Kürzungen bei Kultur und Sozialem

Bezirksamt kritisiert Haushaltspläne des Senats

Das Hauptgebäude der Amerika-Gedenkkbibliothek aus der LuftperspektiveAuch die Zentral- und Landesbibliothek ist von den vom Senat geplanten Haushaltskürzungen betroffen. Foto: rsp

Es sind massive Kürzungen, die der Berliner Senat in seinem Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2026 und 2027 vorsieht – und zwar in allen Bereichen.

So sollen etwa die Mittel, die den Bezirken im Kulturbereich zur Verfügung gestellt werden, um 25 Prozent gekürzt werden. »Diese drastischen Kürzungen werden vor Ort zu harten Einschnitten führen«, schreibt das Bezirksamt in einer Pressemitteilung. »Weniger Ausstellungen, weniger ausgestellte Künstler*innen, weniger Veranstaltungen, weniger Vermittlungsangebote, weniger geförderte Projekte.«

Zwar hat der Senat den Bezirkskulturfonds um knapp 15 Prozent erhöht, doch dafür sind Positionen wie Ausstellungsvergütungen oder der Topf »Bezirkliche Projekte im Stadtraum« komplett gestrichen worden.

Auch Landeseinrichtungen wie die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) klagen über fehlende Gelder. Bereits im laufenden Jahr fehlen der ZLB laut eigenen Angaben rund 2,2 Millionen Euro. Im neuen Haushalt sei die Kürzungssumme zwar abgemildert worden, doch würden andererseits steigende Betriebskosten nicht gegenfinanziert, sodass es am Ende auch für die Folgejahre bei dem Fehlbetrag von 2,2 Millionen Euro bleibe. Die Bibliothek reagiert darauf bereits seit Anfang Juli mit einer Verkürzung der Servicezeiten und einer Reduktion von Veranstaltungen. Zudem müssten in den kommenden fünf Jahren 30 Stellen abgebaut werden.

Doch nicht nur im kulturellen Bereich werden künftig Gelder fehlen. So kritisiert das Bezirksamt die Pläne des Berliner Senats, im kommenden Haushalt die Finanzmittel für soziale und präventive Maßnahmen für mehr Sicherheit und Sauberkeit im öffentlichen Raum und zur Vermeidung von Sucht und Obdachlosigkeit zu streichen. Von allen beim Sicherheitsgipfel beschlossenen Maßnahmen im Görlitzer Park bleibt so einzig der umstrittene Zaunbau.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2025 (auf Seite 1).

Streit um Wahlkreisaufteilung eskaliert

Bezirksaufsicht spricht ein Machtwort

Wahlkreiskarte des Bezirks Friedrichshain-KreuzbergDie vermutlich endgültige Aufteilung der Wahlkreise für die Berlinwahl 2026. Quelle: BVV

Der von den Grünen eingebrachte und vom Bezirksamt (BA) qua Bürgermeisterinnenmehrheit in Pattsituationen beschlossene Entwurf zur Einteilung der Wahlkreise im Bezirk für die am 20. September 2026 anstehende Berlinwahl stieß bei den anderen Parteien der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auf heftigen Gegenwind. Kiez und Kneipe berichtete ausführlich in der September-Ausgabe.

Und so stimmte die BVV mit der Mehrheit von SPD, Linken und CDU dann auch in einer  eigens einberufenen Sondersitzung am 8. September dafür, den Bezirksamtsbeschluss aufzuheben und stattdessen den ersten der beiden Entwürfe des Bezirkswahlamts für die Wahlkreiseinteilung gelten zu lassen.

Dies war insofern ein Novum, als dass es normalerweise nicht üblich ist, dass eine Berliner BVV einen Bezirksamtsbeschluss ändert. 

Das Bezirksamt wiederum beanstandete den Beschluss der BVV und wandte sich zur Klärung des Konflikts an die Bezirksaufsichtsbehörde der Senatsverwaltung für Inneres und Sport.

Ob dieses Vorgehen so korrekt war oder nicht vielmehr nur die BVV das Recht habe, die Bezirksaufsicht anzurufen, war die Grundlage weiterer Debatten und führte dazu, dass am 15. September dann auch von der BVV ein Antrag auf Entscheidung der Bezirksaufsichtsbehörde gestellt wurde.

Die Bezirksaufsicht ihrerseits reagierte schnell, allein schon, um den Wahltermin sicherzustellen, denn die Veröffentlichung der Wahlkreise im Amtsblatt muss bis zum 4. Oktober stattfinden, um die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl sicherzustellen.

Bereits am 18. September entschied sie, dass die Beanstandung des BA aufgehoben sei und somit der BVV-Beschluss Bestand habe. »Nach alledem gilt die von der BVV beschlossene Wahlkreisaufteilung im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg« lautet der letzte Satz der achtseitigen Entscheidung der Bezirksaufsicht. Begründet wird dies mit der Aufgabe der BVV, eine politische Kontrolle der Geschäftsführung des Bezirksamts wahrzunehmen.

Die Neuaufteilung der Wahlkreise war notwendig geworden, weil Friedrichshain-Kreuzberg zur 2026er Wahl nur noch fünf und nicht mehr wie bisher sechs Wahlkreise haben wird. Grund ist ein Rückgang der Anzahl der im Bezirk lebenden Wahlberechtigten.

Opposition lobt Entscheidung

Die Fraktionen der SPD, der Linken und der CDU begrüßten die Entscheidung der Bezirksaufsicht. 

So schrieb die SPD-Fraktion in einer Pressemitteilung vollmundig von einem »Sieg der Demokratie« und einer »mächtigen Klatsche für  die grüne Bezirksbürgermeisterin«.

