Wann kommt der Volksentscheid?

»Klimaneustart Berlin« kritisiert Innenverwaltung und verlangt Zusammenlegung mit Berlinwahl

180.547 gültige Unterschriften konnte die Initiative »Klimaneustart Berlin« sammeln. Foto: Klimaneustart Berlin

Es ist geschafft: Das Volksbegehren »Berlin klimaneutral 2030« hat die nötige Zahl von Unterschriften erreicht. Für ein Zustandekommen mussten sieben Prozent der 2.434.808 am Stichtag 14. November Stimmberechtigten, also 170.437 Personen, dem Volksbegehren zustimmen. Wie der Landesabtimmungsleiter am Dienstag mitteilte, waren von den 261.841 von den Berliner Bezirksämtern geprüften Unterschriften 180.547 gültig – trotz rund 31 Prozent ungültiger Unterschriften wurde die Mindestzahl also erreicht. Damit ist der Weg zu einem Volksentscheid frei.

Doch schon sieht sich die Initiative mit dem nächsten Problem konfrontiert: Um das für einen erfolgreichen Volksentscheid nötige Quorum von 613.000 Ja-Stimmen zu erreichen, wäre es hilfreich, wenn die Abstimmung mit der Wiederholung der Berlinwahl am 12. Februar zusammenfiele. Danach sieht es indessen derzeit nicht aus. »Mit großem Erstaunen haben wir die Äußerungen aus der SPD-geführten Innenverwaltung wahrgenommen, die sich gegen eine terminliche Zusammenlegung des Volksentscheids zur Änderung der Berliner Klimaziele mit der Wahlwiederholung ausspricht«, beklagt die Initiative in einem offenen Brief an den Senat. Getrennte Wahl- und Abstimmungstermine würden nicht nur Mehrkosten von vielen Millionen und eine zusätzliche Hürde bedeuten, sondern könnte auch den öffentlichen Eindruck erwecken, dass aus politischen Gründen getrennte Termine festgelegt werden.

Tatsächlich sieht das Berliner Abstimmungsgesetz vor, dass Volksentscheide und Wahlen nach Möglichkeit zusammengelegt werden sollen. Dazu kann die Frist von vier Monaten für die Durchführung eines Volksentscheids auf bis zu acht Monate verlängert werden, wenn eine Wahl ansteht. Zwingend vorgesehen ist die Zusammenlegung allerdings nur, wenn bis zur bevorstehenden Wahl noch vier Monate Zeit sind – und das ist bei der Wiederholungswahl nicht der Fall.

»Wenn man sich jetzt davor scheut, es zusammenzulegen, dann kann man es ja gar nicht mehr machen«, kommentiert Wahlhelferin Anne Tursch, die das Chaos 2021 miterlebt hat. Die Formulierungen für Volksentscheide müssten dann allerdings auch einfach gehalten sein, damit es in der Wahlkabine nicht zu lange dauere. Auch für Stadtrat Oliver Nöll wäre eine Zusammenlegung »aus demokratietheoretischen Erwägungen« richtig, »unter den Rahmenbedingungen aber schwierig«.

Bis Mitte Dezember muss der Senat über den Termin entscheiden.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2022.

Wieder Wahlpannen im Bezirk

Seniorenvertreter sollen im März gewählt werden

Das Nachbarschaftshaus in der Urbanstraße ist eines von fünf Wahllokalen. Hier kann am 14. März die Seniorenvertretung gewählt werden. Foto: psk

»Ich habe Unterlagen aus dem Wedding bekommen«, erzählt ein Rentner aus der Skalitzer Straße. Er gehört zu denen, die sich sehr dafür interessieren, im März eine neue Seniorenvertretung zu wählen. Damit dürfte er allerdings zu einer Minderheit zählen, denn vor fünf Jahren nahmen von den etwa 43.000 wahlberechtigten über 60-Jährigen im Bezirk gerade mal etwa fünf Prozent an der Abstimmung teil.

»Viel zu wenig«, findet Tobias Baur, der zum ersten Mal für das Gremium kandidiert. »Das müssen in Zukunft mehr werden«, fordert er.

Doch die Voraussetzungen sind nicht so gut dafür. Für die berlinweiten Wahlen wurden insgesamt etwa 70.000 fehlerhafte Wahlunterlagen verschickt. Verantwortlich war dafür einmal mehr der landeseigene Dienstleister ITDZ, das einstige Landesamt für Informationstechnik.

