Buchhandlung mit Druckwerkstatt

Große Auswahl für minderjährige Literaturfans bei Krumulus am Südstern

Was wäre die Welt ohne Bücher? Sicherlich ein ganzes Stück langweiliger und dümmer. In dieser Reihe stellen wir Orte vor, an denen es Literatur zum Anfassen und Erleben gibt: Ob Belletristik, Sachbuch, Kochbuch, Lyrikband oder Fachbuch – Kreuzberger Buchhandlungen haben für jeden die passende Horizont­erweiterung im Angebot.

Zwei Buchhändlerinnen von einem BücherregalBuchhändlerin Kerstin Hanne und Inhaberin Anna Morlinghaus. Foto: rsp

»Liebe kleine Krummelus, niemals will ich werden gruß«, lautet der Zauberspruch, mit dem Pippi Langstrumpf und ihre Freunde Tommy und Annika dem Erwachsenwerden abschwören. Die Buchhandlung Krumulus (mit drei U und einem M) am Südstern bietet auf jeden Fall genug Material, um die Zeit des Nicht-Erwachsenseins gut zu überstehen: Bilderbücher, Vorlesebücher, Bücher für Erstleser, Kleinkinder und Jugendliche finden sich auf den rund 80 angenehm verwinkelten Quadratmetern ebenso wie Sachbücher, Comics und Hörbücher für junge Menschen – mitgebrachte Erziehungsberechtigte können solange in der Erwachsenenecke abgestellt werden, die eine kleine Auswahl an Bestsellern und aktuellen Titeln bereithält.

Doch die sorgfältig kuratierte Auswahl an Kinder- und Jugendliteratur ist nicht alles, was der 2014 eröffnete Laden zu bieten hat: Im hinteren Galerieraum gibt es regelmäßige Ausstellungen mit Illustrationen, bei denen immer eines oder mehrere Bücher im Mittelpunkt stehen. Dort findet auch der Vorlesesalon für Kitagruppen und Schulklassen statt, außerdem gibt es Lesungen, Buchpremieren, Theater und musikalische Angebote für Familien sowie den Buchclub für Menschen zwischen 8 und 18.

In der Druckwerkstatt im Keller werden darüber hinaus Workshops für Kinder und Jugendliche angeboten, bei denen zum Beispiel Siebdruck und Linolschnitt ausprobiert werden können. In der Stempelwerkstatt können in den Sommerferien eigene Stempel gestaltet werden.

Für die Kiezkultur wird’s wieder eng

Gastronomen bekommen 75 Prozent vom letztjährigen Novemberumsatz

Die Lichter gehen wieder aus in der Gastronomie. Für einen Monat ist alles zu. Foto: psk

Jetzt ist es doch passiert: Auf die zweite Corona-Welle, die sich in den letzten Wochen durch stetig steigende Inzidenzzahlen bemerkbar gemacht hat, folgt der zweite Lockdown. Anders als beim ersten Lockdown sind Schulen, Kitas und der Einzelhandel diesmal nicht von Schließungen betroffen, sondern »nur« Theater, Museen, Kinos, Konzerthäuser, Sporteinrichtungen und die gesamte Gastronomie und Hotellerie. Oder wie es extra3-Satiriker Chris­tian Ehring zusammenfasste: »Alles, was Spaß macht, geht nicht, halt nur Arbeit und Schule.«

Für Gastronomen und Kulturschaffende stellt sich die Situation indessen weitaus weniger amüsant dar als für Otto-Normal-Konsumenten, die lediglich für voraussichtlich vier Wochen auf liebgewonnene Freizeitbeschäftigungen verzichten müssen und dabei am Ende noch Geld sparen. Die letzten Monate haben sowohl der Gastronomie, als auch der Kulturbranche arg zugesetzt. Die Abstandsregeln haben auch nach der Wiedereröffnung der Kneipen für eine Reduzierung des Umsatzes gesorgt, ebenso wie die im Oktober verordnete Sperrstunde, die eigentlich nur bis Ende des Monats hätte gelten sollen. Veranstalter im Kulturbereich haben teilweise erhebliche Investitionen in die Umsetzung von Hygienekonzepten getätigt, staatliche Hilfsgelder konnten die Verluste kaum ausgleichen.

Zumindest für den aktuellen November-Lockdown soll das anders aussehen. Bis zu 75 Prozent des Vorjahres-November-Umsatzes sollen von Schließungen betroffene Unternehmen erhalten können. Im Einzelfall mag das rentabler sein als der eingeschränkte Betrieb der letzten Wochen.

Details über das Förderprogramm, das nicht mit der »Überbrückungshilfe II« zu verwechseln ist, aber wohl ebenfalls über www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de zu beantragen sein wird, standen zum Redaktionsschluss allerdings noch nicht fest.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2020.

