Queere Filme zum Fest der Liebe

Weihnachtsfilmfestival mit Advents-Specials im Moviemento

Zwei Frauen stehen einander gegenüber und schauen sich an. Die linke trägt eine Weihnachtsmannmütze.»Carol« erzählt die Geschichte einer Liebe zwischen zwei Frauen im New York der 50er Jahre. Foto: Wilson Webb / DCM 2015

Der Dezember wird bunt: An jedem Adventssonntag präsentiert das Weihnachtsfilmfestival im Moviemento queere Kurz- und Spielfilme mit Bezug zum Thema Weihnachten. »Carol« von Todd Haynes – zu sehen am 15. Dezember – erzählt eine rührende Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen im New York der 1950er Jahre. Zwei Kurzfilmprogramme am 8. und 22. Dezember nehmen sich den Themen »Nach Hause kommen« und »Stark bleiben« an. In den abwechslungsreichen kurzen Formaten finden sich Komödien, Dramen, Animations-, Experimental-, sowie Dokumentarfilme wieder.

Für den 24. und 26. Dezember ist zusätzlich ein »Xmas Animation Special« geplant. Infos zum Programm werden rechtzeitig unter ­weihnachtsfilmfestival.de veröffentlicht.

Die Filmscreenings starten jeweils um 19 Uhr. Tickets kosten 12 Euro, ermäßigt 10 Euro.

Das Festival hat sich seit 2016 den unkonventionellen Weihnachtsfilmen verschrieben und ist das einzige seiner Art in Europa.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2024 (auf Seite 14).

Plötzlich Gentleman

Robert S. Plaul sah die Verfilmung eines Charles-Dickens-Klassikers

Die Kühle und der Waisenknabe. Estella (Holliday Grainger) will Pip (Jeremy Irvine) nicht an sich heranlassen.

Foto: SenatorDie Kühle und der Waisenknabe. Estella (Holliday Grainger) will Pip (Jeremy Irvine) nicht an sich heranlassen. Foto: Senator

Der Waisenjunge Pip (als Kind: Toby Irvine, als Erwachsener: Jeremy Irvine) wächst in einfachen Verhältnissen bei seiner älteren Schwester und ihrem Mann, dem Dorfschmied Joe Gargery (Jason Flemyng) auf. Ein Jahr nach der Begegnung mit einem entflohenen Sträfling (Ralph Fiennes), dem Pip aus Furcht versucht zu helfen, wird er von der reichen, exzentrischen Miss Havisham (Helena Bonham Carter) als Spielgefährte für ihre Pflegetochter Estella (als Kind: Helena Barlow, als Erwachsene: Holliday Grainger) engagiert. Trotz Estellas kühler Art ist der gerade mal 11-Jährige vom ersten Augenblick in das Mädchen verliebt. Doch die aufkeimenden zarten Bande, denen schon aufgrund des sozialen Unterschieds keine Zukunft beschieden wäre, finden ein Ende, als Miss Havisham seine Besuche nicht mehr wünscht, weil Pip alt genug ist, um bei seinem Schwager in die Lehre zu gehen.

Zehn Jahre später wird Pip von einem unbekannten Wohltäter mit einem kleinen Vermögen ausgestattet, um fortan in London das Leben eines Gentleman zu führen. Schnell findet er sich in die Welt der Snobs ein, und er ist voller »großer Erwartungen« – erst recht, als er Estella wiedertrifft. Doch als er erfährt, wer der geheimnisvolle Wohltäter ist und was hinter dem ungewöhnlichen Arrangement steckt, gerät seine Welt ins Wanken.

Regisseur Mike Newell, der schon so unterschiedliche Filme wie »Vier Hochzeiten und ein Todesfall« und »Harry Potter und der Feuerkelch« gemacht hat, liefert erwartungsgemäß eine solide Verfilmung des Dickens-Klassikers ab. Schauspielerisch am meisten überzeugen allerdings ausgerechnet die Darsteller vermeintlicher Nebenrollen wie etwa Robbie Coltrane als Anwalt Jaggers. Insbesondere Holliday Grainger als erwachsene Estella bleibt hinter ihrer jugendlichen Kollegin Helena Barlow zurück. Auch aus Pips Nebenbuler Bentley Drummle (Ben Lloyd-Hughes) hätte man mehr machen können als einen eitlen Snob. Eine erfreuliche Neuentdeckung hingegen ist Jeremy Irvings kleiner Bruder Toby, der in seiner Rolle als junger Pip sein Debut gibt.

Anders als viele der zahlreichen anderen Verfilmungen – etwa die modernisierte Adaption mit Ethan Hawke und Gwyneth Paltrow von 1998 – hält sich Newells Film sehr eng an den Roman. Allerdings ist der Versuch, ein über 700 Seiten dickes Buch auf 128 Minuten einzudampfen schon prinzipbedingt ein gewagtes Unterfangen, das einige wohlüberlegte Modifikationen erfordert hätte. Keine Frage: Die finstere Hintergrundgeschichte, die erst allmählich ans Licht kommt, ist durchaus komplex. Doch hier wäre es Aufgabe des Drehbuchschreibers David Nicholls gewesen, den Knoten für den Zuschauer zu entwirren.

Nichtsdestotrotz ist »Große Erwartungen« ein sehenswerter Film, der trotz dramaturgischer Schwächen einen Kinobesuch auf jeden Fall rechtfertigt.

»Große Erwartungen« läuft ab 13. Dezember im Kino.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2012.