Auf, ihr Yogis, frisch und frei!

Marcel Marotzke feiert die Freiheit und trotzt den Verboten von Idioten

Erfreulicherweise leben wir in einer Gesellschaft, in der ziemlich viele Dinge ziemlich erlaubt sind: Man kann glauben woran man will, sich aufhalten, wo und mit wem man will, und dann dort im Wesentlichen auch tun oder lassen, wozu man Lust hat – wenigstens vorausgesetzt, alle Beteiligten sind damit einverstanden.

Tai Chi auf der Wiese könnte man auch verbieten, schon wegen des Verletzungsrisikos. Überdies werden hier Menschen diskriminiert, die nicht so gelenkig sind.

Foto: rspTai Chi auf der Wiese könnte man auch verbieten, schon wegen des Verletzungsrisikos. Überdies werden hier Menschen diskriminiert, die nicht so gelenkig sind. Foto: rsp

Und das, so würde es unserer verflossener Regierender vielleicht sagen, ist ja auch gut so. Denn die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden: Die einen spielen Fifty Shades of Grey im Hobbykeller nach, die anderen lieben veganes Kochen. Eine Freundin von mir geht seit neuestem wöchentlich zum Yoga, und auch das darf sie in unserer modernen, aufgeklärten Gesellschaft – unverschleiert, obwohl auch Männer in der Gruppe mitmachen.

Allerdings sind ihre bisherigen Bewegungsfähigkeiten beim Yoga selbst nach eigenem Bekunden nicht so weit gediehen, dass sie versehentlich unkeusche Gedanken erwecken könnten. Doch selbst wenn es mit dem »Lotussitz« noch nicht so recht klappen will, und auch wenn ihr »Adler« eher aussieht wie ein »Sterbender Toldalk« – keiner käme auf die Idee, ihre frisch entflammte Begeisterung für körperliche Ertüchtigung mit spiritueller Untermauerung mit einem kreuzbergweitem Yogaverbot zu torpedieren.

Nein, wer sich im Allgemeinen grob an das gute alte »Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg’ auch keinem and’ren zu« hält, muss eigentlich weder Verbote noch Sanktionen fürchten.

Eine Ausnahme bilden da die Fotozensurabteilung von Facebook, die ihre prüden, amerikanischen Moralvorstellungen gerne auf die ganze Welt angewendet sähe (um die es aber hier nicht gehen soll), und der Berliner Senat. Gerade noch verunsichert der eine verwirrte CDUler mit seinen Alkoholververkaufsverbot-ab-22-Uhr-Plänen eine ganze Branche, da kommt schon der nächste um die Ecke und peitscht eine »Null-Toleranz-Zone« im Görli durch.

Die Dealer am Park­rand, bei denen die Polizei bei Razzien ohnehin nie Drogen findet, wird das wenig kratzen, harmlose Parkbesucher, die alleine oder in Gruppen einen Joint rauchen wollen, um trotz der – auch – politikgemachten Alltagssorgen ent­spannt zu bleiben, dagegen sehr. Grillverbot, Kiff­verbot – was kommt als nächstes, um die besorgten Mütchen der Zehlendorfer Abendschau-Gucker zu kühlen? Ein Musizierverbot würde die Gefahr von Lärmbelästigungen senken, ein Sportverbot könnte eventuell die Unfallstatistiken nach unter korrigieren. Und wenn dann der Park wegen der »Betreten der Grünfläche verboten«-Schilder nicht mehr genutzt wird, ist wieder Platz für neue Luxuswohnungen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2015.

Bringt das wirklich was?

Innensenator Frank Henkel und Kreuzbergs Bürgermeisterin Monika Herrmann in einer gemeinsamen Taskforce gegen die Drogendealer im Görli – auf diese Idee muss man auch erst mal kommen. Die beiden trennt ein ideologischer Graben in der Tiefe des Grand Canyon – auch und gerade in der Drogenpolitik. Doch wer weiß, vielleicht gebiert der Wettbewerb der Systeme in der Taskforce Großes.

Doch egal, wer gewinnt, am Ende wird es aufs Gleiche rauskommen. Die Dealer sind dann zwar weg aus dem Görli, aber sie dealen eben anderswo.