Der zuständige Stadtrat ist gerade mal sechs Wochen im Amt und ziemlich angefressen. Oliver Nöll hätte am liebsten seine eigenen Mitarbeiter die Post an die Kreuzberger und Friedrichshainer Senioren verschicken lassen. »Dann hätte ich wenigstens gewusst, dass es klappt.« Natürlich ist ihm klar, dass das undurchführbar war, sonst hätte er bei der Einkuvertierung von 43.000 Briefen sein eigenes Haus für ein paar Tage lahmgelegt.

Doch es sollte noch schlimmer kommen. Angesichts der dramatisch gestiegenen Coronazahlen sah sich Nöll gezwungen, die öffentlichen Vorstellungsrunden abzusagen. »Ich kann doch nicht 20 Kandidaten und 80 bis 100 Zuhörer in einen Raum stecken, die alle auch noch zur Hochrisikogruppe zählen.«

Stattdessen setzt er nun auf ein digitales Format, das im Februar umgesetzt werden soll. Dem Stadtrat ist dabei durchaus bewusst, dass er sich auf juristisch dünnes Eis begibt. Allerdings sieht er auch keine andere Möglichkeit.

Kandidaten nur im Stream

So werden die 19 Kandidaten im Internet vorgestellt. Das ist für den 14. Februar von 14 bis 17 Uhr und den 22. Februar von 10 bis 12 Uhr geplant.

Dabei allerdings tut sich noch ein Problem auf. Etliche Senioren sind wenig bis gar nicht computeraffin. Für die wird es schwer sein, überhaupt auf die Seite zu kommen. Wer nämlich nur das Stichwort »Seniorenvertretung Friedrichshain-Kreuzberg« eingibt, kommt zwar auf die Seite, doch auf der gibt es keinen Hinweis auf die Wahlen für das Gremium. Man muss also schon gezielt nach den Wahlen für die Seniorenvertretung suchen.

Nach den verkorksten Wahlen zum Bundestag, dem Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen hat das erneute Chaos viele verärgert.

Allerdings bleibt ein schwacher Trost: Nie wurde im Vorfeld einer Senioren-Beiratswahl so viel darüber berichtet. Vielleicht nimmt die Wahlbeteiligung ja deswegen zu.

Was wird gewählt?
Die Bezirks-Senioren-vertretung setzt sich für die älteren Mitbürger im Bezirk ein. Mitglieder haben in Ausschüssen der BVV Rederecht und beraten das Bezirksamt.
Wer wird gewählt?
Das Gremium besteht aus bis zu 17 Mitgliedern und wird auf fünf Jahre gewählt. Wahlberechtigt sind alle über 60-Jährigen im Bezirk, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.
Wie wird gewählt?
Jeder Wahlberechtigte kann bis zu zehn Stimmen verteilen. Stimmenhäufungen sind nicht erlaubt.
Wann wird gewählt?
  • 14.3. 10:00–15:00: Nachbarschaftshaus Urbanstraße, Ur­ban­straße 21, 10961 Berlin
  • 16.3. 15:00–18:00: Stadtteilzentrum Familiengarten, Oranienstraße 34, 10999 Berlin
  • 18.3. 10:00–15:00: Begegnungsstätte Mehring-Kiez, Friedrichstraße 1, 10969 Berlin

sowie in Friedrichshain:

  • 15.3. 10:00–15:00: Stadtteilzentrum F´hain, Pauline-Staegemann-Str. 6, 10249 Berlin
  • 17.3. 10:00–15:00: Seniorenzentrum Friedrichshain, Singerstr. 83, 10243 Berlin

Mehr Infos gibt es hier.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2022.

Wenig Spannung im Titelkampf

Für kleinere Parteien sind Überraschungen bei der BVV-Wahl möglich

In vielen Teilen Deutschlands ist eine Kommunalwahl ein mühsames Geschäft. In Städten wie etwa Stuttgart kämpfen sich die Wähler durch wandtapetengroße Stimmzettel. Zudem wird von ihnen verlangt, sich mit Wahltechniken herumzuschlagen, die auf so schöne Namen wie Kumulieren, Panaschieren oder Unechte Teilortswahl hören. Das alles klingt mehr nach Kamasutra als nach demokratischem Urnengang.

In Berlin ist es dagegen denkbar einfach. Es gibt einen Stimmzettel und ein Kreuzchen für die Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung. Die 55 Sitze im Rathaus in der Yorckstraße werden dann proportional verteilt.

