Cantina in Cannstatter Hand

VfB-Fans vom Prenzelberg finden neue Heimat

Fans des VfB Stuttgart haben in der Cantina Orange ihre neue Heimat gefunden.

Foto: pskFans des VfB Stuttgart haben in der Cantina Orange ihre neue Heimat gefunden. Foto: psk

Es mag ja vielleicht auch daran liegen, dass man in Kreuzberg Minderheiten gegenüber wesentlich toleranter ist als am Prenzelberg. Dort jedenfalls hatte der VfB-Fanclub »Landesvertretung Cannstatt 07« lange Zeit sein Domizil. Aber am Prenzelberg sind auch Plakate aufgetaucht, die den Weg zurück nach Stuttgart weisen (650 Kilometer). Als es dann auch noch innerhalb der Fangruppe Differenzen gab, zog der größere Teil hinaus, um sein Glück zu suchen.

Er fand es in der Cantina Orange. Die Schwäbisch-Albanische Kneipe in der Mittenwalder Straße nahm die Landsleute aus dem Südwesten auch sogleich mit offenen Armen auf. Die VfB-Fans landeten zwar nicht im Land wo Milch und Honig fließen, aber dafür in einer Kneipe, wo sich schwäbische Köstlichkeiten nicht nur in Kässpätzle und Maultaschen erschöpfen. »Außerdem versteht man hier, wenn man eine Halbe bestellt«, schildert einer der Fans die Vorzüge der neuen Fan-Arena.

Seit Anfang Oktober werden die Spiele des VfB Stuttgart in der Cantina nun in voller Länge übertragen, die Konferenz gibt es nur noch dann, wenn die Schwaben nicht spielen. Für das Wirtepaar Carmen und Bashkim rechnet sich das allemal. So drängten sich zum Championsleague-Spiel Stuttgart gegen Sevilla so viele Fußballfans wie noch nie zuvor über die beiden Stockwerke.

Allerdings begannen die ersten Stuttgarter Fans schon zu zweifeln, denn die ersten Spiele an neuer Stätte verliefen durch die Bank nicht gerade so, wie sie sich die erhofft hatten. Der VfB verlor eine Begegnung nach der anderen. Immerhin gab es Trost von den letzten verbliebenen Hertha-Fans. Denen ging es noch schlechter.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Bau auf, Bau auf

Baustellen legen Verkehr in Kreuzberg lahm

Hier baut der Bund: Baustelle Gneisenau.

Foto: piHier baut der Bund: Baustelle Gneisenau. Foto: pi

Selbst das Bauamt hat es inzwischen wohl aufgegeben und den Überblick über die Baustellen verloren. Eine Liste gibt es jedenfalls nicht. Nur soviel ist klar: Die Bauorgie im Bezirk wird noch einige Wochen weitergehen.

Ärgerlich ist es für die Autofahrer vor allem, wenn sie in Ost-West-Richtung unterwegs sind. Die drei Magistralen Gitschiner/Skalitzer, Urbanstraße und Gneise­nau­straße sind alle unterschiedlich von Baustellen betroffen. Es nützt also nicht besonders viel, von der einen auf die andere auszuweichen.

Hart hat es die Bewohner rund um den Südstern getroffen. Seit gefühlten fünf Jahren wird da nun gebaut. Grund war der Umbau des U-Bahnhofs. In den letzten Jahren waren sogar Karneval der Kulturen und der Berlin-Marathon immer wieder gezwungen gewesen, ihre angestammten Routen zu verändern. Endlich, so schien es, war ein Ende abzusehen. Die Anlagen nördlich der Kirche waren frisch eingesät, die letzten Bagger verschwunden, und dann kamen schon die nächsten. Jetzt wurde die Fahrbahndecke im Zuge der Stra­ßen­sa­nie­rung erneuert.

Inzwischen ist auch die Zufahrt zur Blücherstraße blockiert, womit eine weitere Ausweichmöglichkeit, dem zwangsläufigen Stau in der Gneisenau zu entkommen, genommen ist.