Dealer wird es immer geben, aber dass es so viele sind, liegt daran, dass es so viele Flüchtlinge gibt, denen nicht erlaubt wird, sich sinnvoll (und ernährend) zu beschäftigen. Sinnvoll wäre es, Flüchtlinge in den Erwerbsprozess einzubeziehen. Das kostet weniger Geld und reduziert die Zahl der Dealer deutlich.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2014.

Görlitzer Park kommt nicht zur Ruhe

Neue Taskforce soll die Situation verbessern

Mit der Gründung einer Taskforce reagiert nun die Politik auf die sich offenbar verschärfende Drogensituation im Gör­lit­zer Park. Pikant ist die Zusammensetzung des Gremiums. Mit Innensenator Frank Henkel, seinem Staatssekretär Bernd Krömer und Justiz­se­na­tor Thomas Heilmann sitzen drei CDU-Leute, die für Law-and-Order stehen, zwei Vertretern der Grünen, Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann und Bezirksstadtrat Hans Panhoff, gegenüber. Beide stehen naturgemäß für eine liberalere Drogenpolitik.

Der Görlitzer Park gilt schon lange als Umschlagplatz für meistens weiche Drogen. Doch seit geraumer Zeit ist die Zahl der Dealer enorm gewachsen. Zudem klagen vor allem Anwohner, dass das Auftreten der Rauschgiftverkäufer inzwischen auch ziemlich forsch geworden ist.

In wie weit das richtig oder eher eine subjektive Wahrnehmung ist, ist nur schwer zu überprüfen. Dass die Zahl der Dealer enorm gewachsen ist, lässt sich hingegen belegen. Auch ein Zusammenhang mit den Asylsuchenden in der nahegelegenen Gerhard-Hauptmann-Schule ist schlecht wegzudiskutieren.

So ergeben sich zwei Linien, wie dem Problem beizukommen sei. Der Innensenator sähe am liebsten eine Null-Toleranz-Politik mit hoher Polizeipräsenz in und um den Park. Und ihm geht der Umgang mit den Flüchtlingen in Kreuzberg entschieden zu weit.

Monika Herrmann dagegen hofft, mit einem legalen Coffeeshop den Dealern die Grundlage zu entziehen. Sie setzt mehr auf Dialog und glaubt, dass eine weniger restriktive Flüchtlingspolitik ohne Residenzpflicht und Arbeitsverbot hilfreich wäre.

Einig sind sich die beiden unterschiedlichen Lager in der Taskforce jedoch in einem: Die jetzige Situation im Gör­litzer Park ist so nicht mehr tragbar und den eigentlichen Nutzern des Parks auch so nicht mehr zuzumuten.

Mit den Anwohnern will die Grünen-Fraktion in der BVV im Januar ins Gespräch kommen.

Grünflächenamt vergrämt die Dealer

Bei einer Veranstaltung – so sie zustande kommt – sollen die Mitglieder der Taskforce ihre Vorstellungen kundtun.

Bis dahin ist die Taskforce allerdings auch schon tätig geworden. Zum Teil mit überraschenden Erfolgen. So hat Baustadtrat Hans Panhoff, das Grünflächenamt losgeschickt, um das Unterholz einmal so richtig auszuforsten – das Unterholz, in dem die Dealer auch schon mal gerne ihren Stoff deponieren.

Tatsächlich fanden die Mitarbeiter des Grünflächenamtes nicht nur weiche Drogen in Form irgendwelcher Cannabisprodukte, sondern auch richtig hartes Zeug wie Crystal Meth und Kokain.

Der Hohlweg am Spreewaldbad, den Panhoff einen »richtigen Angstraum« nennt, soll zugeschüttet werden. Durch solche und ähnliche Maßnahmen soll den Dealern die Lust am Dealen genommen werden.

Innensenator Frank Henkel setzt da auf eine andere Strategie. Er will die Grenze für den in der Regel nicht verfolgten Besitz von Cannabis-Produkten für den Eigenbedarf von 10 bis 15 Gramm auf sechs Gramm herabsetzen – und zwar nur für den Park und seine Umgebung.

Die Polizei sieht den Ruf nach größerer Präsenz mit sehr gemischten Gefühlen, denn personell arbeiten die Ordnungshüter am Park sowieso bereits am Anschlag. Noch mehr Präsenz ist angesichts der Personalsituation nur schwer darstellbar. Zudem gerät die Polizei auch immer wieder mit Anwohnern des Görlitzer Parks aneinander. Viele fühlen sich zwar durch die Dealer bedroht, doch die Festnahme eines Dealers wird andererseits auch gerne als unangemessene Polizeigewalt interpretiert.