Der Ausgang der Streitereien zwischen den beiden bezirklichen Instanzen mag zukunftsweisenden Charakter haben, wenn es um die Machtverhältnisse zwischen den Bezirksparlamenten und den Bezirksämtern der Berliner Bezirke geht.

Der ordnungsgemäßen Durchführung der Abgeordneten- und BVV-Wahlen am 26. September 2026 jedenfalls scheint jetzt nichts mehr viel im Wege zu stehen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2025 (auf Seite 1).

Da waren’s nur noch fünf

Neue Wahlkreisaufteilung für die Berlinwahl 2026 beschlossen

Die von den Grünen erarbeitete Vorlage für die neuen Wahlkreise sowie die alten Wahlkreise mit den Ergebnissen der GrünenDie von den Grünen erarbeitete Vorlage für die neuen Wahlkreise sowie die alten Wahlkreise mit den Ergebnissen der Grünen. Karte: BA Friedrichshain-Kreuzberg

Am 20. September 2026 werden in Berlin die Mitglieder des Abgeordnetenhauses und die Bezirksverordneten neu gewählt. Den Termin beschloss der Berliner Senat im Juni diesen Jahres. Ebenfalls beschloss er, dass Friedrichshain-Kreuzberg künftig nur noch fünf statt wie in den letzten Jahren sechs Wahlkreise haben soll. 

Solche demographiebedingten Verschiebungen passieren gelegentlich, denn das Berliner Wahlgesetz schreibt vor, dass auf alle Wahlkreise eine möglichst gleich große Anzahl von Wahlberechtigten entfallen soll.

Die genaue Verortung der Wahlkreise wiederum obliegt dann jeweils den Bezirken.

Das Friedrichshain-Kreuzberger Wahlamt machte sich an die Arbeit und erarbeitete zwei Vorschläge für eine neue Aufteilung. Parallel dazu entwickelte die Grüne Fraktion ihren eigenen Entwurf. 

Am 12. August stimmte das Bezirksamt (BA) über die Entwürfe ab. Die drei Stadträte der Linken, der SPD und der CDU votierten für einen der Entwürfe des Wahlamts, die beiden Grünen Stadträte sowie Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann für den eigenen Entwurf. Bei einem Patt im BA zählt die Bürgermeisterinnenstimme doppelt, so dass die Entscheidung  für die Grünen-Version ausfiel.

Linke, SPD und CDU erheben Vorwürfe gegen die Vorlage der Grünen

Die in der Abstimmung unterlegenen Fraktionen sind mit der von den Grünen vorgelegten Wahlkreiseinteilung unzufrieden und erheben den Vorwurf, die Grenzen seien absichtlich so gezogen worden, dass die Grünen die Chance hätten, alle Wahlkreise zu gewinnen.

In 2023 waren bereits fünf der sechs Wahlkreise an die Partei gegangen, lediglich im damaligen Wahlkreis 4 im westlichen Friedrichshain hatte der Kandidat der Linken, Damiano Valgolio, das Direktmandat geholt.

»Ganz offensichtlich und schamlos wurden hier die Wahlkreisgrenzen nach politischem Interesse verschoben«, äußerte dieser gegenüber dem Tagesspiegel.

In der Tat beinhaltet der neue Wahlkreis 4 einige Kreuzberger Wahlbezirke südlich der Spree, in denen 2023 die Grünen die Mehrheit hatten.

Dass die beschlossenen Zuschnitte völlig an der Lebensrealität der Menschen vor Ort vorbei gingen, beklagt dort auch Cornelius Brandmiller, Co-Vorsitzender der SPD Friedrichshain-Kreuzberg. »Es ist erschreckend, wie wenig Wert die Grünen auf die gewachsenen Strukturen unserer Kieze legen.« 

Allerdings hatte auch der von den drei anderen Fraktionen favorisierte Entwurf des Wahlamts einen teilbezirksübergreifenden Wahlkreis, nämlich den im Südosten gelegenen Wahlkreis 3 (nach neuer Zählung), der einen Teil des alten Kreuzberger Wahlkreises 2 sowie den Süden des alten Friedrichshainer Wahlkreises 6 zusammengefasst hätte. 

Der Bezirkswahlleiter jedenfalls erklärte beide Varianten für rechtlich zulässig.

 

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2025 (auf Seite 1).

Nach wochenlangem Verfahrenshickhack

Bezirksstadtrat Oliver Nöll abgewählt

Oliver Nöll bei einem Besuch des Dütti-Treffs im Februar 2025.Oliver Nöll bei einem Besuch des Dütti-Treffs im Februar 2025. Foto: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg

Mit 41 Ja- und 8 Neinstimmen stimmte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg am 26. März für die Abberufung des Bezirksstadtrats für Arbeit, Bürgerdienste und Soziales, Oliver Nöll. Die für ein solches Prozedere laut dem Berliner Bezirksverwaltungsgesetz (BezVerwG) notwendige Zweidrittelmehrheit (37 von 55 Abgeordneten) wurde in der geheimen Abstimmung damit erreicht.

Nöll, der nach der Berlinwahl im Herbst 2021 für DIE LINKE den Stadtratsposten und das Amt des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters übernommen hatte, war im Oktober 2024 aus der Partei aus- und Mitte Januar in die SPD eingetreten, der er bereits mit Unterbrechungen von 1987 bis 2004 angehört hatte.

Den Antrag zur Abberufung des Stadtrats hatte seine ehemalige Fraktion, DIE LINKE, bereits im Januar gestellt. Diesem vorangegangen war eine Aufforderung zum Rücktritt, der Nöll nicht nachgekommen war.

Bei der ersten Beratung in der Januar-BVV wurde über den Antrag noch nicht abgestimmt – laut §35 BezVerwG ist über einen Abberufungsantrag zweimal zu beraten, wobei zwischen den Sitzungen mindestens zwei Wochen liegen müssen.