Klare Verhältnisse

Die Verhältnisse in der derzeitigen BVV ist sehr eindeutig. Bei momentan nur 51 Mitgliedern sind die Grünen mit ihren 22 Sitzen schon sehr nah an der absoluten Mehrheit. Dass nicht die volle Zahl der Bezirksverordneten ins Kommunalparlament einzog, lag einfach daran, dass die Piraten nach ihrem Überraschungserfolg nicht über genügend Kandidaten verfügten, um alle Sitze zu besetzen. Ihnen hätten neun zugestanden. Vier blieben frei.

Alle buhlten damals um die Gunst der Politikneulinge – und das hatte nicht nur mit Welpenschutz zu tun. Rein theoretisch hätten SPD, Linke und Piraten eine Zählgemeinschaft gegen die Grünen bilden können. Doch am Ende blieb es bei einer klassischen Rollenverteilung, die den Grünen im Bezirksamt drei von fünf Stadtratsposten bescherte.

Dass die Piraten ihren Überraschungserfolg von 2011 noch einmal wiederholen, ist sehr unwahrscheinlich. Auch die kleine Fraktion blieb nicht vom Zerfall der Gesamtpartei verschont. Statt fünf hat sie heute nur noch vier Mitglieder. Eine Bezirksverordnete verließ die Fraktion.

Das Erbe der Piraten

Es geht also bei der BVV-Wahl vermutlich um die Hinterlassenschaft der Piraten, das heißt um bis zu neun Sitze, die sich nun andere Parteien erobern können – mal ganz abgesehen von den üblichen Verschiebungen, die so eine Wahl sonst mit sich bringt. Doch ganz abschreiben kann man die Piraten auch nicht, denn um in die BVV zu gelangen, benötigen sie nur drei Prozent. Das ist etwa der Wert, den Demoskopen den Piraten berlinweit derzeit einräumen. Rechnet man den Kreuzberg-Bonus dazu – nirgendwo haben die Piraten vor fünf Jahren besser abgeschnitten – dann könnte es durchaus noch reichen.

Wer überrascht?

Monika Herrmann bleibt wohl im Amt.

Foto: Sedat Mehder Monika Herrmann bleibt wohl im Amt. Foto: Sedat Mehder

Allerdings ist es ja nicht ausgeschlossen, dass eine andere Partei ebenfalls einen solchen Überraschungscoup landen könnte, und da geht der bange Blick automatisch auf die AfD. Eigentlich scheint es ausgeschlossen, dass eine so rechte Partei in Friedrichshain-Kreuzberg reüssieren könnte, denn in ganz Berlin gibt es keine linkere BVV. Wenn man die Piraten zum linken Block zählt, blieben dem rechts-bürgerlichen Lager gerade mal vier Verordnete der CDU.

Nun haben die letzten Landtagswahlen gezeigt, dass die AfD bei allen Parteien wildern konnte. In den ostdeutschen Bundesländern wurde dabei aber ausgerechnet die Linke schwer gerupft.

Es ist also überhaupt nicht auszuschließen, dass die AfD mit einigen Bezirksverordneten in die BVV einzieht. Bei einem so meinungsfreudigen Parlament, das häufig große Zuschauermassen anzieht, dürfte das für noch wesentlich turbulentere Sitzungstage sorgen.

Bleibt das Bezirksamt?

Peter Beckers, Spitzenkanddidat der SPD. Foto: Joachim GernPeter Beckers, Spitzenkanddidat der SPD. Foto: Joachim Gern

Die wichtigste Aufgabe zu Beginn der neuen Legislatur wird die Wahl eines neuen Bezirksamtes sein. Derzeit stellen die Grünen mit Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann, Baustadtrat Hans Panhoff und Kämmerin Jana Borkamp drei der fünf Posten. Dr. Peter Beckers (SPD), zuständig für Wirtschaft, und der Linke Knut Mildner-Spindler (Soziales), vervollständigen das Gremium.

Da die beiden letzteren als Spitzenkandidaten für ihre jeweilige Partei ins Rennen gehen und bei den Grünen wenig auf ein Abweichen von der bisherigen Rollenverteilung hindeutet, könnte das alte Bezirksamt wieder das neue sein.

Es gibt jedoch ein paar Unwägbarkeiten. Da ist zunächst die Bezirksbürgermeisterin. Monika Herrmann gilt als streitbar und hat vor allem in der Auseinandersetzung mit Innensenator Frank Henkel sehr an Profil gewonnen. Vor allem dem bürgerlichen Lager gilt sie als der Fleisch gewordene Gott­sei­mit­uns. Das hilft ihr in Kreuzberg ungemein und auch die eine oder andere innerparteiliche Auseinandersetzung ist inzwischen längst vergessen. Paradoxerweise könnte Frank Henkels unsägliches Verhalten in Sachen Rigaer Straße den Grünen am 18. September ein Rekordergebnis bescheren. Der eine oder andere Grüne träumt bereits von einer absoluten Mehrheit im Kreuzberger Rathaus.