Immerhin outet sich der Übeltäter an der Gneisenau sehr klar. Hier baut nämlich die Bundesregierung, die dem staunenden Autofahrer mehr oder weniger aufdringlich auf einem Schild klarmacht, dass die Gelder aus dem Konjunkturpaket II gerade in der Gneisenaustraße verbuddelt werden.

Wenn diese Gelder ihre segensreiche Wirkung getan haben werden, dann wird der Verkehr wunderbar und ungestört durch die Gnei­se­nau­straße rollen? Von wegen. Die BVG saniert derzeit die Tunnel der U7, und das bleibt auch nicht ganz ohne Auswirkungen auf den oberirdischen Verkehr.

Wer sich dem Ost-West-Chaos entziehen will, der kann es ja einfach mit einer Nord-Süd-Verbindung versuchen. Auf der Baerwald- und Prinzenstraße kommt er allerdings auch nicht besonders weit. Auch hier wird seit Wochen gebaut. Dann nichts wie raus aus der Stadt, am besten über die Stadtautobahn, doch um dorthin zu kommen, muss der Autofahrer erstmal den Engpass auf dem Tempelhofer Damm passieren.

Bleibt noch die U-Bahn zu benutzen. Aber bitte nicht die U1. Zwischen Warschauer Brücke und Kotti gibt es Schienenersatzverkehr. Vorausgesetzt, der Bus steckt nicht im Stau fest.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Es geht voran

Die Bedeutung der Baucontainer im Kiez

Der Blick auf schutt­überladene Baucontainer beim Spaziergang durch den Kiez regt den Gedanken an, die Renovierung Kreuzbergs schreite voran. Da keimt die Hoffnung auf eine Zukunft in einer zentralbeheizten Altbauwohnung mit gefliestem Badezimmer, Geschirrspülmaschine und romantischer Aussicht auf die Hasenheide auf. Doch der Blick auf die Marktsituation zum Beispiel in der Bergmannstrasse lässt dieses Luftschloss zerplatzen wie eine Seifenblase. Eine solche Wohnung muss man sich heutzutage schon kaufen, dumm nur, dass sich das kaum einer leisten kann.

Wo wie hier gebaut wird steigen vermutlich bald die Mieten.

Foto: pskWo wie hier gebaut wird steigen vermutlich bald die Mieten. Foto: psk

Dass hier irgendetwas schiefläuft, fiel sogar der Wirtschaftswoche auf. Im März 2009 bescheinigte sie dem Berliner Immobilienmarkt den drittletzten Platz: Mäßige Wirtschaftskraft, sehr mäßige Standortqualität, stagnierende Sozialstruktur – alles durch die Brille des Kapitalanlegers gesehen.

Doch unverdrossen wird weiter renoviert, entmietet, die Miete erhöht und gebaut. Nun hat ein aktiv-kreativer Umgang der Kreuzberger mit gesellschaftlich wirtschaftlichen Gegebenheiten eine lange Tradition. Die Polit-Bewegung der 70er mündete fließend in die Hausbesetzer-Bewegung der 80er, die sich gegen spekulativ erzeugten Leerstand richtete, der Platz für schöne neue Betonbunker geschaffen hätte.

Paradoxerweise wird der Erfolg dieser Hausbesetzer-Bewegung dem Kiez jetzt zum Verhängnis. Das Blatt hat sich gewendet, trotz schlechter Bewertung in Kapital-Fachzeitschriften treten auf dem Kreuzberger Wohnungsmarkt vermehrt solvente Käufer auf, die schicke, szenenahe Altbau-Eigentumswohnungen zu horrenden Preisen erstehen. Aber keine Sorge, auch diese Käufer tragen ihr eigenes Paradoxon mit sich herum. Ist der Umzug ersteinmal überstanden, geht es an die Neustrukturierung des Wohnumfeldes. Wer zwischen zweihunderttausend und einer Million Euro für eine Eigentumswohnung hinblättert, toleriert keine Lärmbelästigung. Mit Hilfe des Ordnungsamtes wird genau die Szene, wegen deren Nähe der Preis gezahlt wurde, mundtot gemacht. Kiez und Kneipe berichtet seit geraumer Zeit über die einschlägigen Probleme der Wirte in dieser Hinsicht.