Inwieweit die Maßnahmen wirklich greifen und welche Konzepte am Ende möglicherweise zum Erfolg führen, wird so schnell nicht festzustellen sein. In der kalten Jahreszeit und den kurzen Tagen, wenn Bäume und Büsche entlaubt sind, sind auch nicht nur weniger Parkbesucher, sondern auch weniger Dealer unterwegs.

Doch das Problem könnte sich im nächsten jahr auch ohne Tatort von selbst lösen. Die Polizei beobachtet, dass viele Dealer den Park verlassen, um andernorts zu dealen. Im Görli gibt es zuviele Kollegen. Das ruiniert die Preise.

Kommentar: Bringt das wirklich was?

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2014.

Der Kandidat der exklusiven Meinung

Kiez und Kneipe sprach mit dem CDU-Kandidaten Götz Müller

Gemütliche Runde: Götz Müller (CDU) beim Redaktionsgespräch mit der KuK.

Foto: csGemütliche Runde: Götz Müller (CDU) beim Redaktionsgespräch mit der KuK. Foto: cs

Ein wenig träumen wird ja noch erlaubt sein. Und so kann sich denn der CDU Kandidat Götz Müller vorstellen, dass er vielleicht doch den Wahlkreis erobern könnte, dann nämlich, wenn der unbesiegbar scheinende Hans-Christian Ströbele ganz viele Stimmen an die beiden Damen Wawzyniak und Kiziltepe verliert – dann könnte er als lachender Vierter da stehen. Daran glaubt er zumindest eher, als dass die Union eine so satte absolute Mehrheit erreicht, die ihn als zehnter auf der Landesliste noch in den Bundestag hieven würde.

Beim Treffen mit Kiez und Kneipe im »Galander« in der Großbeerenstraße macht Müller einen aufgeräumten Eindruck. Der Fraktionsvorsitzende seiner Partei in der BVV sieht sich dann auch mit jenen drei Aufregerthemen im Kiez konfrontiert, mit denen sich schon seine vier Mitbewerber auseinandersetzen mussten: Flüchtlingscamp am Oranienplatz, Drogendealer im Görlitzer Park und Gentrifizierung. Bei den beiden ersten Themen kultiviert Müller eine sehr exklusive Meinung. Das Flüchtlingscamp ist für ihn unter anderem ein Grünflächenproblem, und die Forderungen der Flüchtlinge nach Abschaffung der Residenzpflicht und Arbeitserlaubnis teilt er erwartungsgemäß nicht. Gegen eine Arbeitserlaubnis spräche seiner Ansicht nach auch, dass damit ein weiterer Niedriglohnsektor eröffnet würde.
Dass Müller gegen einen Coffee-Shop am Görlitzer Park ist, überrascht nun niemanden. In Sachen Mietpreissteigerungen und Verdrängung weiß er sich einig mit seinem Kollegen von der FDP, Helmut Metzner. Das Rezept heißt bauen, bauen und nochmals bauen.

Damit sind alle Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien von der KuK in einem öffentlichen Redaktionsgespräch befragt worden. Doch weil’s so schön war, gibt’s noch eine Zugabe: Die Piraten schienen vor zwei Jahren schon fast sicher im Bundestag angekommen zu sein – und in die BVV haben sie es geschafft. Derzeit liegen sei bei Umfragen zwischen drei und vier Prozent. Ein Sprung ins Parlament scheint also noch möglich. Dazu und zu vielem anderen werden wir heute ab 19 Uhr im »Martinique» in der Monumentenstraße den Kandidaten der Piraten, Sebastian von Hoff, befragen.

Hier kann noch einmal der komplette Mitschnitt des Gespräches angehört werden. Leider ließen sich die typischen Bargeräusche im Hintergrund nicht vermeiden.

Razzia am Kotti

Beamte der 11. Einsatzhundertschaft waren am Mittwochabend bei einem Schwerpunkteinsatz zur Überwachung der Drogenkriminalität in Kreuzberg unterwegs. Auf dem U-Bahnhof Kottbusser Tor kontrollierten die Polizisten im Zeitraum von 19 bis 22 Uhr insgesamt zwölf Personen.