Die zweite Beratung samt Abstimmung stand folglich auf der Tagesordnung der regulären Februar-Sitzung der BVV. 

Da wurde der Tagesordungspunkt dann aber auf  Antrag der LINKEN vertagt. Angesichts von Abwesenheiten in den Reihen der Grünen und der CDU bei dieser Sitzung hätte es eher keine Zweidrittelmehrheit für die Abwahl gegeben.

Bei der eigens anberaumten außerordentlichen BVV-Sitzung am 5. März standen die Mehrheitsverhältnisse erneut zu Ungunsten der abwahlwilligen Fraktionen. Ein Antrag der LINKEN auf Überweisung der Drucksache in den Haushaltsausschuss wurde in einfacher Mehrheit mit den Stimmen der Grünen und der CDU beschlossen.

SPD sieht Verfahrensfehler

Die SPD-Fraktion hält den Verlauf des Abwahlverfahrens für fragwürdig. Dieser »verstößt […] gleich an mehreren Stellen gegen die Geschäftsordnung der BVV und das Bezirksverwaltungsgesetz des Landes Berlin. So fanden nicht, wie vorgeschrieben, zwei Lesungen zum Abwahlantrag statt, sondern vier. Darüber hinaus wurde der Antrag in den PHIRW-Ausschuss überwiesen, was bei einem Abwahlantrag nicht möglich ist. Durch diese und weitere Vorgänge wurde das Verfahren mehrfach verzögert«, schreibt sie in einer Pressemitteilung.

Dass es bei der Abwahl nicht um inhaltliche Kritik der anderen Fraktionen an Nölls bisheriger Arbeit geht, sondern um die Mehrheitsverhältnisse der Fraktionen im Bezirksamt, legt das handschriftliche Begleitschreiben zu einer Kiste Bier nahe, die die SPD-Fraktion am Abend der BVV-Sitzung vor der Tür ihres Redaktionsbüros vorfand. »Wir hoffen, dass ihr trotz der kurzen Zeit, in der er ›euer‹ Stadtrat war, und aufgrund all der Zeit, in der er ›unser‹ Genosse war, wisst, dass da ein Guter gehen muss«, heißt es dort.

Die Fraktion der LINKEN wird nun vermutlich in den nächsten Wochen eine neue Person für den vakanten Stadtratsposten vorschlagen. Bis diese dann durch die Bezirksverordnetenversammung gewählt werden kann, dürften nochmal einige Monate ins Land gehen. 

Kommissarisch soll laut einem Bericht des Tagesspiegels zunächst Max Kindler (CDU) Oliver Nölls Abteilung leiten. Kindler ist als Bezirksstadtrat bereits für die Ressorts Jugend, Familie und Gesundheit zuständig.

Oliver Nöll ist als Beamter auf Zeit auch nach seiner Abberufung zunächst abgesichert und erhält bis zum Ende der Legislaturperiode 70% seiner Bezüge. Laut seiner Fraktion will er »sich weiterhin mit seiner Expertise für die Belange der Menschen in Friedrichshain-Kreuzberg einsetzen.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2025 (auf Seite 1).

Grünendämmerung in Kreuzberg

Pascal Meiser (Linke) gewinnt das Direktmandat im Wahlkreis 82

Pascal Meiser, im Hintergrund der U-Bahnhof Kottbusser TorPascal Meiser zieht wieder in den Bundestag ein – erstmals über ein Direktmandat. Foto: Marshl Ceron

Seitdem Hans-Christian Ströbele 2002 erstmals den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost gewinnen konnte (das erste Grüne Direktmandat überhaupt), war der Wahlkreis fest in Grüner Hand. Ströbeles Nachfolgerin Canan Bayram konnte 2017 und 2021 an den Erfolg anknüpfen.

Bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar trat jetzt Katrin Schmidberger, die seit 2011 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses ist, für die Grünen an. Mit respektablen 30,6 % der Erststimmen musste sie sich jedoch Pascal Meiser von der Linken geschlagen geben, der 34,7 % holen konnte. Drittplazierte ist Carmen Sinnokrot (SPD) mit 13,1 %. Meiser war bereits 2017 und 2021 im Wahlkreis angetreten und hatte sich beide Male mit dem zweiten Platz hinter Canan Bayram begnügen müssen. Über die Landesliste konnte er in beiden Jahren dennoch in den Bundestag einziehen. Die Wiederholungswahl in einem Teil der Berliner Wahlbezirke im Februar 2024 kostete ihn dann allerdings wegen schlechter Ergebnisse für die Linke und einer insgesamt geringen Wahlbeteiligung sein Mandat.

Da Schmidberger und Sinnokrot jeweils nur auf Platz 10 ihrer jeweiligen Landesliste gesetzt waren, ziehen sie nicht in den Bundestag ein, so dass Kreuzberg, anders als in den Jahren 2009 bis 2024, nur noch mit einem Wahlkreisabgeordneten vertreten ist.

Auch bei den Zweitstimmen ist die Linke stärkste Kraft im Bezirk (31,7 %, +13,1 %-Pkt.), während die Grünen herbe Verluste hinnehmen mussten (25,9 %, -5,9). Es folgen mit einigem Abstand SPD (13,4 %, -4,2), CDU (9,3 %, +1,3), AfD (7,2 %, +2,3) und FDP (2,8 %, -2,4).

Die Wahlbeteiligung im Wahlkreis 82 lag dieses Jahr bei 82,7 %, das sind 4,4 %-Punkte über dem Berliner Durchschnitt und 4,3 %-Punkte über dem Wert der Wahl in 2021.

Erschienen in der gedruckten KuK vom März 2025 (auf Seite 1).

