Ein Happy End für die Kunst

Schwarzlichtkünstler vor Kammergericht erfolgreich

Schwarzlichtkunst von Sinneswandeln.Auch Auftragskunstwerke dürfen nicht so ohne Weiteres zerstört werden. Foto: phils

Sechs Jahre lang haben sich die Schwarzlichtkünstler Sundew und FlashToBe von der Gruppe Sinneswandeln durch alle Instanzen gekämpft – und nun vor dem Berliner Kammergericht Recht bekommen. Mitte 2010 hatten die beiden Künstler für die Schwarzlicht-Minigolf-Anlage im Görlitzer Park zwei aufwendige Installationen und Objekte geschaffen. Sie gingen von einer langjährigen Kooperation inklusive Werkpflege und künstlerischer wie finanzieller Partizipation aus.

Als die Kunstwerke nach circa anderthalb Jahren entfernt und zerstört wurden, klagten sie auf Schadensersatz. Unabhängig davon, ob die Betreiberin Eigentümerin der Werke geworden sei, so ihre Argumentation, sei die Beeinträchtigung eines Werkes durch das Urheberrecht verboten, wenn sie geeignet sei, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Künstlers zu gefährden.

Doch ist eine Zerstörung gewissermaßen »die maximale Beeinträchtigung«, wie es ihre Anwältin Cornelia M. Bauer ausdrückt? Diese Frage hatte der Bundesgerichtshof (BGH), bei dem die Schwarzlichtkünstler zuletzt Re­vision eingereicht hatten, Anfang des Jahres grundsätzlich bejaht. Ob das Recht des Eigentümers, mit seinem Eigentum zu machen, was er möchte, oder das Recht des Künstlers an seinem Werk überwiege, bedürfe immer einer gründlichen Interessenabwägung. Damit war die Sache ans Berliner Kammergericht zurückverwiesen worden.

Dort sei es vor allem um die Frage gegangen, ob die Betreiberin der Anlage tatsächlich eine Rückgabe der Werke angeboten habe, berichtet Anwältin Bauer. »Doch das konnte nicht nachgewiesen werden.«

Es ist der erste Fall, in dem nach den neuen Grundsätzen des BGH entschieden wurde. Das Urteil ist damit auch ein Stück Rechtsgeschichte. Vor allem stärke es die Position von anderen Künstlern bei Verhandlungen mit Auftraggebern, ist Bauer überzeugt. »Kunst ist kein reines Handelsgut«, diese Auffassung spiegele sich in dem Urteil wider. Häufig werde mit Referenzen geworben. Jetzt sei endlich klar: »Auch Kunstwerke, die als Auftragsarbeit an eine Person übergeben werden, dürfen nicht ohne Weiteres zerstört werden.«

Weg durch die Instanzen hat viel Zeit, Geld und Nerven gekostet

Schwarzlichtkunst von Sinneswandeln.Schwarzlichtkunst von Sinneswandeln. Foto: Sinneswandeln

Als Folgerung daraus seien eine Kooperation auf Augenhöhe und angemessene Verträge gefragt, so Bauer. Für die beiden Schwarzlichtkünstler geht damit ein Rechtsstreit zu Ende, der viel Zeit, Geld und Nerven gekostet hat. Das zugesprochene Schmerzensgeld falle trotz hart errungenem Sieg kaum ins Gewicht, zumal sie einen Großteil der Kosten der ersten Instanz selbst tragen müssen.

»Am Ende geht es darum, das Bewusstsein dafür zu stärken, dass Kunst einen respektvollen Umgang und eine angemessene Bezahlung braucht«, fasst Schwarzlichtkünstlerin Sundew ihre Motivation für den langwierigen Weg durch die Instanzen zusammen. »Künstlerin ist ein Beruf, von dem Menschen leben müssen, und zur Kunstfreiheit gehört, dass Kunst mit der Gesellschaft kommunizieren darf und nicht einfach aufgrund eines geänderten Geschmacks oder sonstiger Beweggründe ungefragt zerstört wird.« Momentan denke sie darüber nach, eine Diskussionsveranstaltung mit verschiedenen Menschen aus Kultur, Recht und Historik zu organisieren. Ob die Künstler diesen Weg noch einmal gehen würden, sei schwierig zu sagen.

»Man muss die Sache in dem größeren Zusammenhang sehen, dass dabei Positives und neue Rechtswege für alle Künstlerinnen und Künstler entstanden sind. Am Ende ist das eine lange und schwierige Zeit, wo du auf vielen Ebenen, insbesondere in künstlerischer Hinsicht, blockiert wirst. Du ringst darum, dir etwas Verlorenes zurückzuholen und deine künstlerische Integrität zurückzugewinnen.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2020.

