Soziale Stadt für Alle

Info-Veranstaltung in der Heilig-Kreuz-Kirche

Flyer zur InfoveranstaltungFlyer zur Infoveranstaltung

»Gute Wohnungen für Alle – statt Notunterkünfte für immer mehr Menschen!« Das ist die zentrale Forderung des Bündnisses Wem gehört Kreuzberg. Am 4. Februar lädt die Initiative zu einer Infoveranstaltung in die Heilig-Kreuz-Kirche ein. »Dass in Berlin Wohnraum fehlt, wissen wir nicht erst, seit Menschen, die vor Hunger, Menschenrechtsverletzungen, Bürgerkrieg und Krieg fliehen, bei uns Schutz und menschenwürdige Lebensbedingungen suchen«, heißt es in dem Flyer zur Veranstaltung. »In einem der reichsten Länder, einem Land, das mitverantwortlich ist für Krisen und Kriege, werden sie in Massenunterkünften wie den Hangars in Tempelhof untergebracht.« Auch, so der Vorwurf an die Politik, würde weiterhin völlig ungenügend darauf reagiert, dass die Einwohnerzahl schon lange steige und Wohnraum für viele zunehmend unbezahlbar ist. Die Planungen des Senats sehen bis 2017 nur 30.000 neue Wohnungen vor, davon ca. 6500 geförderte. Für Flüchtlinge sollen an 60 Standorten sogenannte »Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge« gebaut werden, die jeweils bis zu 450 Menschen Platz bieten sollen – für Wem gehört Kreuzberg ist das kein akzeptables Wohnmodell.

Wie aber könnte eine lebenswerte Stadt für alle aussehen? Über die Frage will man bei der Veranstaltung am Donnerstag ins Gespräch kommen. Als Diskussionsanregung wird es dazu Beiträge zur Wohnungspolitik und zu alternativen Modellen in Kreuzberg geben. Über den ihren Alltag sowie Wünsche und Hoffnungen werden Geflüchtete aus Turnhallen und den Hangars berichten. Musikalische Beiträge wird es unter anderem von der Neuköllner Chanson-Punk-Band The Incredible Herrengedeck geben. An Infotischen verschiedener Initiativen besteht die Möglichkeit, sich über deren Arbeit zu informieren und persönlich ins Gespräch zu kommen.

Hier gibt es den Flyer zum Downloaden.

Termin: Donnerstag, 4. Februar, 18:30 Uhr (Einlass 18:00 Uhr), Heilig-Kreuz-Kirche, Zossener Str. 65, 10961 Berlin

Die Ironie der Geschichte

Bomben aus dem zweiten Weltkrieg haben Tausende von Kreuzbergern binnen einer Woche gleich zwei Mal aus ihren Häusern getrieben. Sie waren so etwas wie verspätete Kriegsflüchtlinge, für ein paar Stunden halt.

Etwa zur gleichen Zeit werden Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten im mittleren Osten im Flughafen Tempelhof untergebracht, just in dem Gebäude, in dem einst die gefürchteten Sturzkampfbomber JU87 gefertigt wurden. Über ihre Bombenlast hinaus verbreiteten die »Stukas« mit ihren »Jericho-Trompeten« eine grauenhafte psychologische Wirkung.  Sie galten als Symbol des Blitzkrieges.

Die Quittung war unter anderem jene Bombennacht vom 3. Februar 1945, dessen Nachlass nun zwei mal beseitigt wurde.

Ist das nun nur die Ironie oder ein Wink mit dem Zaunpfahl der Geschichte, dass wir  auf diese Weise an die eigene Zeit von Krieg und Flucht erinnert werden?

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2015.

Die Zeltstadt im Hangar

Flüchtlinge auf dem Flughafen Tempelhof untergebracht

Einst galt er als größtes Gebäude der Welt, der Flughafen Tempelhof. Kein Wunder, dass der 1,2 Kilometer lange Gebäuderiegel immer wieder Begehrlichkeiten weckt, wenn irgendwo Platzbedarf ist.  So ist es erstaunlich, dass erst jetzt Raum für Flüchtlinge geschaffen worden ist.

Ende Oktober zogen die ersten Flüchtlinge in den Hangar 1, in dem eine ganze Zeltstadt entstanden ist. 55 Zelte wurden hier aufgebaut, in den meisten stehen sechs Doppelbetten. In einigen gibt es mehr Platz. Hier sollen Familien untergebracht werden, die dann einen geschützten Raum finden.

Fragezeichen gab es zunächst bei den sanitären Einrichtungen. Toiletten sind zwar vorhanden, aber die reichen bei Weitem nicht, wenn zwischen 660 und 1.000 Flüchtlinge die Halle belegen sollten. Duschen gab es zunächst gar nicht. Die schnell angedachte Zwischenlösung im über den Winter geschlossenen Columbiabad zerschlug sich ebenfalls sehr schnell. Inzwischen gibt es mobile Duschen vor Ort.

Zunächst blieb der Ansturm allerdings aus, unter anderem deshalb, weil ein ganzer Zug mit Flüchtlingen, der eigentlich für Berlin bestimmt war, irrtümlich nach Eisenhüttenstadt umgeleitet worden war. Doch in den folgenden Tagen füllten sich die Zelte und Betten.

Ein Abebben des Flüchtlingsstromes ist in den nächsten Wochen nicht zu erwarten, und so ist es nur eine Frage der Zeit, wann auch diese Notaufnahmekapazitäten erschöpft sind. Doch am Flughafen Tempelhof soll noch mehr passieren. Auch die Hangars 2 und 3 sollen für Neuankömmlinge hergerichtet werden.

Auf dem dahinterliegenden Flugfeld, wo sich auch bei herbstlichen Temperaturen viele Freizeitsuchende auf Skates, Fahrrädern oder mit Drachen herumtreiben, kommt nach einer Umfrage des Berliner Tagesspiegels die Flüchtlingsunterbringung gut an. Die meisten befürworten die Maßnahme. Ein Skater hat für die Freunde eine überaus einleuchtende Erklärung: Solange die im Flughafen untergebracht sind, kann die Politik hier keine andere Bebauungsidee umsetzen und alles bleibt so wie es ist.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2015.