Dabei leiteten sie unter anderem vier Strafermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und eine Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz ein. Es konnten Drogen und drei Mobiltelefone sowie ca. 1300 Euro Handerlös beschlagnahmt werden.

Dealer-Trio aufgeflogen

Umfangreiche Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft Berlin wegen gemeinschaftlichen Heroinhandels führten am Dienstagabend zur Festnahme dreier Tatverdächtiger in Prenzlauer Berg. Es handelt sich dabei um eine 37-Jährige und ihren 42-jährigen Lebensgefährten sowie deren 49-jährigen Heroinlieferanten. Dem Pärchen wird zur Last gelegt, in den vergangenen Monaten im Kreuzberger Görlitzer Park Heroin an Abhängige verkauft zu haben. Nachdem das Pärchen am Dienstag gegen 18 Uhr mit ihrem Lieferanten zusammengetroffen war, überprüften die Fahnder das Duo in seinem Auto und entdeckten bei ihnen über 200 Gramm Heroin. Das überraschte Pärchen ließ sich widerstandslos festnehmen. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung des Lieferanten in Prenzlauer Berg und der Wohnung des Pärchens in Kreuzberg beschlagnahmten die Einsatzkräfte zudem fast 900 Gramm verkaufsfertiges Heroin. In den beiden Wohnungen fanden die Ermittler rund 18.000 Euro, bei denen es sich um mutmaßliche Handelserlöse handelt.

Der in seiner Wohnung festgenommene 49-Jährige und das Pärchen sollen noch heute einem Ermittlungsrichter zum Erlass eines Haftbefehls vorgeführt werden.

Dealer am Landwehrkanal erwischt

Beamten des Fachdezernats zur Bekämpfung des Rauschgifthandels im Öffentlichen Personen Nahverkehr (ÖPNV) wurde im Zuge von Ermittlungen bekannt, dass ein türkischer Staatsangehöriger umfangreich mit Kokain in der Umgebung des Landwehrkanals handeln soll. In Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Berlin und weiteren gemeinsamen Ermittlungen konnte ein Haftbefehl gegen den 43-Jährigen erwirkt werden.
Am Abend des 16. Juni.2009 wurde der mutmaßliche Täter in Begleitung einer Mittäterin bulgarischer Nationalität beim Verlassen einer zuvor ermittelten Aufenthaltsanschrift in Neukölln beobachtet. Der Mann verhielt sich sehr vorsichtig. Als er bemerkte, dass er beobachtet wird, versuchte er zu flüchten. Die eingesetzten Beamten stellten ihn nach kurzer Verfolgung am Ufer des Landwehrkanals Höhe Böcklerstraße in Kreuzberg, nachdem er eine schwarze Tasche, die er bei sich trug, in den Kanal geworfen hatte. Die Tasche konnte von den Einsatzkräften geborgen werden. Sie enthielt 50 Gramm verkaufsfertig portioniertes Kokain. Bei einer anschließenden Durchsuchung seiner Aufenthaltsanschrift wurden weitere 20 Gramm Kokain gefunden. Der 43-Jährige wurde gestern einem Richter zur Verkündung des Haftbefehls vorgeführt. Auch die 25-jährige Komplizin erhielt Haftbefehl.

Drogendealer festgenommen

Beamte des Polizeiabschnitts 54 haben gestern Abend in Kreuzberg zwei Drogendealer festgenommen. Zunächst hatten die Fahnder gegen 16 Uhr einen polizeibekannten 41jährigen Drogendealer beobachtet, als er aus einer Ladenwohnung in der Pannierstraße Rauschgift an einen unbekannt gebliebenen Mann verkaufte. Anschließend begab sich der Dealer in die Reichenberger Straße, wo er aus einem Auto einen Beutel mit Marihuana entnahm und diesen in seine Wohnung brachte. Als er sich kurz darauf mit einer 29jährigen Rauschgifthändlerin in der Oranienstraße traf, um von ihr mehrere Tütchen mit Marihuana zu erhalten, nutzten die Fahnder die Gelegenheit. Beide Händler wurden festgenommen und dem zuständigen Rauschgiftkommissariat überstellt. Bei dem 41jährigen fanden die Polizisten 27, bei der Frau 44 Tütchen mit Marihuana.