Landeswahlleiter rät von Briefwahl ab

Vorgezogene Bundestagswahl mit neuem Verfahren zur Sitzverteilung

Der Deutsche BundestagVoraussichtlich 630 Sitze im Bundestag sind am 23. Fe­bru­ar zu vergeben. Foto: Bernardo Ferreria / Pixabay

Nach dem Bruch der Ampelkoalition und dem Scheitern der Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz findet die nächste Bundestagswahl bereits am 23. Februar (und nicht, wie regulär geplant, am 28. September) statt. 

Bei der Zuteilung der Sitze im Bundestag kommt ein 2023 beschlossenes, neues Verfahren zur Anwendung. Erstmals wird den mit der Erststimme im Wahlkreis gewählten Direktkandidat*innen mit den meisten Stimmen nur dann ein Sitz zugeteilt, wenn das Wahlergebnis durch einen entsprechenden Zweitstimmenanteil gedeckt ist. Wer taktisch wählen will, muss also unter Umständen ein wenig umdenken. Hier stellen wir die Wahlkreiskandidatinnen und -kandidaten der wichtigsten demokratischen Parteien kurz in einem Steckbrief vor.

Ob es wie 2021 wieder zu einem Wahlchaos kommen wird, bleibt abzuwarten, aber immerhin findet nicht gleichzeitig eine Wahl zum Abgeordnetenhaus statt. Damals fehlten teilweise ausreichend Stimmzettel, und es bildeten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen. Der am Wahlsonntag stattfindende Berlin-Marathon mit seinen großflächigen Straßensperren hatte die Situation zusätzlich erschwert.

Unterdessen nähert sich die Nachfrage nach Briefwahl der 50-Prozent-Marke, teilte Landeswahlleiter Stephan Bröchler mit. Sie werde damit immer mehr zum Normalfall. Da die Briefwahlunterlagen erst ab 10. Februar verschickt werden können, rät Bröchler dazu, vorzugsweise im Wahllokal zu wählen, um keine Probleme mit den Postlaufzeiten des Wahlbriefs zu bekommen. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Unterlagen direkt im Briefwahllokal abzugeben. Kreuzberger müssen dafür ins Rathaus in die Frankfurter Allee 35/37 in Friedrichshain. Die Briefwahlstelle hat montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr geöffnet (am 21.2. bis 15 Uhr), zusätzlich am Samstag, 15.2. von 8 bis 14 Uhr. Hier kann die Briefwahl online beantragt werden.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2025 (auf Seite 1).

Die Qual der Wahl?

Die Direktkandidat*innen aus dem Wahlkreis 82 stellen sich vor

Während mit der Zweitstimme bei Bundestagswahlen vor allem eine Partei gewählt wird, geht es bei der Erststimme um ganz konkrete Personen. Die wohnen in aller Regel der Fälle selbst im jeweiligen Wahlkreis und kennen damit (hoffentlich) auch die Sorgen, Nöte und Bedürfnisse, mit denen man sich dort herumschlägt. Wer das Mandat erringt, ist auch nach der Wahl in gewisser Weise direkter Ansprechpartner für die Bewohner des Wahlkreises.

Wir haben deshalb die Bewerberinnen und Bewerber der wichtigsten demokratischen Parteien aus dem Wahlkreis 82 (Friedrichshain-Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost) gebeten, sich kurz und knapp vorzustellen. Gelegenheiten, die Personen hinter den Steckbriefen kennenzulernen, gibt es insbesondere während des Wahlkampfs reichlich – mehr erfährt man über die Social-Media-Kanäle der Kandidat*innen.

Sven Hoffmeister

Sven HoffmeisterSven Hoffmeister. Foto: Johannes Höhr (Hoehr Media)
Fahrrad –|––––––––– ÖPNV
Tee –––––––|––– Kaffee
süß ––|–––––––– salzig
Couch ––––––––|–– Party
Meer –––––|––––– Berge
TV ––––––––––| Streaming
Name:
Sven Hoffmeister
Alter:
37
Partei:
FDP
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten mit
Besuchen des BKA Theaters oder einem Besuch beim Restaurant Felix Austria.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Kreuzberg hat heute schon eine lebendige Kulturszene und viele kreative Menschen. In 10 Jahren könnte sich das weiter verstärken. Vielleicht wird Kreuzberg noch mehr zu einem Zentrum für Start-ups, Künstler und digitale Unternehmen, die neue Ideen entwickeln und umsetzen.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Kreuzberg – Freiheit leben und lieben – für alle.
Instagram:
@svenforchange

Katrin Schmidberger

Portrait von Katrin SchmidbergerKatrin Schmidberger. Foto: Vincent Villwock / Grüne Fraktion Berlin
Fahrrad –|––––––––– ÖPNV
Tee ––––––––|–– Kaffee
süß –––––––––|– salzig
Couch –––|––––––– Party
Meer ––|–––––––– Berge
TV –––––––|––– Streaming
Name:
Katrin Schmidberger
Alter:
42
Partei:
Bündnis 90/Die Grünen
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten mit:
Im Sommer draußen Chillen mit Freund*innen – im Görli, am Landwehrkanal und auf dem Tempelhofer Feld. Im Winter mit Ausschlafen.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Kreuzberg bleibt bunt, kämpferisch, solidarisch & offen. Jede*r hat ein sicheres Dach über dem Kopf und es gibt soziale Angebote für alle. Innenhöfe, öffentliche Plätze und Dächer sind grün.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Die Häuser denen, die drin wohnen!
Instagram:
@schmidbergerkatrin
Twitter/X:
@kaddinsky
Bluesky:
@katrinschmidberger.bsky.social

