Diskussionen geführt. Über den Kottbusser Damm, die Sonnenallee, in einem Kringel durch Neukölln sollte der Zug über die Hasenheide schließlich bis zum Südstern ziehen. Warum es gerade der Südstern sein sollte, blieb ein wenig schleierhaft, und außerdem schien eine Demonstrationsstrecke von 6,21 Kilometern am Sonntagabend doch reichlich ambitioniert.

Immerhin, die rund 10.000 Demonstranten, die sich um 18 Uhr an der Kottbusser Brücke versammelten, hätten es zumindest zeitlich schaffen können. Um 20.30 Uhr wollten sie am Südstern sein. Um 20 Uhr endete die Demo vorerst am Hermannplatz. Zuvor war es zu den üblichen Rangeleien zwischen Polizei und Autonomen gekommen. Von der einen Seite flogen Steine und Flaschen, von der anderen kam Pfefferspray. Doch im Großen und Ganzen blieb alles doch sehr verhalten.

Dass bei einigen Steinwürfen ausgerechnet die genossenschaftlich organisierten Volksbanken der Zorn der Demonstranten traf, irritierte den Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele (Grüne).

Kurz nach 20 Uhr schienen sich die Ereignisse am Hermannplatz zu überschlagen. Da wurde von Rauch über dem Hermannplatz getwittert, von blutigen Nasen und von Pfefferspray. Dann kam plötzlich die Nachricht, dass die eigentlich für beendet erklärte Demo doch noch bis zum Südstern weiterziehe, was Sekunden später widerrufen wurde.

Etwa zur gleichen Zeit wurden noch einmal massiv Polizeikräfte aus der ehemaligen Polizeikaserne am Columbia­damm herangeführt. Parallel dazu kamen auch zahlreiche Mannschaftsfahrzeuge aus dem Volkspark Hasenheide, die sich dort bisher in Deckung gehalten hatten.

Nun begann sich die Menge am Hermannplatz zu verteilen. Das Gros allerdings setzte sich nun doch wieder in Richtung Südstern in Bewegung, bog dann allerdings unvermittelt in die Jahnstraße ab.

Der Zug war unterwegs in den Graefekiez. Und so kamen schnell Spekulationen auf, dass es am Zickenplatz noch zu einer größeren Auseinandersetzung kommen könne, die aber trotz oder wegen eines starken Polizeiaufgebotes ausblieb.
Am Ende landeten die meisten doch wieder dort, wo alles angefangen hatte. Nun bewahrheitete sich das, was die Polizeiführung schon im Vorfeld vermutet hatte: Statt großer Straßenschlachten würde es diesmal zu einer Art »Guerilla-Taktik« kommen. Immerhin brannte an der Ecke Wiener-/Glogauer Straße ein Auto.

Am Ende waren sich alle Seiten wenigstens über eines einig. So ruhig und friedlich war der 1. Mai in Kreuzberg lange nicht.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Mai 2011.