Rund eine Stunde Arbeit pro Vorgang

Acht Bezirke fordern Amtshilfe zur Rückerstattung von Sondernutzungsgebühren

Sondernutzung wird gebührenfrei – doch bei der Rückerstattung für 2023 hapert’s. Archivfoto: rsp

Wenn Wirte Tische und Stühle vor die Tür stellen wollen, so kostet sie das ein paar hundert Euro pro Jahr, zumindest wenn dabei öffentliches Straßenland involviert ist. Für 2024, so ein Beschluss des Senats vom Dezember vergangenen Jahres, soll auf die Gebühr für die Genehmigung der Sondernutzung verzichtet werden, um die von Corona, Inflation und steigenden E­ner­gie­kosten gebeutelten Gastronomiebetriebe zu unterstützen. Die Bezirke wiederum, denen die Gebühren bisher zugutekamen, sollen das fehlende Geld stattdessen vom Senat erhalten – soweit die gute Nachricht.

Doch der Senat hat auch eine Rückerstattung von Gebühren für 2023, die ab Mai letzten Jahres bereits bezahlt wurden, beschlossen. Genauer gesagt: Er hat sie »in den Ermessensspielraum der Bezirke« gestellt. Und hier geht das Problem erst so richtig los.

Von einem Ermessensspielraum könne nämlich gar keine Rede sein, schreiben die Bezirksbürgermeister und Stadträte von acht Bezirken in einem Brief an den Senat. Unter Federführung von Friedrichshain-Kreuzberg haben sich die Bezirke mit einem Amtshilfeersuchen an die zuständigen Senatorinnen Manja Schreiner und Franziska Giffey gewandt. Darin machen sie eine ganz andere Rechnung auf: Rund 10.000 Vorgänge seien insgesamt berlinweit betroffen (davon allein in Friedrichshain und Kreuzberg rund 1.000). All diese Vorgänge müssten nun einzeln rückabgewickelt werden. Wie das Bezirksamt auf Rückfrage mitteilte, gehe man von rund einer Stunde Arbeitszeit pro Vorgang aus.

Der Grund für den hohen Zeitaufwand sei vor allem, dass die Genehmigungen für die Sondernutzung in der Regel für mehrere Jahre beantragt und erteilt würden, so dass zusätzlicher bürokratischer Aufwand bei der anteiligen Rückerstattung entstünde.

Bezirke hatten schon im Dezember Bedenken geäußert

»Dies ist mit den knappen personellen Ressourcen, mit denen die Bezirke ausgestattet sind, schlichtweg unmöglich«, begründen die Bezirke das Amtshilfeersuchen. »Mitarbeitende aus dem Straßen- und Grünflächenamt würden monatelang ausschließlich mit der Rückabwicklung der Gebühren beschäftigt sein, anstatt ihren regulären Aufgaben nachzukommen.«

Im Vorfeld des Erlasses der Sondernutzungsgebühren für 2023 habe der Senat keine Rücksprache mit den Bezirken gehalten, betont Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann in einer Pressemitteilung. »Als Bezirke sind wir in der Umsetzung dieser Entscheidung auf die Unterstützung aus den zuständigen Senatsverwaltungen angewiesen.«Selbstverständlich müsse dabei weiterhin die Zusage gelten, dass den Bezirken keine Kosten anfallen und die Einnahmenausfälle erstattet werden.

Bereits im Dezember hatten die zuständigen Stadträte dem Senat gegenüber rechtliche Bedenken zum Erlass der Gebühren geäußert.

Das Amtshilfeersuchen bezieht sich ausdrücklich nur auf die umstrittene Rückerstattung für das Jahr 2023. Der Erlass der Gebühren für 2024 ist davon nicht betroffen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2024.

Dinieren statt Parkieren

»X-Hain-Terrassen« sollen Lokalen und Einzelhandel über die Krise helfen

X-Hain-Terrasse auf einem ParkstreifenWo gerade noch Autos standen, gibt es jetzt Wein und Köstlichkeiten. Foto: rsp

Mehr als 110 Gastwirte aus Friedrichshain-Kreuzberg, davon etwa die Hälfte aus Kreuzberg, haben bislang von dem Angebot des Bezirks Gebrauch gemacht, eine zusätzliche Sondernutzungsfläche für die Außengastronomie zu beantragen. Für die sogenannten »X-Hain-Terrassen« wird, abhängig von der Größe des Lokals, ein gewisser Teil des Parkstreifens auf der Straße abgesperrt und steht temporär als erweiterte Bewirtungsfläche zur Verfügung – allerdings nur freitags bis sonntags von jeweils 11 bis 22 Uhr. Der Antrag selbst ist kostenlos, lediglich die Kosten für Halteverbotsschilder und Absperrungen müssen selbst getragen werden.

Neben der Gastronomie können auch Einzelhändler und soziale Projekte eine Sondernutzung beantragen. Ihnen steht die umgewidmete Parkfläche montags bis freitags von 10 bis 20 Uhr zur Verfügung.

Mit dem Angebot will der Bezirk die Auswirkungen der geltenden Abstandsregelungen abmildern, mit denen eine Verringerung der maximalen Gästezahl einhergeht.

Nachdem in einer ersten Runde Online-Anträge für den Zeitraum bis Ende August möglich waren und das Formular kurzfristig vom Netz genommen wurde, steht es jetzt wieder zur Verfügung. Sofern der Ort des Betriebs die Bedingungen erfüllt (Nebenstraße, keine Spielstraße), werden jetzt Genehmigungen bis Ende Oktober erteilt. Bestehende Nutzer sollen unkompliziert verlängern können.

Auch wenn die Reduzierung der Parkflächen für Autos in die bezirkliche Verkehrsstrategie zu passen scheint, sei die Maßnahme ausdrücklich nur eine Reaktion auf die coronabedingten Herausforderungen, erklärt Pressesprecherin Sara Lühmann. Ob es eine Neuauflage im nächsten Jahr geben wird, »hängt vom Pandemie-Geschehen ab.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2020.