Watschenfrau will nicht mehr

Es war ein glänzender Triumph für Dr. Franz Schulz, als er vor vier Jahren endlich wieder ins Amtszimmer des Bürgermeisters einziehen durfte und dann noch mit einer satten Mehrheit der Grünen im Rücken. Da kann man auch mal großzügig sein und jemanden ohne Parteibuch in die Verwaltungsspitze holen. Er holte eine ausgewiesene Expertin in das Ressort, das er so lange verwaltet hatte. Jutta Kalepky, Vorstandsmitglied in der Architektenkammer, Koordinatorin bei der Internationalen Bauausstellung und Gastprofessorin in Kassel. Dumm nur, dass diese Expertin soviel nicht zu sagen hatte, weil Schulz ja eigentlich auch Gefallen an den Aufgaben des Baustadtrates gefunden hatte – immerhin ein sehr kreatives Ressort. Wieviel sie tatsächlich zu sagen hatte, zeigte sich bald. Während sie noch mit dem Runden Tisch über die künftige Nutzung des ehemaligen Kasernengeländes hinter der Reinhardswaldschule als Jugendzentrum verhandelte, hatte Schulz das Gelände hinter ihrem Rücken bereits einem merkwürdigen Kunstverein zugeschlagen. Beim Streit um die Admiralbrücke war sie es, die die Kastanien aus dem Feuer holen sollte und sich dabei die Finger verbrannte. Zuletzt wurde ihr vorgeworfen, sie sei im Urlaub gewesen, als in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sekundarschule im Graefekiez der Baunotstand ausbrach. Immerhin stand zwei Tage später ihre Kollegin Monika Herrmann mediengerecht auf der Baustelle vor den rbb-Kameras und ließ an der Bezirksamtskollegin kein gutes Haar. Vielleicht hat Jutta Kalepky Fehler gemacht, vielleicht sogar viele oder gar haarsträubende. Trotzdem bleibt bei der Personalie ein merkwürdiges Gefühl zurück. Es scheint so, als habe sie von Anfang an im Bezirksamt die Rolle der Watschenfrau übernehmen müssen. Dank eines übermächtigen Bezirksbürgermeisters waren ihre Handlungsspielräume gering, aber um Prügel einzustecken war sie dann noch noch gut genug.

Jutta Kalepky tritt zurück

Die parteilose Baustadträtin Jutta Kalepky tritt zum 14. Dezember von ihrem Amt zurück. Dies teilte sie Bezirksbürgermeister Dr. Franz Schulz, wie aus einer Pressemitteilung des Bezirksamtes hervorgeht, heute mit.

Die parteilose Architektin war 2006 auf dem Ticket der Grünen ins Bezirksamt eingezogen. Dort erbte sie von ihrem neuen Chef, dem Bezirksbürgermeister Dr. Franz Schulz, das Bauamt. Allerdings hatte Schulz aus dem Ressort wesentliche Teile herausgeschnitten und seinem eigenen Amt zugeschlagen.

Zuletzt war Jutta Kalepky massiv in die Kritik geraten, als sich die Baumaßnahmen in der neuen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sekundarschule so massiv verzögert hatten, dass für die Schüler zu Schuljahresbeginn Ausweichquartiere gesucht werden mussten.

Ob ihr Rücktritt damit zusammenhängt, ist unklar. Jedenfalls begründete Jutta Kalepky ihren Rückzug aus dem Rathaus mit dem mangelnden Vertrauen in ihre Arbeit.

Am 15. Dezember tritt die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg wieder zusammen. Dann soll auch ein neuer Baustadtrat gefunden werden. Nach dem Parteienproporz steht dieses Amt den Grünen zu, die in der BVV über die Mehrheit verfügen.