Trotz der aktuellen Maßnahmen zum Milieuschutz scheint der Raum für die lebendige Szene in Kreuzberg zu schwinden. Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen?

Die politischen Direktkandidaten fordern – je nach politischer Couleur – Veränderungen im Mechanismus der Vergleichsmieten (Wawzyniak), Mietpreisbindungen (Ströbele), Raumzuweisungen für Kulturschaffende (Böhning), flexiblere Handhabung amtlicher Auflagen (Löning) oder bedingungsloses Grundeinkommen (Lengsfeld). Ob irgendeine dieser Maßnahmen gegen einen Verdrängungswettbewerb wirkt, der über die Umwandlung in (oder »Schaffung von«) Eigentumswohnungen geführt wird, bleibt zu beobachten. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass überhaupt Schutzmaßnahmen durchgesetzt werden können.

Kultur und Szene werden von real existierenden, lebendigen Menschen gemacht. Falls die aktuellen Tendenzen anhalten, werden diese Menschen durch einen Typus verdrängt, der »Szene« als ein Produkt begreift, das man kaufen und konsumieren kann. Es bleibt die Frage, wie ein kreativer Umgang mit solchen Gegebenheiten aussehen könnte. Die ersten Flucht-Tendenzen nach Neukölln werden sichtbar – sollte sich die Geschichte dort wiederholen? Der gemeinschaftliche Kauf eines Bonner Stadtteils und anschließende Umwandlung à la Worpswede scheint wenig wahrscheinlich und es ist als Kreuzberger auch nicht einzusehen, weshalb man sich von seinem eigenen Publikum aus der Stadt jagen lassen sollte.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2009.

Surfen beim Saufen

Cordelia Sommhammer hat ihr Notebook in die Kneipe mitgenommen

Printausgabe vergriffen? Macht ja nix, die KuK kann man auch auf dem Notebook lesen – dank WLAN auch in der Stammkneipe. Foto: rspPrintausgabe vergriffen? Macht ja nix, die KuK kann man auch auf dem Notebook lesen – dank WLAN auch in der Stammkneipe. Foto: rsp

Ein Alster, ein Notebook, ein Plätzchen im Biergarten – im Schatten eines Sonnenschirms – so arbeitet es sich doch gleich entspannter als am heimischen Schreibtisch oder im Büro. Und wenn dann auch noch die Möglichkeit besteht, mit dem Notebook im Internet zu surfen, Mails abzurufen und das eigene Blog zu aktualisieren, macht es erst richtig Spaß.

Mittlerweile gibt es in vielen Kreuzberger Cafés und Kneipen einen kostenlosen WLAN-Hotspot für die Gäste. Die Motive der Wirte sind unterschiedlich. »Ein paar Gäste haben gefragt«, erzählt Carsten vom »Kollo«. Seit vier Wochen bietet er jetzt das drahtlose Surfen an, ohne es allerdings in der Karte oder an der Tafel zu bewerben, denn er möchte nicht die Klientel anziehen, die sich an einem Tee zwei Stunden aufhält. Dragan vom »Bierkombinat« sieht im WLAN einen zeitgemäßen Ersatz für herkömmliche Medien. »Früher haben die Leute im Café die Zeitung gelesen, heute lesen sie auf dem Notebook Spiegel Online – ich mach‘ das selber gerne.«

Eine große Umsatzsteigerung bringt der neue Service nicht. »Ich hatte gehofft, das Nachmittagsgeschäft vor 18 Uhr zu beleben«, sagt Memis vom »Che«. Aber die paar Gäste, die nachmittags zusätzlich kommen, gehören eher zur Milchkaffeefraktion. Die anderen Wirte haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Aber es ist halt ein Service, der die Gäste erfreut und der heute einfach irgendwie dazugehört. Der eine oder andere jedoch hat sich bewusst gegen diesen Service entschieden. »Die Laptop-Fraktion hier drinnen, mit ihrem kleinen Mineralwasser, das nervt die Stammgäste«, meint Joachim vom Valentin. Hätte er einen Biergarten, würde er hingegen WLAN anbieten.

