Alleine am Südstern

Zuschauer sehen den sensationellen Alleingang des neuen Marathonweltrekordhalters

Kipchoge und der letzte Hase: Auf der Gneisenaustraße war der Olympiasieger schon ziemlich alleine. Foto: ksk

Es war einiges anders beim Berlin-Marathon 2018. Erdoğan-Besuch und Bayern-Gastspiel hatten schon für eine Vorverlegung gesorgt. Die Startzeiten hatten sich geändert, aber das eigentlich Sensationelle ereignete sich auf dem 42 Kilometer langen Rundkurs.

Zuschauer, die schon früh an der Strecke standen, um die Spitzenläufer anzufeuern, erlebten eine kolossale Überraschung. Es gab nicht mehrere Spitzenläufer zu bejubeln, sondern genau einen einzigen. Das hatte es in dieser Form noch nicht gegeben. Als der Kenianer Eliud Kipchoge schon fast am Südstern war, erreichten seine Verfolger gerade den Hermannplatz. Nur drei Tempomacher begleiteten ihn noch, von denen auf der Gnei­se­nau­straße zwei auch noch ausstiegen. 

In all den Jahren war es stets so gewesen, dass sich auf der langen Geraden zwischen Hermannplatz und Yorckstraße eine Spitzengruppe von vier bis fünf Läufern belauert hatte. Doch der 33-jährige Kenianer, der im Jahr zuvor beinahe an den Sohlen seiner Laufschuhe gescheitert wäre – und trotzdem gewann – ließ dieses  Jahr schon nach wenigen Kilometern keine Zweifel mehr aufkommen, wer hier der Sieger sein würde. 

In Kreuzbergs Süden, der etwa die Hälfte des Rennens markierte, war im Grunde alles entschieden. Dass es auch noch einen Weltrekord geben sollte, war mindestens zu erahnen. Doch mit seiner Fabelzeit von 2:01:39h schockte Kipchoge die Fachwelt. Inzwischen wird munter darüber spekuliert, wann Berlin erstmals einen Marathonläufer sehen wird, der die Strecke unter zwei Stunden meistert.

Keine Chance hatte auch die rbb-Marathonstaffel, die seit einigen Jahren versucht, schneller als der jeweilige Sieger zu sein. Das hatte zuletzt auch immer wieder geklappt. Doch dieses Mal scheiterte die Staffel nicht nur an dem Fabelweltrekord Kipchoges. Bei Kilometer 19 auf der Gneisenaustraße suchte der Staffelläufer vergebens nach seinem Partner, dem er den Staffelstab hätte übergeben können. Der hatte sich beim Warmmachen verlaufen und war nicht rechtzeitig in die Wechselzone gekommen. So musste der Läufer für den Abschnitt Kilometer 18 bis 19 auch noch den 20. Kilometer in Angriff nehmen. Damit waren die Chancen dahin.

Der Stimmung tat das keinen Abbruch. Im Kiez begleiteten wieder Tausende von begeisterten Zuschauern bei strahlendem und windstillem Wetter diesen größten deutschen Sportwettbewerb. Fast 45.000 Läufer waren dieses Mal auf die Strecke gegangen, von denen 40.775 auch das Ziel erreichten.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2018.

Bau auf, Bau auf

Baustellen legen Verkehr in Kreuzberg lahm

Hier baut der Bund: Baustelle Gneisenau.

Foto: piHier baut der Bund: Baustelle Gneisenau. Foto: pi

Selbst das Bauamt hat es inzwischen wohl aufgegeben und den Überblick über die Baustellen verloren. Eine Liste gibt es jedenfalls nicht. Nur soviel ist klar: Die Bauorgie im Bezirk wird noch einige Wochen weitergehen.

Ärgerlich ist es für die Autofahrer vor allem, wenn sie in Ost-West-Richtung unterwegs sind. Die drei Magistralen Gitschiner/Skalitzer, Urbanstraße und Gneise­nau­straße sind alle unterschiedlich von Baustellen betroffen. Es nützt also nicht besonders viel, von der einen auf die andere auszuweichen.

Hart hat es die Bewohner rund um den Südstern getroffen. Seit gefühlten fünf Jahren wird da nun gebaut. Grund war der Umbau des U-Bahnhofs. In den letzten Jahren waren sogar Karneval der Kulturen und der Berlin-Marathon immer wieder gezwungen gewesen, ihre angestammten Routen zu verändern. Endlich, so schien es, war ein Ende abzusehen. Die Anlagen nördlich der Kirche waren frisch eingesät, die letzten Bagger verschwunden, und dann kamen schon die nächsten. Jetzt wurde die Fahrbahndecke im Zuge der Stra­ßen­sa­nie­rung erneuert.

Inzwischen ist auch die Zufahrt zur Blücherstraße blockiert, womit eine weitere Ausweichmöglichkeit, dem zwangsläufigen Stau in der Gneisenau zu entkommen, genommen ist.

Immerhin outet sich der Übeltäter an der Gneisenau sehr klar. Hier baut nämlich die Bundesregierung, die dem staunenden Autofahrer mehr oder weniger aufdringlich auf einem Schild klarmacht, dass die Gelder aus dem Konjunkturpaket II gerade in der Gneisenaustraße verbuddelt werden.

Wenn diese Gelder ihre segensreiche Wirkung getan haben werden, dann wird der Verkehr wunderbar und ungestört durch die Gnei­se­nau­straße rollen? Von wegen. Die BVG saniert derzeit die Tunnel der U7, und das bleibt auch nicht ganz ohne Auswirkungen auf den oberirdischen Verkehr.

Wer sich dem Ost-West-Chaos entziehen will, der kann es ja einfach mit einer Nord-Süd-Verbindung versuchen. Auf der Baerwald- und Prinzenstraße kommt er allerdings auch nicht besonders weit. Auch hier wird seit Wochen gebaut. Dann nichts wie raus aus der Stadt, am besten über die Stadtautobahn, doch um dorthin zu kommen, muss der Autofahrer erstmal den Engpass auf dem Tempelhofer Damm passieren.

Bleibt noch die U-Bahn zu benutzen. Aber bitte nicht die U1. Zwischen Warschauer Brücke und Kotti gibt es Schienenersatzverkehr. Vorausgesetzt, der Bus steckt nicht im Stau fest.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.