Das Bergmann-Labyrinth

Planungen für die Umgestaltung von Bergmann- und Chamissokiez

Der Entwurf des Bezirksamtes zur Verkehrsplanung in Bergmann- und Chamissokiez lässt sich mit einem Satz zusammenfassen: Möglichst keine Autos.

Wenn die Planungen so umgesetzt werden, dann darf das Areal zwischen Columbia- und Mehringdamm, Gneisenau- und Lilienthalstraße mit Autos und LKW künftig nur noch von Anliegern befahren werden. In der Bergmannstraße wird ab der Nostitzstraße und bis einschließlich Marheinekeplatz eine Fußgängerzone eingerichtet, die nur zu bestimmten Zeiten für den Lieferverkehr offen steht und bis zur nächsten Kreuzung in Solms- und Schenkendorfstraße hineinreicht. Die Zufahrt zum Ärztehaus bleibt frei. So kann auch die Nostitzstraße erreicht werden, die wegen der vielen neuen Einbahnstraßen neben der Zufahrt Friesenstraße am Colum­bia­damm die einzige Möglichkeit ist, motorisiert in den westlichen Chamissokiez zu gelangen. Da der Chamissoplatz selbst samt den angrenzenden Abschnitten von Arndt- und Willibald-Alexis-Straße ebenfalls zur Fußgängerzone wird, gilt das nicht für die Blöcke östlich des Platzes, die mit dem Auto nur vom Columbiadamm angefahren werden dürfen.

Auch die »Abkürzung« zwischen Columbiadamm und Südstern über Golßener, Züllichauer und Lilienthalstraße fällt der Einbahnstraßenregelung zum Opfer.

Von allen Einschränkungen ausgenommen sind lediglich Radfahrer, für die keine der Einbahnstraßenregelungen gilt und die auch die Fußgängerzonen befahren dürfen sollen. In der Bergmannstraße wird für sie vermutlich ein separater zweispuriger Radweg eingerichtet, der räumlich von den Wegen für Fußgänger getrennt wird.

 

Entwurf Verkehrsplan BergmannkiezGrafik: raumscript

Auf der Webseite zum »Modellprojekt Bergmannstraße« kann man den Plan in voller Auflösung herunterladen.

Themenschwerpunkt: Bergmannstraße

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Kommentar

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2020.

Baby, you can park my car

Marcel Marotzke hat nicht reserviert

Display eines Parkscheinautomaten: »Kein Vorverkauf!«Kein Vorverkauf und draußen nur Kännchen: Parkscheinautomat mit typisch Berliner Servicebewusstsein. Foto: rsp

Ich habe es schon einmal gestehen müssen: Ich bin Besitzer eines Autos mit Verbrennungsmotor, schlimmer noch: mit Dieselmotor. Zu meiner Verteidigung kann ich allerdings anführen, dass dieses Auto, gerade in letzter Zeit, praktisch nie bewegt wird, außer wenn am augenblicklichen Standort gerade Baumschnitt- oder Dreharbeiten, Umzüge, Straßenfeste, U-Bahnhof-Deckensanierungen oder Erneuerungen der Strom-, Wasser-, Gas-, Telefon- oder Kabelanschlussleitungen stattfinden. Im Schnitt tritt ein solcher Fall zwar alle zwei Wochen ein, aber da sich trotz Park­raum­be­wirt­schaf­tung im Nachbarkiez meistens doch irgendwann ein Parkplatz findet, sind meine automobilen Ausflugsstrecken in Summe vermutlich kürzer als die sporadischen Bewegungsfahrten eines durchschnittlichen Katastrophenschutzfahrzeugs – das dann allerdings auch etwa 40 Liter auf 100 Kilometer verbraucht, weil es Jahrzehnte vor der Ölkrise gebaut wurde.

Neulich war ich dann allerdings doch einmal mit der von mir liebevoll »Dreckschleuder« genannten Karre unterwegs, namentlich in einem Teil Berlins, in dem Park­raum­be­wirt­schaftung nicht wie in Kreuzberg als der letzte Schrei gefeiert wird, sondern seit Jahrzehnten etabliert ist.

Der dortige Park­schein­au­to­mat jedenfalls grüßte mich freundlich mit den Worten: »Kein Vorverkauf!«

Jedes Schild hat seine Geschichte, sagt man, und ich bin sicher, dass das auch für Anzeigen auf Parkscheinautomaten gilt. Was aber ist die Geschichte dieses Satzes? Oder anders gefragt: Wer käme auf die Idee, einen Parkschein im Vorverkauf zu erwerben?

Man stelle sich das vor: Das junge Paar sitzt abends noch bei einem Glas Rotwein zusammen, die Kinder sind schon im Bett, und dann sagt er: »Komm Schatz, lass uns am Samstag doch mal nach Steglitz zum Parken fah­ren!«

»Ach, ich weiß nicht«, sagt sie dann. »Da sind die Parkplätze doch immer so heiß begehrt.«

»Kein Problem, Schatz«, erwidert er, »ich kaufe uns einfach ein Ticket im Vorverkauf!«

Ähnlich wie bei der Deutschen Bahn ziehen dann am Samstag früh die Mitarbeiter des Ordnungsamtes von Automat zu Automat und legen die Disketten mit den Reservierungen ein. Manchmal klappt das natürlich nicht, weil irgendetwas bei der Datenübertragung schiefgegangen ist, und dann zeigt der Automat nur den Hinweis »Parkplatz ggf. freigeben« an oder »Reserviert für berlin.comfort-Kunden«. Immerhin muss man nicht befürchten, dass sich aus betrieblichen Gründen die Straßenreihung ändert und der reservierte Parkplatz plötzlich in Hellersdorf ist, während man doch eigentlich für Spandau reserviert hatte. Trotzdem bestünde natürlich die Gefahr, dass just am geplanten Park­aus­flugs­tag und -ort ein Umzug, Bauarbeiten oder eine Impfgegner-Demo stattfinden.

Wir sehen also: Vorverkauf macht nur Probleme. Rettung ist zum Glück in Sicht. Wie man liest, vergibt die Zulassungsstelle bis auf weiteres keine Termine mehr, so dass sich auch das mit den Parkplätzen bald erledigt hat.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2020.