Wer heute in der Kneipe sein Notebook auspackt, ist kein Exot mehr. Die meisten in den letzten vier oder fünf Jahren gebauten Geräte bringen bereits alles mit, was zum mobilen Surfen benötigt wird, älteren Modellen kann mit einem USB-Stick für wenig Geld das Funken beigebracht werden. Das richtige Funknetz heißt in der Regel so wie der Laden zu dem es gehört, und das dazugehörige Passwort kann am Tresen erfragt werden. Die meisten Wirte ändern es aus Sicherheitsgründen in regelmäßigen Abständen, damit nicht die ganze Nachbarschaft dauerhaft mitversorgt wird. Weiteren technischen Support kann der internetaffine Gast in der Regel nicht erwarten – die meisten Wirte sind selbst keine großen Computerspezialisten, bei der Einrichtung des Internet-Zuganges und des WLANs haben in der Regel Freunde oder Verwandte geholfen.

Der Surfer im öffentlichen WLAN sollte sich dessen bewusst sein, dass alles, was er unverschlüsselt über das Internet übermittelt, potentiell von jedem anderen im Umkreis einiger Meter mitgelesen und mitgeschnitten werden könnte. Dies ist vor allem relevant bei der Eingabe von persönlichen Daten und Passwörtern oder PINs. Auf der sicheren Seite ist, wer seine Daten verschlüsselt überträgt – bei Webseiten ist die verschlüsselte Verbindung an dem »https:« in der URL (statt »http:«) und an dem Symbol eines geschlossenen Vorhängeschlosses zu erkennen, das sich bei Internet Explorer und Safari neben der Adresszeile und beim Firefox unten in der Statuszeile finden lässt. Online-Banking und ähnlich Sicherheitskritisches sollte man in fremden Netzen freilich bleiben lassen.

Zum Schluss noch ein Geheimtipp: In den meisten Kneipen gibt es irgendwo im Gastraum die eine oder andere Steckdose und für den, der nett am Tresen fragt, eventuell auch ein Verlängerungskabel. So kann auch bei leerem Akku noch ein weiterer Milchkaffee oder vielleicht auch das ein oder andere Bier bestellt werden.

WLAN im Kiez unter anderem im:

  • Anno64
  • Baghira
  • Bierkombinat
  • Brauhaus Südstern
  • Cantina Orange
  • Che
  • Heidelberger Krug
  • Kollo
  • Murray‘s Irish Pub
  • Wilhelmine
  • Yorckschlösschen

Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wird aber beständig aktualisiert. Ergänzungen nehmen wir gerne unter info [at] kiezundkneipe.de entgegen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2009.

Krach um die Brücke

Bürgerdiskussion um die Admiralbrücke erneut ergebnislos

Partymeile im Wohnviertel

Foto: rspPartymeile im Wohnviertel Foto: rsp

Dienstagabend, 22 Uhr. Rund 70 feierfreudige junge Menschen sitzen neben und zwischen den schmalen Fahrspuren, teils auf den hässlichen Waschbetonpollern, teils auf dem Boden. Sie haben gute Laune, und manche haben eine Gitarre oder Bongotrommeln dabei. Als sich ein Polizeiwagen zwischen den Füßen der am Straßenrand sitzenden durchschiebt, hört der junge Mann, der eben noch rhythmisch mit einem Löffel auf einer Metallschüssel und seinem Flaschenbier herumgetrommelt hat, instinktiv auf, bis die Streife weitergefahren ist. Vom anderen Ende der Brücke schallt von einer größeren Gruppe Gesang herüber. Nebenan führen ein paar Teenager eine angeregte Diskussion, deren Inhalt allerdings in der allgemeinen Geräuschkulisse untergeht.