Carmen Sinnokrot

Carmen SinnokrotCarmen Sinnokrot. Foto: Anna Spindelndreier
Fahrrad ––––|–––––– ÖPNV
Tee ––––––––––| Kaffee
süß –––––––|––– salzig
Couch ––––|–––––– Party
Meer |–––––––––– Berge
TV ––|–––––––– Streaming
Name:
Carmen Sinnokrot
Alter:
46
Partei:
SPD
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten
spazierend durch den Viktoriapark bei Sonne und mit gutem Kaffee. Oder in einem der vielen kleinen tollen Buchläden.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Wir sind immer noch bunt und eckig, halten zusammen. Die Mieten und die Nazis haben wir in den Griff bekommen.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Kein Fußbreit dem Faschismus!
Instagram:
@carmensinnokrot
Bluesky:
@carmensinno.bsky.social
Mastodon:
@carmen@spd.social

Kevin Kratzsch

Kevin Kratzsch. Foto: Dustin Jobst
Fahrrad ––––––––|–– ÖPNV
Tee ––––––––––| Kaffee
süß ––––––––|–– salzig
Couch ––––––––––| Party
Meer ––|–––––––– Berge
TV ––|–––––––– Streaming
Name:
Kevin Kratzsch
Alter:
42
Partei:
CDU
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten
am Paul-Lincke-Ufer, im Bergmannkiez und in der Markthalle 9.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Als einen der vielfältigsten, lebendigsten und vielseitigsten Stadtteile Berlins. In dem hoffentlich Wohnen bezahlbar ist und man sicher durch die Straßen gehen kann.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Individualität schützen, Innovation fördern, Kreativität erhalten
Instagram:
@kevkratzsch
TikTok:
@kevin_kratzsch

Pascal Meiser

Portrait Pascal MeiserPascal Meiser. Foto: Marshl Ceron
Fahrrad –––––|––––– ÖPNV
Tee |–––––––––– Kaffee
süß ––––––––|–– salzig
Couch ––––|–––––– Party
Meer ––––––|–––– Berge
TV ––|–––––––– Streaming
Name:
Pascal Meiser
Alter:
49
Partei:
Die Linke
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten mit
meiner Fußballmannschaft, der Ü40 der FSV Hansa 07, mit der ich, wenn immer möglich, noch auf Punktejagd in der Altliga-Landesliga gehe.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Ich hoffe sehr, dass dann noch viel von dem rustikalen Charme Kreuzbergs erhalten ist. Aber dafür werden wir uns gewaltig gegen die Macht des großen Geldes zur Wehr setzen müssen.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Alle gehen nach rechts? Kreuzberg bleibt links: Löhne rauf, Mieten deckeln – dafür kämpfe ich!
Facebook:
@pascalmeiser361
Instagram:
@pascal.meiser.36

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2025 (auf Seite 14).

Bezirk plant Coffeeshop-Modellprojekt

Cannabis-Abgabestellen sollen im Sommer 2025 kommen

Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann und Neuköllns Gesundheitsstadtrat Hannes Rehfeld unterzeichnen eine Absichtserklärung für das Modellprojekt.Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann und Neuköllns Gesundheitsstadtrat Hannes Rehfeld unterzeichnen eine Absichtserklärung für das Modellprojekt. Foto: BA X-Hain

Gemeinsam mit dem Nachbarbezirk Neukölln plant Friedrichshain-Kreuzberg ein Modellprojekt, das die Auswirkungen der kommerziellen Abgabe von Cannabis wissenschaftlich untersuchen soll. Dazu wollen die Bezirke mit der Humboldt-Universität und der Sanity Group GmbH, einem Hersteller von medizinischem Cannabis, kooperieren. Eine entsprechende Absichtserklärung wurde Mitte Dezember unterschrieben.

Volljährige Teilnehmende mit Wohnsitz in einem der beiden Bezirke und den notwendigen gesundheitlichen Voraussetzungen sollen die Möglichkeit erhalten, Cannabis legal an ausgewählten Verkaufsstellen zu erwerben. Voraussetzung ist die regelmäßige Teilnahme an wissenschaftlichen Befragungen, um wertvolle Erkenntnisse für die Forschung zu gewinnen. Die Weitergabe der gekauften Produkte an Dritte ist untersagt. Ergänzt wird die Studie durch eine Kontrollgruppe, die aus Mitgliedern eines lokalen Cannabis Social Clubs besteht. Der Studienzeitraum soll fünf Jahre betragen. Los geht es frühestens im kommenden Sommer, denn bevor das Projekt umgesetzt wird, bedarf es noch einer Genehmigung durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Die Verkaufsstellen, von denen zwei bis vier geplant sind, sollen  auch »eine unkomplizierte Möglichkeit zur Intervention« schaffen, heißt es in einer Pressemitteilung des Bezirks. Geschultes Fachpersonal soll dort Fragen der Studienteilnehmer beantworten und für Gespräche bei auffälligem Konsumverhalten zur Verfügung stehen. »Auf diese Weise können Teilnehmende frühzeitig auf unterstützende Beratungsangebote hingewiesen werden, um potenziell schädliche Konsummuster zu verhindern.« Ein Teil des Erlöses soll in bezirkliche Präventions- und Suchthilfemaßnahmen fließen.

Vergleichbare Projekte sind in Frankfurt am Main und Hannover geplant.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2025 (auf Seite 1).

Keine Auswirkungen auf die Bezirkspolitik

Oliver Nöll will nach Parteiaustritt Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister bleiben

Bezirksstadtrat Oliver Nöll (links) bei der Einweihung von Schließfächern für obdachlose Menschen. Foto: BA XHain

Die Berliner Linkspartei machte in den vergangenen Wochen mit prominenten Abgängen Schlagzeilen. Als Reaktion auf einen Eklat um einen Antrag zum Nahostkonflikt auf dem Parteitag im Oktober erklärten mehrere prominente Landespolitiker, unter ihnen Klaus Lederer und weitere ehemalige Senator:innen, ihren Parteiaustritt.

