Notquartier oder Ferienwohnungen?

Monika Herrmann mit neuer Idee zur Flüchtlingsunterbringung

Notquartier: In dieser Turnhalle sind derzeit rund 30 Flüchtlinge untergebracht.

Foto: pskNotquartier: In dieser Turnhalle sind derzeit rund 30 Flüchtlinge untergebracht. Foto: psk

Die Zahl der Flüchtlinge wächst, und mit ihr die Probleme in punkto Unterbringung. Container werden aufgestellt, Turnhallen requiriert und Traglufthallen aufgeblasen. Und trotzdem, es reicht nicht.

Doch in Treptow, an der Trasse der künftigen A100 stehen 90 Wohnungen leer, die sofort bezugsfertig wären. Aber die beiden Häuser sollen abgerissen werden, für eine Autobahn, für die die Bauarbeiten an diesem Teilstück in sieben Jahren beginnen.

In der momentanen Situation wären sie buchstäblich Gold wert, doch für Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel ist das kein Thema. Eine Zwischennutzung kommt für ihn nicht in Frage.

Monika Herrmann, Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, hat diese Haltung so richtig in Harnisch gebracht. Sie hat gerade die Sporthalle »MariannenArena« an das Land weitergereicht, damit dort bis zu 80 Flüchtlinge, Frauen und Kinder, untergebracht werden. 30 sind es bis jetzt.

Dort gibt es zwar keinen Schulunterricht, aber viele Vereine müssen jetzt ausweichen. Herrmann fürchtet, dass die hohe Akzeptanz und Hilfsbereitschaft gegenüber den Flüchtlingen mit der Zeit schwinden könnte.

Die Unterbringung ist eigentlich auf wenige Wochen begrenzt. Und sehr viel mehr als Stockbetten gibt es für die Flüchtlinge auch nicht. Betreut werden sie von den Johannitern, die allerdings ein hohes Aufkommen an Sachspenden verzeichnen können. »Wir ertrinken beinahe in Kinderkleidung«, erklärt ein Mitarbeiter der Johanniter. Trotzdem sind Sachspenden durchaus willkommen.

Die Bezirksbürgermeisterin ist in einem Zwiespalt. Zwar will auch sie so viele Flüchtlinge wie möglich menschenwürdig unterbringen, aber sie hätte halt auch gerne ihre Turnhalle bald wieder zurück.

Sie hat nun eine ganz neue Idee ins Feld geführt: Warum sollte man nicht illegale Ferienwohnungen als Flüchtlingsunterkünfte nutzen? Der durchaus erwartete und eigentlich schon übliche Shitstorm fiel eher lau aus.

Justizsenator hat rechtliche Zweifel

Nicht einmal die CDU, die sich sonst sehr gerne und sehr schnell auf die grüne Bezirksbürgermeisterin einschießt, begehrte laut auf. Immerhin, Justizsenator Thomas Heilmann hält den Vorschlag für nicht praktikabel. Das ändert allerdings nichts daran, dass er jetzt zunächst rechtlich geprüft wird. Trotzdem steht das böse Wort von der »Enteignung« im Raum. Doch die sieht Monika Herrmann nicht. Einerseits würden die Eigentümer ja trotzdem Miete erhalten, andererseits sei eine Unterbringung von Flüchtlingen zeitlich begrenzt. Außerdem verweist sie darauf, dass es sich in diesem Fall ja um illegale Ferienwohnungen handele. Juristisch ist das möglicherweise knifflig, aber sie erklärt auch, dass jeder der legal eine Ferienwohnung besitzt oder betreibt, diese natürlich ebenfalls als Flüchtlingsunterkunft gegen eine entsprechende Miete zur Verfügung stellen kann.

Justizsenator Heilmann meldet unter anderem deshalb Zweifel an, weil ja auch viele öffentliche Gebäude leer stünden und nennt dabei das ICC.

Monika Herrmann rechnet vor, dass vom Liegenschaftsfonds des Landes, der über mehr als 100 Gebäude verfügt, gerade mal 13 Objekte als Flüchtlingsunterkünfte vorgeschlagen wurden, also etwa eines pro Bezirk.

Ein Gebäude, in dem eine ganze Menge Flüchtlinge untergebracht werden könnten, steht in der Kreuzberger Franz-Künstler-Straße. Das ehemalige Haus der Schreber-Jugend war auch schon einmal im Gespräch, die Flüchtlinge vom Oranienplatz, beziehungsweise von der Gerhart-Hauptmann-Schule aufzunehmen. Damals scheiterte es an der fehlenden Heizung. Inzwischen wäre eine Unterbringung, selbst mit Heizungsnachrüstung nicht mehr möglich. »Es fehlt der Brandschutz, und das Gebäude soll abgerissen werden«, erläutert die Bürgermeisterin.

Trotzdem hätte auch hier schon längst etwas passieren können. Wenn das Gebäude abgerissen worden wäre, dann hätte man auf dem Gelände wenigstens Wohncontainer aufstellen können.

Tatsächlich scheint es zumindest in der Theorie genügend Wohnraum für Flüchtlinge zu geben – aber auch hohe bürokratische Hürden.

Kommentar: Mehr Mut ist machbar

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2015.