Allerdings bröckelt auch die Grüne Wählerbasis in Kreuzberg. Immer wieder bläst der Fraktion von den Zuschauerrängen im Rathaus ein rauher Wind entgegen. Von alternativem Durchregieren und mangelnder Kompromissbereitschaft im Angesicht der eigenen Stärke ist da die Rede.

Die SPD als zweit­stärks­te Fraktion ist in der BVV nur halb so stark wie die Grünen. Dass der stellvertretende Bezirksbürgermeister Peter Beckers den Chefposten erobern könnte, gilt als nahzu ausgeschlossen. Für ihn wird es ein Erfolg sein, den großen Abstand zu den Grünen zu verringern.

Linke muss kämpfen

Führt die Linke in den Wahlkampf: Knut Mildner-Spindler.Führt die Linke in den Wahlkampf: Knut Mildner-Spindler.

Während sich die beiden größeren Parteien kein ernsthaftes Duell liefern, sondern bestenfalls die eigene Position etwas verbessern oder verschlechtern werden, stehen die Linken vor einer sehr schweren Wahl. Schon vor fünf Jahren war die Partei auf Rang vier abgeruscht. Dabei stellte sie – damals noch als PDS – vor nicht allzu langer Zeit sogar noch die Bezirkbürgermeisterin. Ihre Verluste in Friedrichshain hat sie in Kreuzberg nicht kompensieren können. Allerdings hat sie bei Bundestagswahlen immer gut abgeschnitten – davon könnte sie auch jetzt profitieren. Mehr als sieben Sitze wären schon ein Erfolg. Doch wenn sich der Trend fortsetzt, wird sie im schlimmsten Fall vielleicht den einen oder anderen Sitz an die AfD verlieren.

Splitterpartei CDU

Bleibt noch die CDU, die schon vor vier Jahren denkbar schlecht abgeschnitten hat. Nirgendwo werden die Henkelschen Eskapaden eine so starke Auswirkung haben wie in Kreuzberg. Sein Versagen am Gör­litzer Park, die Tatenlosigkeit am Kotti und die Tricksereien in der Rigaer Straße dürften die CDU eher Stimmen kosten, zumal die feurigsten Law-and-Order-Anhänger es dieses Mal eher mit der AfD versuchen werden.

Am Ende wird es bei der BVV-Wahl wohl eher wie in der Fußball-Bundesliga zugehen. Wie es oben ausgeht, scheint klar, aber unten wird es spannend.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2016.

Moment, Piraten!

Alles schien so fest gefügt, ja harmonisch, bis dann diese verdammte Piratenflagge am Horizont erschien. Sie könnte das Zeichen für eine Veränderung sein. »Die Grünen haben hier Wahlergebnisse wie die CSU am Starnberger See – und die benehmen sich auch so«, sagte jüngst ein enttäuschter Grünenwähler. Die Piraten könnten für ihn eine Alternative sein. Ob die Sozialdemokraten eine sind? Viele Grüne kennen diese Ecke aus ihrer Vergangenheit. Die Linke hätte gerade hier in diesem Bezirk davon profitieren können, doch die Uneinigkeit und Grabenkämpfe schrecken auch den streitlustigsten Ex-Grünen eher ab. Und die Piraten? Umfragen sehen sie auf fünf Prozent zumarschieren. Eine Stimme für die Partei wäre also keine verlorene. Das könnte das berühmte Momentum sein. Das erste Opfer der Piraten ausgerechnet die Grünen? Welch köstliche Ironie.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2011.

Die SPD schielt auf den Chefsessel

Sozialdemokraten wollen Bezirksrathaus zurückerorbern

Berlin hat wieder die Wahl. Am 18. September sind rund zweieinhalb Millionen Berlinerinnen und Berliner dazu aufgerufen, über ein neues Abgeordnetenhaus abzustimmen und sich in ihren Bezirken neue Bezirksverordnete zu wählen.

Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sind rund 170.000 Bürger wahlberechtigt. Allerdings gingen vor fünf Jahren nur 55,9 Prozent von ihnen zur Wahl. Das waren noch einmal zwei Prozent weniger als im Landesschnitt.