Am 30. Oktober ging der Exodus dann auf Bezirksebene weiter: Oliver Nöll, Bezirksstadtrat für Arbeit, Bürgerdienste und Soziales sowie stellvertretender Bezirksbürgermeister, veröffentlichte auf seinem Facebook-Account eine vierseitige Rücktrittserklärung, in der er seine Beweggründe ausführlich begründet. Er beklagt darin die mangelnde Politikfähigkeit seiner Ex-Partei, die sich zu einem »polittheoretischen Diskussionszirkel« wandle, ihre Widersprüchlichkeit bei der Positionierung zu außen- und friedenspolitischen Fragen sowie den Umgang der Parteiführung mit antisemitischen Tendenzen innerhalb der Partei.

Aber welche Auswirkungen hat der Parteiaustritt konkret auf die Bezirkspolitik? Die Mehrheitsverhältnisse in der BVV werden sich schon mal nicht ändern, da Oliver Nöll, wie auch die anderen Bezirksstadträte, keinen Sitz im Bezirksparlament hat. Zurückgetreten als Bezirksstadtrat ist er nicht, er hat dies, wie er der KuK gegenüber versicherte, auch nicht vor. Zwar gaben die beiden Vorsitzenden der Linksfraktion, Katja Jösting und René Jokisch, zu Beginn der BVV-Sitzung am 27. November eine persönliche Erklärung ab, in der sie Nöll zum Rücktritt aufforderten, aber ein Abwahlantrag wurde bisher von keiner der BVV-Fraktionen gestellt. Sollte das so bleiben, könnte er bis zum regulären Ende der Legislaturperiode im Herbst 2026 im Amt bleiben.

Und danach? Pläne, wie es weitergehen könnte, gibt es derzeit noch nicht. »Vielleicht mache ich mir in Richtung Frühjahr darüber Gedanken«, sagt Oliver Nöll.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2024 (auf Seite 1).

Heftige Kritik am Kreisverband

Canan Bayram begründet Rückzug

Hans-Christian Ströbele schiebt sein Fahrrad, daneben Canan BayramCanan Bayram (hier mit Amtsvorgänger Ströbele) will nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Foto: Grüne Fraktion Berlin, Oliver Feldhaus

Nach der Ankündigung von Katrin Schmidberger, bei der kommenden Bundestagswahl als Grüne Direktkandidatin für den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost antreten zu wollen, hat sich jetzt die derzeitige Amtsinhaberin Canan Bayram zu Wort gemeldet.

»Nach gründlicher Prüfung habe ich mich gegen eine Kandidatur entschieden«, schreibt sie in einem Brief an die Bewohner des Wahlkreises. Ihr werde »immer weniger klar, wofür die Partei Bündnis 90/Die Grünen eigentlich steht«. Im Bundestag habe sie zwar – auch abweichend von der Fraktion – immer ihre eigene Überzeugung vertreten, Debatten würden aber »immer weniger inhaltlich geführt«, sodass es ihr schwerfalle, die getroffenen Entscheidungen nach außen zu vertreten. Die Fraktion nehme »weniger Menschenrechte als po­pu­lis­ti­sche Diskurse in den Fokus ihrer Arbeit«. So laufe sie Gefahr, lediglich als »Feigenblatt« zu fungieren. Bei den Debatten zum umstrittenen Sicherheitspaket gehörte Bayram dann auch zu den Unterzeichnern eines offenen Briefes der Grünen-Basis an die eigene Parteispitze, die den Kurs in Sachen Asylpolitik scharf kritisiert.

Bayram kritisiert indessen nicht nur Parteispitze und Bundestagsfraktion, sondern geht auch mit ihrem eigenen Kreisverband ins Gericht. »Der bündnis-grüne Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg hat sich stark verändert und ist nicht mehr so in dem Wahlkreis vernetzt, wie er es früher war und wie es für meine politische Arbeit notwendig wäre«, heißt es in dem Brief weiter. »Die Gewähr für diskriminierungsfreie politische Arbeit kann vom Geschäftsführenden Ausschuss nicht geleistet werden und damit ist eine für mich notwendige Voraussetzung nicht mehr gegeben. Ich unterstütze keine der Kandidaten bzw. Kandidatinnen und werde den Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg nicht im Wahlkampf unterstützen.«

Canan Bayram sitzt seit 2017 für die Grünen im Bundestag. Wie ihr Vorgänger Hans-Christian Ströbele, der das Mandat seit 2002 innehatte, war sie damit zunächst die einzige direkt gewählte Abgeordnete ihrer Partei.

Dass Bayram nicht mehr antreten will, war bereits seit einiger Zeit bekannt, die massive Kritik an der eigenen Partei überrascht jedoch – auch in Anbetracht der Tatsache, dass ihre designierte Nachfolgerin Katrin Schmidberger vergangenen Monat noch versichert hatte, parteiintern sei »alles schick«. Schmidberger ist von ihrer Partei mittlerweile jedenfalls mit 120 von 194 abgegebenen Stimmen zur Direktkandidatin des Wahlbezirks gewählt worden. Bis zum Ende der Legislatur wird Bayram das Amt weiter ausüben.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2024 (auf Seite 7).

Bewerbung um die Grünen-Hochburg

Katrin Schmidberger will in die Fußstapfen von Hans-Christian Ströbele und Canan Bayram treten

Portrait von Katrin SchmidbergerKatrin Schmidberger will für den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost antreten. Foto: Vincent Villwock / Grüne Fraktion Berlin

Während es im Rest des Landes nach der Europa- und mehreren Landtagswahlen so schlecht um die Grünen bestellt ist, dass sich der Bundesvorstand der Partei genötigt sah, seinen Rücktritt zum November anzukündigen, geht der Bezirk ohne Weiteres als Grünen-Hochburg durch. Durchgängig seit 2002 gelang es zunächst dem 2022 verstorbenen Hans-Christian Ströbele und seit der Bundestagswahl 2017 Canan Bayram, das Direktmandat im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost zu erringen. Jahrelang war er gar der einzige Grüne Wahlkreis überhaupt.