Kaum einer von ihnen weiß, dass bis vor zwei Stunden noch heftig über sie diskutiert wurde. Denn an den Ufern des Landwehrkanals, die hier von der Admiralbrücke miteinander verbunden werden, wohnen Menschen, die lieber schlafen wollen, als akustisch an der allabendlichen Party teilzuhaben. An jenem Dienstag trafen sie sich erneut zur Bürgerdiskussionsrunde, zu der Baustadträtin Jutta Kalepky ins Rathaus geladen hatte.

Eigentlich sollte es dabei um zwei Alternativvorschläge für bauliche Veränderungen an der Brücke gehen. Wenn Autos und Fahrräder in großer Zahl die Brücke kreuzten, so das Kalkül, würde die Aufenthaltsqualität für feierwillige Fußgänger so weit sinken, dass die nächtlichen Ruhestörer sich einen anderen Treffpunkt suchen würden.

Doch schon zu Anfang der Diskussionsrunde ruderte Kalepky zurück. Einerseits ginge es ihr gar nicht darum, das jugendliche Partyvolk komplett zu vertreiben, andererseits sei zumindest der eine der Vorschläge aus Gründen der Statik vermutlich nicht durchführbar. Für echten Durchgangsverkehr ist die Brücke, die derzeit als Spielstraße ausgewiesen ist, nämlich nicht stabil genug.

Die meisten Anwohner haben ja auch gar nichts gegen das lustige Treiben auf der Brücke – solange es denn irgendwann endet. Doch um zehn Uhr abends geht es auf der Brücke erst richtig los. »Man merkt regelrecht, wie sich das Publikum am späteren Abend verändert«, sagt eine genervte Anwohnerin, »es kommen jüngere, lautere und betrunkenere Leute.« Denen scheint die Nachtruhe der Anwohner egal zu sein. Einige Nachbarn rufen drei Mal am Abend die Polizei, doch die sorgt immer nur kurzzeitig für Abhilfe und erklärt sich ansonsten für unzuständig, von sich aus tätig zu werden.

So wurden dann auch teils abenteuerliche Ideen in die Diskussion geworfen. »Wäre die Straße keine Spielstraße«, so ein Anwohner, »könnte die Polizei gegen die auf der Straße sitzenden vorgehen.« Auch über ein Alkoholverbot wie auf dem Alexanderplatz oder eine uhrzeitabhängige Spielstraßenregelung wurde diskutiert.

Für einigen Unmut sorgte dann allerdings die von einem SPD-Abgeordneten der BVV zutage geförderte Presseerklärung der Grünen, in der bauliche Veränderungen kategorisch ausgeschlossen werden. »Es ist verkehrspolitischer Quatsch, wenn man die Geräusche der Brückenbesucher durch Lärm von neuem Durchgangsverkehr ersetzt«, wird darin Kalepky zitiert. Pikant daran ist, dass die Presseerklärung vorgibt, das Ergebnis der Diskussionsrunde wiederzugeben, obwohl sie bereits im Vorfeld veröffentlicht wurde. Viele Anwohner stellen sich jetzt die Frage, ob ihre Anregungen zu alternativen Umbau- und Umgestaltungsmaßnahmen in der weiteren Planung überhaupt berücksichtigt werden. Sicher scheint aber, dass sich an der derzeitigen Situation in nächster Zeit nichts ändern wird.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2009.

Unterwegs in Sachen Weltfrieden

Foto:pskStefan Horvath wandert für den Weltfrieden. Foto: psk

Außergewöhnlicher Besuch in der KuK-Redaktion: Der Weltfriedenswanderer Stefan Horvath aus Wien schaute auf einen kurzen Besuch herein, um Kreuzberg zu grüßen. Der 50jährige ist jetzt schon 20 Jahre auf Schusters Rappen unterwegs, um für den Weltfrieden zu werben. 48.000 Kilometer ist er seither gewandert. Das entspricht etwa einmal einer Wanderung entlang des Äquators mit einem kleinen Abstecher nach New York und zurück. Angefangen hatte bei ihm alles mit dem Fall der Mauer und der Erkenntnis, dass er nun hinaus in die Welt müsse, um für dieselbe etwas zu tun. So führte ihn seine Ein-Mann-Friedensmission zum Beispiel bis ins afrikanische Ruanda.