57 Initiativen wollen in die Schule

Gerhart-Hauptmann-Schule soll Projektehaus werden

Viel Platz für Initiativen: Aus der Hauptmannschule wird ein Projektehaus.

Foto: pskViel Platz für Initiativen: Aus der Hauptmannschule wird ein Projektehaus. Foto: psk

Das Interesse der Anwohner ist groß. Die Skepsis allerdings auch. Rund 150 Interessierte waren in die Rosa-Parks-Grundschule in der Reichenberger Straße gekommen, um zu erfahren, was denn nun mit einer anderen Schule in unmittelbarer Nachbarschaft passieren soll.

Es handelt sich um die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Grundschule, die bundesweit als Zufluchtsstätte jener Flüchtlinge bekannt geworden ist, die seit Herbst in Berlin gegen die aktuelle Gesetzgebung für Asylbewerber demonstrieren. Das Bezirksamt hatte angesichts des strengen Winters ein Bleiberecht in der Gerhart-Hauptmann-Schule bis 31. März gewährt, das aber angesichts der vorherrschenden Witterung wohl auch verlängert werden dürfte.

Die Frage nach der Zukunft der Flüchtlinge spielte dann auch bei der Versammlung eine, aber nicht die entscheidende Rolle. Die Gerhart-Hauptmann-Schule heißt jetzt Projektehaus, und die Bürger im Reichenbergerkiez sind aufgerufen, über die Projekte mitzubestimmen, die sich in dem Haus ansiedeln sollen.

Allerdings musste Jan Kaiser vom Ingenieurbüro Steinbrecher und Partner all jene enttäuschen, die geglaubt hatten, dass es an jenem Abend schon ans Eingemachte ginge. Eigentlich sollte es mehr oder weniger um Verfahrensfragen gehen und erläutert werden, wie es nun weitergehen soll.

Trotzdem war manches schon sehr erhellend, beispielsweise die Erkenntnis, dass sich bislang 57 Initiativen und Gruppierungen mit Vorschlägen und Projekten in dem Gebäude beworben haben, das ingesamt über eine Fläche von rund 3000 Quadratmetern verfügt.

Doch es sollen noch mehr werden. Die Deadline für die Vorschläge wurde noch einmal auf den 8. April verlängert, weil nicht alle Antragsteller fertig wurden.

Schwarzlicht-Minigolf als Symbol der Skepsis

Wenn es einen einhelligen Bürgerwillen gäbe, dann werde sich die Bezirksverordnetenversammlung diesem Votum anschließen, versicherte Bezirksbürgermeister Dr. Franz Schulz.

Wieviele von den bislang 57 Projekten überhaupt durchhalten können, ist allerdings die Frage, denn die Räume gibt es nicht kostenlos. Der Bezirk ist gesetzlich verpflichtet, ortsübliche Mieten zu verlangen. Das heißt, jede Initiative, die ihre Ideen in den Räumen der ehemaligen Schule umsetzen will, muss erst einmal 7,50 Euro Warmmiete pro Quadratmeter aufbringen. Hinzu kommt, dass die Bewerber nicht gewinnorientiert arbeiten sollen. Das macht es für künftige Nutzer nicht eben leichter, hier einzusteigen.

Es ist auch noch nicht klar, wer denn überhaupt mitstimmen darf. Auf die Frage, ob es nach den Meldeadressen gehe, erhielt die Versammlung ein deutliches Nein.

Tatsächlich fanden sich Zuhörer, die dafür plädierten, die Bewohner von Car-Lofts bei einer Abstimmung über die weitere Verwendung der Hauptmann-Schule auszuschließen.

Derzeit scheint vor allem klar zu sein, dass noch nichts klar ist. Und so lud der Versammlungsleiter zu einem Spielchen mit Pinwand und Meta-Kärtchen. In der ersten Runde sollten sich die Zuhörer melden und sagen, was sie gerne in den Räumlichkeiten sehen wollten. In einer zweiten Fragerunde sollte auf roten Kärtchen all das angepinnt werden, was die Bewohner keinesfalls als Nachbar haben wollen. So scheint es ziemlich ausgeschlossen, dass eine weitere Schwarzlicht-Indoor-Minigolfanlage in den Kiez zieht. Eine solche Einrichtung gibt es nämlich im Haus 1 auf dem Gelände des ehemaligen Görlitzer Bahnhofs. Da hätten nach dem Willen der Bürger eigentlich Einrichtungen für Kinder und Jugendliche reinkommen sollen. So wurde die Schwarzlicht-Indoor-Minigolfanlage zum Synonym für die Skepsis in Sachen Projektehaus Ohlauer Straße.

Immerhin haben die Zuhörer in einem Punkt Transparenz erzwungen. Das Ingenieurbüro bekommt 9.000 Euro.

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2013.