Jürgen Enkemann – Ausgezeichnet!

Gründer des Kreuzberger Horns bekommt Silvio-Meier-Preis

Jürgen Enkemann bei den Feierlichkeiten zum 25. Jubiläum des Kreuzberger Horns. Nun ist er mit dem Silvio-Meier-Preis ausgezeichnet worden. Foto: privat

Jürgen Enkemann, Erfinder und Herausgeber des Magazins »Kreuzberger Horn«, wurde in diesem Jahr mit dem Silvio-Meier-Preis ausgezeichnet. Bürgermeisterin Clara Herrmann und der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Werner Heck würdigten die Arbeit des 86-Jährigen.

Der Publizist und Aktivist Jürgen Enkemann hat nicht nur ein Buch mit dem Titel »Kreuzberg – Das andere Berlin« geschrieben, er war und ist maßgeblich daran beteiligt, dass Kreuzberg auch anders bleiben wird. 1938 geboren, siedelte er nach dem Studium der Germanistik, Anglistik und Philosophie in Göttingen 1963 nach Berlin über. Nach der Promotion war er zunächst Assistent am Ins­titut für Englische Sprache und Literatur der Technischen Universität. Nach der Habilitation 1982 und universitären Lehraufträgen unterrichtete er Englisch an Einrichtungen des Zweiten Bildungsweges. Von 1998 bis 2008 lehrte er in den Fächern Anglistik und Cultural Studies an der Universität Potsdam. Seit Jahrzehnten publizistisch tätig, war er u. a. Mitherausgeber der alternativen deutsch-englischen Zeitschrift »Hard Times«, verfasste zahlreiche Aufsätze in Fachzeitschriften zu Themen wie Alternative Theatre und British Cinema und ist seit 1998 Herausgeber der Kiezzeitschrift »Kreuzberger Horn«. Seit den frühen 1960er Jahren in Kreuzberg im Kiez um die Großbeerenstraße beheimatet, war und ist Jürgen Enkemann nicht nur Zeitzeuge und Dokumentar von 60 Jahren Kreuzberger Geschichte, sondern als Mitbegründer und Mitglied zahlreicher kommunalpolitischer Initiativen in Kreuzberg auch deren aktiver Mitgestalter.

Über viele Jahrzehnte hinweg kämpft Jürgen Enkemann bereits gegen die Gentrifizierung und Kommerzialisierung ganzer Kieze, setzt sich aktiv für den Erhalt der Vielfalt in unserem Bezirk und für die Verständigung zwischen den verschiedensten Communities ein, die für ihn nicht nur ein theoretisch zentraler Begriff seiner Arbeit und seines Engagements sind.

Auch Kiez und Kneipe schließt sich den Glückwünschen an. In den letzten 20 Jahren war Jürgen für uns nicht nur ein geschätzter Kollege, sondern auch immer wieder eine Quelle der Inspiration für unsere Arbeit.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2024 (auf Seite 5).

Silvio-Meier-Preis an Edeltraut Pohl

Auch Initiave gegen Rassismus wird ausgezeichnet

Edeltraut Pohl ist eine der Preisträgerinnen des diesjährigen Silvio-Meier-Preises. Foto: Giovanni Lo Curto

Es ist jetzt 25 Jahre her, dass in Friedrichshain in der Samariterstraße Silvio Meier von Rechtsextremisten erstochen wurde. Im vergangenen Jahr vergab der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zum ersten Mal den Silvio-Meier-Preis. Damit will der Bezirk »Menschen, Vereine, Initiativen und Projekte ehren und unterstützen, die sich in herausragender Weise gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung einsetzen«

Geehrt wurde in diesem Jahr Edeltraut Pohl von der Samaritergemeinde. Einst kam sie als Sekretärin des damaligen Pfarrers Reiner Eppelmann in die Gemeinde, die in der Vorwendezeit unter anderem durch ihre Blues-Messen von sich reden machte. Auch Silvio Meier war in der Gemeinde aktiv.

Nach der Wende wurde die Samaritergemeinde unter anderem durch ihr Kirchenasyl bekannt. Edeltraut Pohl organsierte auch das Kirchencafé, das auch heute noch ein wichtiger Anlaufpunkt für Geflüchtete und Asylsuchende ist.

Außerdem ging der Preis auch noch an die Initiative »Aufstehen gegen Rassismus«. Die hat sich ganz besonders dem Kampf gegen die AfD verschrieben. Unter anderem bietet die Initiative Seminare an, wie man Rassismus und Intoleranz im Alltag richtig begegnet.

Hinter der Initiative stehen die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und der Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Dass die Initiative »Aufstehen gegen Rassismus« sich explizit gegen die AfD positioniert, hat dem Bezirk nicht nur eine Klage eingebracht, sondern auch die Feier zur Preisverleihung nicht unerheblich beeinflusst.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann zeigte sich an jenem Abend ziemlich bestürzt: »Das hätte ich mir nicht träumen lassen, dass wir so eine Veranstaltung mit Security schützen lassen müssen«.

AfD versuchte, Preisverleihung zu verhindern

Tatsächlich hatte man sich von Bezirksseite aus auf mögliche Angriffe oder Provokationen von rechts gewappnet. Doch die blieben an diesem Abend in den Räumen der Jugendwiderstandsmuseums aus.

Allerdings hatte die AfD im Vorfeld schon sehr schweres Geschütz gegen den Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg aufgefahren. Der verletze seine Neutralitätspflicht, wetterte der Landesvorsitzende Georg Pazderski. Doch dabei beließ er es nicht. Auch die Justiz wurde gleich in doppelter Hinsicht bemüht. Einerseits sollte das Berliner Verwaltungsgericht die Preisverleihung per einstweiliger Verfügung stoppen, aber auch strafrechtlich legte Pazderski nach. Wegen »Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung« stellte der Landesvorsitzende eine Strafanzeige.

Ob es zum Strafverfahren kommt, ist eher ungewiss. Mit der einstweiligen Verfügung gegen die Preisverleihung jedenfalls scheiterte Paz­derski vor dem Verwaltungsgericht.

So ging der Abend der Preisverleihung mit Glühwein nahezu besinnlich zu Ende. Immerhin hatte das rechtliche Hickhack um den Silvio-Meier-Preis der Auszeichnung auch überregional eine gebührende Aufmerksamkeit in den Medien verschafft.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2017.