Von der Bühne auf den Bildschirm

Victor F. Breidenbach sondiert die Online-Theaterlandschaft

Notebook auf KüchentischKultur in pandemischen Zeiten findet unter anderem am Küchentisch statt. Foto: vfb

Spätestens seit dem 13. März und mindestens bis zum 19. April kann man nicht mehr ins Theater gehen. Doch der Spielbetrieb ist nicht gänzlich eingestellt. Viele Theater retten nicht unbeträchtliche Teile ihres Programms in den virtuellen Raum. Es folgt ein kursorischer Einblick in diese neue Theaterlandschaft.

Das Hebbel am Ufer etwa verlegte ein ganzes Festival auf YouTube: »Spy On Me #2 – künstlerische Manöver für die digitale Gegenwart«. »Im Theater forschen wir nach Auswegen aus Gefühlen der Ohnmacht und der Überforderung, die viele Nutzer*innen internetbasierter Technologien empfinden.« Ich berichte aus meiner Küche.

Obwohl die Videoaufnahmen nicht besonders interessant sind, übt James Bridles Kurzfilm »Se ti sabir« aufgrund der eigenwilligen Monologe des Künstlers auch einen eigenartigen Sog aus. Wir folgen ihm auf einem Spaziergang durch die belgische Provinz Limburg, wo er uns zuerst einen seismologischen Messapparat in einem Schieferbruch zeigt. Der Apparat soll feststellen, ob dieser Ort, der für seine geologische Stabilität ausgewählt wurde, tatsächlich stabil genug ist, um das geplante Einsteinteleskop zu beherbergen – ein Gerät, das sehr langsame Gravitationswellen misst und dadurch eine Art Echolokalisierung des Urknalls ermöglicht. Diese durch absolute Ruhe ermöglichte Sensibilität für subtile Prozesse ist für Bridle ein Vorbild der Entschleunigung: »Mich interessierteigentlichnur dieser Moment, in dem wir still genug werden, um die Vibrationen des Universums wahrzunehmen.« Bridle zeigt uns noch weitere Orte und führt ausufernde Monologe über, unter anderem, die einst auf dem Mittelmeer gängige Lingua Franca, das Gehirn von Cephalopoden und seine Vision für künstliche Intelligenz.

Auch »Future Tense: AI from the Margins«, ein poetischer Videovortrag von Nakeema Stefflbauer und Nushin Yazdani, lässt sich problemlos ins Internet übertragen. Wie beim Screensharing sieht man einen unaufgeräumten Desktop, auf dem Videodateien und Browserfenster nacheinander und übereinander geöffnet werden. Auf eingängige Weise kritisieren Stefflbauer und Yazdani die normativen Standards von Algorithmen und die Formen der Diskriminierung, die sie zur Folge haben: In der Justiz benutzte Algorithmen, die das Risiko einschätzen, ob jemand zum Wiederholungstäter wird, diskriminieren zum Beispiel Schwarze, weil sie an Weißen entwickelt wurden. Die künstliche Intelligenz spiegelt und reproduziert gesellschaftliche Vorurteile. Aufzeichnungen des gesamten Festivals sind auf dem HAU YouTube-Kanal abrufbar.

Noch zwei Empfehlungen: Die Schaubühne stellt derzeit für jeweils einen Tag Fernsehaufzeichnungen aus ihrem Repertoire online. Man kann also vieles sehen, wofür man nie Karten gekriegt hat, oder ältere Produktionen beispielsweise von Peter Stein. Auch das Berliner Ensemble stellt großartige Produktionen für jeweils eine Woche ins Netz.

Diese Angebote sind alle kostenlos. Wer es sich leisten kann, sollte deshalb darüber nachdenken, dem jeweiligen Theater etwas zu spenden oder bei bereits gekauften Karten auf Rückerstattung zu verzichten.

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2020.

Schattentheater im F40

Theater Thikwa verzaubert mit „Umbra“

thikwa_p1150504 Foto: pi

Schatten sind irgendwie unheimlich. Man kann sie nicht fassen, sie verfolgen einen ständig, in der ganzen Welt finden sich verschiedenste Riten und Aberglauben. Und liefern damit wunderbaren Stoff für Theater. Für das Theater Thikwa inszenierten Choreographin und Tänzerin Yuko Kaseki und der Musiker und Komponist Antonis Anissegos mit acht Schauspielern des Thikwa ein zauberhaftes Gesamtkunstwerk aus Farben, Licht und Schatten, untermalt durch Stimmen, elektronische und instrumentale Klanggebilde.

Die in der Fotostrecke gezeigten Bilder können leider nur eine kleine Vorstellung dieser einzigartigen Performance vermitteln.

Bis zum kommenden Freitag gibt es noch die Gelegenheit, sich in eine faszinierende Schattentraumwelt entführen zu lassen.

Alle Infos finden sich auf www.thikwa.de