Zehn Jahre Kiez und Kneipe

Ein Dank an Leser, Kunden und Mitarbeiter / von Peter S. Kaspar

Die KuK-Redaktion arbeitet seit sechs Jahren in dieser Besetzung zusammen.

Foto: philsDie KuK-Redaktion arbeitet seit sechs Jahren in dieser Besetzung zusammen. Foto: phils

Alle paar Jahre gibt es eine neue Welle des Zeitungs- und Zeitschriftensterbens in Deutschland. Große und namhafte Blätter verschwinden. In der Welt der Printprodukte haben fast nur noch Lifestyle- oder Special-Interest-Magazine eine Chance.

So gesehen haben wir, das Team von Kiez und Kneipe, wahrlich Grund, stolz zu sein. Seit zehn Jahren gibt es das Stadtteilmagazin jetzt schon. Erstmals erschien es am 4. Dezember 2004 mit dem bescheidenen Umfang von zwölf Seiten. Heute sind es mal 16, mal 20 und ganz selten sogar mal 24 Seiten.

Im Grunde ist die KuK ein gedruckter Anachronismus, vielleicht sogar ein Paradoxon, das dem berühmten Hummel-Paradoxon gar nicht so unähnlich ist: Gemessen an ihrer Körpergröße und ihrer Flügelfläche, kann eine Hummel angeblich gar nicht fliegen – aber sie tut es trotzdem.

Fröhlich wandelt die KuK seit einem Jahrzehnt auf einem schma­len Grat. So richtig in die Gewinnzone ist sie nie gekommen, aber auch nicht richtig in die Gefahr, pleite zu gehen. Es gab zwei existenzgefährdende Situationen. Einmal nach dem Brand der Redaktionräume und einmal nach dem Versuch ehemaliger Mitarbeiter, die Kreditwürdigkeit des Blattes zu untergraben.

Am Ende aber ist es alles immer irgendwie gut ausgegangen und die KuK steht heute besser da, als jemals zuvor in ihrer Geschichte.

Das hat sie in erster Linie ihren engagierten Mitarbeitern zu verdanken, die das Blatt jeden Monat ehrenamtlich und mit goßer Hingabe neu erfinden. Dieser harte Kern, der so seit sechs Jahren zusammen ist, hat die KuK zu dem gemacht, was sie heute ist.

Überleben könnte die KuK auch nicht ohne jene Kunden, die dem Blatt seit Jahren die Treue halten und die Kiez und Kneipe mit ihren Anzeigen unterstützen.

Das Überleben der KuK hat sicherlich auch damit zu tun, dass wir uns selbst nicht immer all zu ernst nehmen. Das Honorar für die Mitarbeit ist der Spaß am Zeitungsmachen und die Resonanz der Leser. Ohne sie wäre die Produktion einer Kiezzeitung ein sehr sinnbefreites Unterfangen. So kann denn auch eine Zeitung, die nichts kostet, nur durch ihre Leser überleben. Das sind jeden Monat zwischen 10.000 und 15.000.

Und die Zukunft? Wachsen wollen wir nicht mehr. Aber zum 20-Jährigen würden wir alle gerne wieder einladen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2014.

Die KuK-Drucker

Wie kommt die Kiez und Kneipe eigentlich auf Papier? Wir waren zu Besuch bei unserer Druckerei KOMAG

Drucker Uli Sattler beim Einspannen der Druckplatte. Trotz Schnellspannvorrichtung ist die Benutzung eines Schraubenschlüssels obligatorisch.

Foto: rspDrucker Uli Sattler beim Einspannen der Druckplatte. Trotz Schnellspannvorrichtung ist die Benutzung eines Schraubenschlüssels obligatorisch. Foto: rsp

Es ist nicht wenig Arbeit, eine Zeitung wie die Kiez und Kneipe zu machen. Artikel müssen recherchiert und geschrieben werden, Fotos müssen gemacht werden, Anzeigen müssen akquiriert werden, und dann muss die ganze Angelegenheit auch noch umbrochen, also in eine Form gegossen werden, die nach Zeitung aussieht. Doch wenn sich die Redaktion nach einem erfolgreichen Umbruchwochenende erschöpft zurücklehnt, geht die Arbeit für andere Akteure erst richtig los. Denn was wäre eine Zeitung ohne die Druckerei?

Seit der ersten Ausgabe wird die KuK bei der »Kommunikations- und Marketingagentur GmbH«, kurz KOMAG, in der Schlesischen Straße gedruckt. Der kleine Kreuzberger Betrieb ist seit 1995 im Geschäft und eigentlich auf das Komplettprogramm von Satz, Layout und Druck spezialisiert. Doch auch der Druck alleine ist aufwendig genug.

Schwer reißend vom Spachtel zieht sich die ölige Druckfarbe. Ein Pfund reicht für 3000 Zeitungen.