Betroffen am Kotti

Der Protest der Anwohner und der grüne Familienstreit zwischen Franz Schulz und Cem Özdemir hat nun scheinbar Erfolg – zumindest einen kurzfristigen. Die Polizei hat innerhalb einer Woche gleich zwei Mal starke Präsenz am Kotti gezeigt. Zusammengerechnet kam sie dabei auf 16 Stunden Einsatzzeit. Die Beamten haben in dieser Zeit 68 Platzverweise erteilt. Das heißt, etwa alle Viertelstunde musste sich ein mutmaßlicher Junkie vom Kotti trollen. Außerdem wurden noch zehn Personen festgenommen. Das ist ja alles schön und gut, nur haben uns die Polizeiaktionen letztlich der Lösung keinen Schritt näher gebracht. Die Anwohner dürften nur kurzfristig sediert sein, denn die des Platzes verwiesenen kommen ja alle wieder. Und schließlich lösen sich Junkies und Dealer auch nicht einfach in Luft auf, wenn sie von den Ordnungshütern des Spielfeldes verwiesen werden. Sie suchen sich dann eben neue Spielfelder. Natürlich muss die Polizei Präsenz zeigen, wenn der Kotti gerade mal wieder durch alle Medien getrieben wird. Aber das kann auf die Dauer keine Lösung sein. Schon gar nicht fünf Wochen vor dem 1. Mai. Wenn es dieses Jahr wieder richtig krachen sollte, dann zeigen sich sicher diejenigen wieder ganz besonders betroffen, die nicht in der Lage sind, ein vernünftiges Konzept für die Situation am Kotti zu entwickeln.

Polizei nimmt Kotti ins Visier

Der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität galt ein Schwerpunkteinsatz des Polizeiabschnitts 23 am Dienstag in Kreuzberg.  In der Zeit von 12 bis 19 Uhr überprüften die Polizisten im Bereich Kottbusser Tor 52 Personen und erteilten 38 Platzverweise. Gegen einen 41-Jährigen und einen weiteren Konsumenten leiteten sie Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ein. Trotz eines Betretungsverbotes hielt sich ein 19-Jähriger auf der Mittelebene des U-Bahnhofes auf. Er musste den Bahnhof verlassen und erhielt eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. Wegen des Handels mit Tabletten leiteten die Beamten auch gegen einen 45-jährigen Mann ein Strafermittlungsverfahren ein. Außerdem überprüften die Polizisten acht Fahrräder und führten eine Reihe von Informationsgesprächen mit interessierten Bürgern.

30 Mal die Rote Karte

Zwischen 13 und 22 Uhr überprüfte die Polizei am Mittwoch insgesamt 46 Personen am Kottbusser Tor, die der Rauschgiftszene zuzurechnen waren. In 30 Fällen sprachen die Beamten Platzverweise aus, acht Personen wurden wegen Verdachts des Rauschgifthandels beziehungsweise -besitzes festgenommen.

Veränderte Wahrnehmung

Es ist noch nicht so lange her, da war das „neue“ Kreuzberg das Ziel milden medialen Spotts. Vor allem Bergmann- und Chamissokiez mit seiner etwas verschwurbelten grünen Bohème wurden ins publizistische Visier genommen, aber auch die allgegenwärtige Protest- und Kampfbereitschaft gegen jedwede echte oder eingebildete Ungerechtigkeit. Initiativen und bürgerliches Engagement wurden als putzige folkloristische Auswüchse einer eigentlich untergegangenen Kultur belächelt, die ihren „Oberkrainer Ernst Mosch“ in Rio Reiser selig gefunden hatte. Doch auf einmal wendet sich das Blatt buchstäblich. Der Tagesspiegel widmet dem Kotti in der Sonntagsausgabe seine Seite zwei, und am Mittwoch wird das Engagement in der Düttmann-Siedlung in einer ganzseitigen Seite-Drei-Reportage gewürdigt. Zeitgleich erscheint die Zitty mit einer Titelgeschichte über den Kotti. Diese Geschichten gäbe es nicht, wenn sich nicht Menschen für ihren Nachbarschaft engagieren würden. Offensichtlich hat bürgerschaftliches Engagement dann doch nicht so viel mit Folklore, sondern mit Einsicht in die Notwendigkeit und gesundem Menschenverstand zu tun.