Bunte Kästen machen Schule

Projekt der MOG61 bekommt ganz neue Dimensionen

Angefangen hatte alles mit einer Idee, die eigentlich in erster Linie die Mittenwalder Straße ein wenig aufhübschen sollte. Mittlerweile hat sich das Projekt der MOG61 so verselbständigt, dass der ganze Kiez bunter wird. Außerdem sind berlinweit die Medien darauf aufmerksam geworden, dass einige graue Verteilkästen von Post und Telekom plötzlich quietschbunt mit allen denkbaren Motiven erstrahlen.

Die ersten Kästen wurden noch von Grundschülern aus der Reinhardswaldschule bemalt. Sie wurden dabei von dem Künstler Andora unterstützt. Im Sommer waren es dann Fünft- und Sechstklässler, die ihre künstlerische Ader an den Kästen erprobten. Und damit noch nicht genug. Die »Nachfolger« kamen aus dem Abiturjahrgang des Leibniz-Gymnasiums, wo das Kastenbemalungsprojekt sogar zum Objekt des Kunst-Leistungskurses geadelt wurde.

Die Vorsitzende des Vereins MOG61, Marie Hoepfner, stellt sich für die Zukunft sogar eine generationsübergreifende Zusammenarbeit vor. Wer jetzt schon dabei ist, ist Rick Ellis, vielen im Kiez bekannt, als früherer Wirt des »Mrs Lovell«. Doch Rick ist auch Künstler, der sich unter anderem auf das Schildermalen versteht, an großen Zeichentrickfilmen mitgewirkt hat, aber auch schon Zirkus- und Schaustellerwagen bemalt hat. Für ein solches Projekt, in dem es darum geht, die Straßenumgebung bunter zu gestalten, ist er nachgerade die Idealbesetzung.

Wenn es nach der MOG geht, dann sollen Rick und Andora nicht die einzigen Künstler sein, die sich an dem Bemalungsprojekt beteiligen. Im kommenden Jahr sollen auch junge Künstler in die Aktion mit einbezogen werden.

Bislang sind 19 Kästen im Kiez bemalt. Sie stehen in der Mittenwalder, der Fürbringer, der Schleiermacher und der Blücherstraße. Doch das soll längst noch nicht alles sein. Schließlich ist Kreuzberg groß und mit der Bemalung in der Gneisenaustraße warten schon die nächsten grauen Kästen auf ihre Verwandlung in ein buntes Kunstwerk.

Nur Vattenfall bleibt stur

Das ist zwar keine übermäßig teuere, aber sehr effektive Art, das Wohnumfeld zu verschönern. Trotzdem gibt‘s das alles nicht umsonst. Unterstützt wird die MOG61 dabei von Malerbetrieb Peter Dietze, der die Kästen grundiert und Farben zur Verfügung stellt.

Doch selbst, wenn die Idee noch weitere Kreise ziehen sollte, wird es trotzdem ein paar graue Flecken geben. Nicht nur Post und Telekom haben Kästen aufgestellt, sondern auch der Stromversorger Vattenfall. Der hat es bislang abgelehnt, seine Kästen bemalen zu lassen. Es wird vermutet, dass er sie als Werbeflächen nutzen will. Zumindest das wird den Kiez auch ein wenig bunter machen. Allerdings stellt sich die Frage, ob das dann so farbig und fidel wird, wie die jetzige Bemalung.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2012.

Watschenfrau will nicht mehr

Es war ein glänzender Triumph für Dr. Franz Schulz, als er vor vier Jahren endlich wieder ins Amtszimmer des Bürgermeisters einziehen durfte und dann noch mit einer satten Mehrheit der Grünen im Rücken. Da kann man auch mal großzügig sein und jemanden ohne Parteibuch in die Verwaltungsspitze holen. Er holte eine ausgewiesene Expertin in das Ressort, das er so lange verwaltet hatte. Jutta Kalepky, Vorstandsmitglied in der Architektenkammer, Koordinatorin bei der Internationalen Bauausstellung und Gastprofessorin in Kassel. Dumm nur, dass diese Expertin soviel nicht zu sagen hatte, weil Schulz ja eigentlich auch Gefallen an den Aufgaben des Baustadtrates gefunden hatte – immerhin ein sehr kreatives Ressort. Wieviel sie tatsächlich zu sagen hatte, zeigte sich bald. Während sie noch mit dem Runden Tisch über die künftige Nutzung des ehemaligen Kasernengeländes hinter der Reinhardswaldschule als Jugendzentrum verhandelte, hatte Schulz das Gelände hinter ihrem Rücken bereits einem merkwürdigen Kunstverein zugeschlagen. Beim Streit um die Admiralbrücke war sie es, die die Kastanien aus dem Feuer holen sollte und sich dabei die Finger verbrannte. Zuletzt wurde ihr vorgeworfen, sie sei im Urlaub gewesen, als in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sekundarschule im Graefekiez der Baunotstand ausbrach. Immerhin stand zwei Tage später ihre Kollegin Monika Herrmann mediengerecht auf der Baustelle vor den rbb-Kameras und ließ an der Bezirksamtskollegin kein gutes Haar. Vielleicht hat Jutta Kalepky Fehler gemacht, vielleicht sogar viele oder gar haarsträubende. Trotzdem bleibt bei der Personalie ein merkwürdiges Gefühl zurück. Es scheint so, als habe sie von Anfang an im Bezirksamt die Rolle der Watschenfrau übernehmen müssen. Dank eines übermächtigen Bezirksbürgermeisters waren ihre Handlungsspielräume gering, aber um Prügel einzustecken war sie dann noch noch gut genug.