Derzeit ist er in Deutschland unterwegs. Berlin ist dabei stets ein ganz besonderer Anlaufpunkt für ihn. Vor allem Kreuzberg und Schöneberg schätzt er ganz besonders. Diesmal steht allerdings nicht der Weltfrieden im allgemeinen, sondern die Kinderarmut in Deutschland auf seiner Agenda. Gegen sie wendet er sich speziell bei dieser Wanderung. Der ehemalige Bauunternehmer hat mittlerweile zahlreiche Einrichtungen gefunden, die ihn in seinem Wirken unterstützen.

Auch Nichtraucher für Entscheidungsfreiheit

Die IGKW informierte am Marheinekeplatz über die Probleme der Kneipen

Foto: pskDie IGKW informierte am Marheinekeplatz über die Probleme der Kneipen Foto: psk

Die Interessengemeinschaft Kreuzberger Wirte hat sich erstmals in der Öffentlichkeit präsentiert. Mit einem Stand an der Marheineke-Halle machten Kneipenbesitzer aus dem Kiez auf die Probleme der örtlichen Gastronomie aufmerksam. Bei dieser Gelegenheit sammelten sie auch rund 100 Unterschriften für das Volksbegehren der Genussinitiative, die die Entscheidung, ob in Kneipen geraucht werden darf oder nicht, den jeweiligen Wirten überlassen will. Eine erstaunlich hohe Anzahl von Nichtrauchern gab dabei im übrigen ihre Unterschrift für das Volksbegehren ab. Sie begründeten ihr Votum damit, dass sie sich durch ihre Teilnahme gegen die wachsende staatliche Regulierung wenden wollten.

Insgesamt zeigten sich die teilnehmenden Wirte mit dem Ergebnis dieser ersten öffentlichen Veranstaltung sehr zufrieden. Weitere Aktionen werden bereits vorbereitet.

Wirte stellen ihre Interessengemeinschaft vor

Das Logo der Kreuzberger WirteDas Logo der Kreuzberger Wirte

Mit einem Stand zwischen Marheinekehalle und Flohmarkt werden Kreuzberger Wirte am Samstag ihre Interessengemeinschaft präsentieren, die sich in den letzten Monaten formiert hat. Seit Februar werden in regelmäßigen Treffen Probleme besprochen, die den Kiezgastronomen das Leben schwer machen.  Manche Dinge werden unterschiedlich bewertet, andere treffen alle Wirte offensichtlich gleichermaßen. Für einige stellt zum Beispiel das Rauchverbot ein echtes Problem dar, andere wollen sich diese Entscheidung nicht einfach per Gesetz abnehmen lassen. Deshalb werden am Stand der IGKW auch Unterschriften für das Volksbegehren der Genussinitiative gesammelt werden.

Darüber hinaus geht es aber auch noch um zahlreiche andere Probleme. So hat sich die Zahl der Nachbarschaftsstreitigkeiten in letzter Zeit deutlich erhöht. Lärm oder Geruchsbelästigung ist dafür häufig der Grund. Eine Folge davon ist allerdings auch, dass den Kreuzberger Künstlern in den vergangenen Monaten zahlreiche Auftrittsorte verloren gegangen sind.  Dadurch ist die Kulturszene im Kiez bereits jetzt schon beschädigt worden.

Über diese und andere Probleme wollen die Wirte mit den Bürgern an diesem Tag sprechen. Vor allem wollen sie verdeutlichen, dass der Begriff  „Kneipensterben“ nicht nur eine leere Worthülse ist.