In diese Fußstapfen möchte nun Katrin Schmidberger treten, die seit 2011 für die Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt. Nachdem sie zunächst über die Lan­des­lis­te ins Parlament einzog, kandidierte sie ab 2016 erfolgreich als Direktkandidatin für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg – und erreichte dabei stets über 40 Prozent der Stimmen.

Hans-Christian Ströbele schiebt sein Fahrrad, daneben Canan BayramDer Wahlkreis ist mit Hans-Christian Ströbele (2002, 2005, 2009, 2013) und Canan Bayram (2017, 2021) fest in Grüner Hand. Foto: Oliver Feldhaus

Bundespolitisch will sich Schmidberger vor allem mit dem Thema Mieten beschäftigen, auf das sie sich schon im Abgeordnetenhaus fokussiert hat. »Wir müssen den Berliner Wohnungsmarkt endlich wieder in faire Bahnen lenken«, erklärt sie. Mit dem Milieuschutz in fast allen Bezirken, mit dem Vorkaufsrecht, dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz und der Genossenschaftsförderung zum Ankauf von Wohnraum habe man zwar schon wesentliche Instrumente zum Einsatz gebracht. Dennoch habe sich die Lage für Mieter*innen weiter zugespitzt. »In den fast 13 Jahren als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses musste ich immer wieder feststellen, dass wir Städte zu oft politisch quasi ohnmächtig sind, Menschen wirklich vor Verdrängung zu schützen und Vermieter*innen zu angemessenem Wohnraum zu verpflichten.« Daher wolle sie die wohnungspolitische Wende gemeinsam mit den anderen Städten erkämpfen. »Wenn Berlin den Mietendeckel nicht selbst machen darf, dann müssen wir ihn für Berlin uns aus dem Bund eben holen.«

Doch zunächst einmal muss sich Schmidberger das Mandat und zuvor die Nominierung innerhalb ihrer Partei sichern. Die derzeitige Mandatsträgerin Canan Bayram war für ein Statement nicht zu erreichen, doch parteiinterne Zwistigkeiten scheint es nicht zu geben. Schmidberger versichert jedenfalls: »Ja, alles schick.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2024 (auf Seite 3).

Senat zieht Urbane Mitte Süd an sich

SPD wirft Florian Schmidt Verschleppung vor

Die Planungen zum Bauprojekt Urbane Mitte sorgen weiter für Ärger. Nun hat Bausenator Christian Gaebler (SPD) die Planungen an sich gezogen. Das stößt bei den Grünen und der LINKEN in der BVV auf heftigen Widerstand.

Das Projekt steht schon seit Beginn in der Kritik. Sieben Hochhäuser, von denen zwei 90 Meter hoch werden sollen, sind zwischen Technikmuseum und Gleisdreieckpark geplant. Einerseits stören sich die Gegner an der schieren Dimension der Urbanen Mitte, und dann vor allem daran, was da rein soll: Büros und Geschäfte. Wohnungen sind hier nicht vorgesehen.

Allerdings wäre es wohl auch zu Protesten gekommen, wenn es sich um Wohnprojekte handeln würde. Die Verschattung des Parks wird befürchtet und auch erhebliche ökologische Auswirkungen sind nicht auszuschließen.

Auf der Brache zwischen Ost- und Westgelände des Gleisdreieckparks soll das umstrittene Projekt Urbane Mitte entstehen. Foto: rsp

In der Planungsphase gelang es dem Bezirksamt, dem Bauträger einige kleinere Änderungen abzuringen. Doch ein Ende dieser Planungsphase war nicht abzusehen. Nun platzte dem zuständigen Senator offenbar der Kragen und er zog das ganze Verfahren an sich. Es entsteht eine Situation, die dem Bezirk nicht so ganz unbekannt ist. Auch die Planungen für die Mediaspree zogen sich immer weiter in die Länge, bis die damalige Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer 2008 das Verfahren an sich zog.

In der BVV stimmten nun die Grünen und die LINKEN gemeinsam für eine Resolution gegen das Vorgehen des Senators. Die SPD ent­hielt sich fast geschlossen. Einer der Genossen stimmte mit der CDU gegen die Resolution.

Das Abstimmungeverhalten der SPD erklärt sich wohl auch daraus, dass man mit Christian Gaebler keinen eigenen Genossen in einer schwierigen Koalition anschießen will. Grundsätzlich ist nämlich auch die SPD skeptisch, was das Projekt Urbane Mitte betrifft. Immerhin hoffen die Sozialdemokraten, dass die wenigen bereits besprochenen Änderungen erhalten bleiben und dass Gaebler das Rad nicht noch einmal auf Null zurückdreht. Gleichzeitig wirft die SPD Baustadtrat Florian Schmidt vor, mit seiner Hinhaltetaktik den Bausenator überhaupt erst auf den Plan gerufen zu haben.

Schmidt seinerseits bezeichnet die Urbane Mitte als ein »Aus der Zeit gefallenes Projekt« und vergleicht es mit den inzwischen obsoleten Planungen von Sig­na für den Karstadt am Hermannplatz.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2024 (auf Seite 1).

