Der Vater aller Mütter

Nach neun Jahren endlich wieder ein Album von Dendemann

In der langen Tradition des Deutschrap wird ja bekanntlich gern mal hin und her gedisst und gezankt. Was läge dabei näher, als seine Heimatstadt zum Mittelpunkt der Selbstprofilierung zu machen?

Und obwohl mein Herz natürlich an Berlin hängt und die Stadt tausende guter Musiker hat, muss ich schmerzlich zugeben, dass die Trophäe in diesem Monat trotzdem an Hamburg geht. Denn neben Fettes Brot, Fünf Sterne Deluxe und Ferris MC spuckt die Stadt Ende Januar nach neun Jahren Wartezeit endlich das neue Album vom Wunderkind Daniel Ebel aka Dendemann aus. »Da Nich Für!« wird es heißen und die ersten Singleauskopplungen »Keine Parolen« und »Littbarski« versprechen feinsten deutschen Rap in Neuauflage.

Neun Jahre sind eine lange Zeit. Doch bevor nun noch jemand denkt, der Typ wäre faul oder hätte keine Lust, im Gegenteil: Songs produziere er nach eigener Aussage am laufenden Band. Doch im Zuge eines unglaublichen Perfektionismus schaffen es nur die Allerbesten auf das Album. So musste selbst ein Song mit einem Sample von Pianoikone Chilly Gonzales leider draußen warten.

Auch wenn die Vorstellung, Dendemann nicht zu kennen, für mich fast unbegreiflich ist, so will ich doch kurz in seine Vita einführen. Angefangen hat der Exklusivrapper in den 90er Jahren und wurde schnell durch seine wortspielreichen Texte und als Vorband von Fettes Brot bekannt. Es folgten zwei trotz (oder vielleicht gerade wegen) seiner Rauchstimme fein säuberlich gerappte Studio­alben, die mit perfekt pointierten Texten ein bisschen über alles erzählen. 2013 übernahm Dendemann dann mit »Die Freie Radikale« die Studioband der Late-Night-Show »Neo Magazin Royale« von Jan Böhmermann und erlangte auf diese Weise auch unter jüngeren Hörern einen gewissen Bekanntheitsgrad. Am 28. Februar beehrt »der Vater aller Mütter« uns auch in Kreuzberg und gibt ein schon jetzt fast ausverkauftes Konzert in der Columbiahalle. Und bevor der nächste Auftritt gegen Ende 2038 stattfindet, rate ich, doch noch schnell ein Ticket zu besorgen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2019.

»Alles noch vage«

Zukunft des Bergmannstraßenfestes ungewiss

Vielleicht zum letzten Mal: »Kreuzberg jazzt« in der Bergmannstraße war 2018 wie gewohnt gut besucht. Foto: rsp

Schon bei der Ankündigung der mittlerweile in der Bergmannstraße aufgestellten Parklets der zweiten Generation hatte es Kritik von den Organisatoren des Bergmannstraßenfestes gegeben: Weil die »Aufenthalts- und Querungsmodule«, wie die Plattformen offiziell heißen, einen erheblichen Teil der Straßenfläche beanspruchen, fehle der Platz für Verkaufsstände, die das seit 1994 stattfindende Jazzfest finanzieren. Jetzt hat der »Kiez und Kultur e.V.«, Veranstalter seit 2006, die Reißleine gezogen und sich aufgelöst. Zumindest mit dem alten Team wird es kein Bergmannstraßenfest mehr geben.

Tatsächlich war die Problematik mit der Begegnungszone zwar Anlass für die Vereins­auf­lö­sung, aber nicht der alleinige Grund. Viele der Mitglieder gingen auf die Siebzig zu und seien nach 15 Jahren der Sache einfach müde, sagt Olaf Dähmlow, Inhaber des Yorckschlösschens und Programmkoordinator des Festes. »Da ist es die ideale Gelegenheit zu sagen: Dann lassen wir’s, lassen wir’s mal andere probieren.«

Diese anderen könnten die ehemaligen Mitglieder Ingrid und Toge Schenck sein, die jetzt planen, einen neuen Verein zu gründen und das Fest weiterzuführen.

Derzeit sei aber »alles noch vage«, so Ingrid Schenck. Fest steht, dass auch der Bezirk an einer Weiterführung der Veranstaltung interessiert ist. Neben der eher temporären Lösung, die Parklet-Testphase früher zu beenden, wird vor allem die Möglichkeit erwogen, das Fest in die Kreuzbergstraße zu verlegen. Gegenüber dem Tagesspiegel merkte Bezirksamtssprecherin Sara Lühmann an, dass das Fest urprünglich gar nicht Bergmannstraßenfest geheißen habe.

Ingrid Schenck steht der Idee einer Verlegung in die Kreuzbergstraße indessen eher skeptisch gegenüber. Neben dem sich dadurch deutlich verändernden Charakter des Festes macht sie sich vor allem Sorgen, dass es dort zu ganz neuen Problemen kommen könne, etwa mit dem für den Viktoriapark zuständigen Grünflächenamt.

So ist die Zukunft des Festes weiterhin ungewiss. Zumindest für 2019 wird es aber langsam knapp.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2019.