Hexenfeste

pict2813Ein Klick auf das Bild öffnet die Fotostrecke. Foto: psk

Die Walpurgisnacht, also die Nacht zum 1. Mai, stand dieses Jahr nicht nur für Randale in Friedrichshain, sondern auch für ausgelassene Partys bei uns im Kiez. Die schönsten Eindrücke haben wir in einer Fotostrecke zusammengestellt.

Der Kiez wählt gegen Reli

Das Votum im Kiez war sehr eindeutig. Im Schnitt lagen die Neinstimmen beim Volksentscheid über die Einführung vom Religion als Wahl-Pflichtfach bei rund 70 Prozent. Damit lagen die Wähler zwischen Columbiadamm und Landwehrkanal ziemlich genau im Kreuzberger Trend. Gerade mal 12,8 Prozent der Wähler des Stimmbezirks 2119 fanden den Weg ins Abstimmungslokal in der Bürgermeister-Herz-Grundschule in der Wilmsstraße. Das war im Kiez der niedrigste Wert. Insgesamt lag Kreuzberg bei der Wahlbeteiligung mit 26 Prozent rund drei Prozent unter der von ganz Berlin, der Kiez lag mit 23,3 Prozent noch einmal drei Prozent unter Kreuzberg.

Die höchste Wahlbeteiligung gab es in der Charlotte-Salomon-Grundschule in der Großbeerenstraße und in der Reinhardtswald-Grundschule in der Gneisenaustraße. Hier gingen jeweils 27,6 Prozent der Wähler an die Urnen.

Mit 77,3 Prozent Neinstimmen in der Kita Hasenheide lehnte mehr als drei Viertel der Wähler Pro Reli ab. Das war im Kiez der höchste Anteil an Neinstimmen. Immerhin gibt es auch ein Wahllokal, in dem die Initiative Pro Reli einen – wenn auch knappen – Sieg davontrug. In der Seniorenfreizeitstätte am Mehringplatz votierten 58,3 mit „Ja“. Allerdings war die Wahlbeteiligung mit 13,2 Prozent auch die zweitschlechteste.

Ein halbes Jahrzehnt Cantina Orange

All Blue in der Cantina Orange.  

Foto: pskAll Blue in der Cantina Orange. Foto: psk

Ein halbes Jahrzehnt – das ist doch ein Grund zu feiern. Und so lud die Cantina Orange in der Mittenwalder zur Fete anlässlich des fünften Geburtstages. Das schwäbisch-albanische Restaurant belegte einmal mehr, dass Schwaben mitnichten geizig, sondern im Gegenteil großzügig und sinnesfroh sind. Für alle Gäste gab es nämlich ein ungeheuer leckeres Buffet mit hausgemachten Spätzle, Schweinebraten und natürlich dem legendären (schwäbischen) Kartoffelsalat sowie noch allerhand anderen Leckereien – das alles zum Nulltarif.

Feiern bis in die Nacht im Freien.

Foto: pskFeiern bis in die Nacht im Freien. Foto: psk

Nostalgisch wurde es, als Taki mit „All Blue“ den Keller zum Kochen brachte. Da wurden Erinnerungen an das längst dahingeschiedene Bermuda wach. Nicht nur musikalisch kehrte die Zeit noch einmal zurück. Eine Video-Endlosschleife von einem All-Blue-Konzert im Bermuda beschwor noch einmal das alte Feeling.

Martin Pannen ist tot

Martin Pannen  Foto:nhuMartin Pannen Foto: nhu

Im Alter von 50 Jahren starb in der vergangenen Woche Martin Pannen, Mitarbeiter der Freiwilligenagentur Friedrichshain-Kreuzberg. Martin Pannen gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Grünen. Bereits im Alter von 20 Jahren wurde er zum Landesgeschäftführer der alternativen Partei in Nordrhein-Westfalen gewählt. 1986 legte der Realo das Amt nieder, blieb aber als parteiloser Kreistagsabgeordneter der Kommunal- und Landespolitik verbunden, bis er nach der Wende 1990 nach Sachsen ging, um dort als stellvertretender Landesgeschäftsführer dem Bündnis 90 beim Aufbau von Parteistrukturen zu helfen. So landete er nach der Vereinigung von Bündnis 90 und den Grünen doch wieder bei der Partei, die er mitgegründet hatte.

