Volle Fahrt voraus!

Carpathia Verlag feiert Zehnjähriges

Handlager in der Altbauwohnung. Verleger Robert S. Plaul mit den letzten Neuerscheinungen. Foto: cs

Nicht alle Dinge entwickeln sich so, wie man sie sich ursprünglich gedacht hat. Als die drei Kiez-und-Kneipe-Redakteure Peter S. Kaspar, Cordelia Sommhammer und Robert S. Plaul vor zehn Jahren den Carpathia Verlag gründeten, hatten sie eigentlich geplant, eine Satire-Zeitschrift herauszugeben. »Eisberg-Magazin« hätte die Publikation heißen sollen, eine Art freundschaftliche Kampfansage an die etablierte »Titanic«. Doch das ambitionierte Projekt kam über die Nullnummer nicht hinaus – und die junge Unternehmung wurde stattdessen zum Buchverlag.

Nach dem Start mit Kaspars Sachbuch »Koulou Tamam, Ägypten?« über die Auswirkungen der Arabellion auf den Tourismus und Experimenten mit »Kompakt­roman« getauften E-Books in Spielfilmlänge, hat sich das Carpathia-Programm zunehmend in eine belletristische Richtung weiterentwickelt.

Mit derzeit etwa drei Neuerscheinungen im Jahr ist das Verlagsprogramm zwar noch relativ überschaubar, dafür stecke umso mehr Herzblut in jedem einzelnen Buchprojekt, versichert Verleger Robert S. Plaul. »Klasse statt Masse« sei gewissermaßen das Motto. Davon zeugen auch die liebevoll gestalteten Cover und die ansprechende Ausstattung der Bücher.

»Wir können keine 500-Seiten-Bücher für ’nen Zehner verkaufen«, erklärt Plaul, »aber wenn jemand 15 oder 20 Euro für ein Buch ausgibt, dann soll das auch ein bisschen was hermachen.«

Dass es jeden Titel auch als E-Book gibt, sei heutzutage aber ebenso selbstverständlich. »Das ist dann halt nichts zum Anfassen, aber dafür natürlich viel barrierefreier.«

Das Thema Barrierefreiheit ist auch einer der Gründe, warum der Carpathia Verlag etliche seiner Titel als Hörbuch aufgenommen hat. Ende 2019 war das Buch »Was du nie siehst« über den blinden Weltreisenden und Surfer Hansi Mühlbauer erschienen (Rezension). »Hansi hat mir erzählt: Ein Buch zu lesen heißt für ihn, das Hörbuch zu hören.« Umso mehr freut sich Plaul, dass »Was du nie siehst« demnächst auch als Hörbuch erscheint – gefördert von »Neustart Kultur«, einem staatlichen Corona-Hilfsprogramm für die Kreativbranche.

Solche Programme sollte es auch außerhalb von Krisenzeiten geben, findet der Verleger, der sich auch ehrenamtlich im altehrwürdigen »Börsenverein des deutschen Buchhandels« engagiert und für eine strukturelle Verlagsförderung kämpft. »In anderen Ländern in Europa gibt es sowas seit Jahren.«

Am 15. November feiert der kleine Kreuzberger Verlag, der natürlich nach der »RMS Carpathia« benannt ist, also jenem Schiff, das 1912 die Titanic-Überlebenden rettete, sein Zehnjähriges. Zehn Tage lang gibt es zehn E-Books zum halben Preis.

Verlagswebsite: www.carpathia-verlag.de

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2021.

Zehn Jahre Kiez und Kneipe

Ein Dank an Leser, Kunden und Mitarbeiter / von Peter S. Kaspar

Die KuK-Redaktion arbeitet seit sechs Jahren in dieser Besetzung zusammen.

Foto: philsDie KuK-Redaktion arbeitet seit sechs Jahren in dieser Besetzung zusammen. Foto: phils

Alle paar Jahre gibt es eine neue Welle des Zeitungs- und Zeitschriftensterbens in Deutschland. Große und namhafte Blätter verschwinden. In der Welt der Printprodukte haben fast nur noch Lifestyle- oder Special-Interest-Magazine eine Chance.

So gesehen haben wir, das Team von Kiez und Kneipe, wahrlich Grund, stolz zu sein. Seit zehn Jahren gibt es das Stadtteilmagazin jetzt schon. Erstmals erschien es am 4. Dezember 2004 mit dem bescheidenen Umfang von zwölf Seiten. Heute sind es mal 16, mal 20 und ganz selten sogar mal 24 Seiten.

Im Grunde ist die KuK ein gedruckter Anachronismus, vielleicht sogar ein Paradoxon, das dem berühmten Hummel-Paradoxon gar nicht so unähnlich ist: Gemessen an ihrer Körpergröße und ihrer Flügelfläche, kann eine Hummel angeblich gar nicht fliegen – aber sie tut es trotzdem.

Fröhlich wandelt die KuK seit einem Jahrzehnt auf einem schma­len Grat. So richtig in die Gewinnzone ist sie nie gekommen, aber auch nicht richtig in die Gefahr, pleite zu gehen. Es gab zwei existenzgefährdende Situationen. Einmal nach dem Brand der Redaktionräume und einmal nach dem Versuch ehemaliger Mitarbeiter, die Kreditwürdigkeit des Blattes zu untergraben.

Am Ende aber ist es alles immer irgendwie gut ausgegangen und die KuK steht heute besser da, als jemals zuvor in ihrer Geschichte.

Das hat sie in erster Linie ihren engagierten Mitarbeitern zu verdanken, die das Blatt jeden Monat ehrenamtlich und mit goßer Hingabe neu erfinden. Dieser harte Kern, der so seit sechs Jahren zusammen ist, hat die KuK zu dem gemacht, was sie heute ist.

Überleben könnte die KuK auch nicht ohne jene Kunden, die dem Blatt seit Jahren die Treue halten und die Kiez und Kneipe mit ihren Anzeigen unterstützen.

Das Überleben der KuK hat sicherlich auch damit zu tun, dass wir uns selbst nicht immer all zu ernst nehmen. Das Honorar für die Mitarbeit ist der Spaß am Zeitungsmachen und die Resonanz der Leser. Ohne sie wäre die Produktion einer Kiezzeitung ein sehr sinnbefreites Unterfangen. So kann denn auch eine Zeitung, die nichts kostet, nur durch ihre Leser überleben. Das sind jeden Monat zwischen 10.000 und 15.000.

Und die Zukunft? Wachsen wollen wir nicht mehr. Aber zum 20-Jährigen würden wir alle gerne wieder einladen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2014.