Foto: piSchwer reißend vom Spachtel zieht sich die ölige Druckfarbe. Ein Pfund reicht für 3000 Zeitungen. Foto: pi

Aber der Reihe nach: Wenn die fleißigen Redakteure die Zeitung fertiggestellt haben, laden sie die Druckdatei auf den Server von KOMAG hoch. Früher wurden dort direkt vor Ort Filme hergestellt, von denen die Druckplatten belichtet wurden. Inzwischen bedient man sich eines externen Dienstleisters, der die nicht einmal einen Millimeter starken Metallbleche direkt und ohne Umweg aus der Datei erzeugt.

Gedruckt wird die KuK im Bogenoffset-Druckverfahren. Dazu verfügt die Druckplatte über eine spezielle Beschichtung, die die Eigenschaft hat, dass die aufgetragene Druckfarbe nur an bestimmten Stellen haftet, denjenigen Stellen nämlich, an denen später Buchstaben auf dem Papier landen sollen. Mit dieser Druckplatte, die um eine Walze herum eingespannt ist, wird nicht direkt auf Papier gedruckt, sondern zunächst auf eine Gummiwalze, die die Farbe aufnimmt und wiederum an das Papier abgibt. Im Unterschied zum Rollenoffset, der bei »großen« Zeitungen Verwendung findet, wird nicht auf Papier von der Rolle, sondern auf Einzelblätter gedruckt. Das Einzelblatt hat allerdings DIN-A2-Format und entspricht 8 Seiten Kiez und Kneipe.

Bei KOMAG stehen gleich zwei Druckmaschinen für Offsetdruck, die zwar kleiner als ihre großen Kollegen bei Axel Springer und Co sind, daheim in der guten Stube aber trotzdem arg im Weg wären.

Doch bevor gedruckt werden kann, muss einerseits Farbe in die Maschine – für die Monatsauflage einer KuK wird etwa ein Pfund der öligen Masse gebraucht – und andererseits Wasser, mit dem die Druckplatte benetzt wird, um den beschriebenen Adhäsionseffekt auf der Druckplatte zu erzeugen. Zwar kommt das Wasser aus der KOMAGschen Teeküche, doch bevor es in die Maschine darf, muss sein pH-Wert – und damit die Oberflächenspannung – durch einen speziellen Feuchtwasserzusatz gesenkt werden.

Neugierige Redakteure mit KOMAG-Chef Stefan Kriebel

Foto: piNeugierige Redakteure mit KOMAG-Chef Stefan Kriebel Foto: pi

Außerdem braucht man natürlich Papier. Etwa 80 cm hoch ist der Stapel, den Drucker Uli Sattler einmal pro Monat von Hand in die Druckmaschine einlegen muss. Das wuchtige Gerät, eine »Heidelberg« aus den 90ern, verfügt über einen sogenannten Schuppenanleger: Um die Geschwindigkeit zu erhöhen, wird das Papier den Druckwalzen nicht Blatt für Blatt, sondern überlappend zugeführt. Damit es nicht zu Papierstau kommt und auch nicht etwa zwei Bögen auf einmal eingezogen werden – das würde zu weißen Seiten in der Zeitung führen – gibt es eine komplizierte Vorrichtung aus Luftdüsen, Lichtschranken und Rädchen, die die Druckwalzen im Fehlerfall sofort stoppen.

Wenn‘s dann endlich losgeht, landen die ersten paar dutzend Exemplare erst einmal als Makulatur im Müll, weil sich die Farbe noch nicht optimal im Druckwerk verteilt hat.

Prinzipbedingt wird der Bogen zunächst nur einseitig bedruckt, was bedeutet, dass der ganze Stapel erneut – mit der Rückseite nach oben – auf den Einzugsstapel gewuchtet werden muss. Zuvor muss Uli Sattler aber erst die Druckplatte wechseln, was trotz Schnellspannvorrichtung eine Angelegenheit ist, die etliche Handgriffe und einen Schraubenschlüssel erfordert. Außerdem muss nach jedem Druckvorgang die Gummituchwalze, die die Farbe aufs Papier aufträgt, gereinigt werden. Die dafür erforderliche Chemie ist zwar heutzutage einigermaßen umweltfreundlich, beschert Druckereien wie KOMAG aber trotzdem regelmäßige Kontrollen durchs Umweltamt.

Bei 20 Seiten KuK wiederholt sich dieser Vorgang sechs Mal. Alles in allem dauert das Ganze vier bis fünf Stunden.

Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Fehlen nur noch der Druck der Rückseite, Beschnitt, Heftung, Vertrieb...

Foto: piEntscheidend ist, was hinten rauskommt. Fehlen nur noch der Druck der Rückseite, Beschnitt, Heftung, Vertrieb... Foto: pi

Sind schließlich die drei Stapel Kiez-und-Kneipe-Bögen gedruckt, dann ist die Zeitung natürlich trotzdem noch nicht fertig. Denn bevor Du, lieber Leser, das Endprodukt in die Hände bekommst, müssen die Seiten noch geschnitten und geheftet werden. Das erledigt allerdings auch nicht KOMAG selbst, sondern ein externer Buchbinder.

Wie der das macht, das ist eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll – genauso, wie die rätselhaften redaktionellen Ereignisse, in deren Verlauf die Druckdatei zustande kommt.

Robert S. Plaul

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2009.