In Berlin engagierte sich Martin Pannen vornehmlich in sozialen und Kunstprojekten. Seit 2005 war er Stadtkoordinator für das bundesweite Filmfestival „über Arbeit“. Dies wurde von „Die Gesellschafter“ organisiert, dem größten Aufklärungsprojekt von „Aktion Mensch“. Die Koordination des Filmprojekts im Januar, die er zusammen mit der Freiwilligenagentur Friedrichshain-Kreuzberg umsetzte, war sein letztes Projekt, ehe er unerwartet starb.

Wirte gründen Interessengemeinschaft

Vier Wochen nach ihrem ersten Treffen kamen Wirte aus Kreuzberg abermals zusammen, um sich über die Situation zu beraten. Dass es nicht nur beim Reden bleiben soll, machte „Mrs Lovell“-Chef Rick Ellis deutlich, der auf ein baldiges drittes Treffen drängte. „Es eilt“, meinte er. Stand bei der ersten Zusammenkunft noch das Nichtraucherschutzgesetz im Mittelpunkt der Diskussion, so verlagerte sie sich nun auf die Frage, wie dem fortschreitenden Kneipensterben Einhalt zu gebieten sei. Schnell wurde klar, dass nachhaltige Maßnahmen nur gemeinsam mit einer klaren Organisationsstruktur ergriffen werden können.

So vereinbarte die Gruppe am Montagabend, zunächst eine Interessengemeinschaft „Kreuzberger Wirte“ zu bilden. Die IGKW soll in erster Linie die Gründung eines Vereines vorantreiben. Davon versprechen sich die Gastronomen eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber Ämtern und Politik. Darüber hinaus streben sie eine stärkere Vernetzung mit anderen Initiativen an, die sich aus ähnlichen Beweggründen zusammengeschlossen haben. Auch die Künstler, denen immer mehr Veranstaltungsorte abhanden kommen, sollen mit ins Boot genommen werden. Einige von ihnen verfolgen die Aktivitäten der Kneipenbetreiber bereits aufmerksam. Im Gespräch ist auch eine gemeinsame juristische Vertretung, die allerdings erst dann sinnvoll wird, wenn es durch den Verein einen entsprechenden Ansprechpartner gibt. Schließlich wurde eine Telefonkette vereinbart, mit deren Hilfe sich die Wirte gegenseitig schnell über aktuelle Ereignisse informieren können.

Bereits am 30. März wollen sich die Wirte wieder treffen, diesmal in der Cantina Orange. Das Treffen beginnt um 18 Uhr, und weitere Interessenten sind natürlich willkommen.

Cindy und Calle wieder da

Nach zweieinhalb Monaten sind Cindy und Calle wieder wohlbehalten in Kreuzberg angekommen. Die beiden Hobby-Globetrotter hatten sich Ende Dezember auf eine ausgedehnte Afrikareise begeben, bei der unter anderem auch die zuvor gesammelten Spenden für ein Frauenhaus in Mauretanien überbracht wurden. Auf der Hinreise hatte sie ihr treuer Mercedes-Bus begleitet, der in Gambia plangemäß verkauft wurde – dort wird er trotz roter Umweltplakette noch einige Jahre fahren dürfen. Weiter ging es dann mit Boot, Pferdekarren, Taxi und schließlich mit Flugzeug und Bahn. Trotz zahlreicher Komplikationen sind Cindy und Calle zufrieden. „Gehabte Schmerzen hab‘ ich gerne“, schreiben die beiden in ihrem letzten Reise-Newsletter. Nach der Ankunft heute morgen um acht Uhr, ist jetzt wohl erstmal ausschlafen angesagt. Schließlich müssen sie heute Abend fit sein, um mit den Daheimgebliebenen ihre Wiederkehr zu feiern – im Too Dark, wo alles anfing.