Im Doppelbezirk Friedrichshain-Kreuzberg geht es jetzt um sechs statt um fünf Wahlkreise im Abgeordnetenhaus, drei in Kreuzberg und drei in Friedrichshain. Der große Gewinner bei der Wahl 2006 waren die Grünen mit 31,5, gefolgt von der SPD mit 28,1 Prozent. Die Linke, damals noch PDS, die bis dato in Form von Cornelia Reinauer noch die Bezirksbürgermeisterin gestellt hatte, landete bei der Abgeordnetenhauswahl mit 16,9 Prozent ebenso auf dem dritten Rang, wie bei den Wahlen zur BVV, so dass Franz Schulz die PDS-Politikerin beerben konnte.

Eine neue Komponente wird es dieses Mal geben. Die Piraten haben in Umfragen drei Wochen vor der Wahl die FDP überholt. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnte es für die Grünen im Bezirk eng werden, ihre Spitzenposition zu halten. Die SPD hätte Chancen, die Rathausführung zurückzuholen.

Siehe auch: Kommentar zur Piratenpartei

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2011.

Vier gegen Ströbele

Kiez und Kneipe lädt Bundestagskandidaten zum Redaktionsgespräch ein

Die Klage, dass dem Bundestagswahlkampf die großen Themen fehlen, mag ja bundesweit berechtigt sein. Doch Kandidaten treten schließlich auch in einem Wahlkreis an, den sie im Erfolgsfall im Bundestag vertreten sollen. So gesehen gibt es natürlich in Kreuzberg eine ganze Menge Themen, mit denen Bundestagskandidaten konfrontiert werden können.

Bereits vor vier Jahren hatte die KuK alle Kandidaten der im damaligen Bundestag vertretenen Parteien zu öffentlichen Redaktionsgesprächen eingeladen. Alle waren dieser Einladung gefolgt. So auch in diesem Jahr, vor einem Wahlkampf, der zumindest in Kreuzberg einige Spannung verheißt.

Da ist zunächst einmal Hans-Christian Ströbele. Der einzige Grüne, der je durch ein Direktmandat in den Bundestag eingezogen ist, gilt nicht nur den Grünen inzwischen als Ikone. Bundesweit eher als kritischer Nachfrager in heiklen Untersuchungsausschüssen bekannt, ist er auch im Kiez sehr präsent. Ob als Vermittler im McDonaldsstreit, als Schlichter am Kotti oder als Mutmacher bei der Paddelparade. An Kreuzbergs bekanntestem Radler kommt kaum einer vorbei.

Das ist auch den anderen Parteien klar, die dieses Mal ausnahmslos Parteiprominenz ins Rennen schicken.

Die SPD setzt auf Björn Böhning. Der einstige Juso-Vorsitzende ist Sprecher der Partei-Linken und leitet in der Senatskanzlei das Grundsatzreferat. Er kann sich also der besonderen Unterstützung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit sicher sein.

Die Mitbegründerin von Bündnis 90 ist heute bei der CDU. Mit der Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld will die Union in Deutschlands grünstem Wahlbezirk Punkte machen. Mit einem überraschend guten Listenplatz ausgestattet könnte ihr auch ohne Sieg der Sprung in den Bundestag gelingen.

Ein wenig pikant wirkt der Fall FDP. Für sie kandidiert im Wahlkreis kein geringerer als der Landesvorsitzende Markus Löning. Der sitzt bereits im Bundestag und wäre wohl als Spitzenkadidat auf der Landesliste wieder gewählt worden. Doch diesen Platz hat ihm der Berliner Fraktionsvorsitzende Markus Lindner erfolgreich streitig gemacht. Löning verzichtete auf einen Listenplatz und kämpft nun tapfer als Direktkandidat.

Halina Wawzyniak kann es zwar in Sachen lokaler Prominenz nicht ganz mit ihrer Vorgängerin, der ehemaligen Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer aufnehmen, doch innerhalb der Linken spielt die Justitiarin der Bundestagsfraktion eine gewichtige Rolle. Sie ist stellvertretende Bundesvorsitzende und Bezirksvorsitzende von Friedrichshain-Kreuzberg.

11.08. 19h Cantina Orange Markus Löning (FDP)
12.08. 18h Brauhaus Südstern Vera Lengsfeld (CDU)
18.08. 19h Too Dark Hans-Christian Ströbele (B90/Grüne)
24.08. 19h Mrs. Lovell Halina Wawzyniak (Die Linke)
25.08. 18h Gasthaus Valentin Björn Böhning (SPD)

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2009.