Über die Vielfalt in der Gemeinschaft

Projekt »Art up« präsentiert erste Gemeinschaftsausstellung

Kreuzberg definiert sich auch über seine Künstler. Das ist ein Grund dafür, dass der Bezirk das Projekt »Art up – Erfolg im Team« fördert. Hier sollen Kreuzberger Künstler genau in dem Bereich gestärkt werden, der vielen besonders schwer fällt: der Vermarktung der eigenen Kunst. Geleitet wird das Projekt von Christine Balbach.

Jeder Projektdurchlauf präsentiert sein Schaffen am Ende in einer Gemeinschaftsausstellung. Die fünf Künstlerinnen und Künstler der ersten Gruppe sind Frauke Bohge, Angelika Encke, Juergen Motzel, Francesca Rose und Mirella Thuja. Sie stellen ab dem 10. Januar ihre Werke im K-Salon in der Bergmannstraße 54 aus.

Der Titel der Ausstellung lautet: »Körperschaft – Corporation«. In ihren Gemälden und Digitalcollagen beleuchten sie unterschiedliche Aspekte der beiden Begriffe: Körper, Menschen, Sensationen, aber auch das Stille, scheinbar völlig Körperlose und das Vergangene.

Weiter heißt es in dem begleitenden Text zur Ausstellung: »Anscheinend hat Körperschaft – Corporation wenig mit dem Zusammenspiel des Lebens zu tun. Dieser Begriff impliziert zunächst eine Trennung von Personen und Lebewesen. Dabei existiert eine viel tiefere Bedeutung: Das Wort steht für einen Zusammenschluss von Menschen. Gemeinsam erschaffen die fünf Positionen ein Universum, dessen Klang und Vielfalt überraschend wirken: Wir sehen innere und äußere Welten, Landschaften, urbane Szenen, Geishas und andere Figuren, die eine individuelle, unverkennbare Handschrift tragen. Gleichzeitig verschmelzen sie zu einem organischen Ganzen.«

Die Ausstellung im K-Salon startet am 9. Januar um 19 Uhr mit der Vernissage. Eine Einführung gibt die Künstlerin Lena Braun, die gemeinsam mit der Künstlerin Simone Haack den Praxisworkshop »Ausstellungs- und Veranstaltungsorganisation« begleitet hat.

Ab 10. Januar ist die Ausstellung donnerstags bis samstags von 16 bis 21 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Sie endet am 24. Januar.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2020.

Fähnlein flattern im Wind

Aha, Kunst also. Mindestens was den kabarettistischen und parodistischen Wert betrifft sind die Fähnlein, die über der Bergmannstraße flattern, ganz große Klasse. Wahrscheinlich sind sie eine Erfindung des Satiremagazins »Titanic«, wenn nicht, werden sich die NFS-Epigonen ein Monogramm in den Allerwertesten beißen. Man stelle sich vor, dass im GRÜNSTEN Fleck der Republik ein Kunstprojekt intalliert wird, das alle Singvögel vertreibt. Konnte ja auch keiner ahnen, außer vielleicht pfälzische Weinbauern, die ihre Weinberge durch ähnliche Kunstinstallationen schützen. Im übrigen nennt man solche Installationen im Südwesten der Republik Narrenbändel. Sie werden von Dreikönig bis zum Aschermittwoch in jedem kleinen Dorf über die Straße gespannt – und nicht das ganze Jahr. Narrenbändel!!! Wer würde wohl Böses dabei denken.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2009.

Beobachtungen zur Bergmannstraße

Die Vertreibung der Singvögel

Wimpelmeer in der Bergmannstraße

Foto: csWimpelmeer in der Bergmannstraße Foto: cs

Kurz nach dem diesjährigen Jazzfest in der Bergmannstraße machte der interessierte Kreuzberger Bürger eine eigenartige Beobachtung: von einem Tag zum anderen war die Straße mit dreieckigen Fähnchen in den munteren Farben gelb, blau, rot und weiß geschmückt. Von einem Haus zum anderen auf der gegenüber liegende Straßenseite waren in unterschiedlicher Höhe und kreuz und quer diese kleinen Wimpel, die sich eifrig im Wind bewegten, zu sehen.

Neugierig fragte der interessierte Kreuzberger nach: Sollte vielleicht ein weiteres Straßenfest angekündigt werden oder hatte man einen Feiertag vergessen oder war das vielleicht eine politische Aktion? »Nein, diese kleinen Fähnchen sind Kunst«, sagte eine aufgeklärte Geschäftsfrau. Oh, das also ist Kunst.

Kurze Zeit darauf beklagten Anwohner eine verminderte Wohnqualität, denn die kleinen bunten Fähnchen verursachen durch ihr Gewedel ein Geräusch, das sich wie Regen anhört. Also wurden die Fenster geschlossen, der Sonnenschein sollte doch nicht vom Regengeräusch gestört werden und man schwitzte lieber hinter geschlossenen Fenstern.

»Das alles ließe sich noch ertragen, wenn nicht alle Singvögel vor dem Gewedel geflohen wären«, so eine Vogelliebhaberin. In der Tat lassen sich Vögel von flatternden Wimpeln vertreiben. Ersatzweise kann auch Wäsche genommen werden. Nun war dies sicherlich nicht beabsichtigt.

In der Bergmannstraße gibt es etliche Vogelfreunde, die sich auch im Winter darum sorgen, dass die Vögel gut versorgt werden. Das hatte zur Folge, dass neben Staren, Amseln und Rotkehlchen auch Buchfinken über die Jahre mitten in der Straße heimisch wurden. Die Anwohner haben immer wieder mit Stolz auf die Artenvielfalt der Singvögel verwiesen und hatten große Freude an deren Gesang.

So kann Kunst auch Lebensfreude trüben.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2009.