Sky, der Fußball und die Wirte

Seit November haben die Kneipen geschlossen – auch die, die Fußball zeigen und dafür jeden Monat viel Geld an den Pay-TV-Sender Sky zahlen. Sky ist den Wirten zwar ein wenig entgegengekommen, aber KuK-Chefredakteur Peter S. Kaspar hält das nur für ein Feigenblatt. Ein Kommentar.


Intro: Musik »It’s a jazz thing« von smiling cynic, Bar-Atmo von Leandros.Ntounis, licensed under CC BY 3.0.

Wirte verbittert über Sky

Sender fordert Geld von geschlossenen Kneipen

geschlossene Kneipe mit Sky-SchildKeine Kneipe – kein Fußball – bezahlen müssen viele Wirte trotzdem. Foto: psk

Auf gemeinschaftliche Fußballerlebnisse in Kneipen werden die Fans wohl noch einige Zeit verzichten müssen. Ob das künftig noch in der Stammkneipe geht, ist allerdings auch fraglich. Eine ganze Reihe von Wirten ist frustriert, und manche sind so zornig, dass sie überlegen, sich nach der Krise ganz vom Fußball in der Kneipe zu verabschieden – wenn sie die Krise überhaupt überleben.

Der Grund ist ihr Verhältnis zum größten Anbieter Sky, von dem sich Wirte während der Coronakrise ungerecht behandelt und unter Druck gesetzt fühlen. Seit November des vergangenen Jahres haben die Kneipen zu. Das heißt, sie können auch keinen Bundesligafußball oder die Championsleague zeigen. Für viele Wirte waren das die umsatzstärksten Tage der Woche.

Allerdings ist ein Kneipenabonnement bei Sky auch nicht gerade ein Schnäppchen. Die Kosten bemessen sich unter anderem nach der Größe der Kneipe und dem gewählten Paket, das heißt, ob zum Beispiel die Spiele der Championsleague enthalten sind. Das kann sich schnell zu einem vierstelligen Betrag addieren, der da monatlich fällig wird.

Nach Aussage verschiedener Wirte gegenüber Kiez und Kneipe hat Sky im November den Wirten keine Rechung gestellt. So weit so gut. Doch für die Monate Dezember, Januar und Februar sollte wieder bezahlt werden. Allerdings mit einem Abschlag von 30 Prozent. In den Schreiben wurde der Nachlass als »bedingungslos« bezeichnet und sollte offenbar ein Entgegenkommen signalisieren. Doch die Reaktionen darauf reichten von »Unverschämtheit« bis hin zu »Erpressung«. Viele Wirte stellen sich die Frage, warum sie überhaupt für ein Angebot zahlen müssen, das sie nicht nutzen können.

Situation nach dem 1. April unklar

Das sehen, zumindest manche, Sky-Vertreter anders. So wurde mindestens einem Wirt die Antwort gegeben, er könne ja das Sky-Angebot weiterhin privat nutzen.

Doch damit nicht genug. Ab 1. April sollten die Wirte wieder den vollen Preis bezahlen. Ob es wirklich dazu kommt, ist angesichts der aktuellen Coronalage ungewiss, es ist genau so gut möglich, dass Sky die jetzige Regelung fortschreibt.

Kiez und Kneipe hat natürlich auch versucht, von Sky eine Antwort zu bekommen. Doch schriftliche Anfragen wurden von dem Sender ignoriert.

Eine der Fragen bezog sich unter anderem auch auf individuelle Absprachen. Tatsächlich haben Wirte mit Sky ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Einer schreibt uns, er habe sich »ehrenhaft gewehrt«, bis ihm die vorzeitige Kündigung mit einer saftigen Konventionalstrafe angedroht worden sei. Einer seiner Kollegen berichtet von einer telefonischen Zusage über die Rücknahme der Rechnung, die dann aber schon tags darauf kassiert worden sein. Nach monatelangen Verhandlungen ist dieser Wirt dann zu einer Einigung mit Sky gekommen.

Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. So hat ein Wirt klar erklärt, »er wolle mit Sky nichts mehr zu tun haben«, ein anderer bleibt zähneknirschend »im Interesse seiner Gäste« dabei. Der nächste Kollege ist zufrieden mit dem, was er ausgehandelt hat.

Dabei sind die Ausgangspositionen durchaus auch unterschiedlich. Die Kosten für Sky können bei den Wirten zur Existenzgefährdung führen, bei denen die Novemberhilfe noch nicht oder in geringem Umfang angekommen ist.

KuK und Horch – Das Audio-Thema

Mit dem Format KuK und Horch wollen wir in Zukunft Themen auch mit kurzen Audio-Beiträgen ergänzen. Was KuK-Chef Peter S. Kaspar zum Fußball zu sagen hat, hört Ihr hier: Sky, der Fußball und die Wirte

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2021.

Cantina in Cannstatter Hand

VfB-Fans vom Prenzelberg finden neue Heimat

Fans des VfB Stuttgart haben in der Cantina Orange ihre neue Heimat gefunden.

Foto: pskFans des VfB Stuttgart haben in der Cantina Orange ihre neue Heimat gefunden. Foto: psk

Es mag ja vielleicht auch daran liegen, dass man in Kreuzberg Minderheiten gegenüber wesentlich toleranter ist als am Prenzelberg. Dort jedenfalls hatte der VfB-Fanclub »Landesvertretung Cannstatt 07« lange Zeit sein Domizil. Aber am Prenzelberg sind auch Plakate aufgetaucht, die den Weg zurück nach Stuttgart weisen (650 Kilometer). Als es dann auch noch innerhalb der Fangruppe Differenzen gab, zog der größere Teil hinaus, um sein Glück zu suchen.

Er fand es in der Cantina Orange. Die Schwäbisch-Albanische Kneipe in der Mittenwalder Straße nahm die Landsleute aus dem Südwesten auch sogleich mit offenen Armen auf. Die VfB-Fans landeten zwar nicht im Land wo Milch und Honig fließen, aber dafür in einer Kneipe, wo sich schwäbische Köstlichkeiten nicht nur in Kässpätzle und Maultaschen erschöpfen. »Außerdem versteht man hier, wenn man eine Halbe bestellt«, schildert einer der Fans die Vorzüge der neuen Fan-Arena.

Seit Anfang Oktober werden die Spiele des VfB Stuttgart in der Cantina nun in voller Länge übertragen, die Konferenz gibt es nur noch dann, wenn die Schwaben nicht spielen. Für das Wirtepaar Carmen und Bashkim rechnet sich das allemal. So drängten sich zum Championsleague-Spiel Stuttgart gegen Sevilla so viele Fußballfans wie noch nie zuvor über die beiden Stockwerke.

Allerdings begannen die ersten Stuttgarter Fans schon zu zweifeln, denn die ersten Spiele an neuer Stätte verliefen durch die Bank nicht gerade so, wie sie sich die erhofft hatten. Der VfB verlor eine Begegnung nach der anderen. Immerhin gab es Trost von den letzten verbliebenen Hertha-Fans. Denen ging es noch schlechter.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.