Kaum Plakate für die wichtigste Wahl Europas

34 Parteien stellen sich zur Wahl

Ein Laternenpfahl mit drei Wahlplakaten für die EuropawahlNur dann und wann ein Wahlplakat: Die Parteienwerbung zur Europawahl wirkt fraktionsübergreifend eher lustlos. Foto: rsp

Am 9. Juni finden in Deutschland die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Auch wenn – oder auch gerade weil – die Europäische Union bisweilen im Ruf steht überzuregulieren, dürfte die Europawahl eine der wichtigsten Wah­len überhaupt sein. Ein großer Teil der Gesetze, die im Bundestag beschlossen werden, geht direkt oder indirekt auf Entscheidungen des Europaparlaments und des EU-Rats zurück. Und obwohl das Mitspracherecht des Parlaments in gerade aktuell so wichtigen Bereichen wie der Außen- und Sicherheitspolitik recht stark eingeschränkt ist, spielt es eine wichtige Rolle bei der politischen Meinungsbildung in Europa.

Umso erstaunlicher, dass sich die öffentliche Wahlwerbung der Parteien insbesondere in Kreuzberg in Grenzen hält. Natürlich hängen Wahlplakate an den Straßen, aber deren Dichte scheint doch erheblich geringer zu sein als bei Bundestags- oder früheren Europawahlen.

Ein Grund könnten die mehrfachen Wiederholungswahlen sein.

»Europawahlen sind in Hinblick auf die Motivation immer eine Herausforderung für die Parteien«, sagt Oliver Nöll (Linke), stellvertretender Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg und Bezirksstadtrat für den Bereich Arbeit, Bürgerdienste und Soziales. »Da wir in Berlin quasi Wahlen in Dauerschleife haben, ist das erst recht eine Herausforderung für die Parteien, die Mitglieder und auch die Parteikassen.«

Zur Wahl treten 34 Parteien an, mit Ausnahme der CDU/CSU jeweils mit einer gemeinsamen Liste für alle Bundesländer, so dass sich die Stimmzettel in den Ländern vor allem hinsichtlich der Reihenfolge der Parteien unterscheiden.

Wie immer ist es auch möglich zu wählen, wenn die Wahlbenachrichtigung nicht angekommen ist. Hier geht’s zur Wahllokalsuche des Landeswahlleiters.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2024 (auf Seite 1).

Zoff um den Görli-Zaun

Bezirk bereitet Klage gegen den Senat vor

Zaun statt Poller? Auf dieser Strecke soll später mal die M10 durch den Görli fahren. Wie sich das mit einem Zaun verträgt, ist noch unklar. Foto: rsp

Der Streit um eine Umzäunung und nächtliche Schließung des Görlitzer Parks spitzt sich zu: Nachdem die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU) das Verfahren Ende März an sich gezogen hat, bereitet der Bezirk jetzt eine Klage dagegen vor – obwohl es Zweifel daran gibt, dass eine solche Klage in einer Einheitsgemeinde wie Berlin überhaupt zulässig ist.

Dem vorangegangen war ein Briefwechsel zwischen SenMVKU und Bezirksamt. Während die Senatsverwaltung unter Senatorin Manja Schreiner (CDU) darauf drängt, dass der Bezirk die auf einem Sicherheitsgipfel im September beschlossene Umfriedung des Parks umsetzt, argumentiert das Bezirksamt damit, dass es dem Zaunbau an einer rechtlichen Grundlage gebreche. Einerseits könne ein Ad-Hoc-Gremium wie der Sicherheitsgipfel gar keine verbindlichen Entscheidungen treffen, andererseits hapere es auch an einer belastbaren und rechtlich abgesicherten Finanzierungszusage. »Eine Auftragsvergabe, ohne dass entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, ist mir rechtlich untersagt«, schreibt Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann in ihrem abschlägigen Bescheid an die Senatsverwaltung.

Dass der Bezirk sich bei den Zaunplänen querstellt, war im Hause Schreiner indessen längst klar. Schon vor Ablauf der knappen Frist, innerhalb derer sich der Bezirk zur Sache erklären sollte, hatte die Senatsverwaltung die landeseigene Grün Berlin GmbH mit der Planung beauftragt und bei einem Pressetermin ein Maßnahmenpaket angekündigt, zu dem auch die Umfriedung und nächtliche Schließung des Parks gehört. Explizit aufgeführt ist dort auch der Punkt »Vorbereitungen zum Eintritt des Senats nach AZG«, also das Ansichziehen der Angelegenheit, gegen das sich der Bezirk jetzt juristisch wehrt.

Was wird aus der M10-Planung?

Unklar ist, wie sich die nächtliche Absperrung des Görlitzer Parks mit einem weiteren Projekt der Senatsverwaltung verträgt. Laut Website von ­SenMVKU soll die Vorplanung für die beschlossene Verlängerung der Tramlinie M10 von der Warschauer Straße bis zum Hermannplatz noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Doch die »planerisch zu bevorzugende Streckenvariante« führt geradewegs durch den Park, namentlich auf der Achse Falckensteinstraße/Glogauer Straße. Die Pressestelle der Senatsverwaltung verweist darauf, dass es laut BVG »technisch gut umsetzbare Lösungen« für das Problem gäbe, bleibt eine konkretere Erklärung aber schuldig. Eine Änderung des vorgesehenen Streckenverlaufs werde jedenfalls »weder debattiert noch beplant«. Auch die Querung des Parks für den Rad- und Fußverkehr – parallel zur Tramstrecke sind entsprechende Wege vorgesehen – sei »als Thema längst im Blick.« Lösungen stünden »gleichwohl noch nicht fest, zumal die Realisierung einer Straßenbahntrasse erst lange nach der Evaluierung des genannten Modellversuchs stattfinden wird. Die Senatsverwaltung wird in jedem Fall versuchen, die Einschränkungen für den Rad- und Fußverkehr im Zuge einer möglichen nächtlichen Schließung des Parks so gering wie möglich zu halten.«

Bleibt abzuwarten, ob es zur nächtlichen Schließung überhaupt kommt. »Wir haben im Bezirks­parlament eine klare Beschlusslage, die sich gegen die Umfriedung und das nächtliche Abschließen ausspricht«, so Clara Herrmann.

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2024.