Zero Waste zum Zehnjährigen

Mittenwalder Straßenfest am 2. September feiert Jubiläum

Menschen und Stände auf dem Mittenwalder StraßenfestWie alles begann: Schon zum ersten Straßenfest in der Mittenwalder kamen 3000 Leute. Foto: phils

Vor zehn Jahren hatte der noch junge Verein mog61 – die Abkürzung stand damals noch für »Mittenwalder ohne Grenzen« – eine fast schon größenwahnsinnig anmutende Idee: Ein Straßenfest in der Mittenwalder Straße, von und für Nachbarn, mit großer Musikbühne, Essen, Getränken, Info- und Verkaufsständen von Vereinen, Initiativen, lokalen Unternehmen und Privatleuten. Monatelang hatte die Vorsitzende Marie Hoepfner zuvor mit dem Bezirk verhandelt, der eigentlich keine neuen Straßenfeste etabliert wissen wollte. Am Ende war es ein großer Erfolg: Die Polizei zählte 3000 Besucher zwischen Gneisenau- und Fürbringerstraße, und der Kiez ist um eine Institution reicher.

Und so feiert das Mittenwalder Straßenfest, dessen Name Außenstehende stets ein Event im Brandenburgischen vermuten lässt, dieses Jahr sein zehnjähriges Jubiläum – nach drei Jahren Corona-Pause.

Neu ist in diesem Jahr, dass der Verein (der 2016 in »Miteinander ohne Grenzen« umfirmierte) das Fest soweit wie möglich klimaneutral und nach dem Zero-Waste-Prinzip veranstalten will. Die Planungen dazu laufen auf Hochtouren.

Dazu kommt Altbewährtes: Wie immer gibt es ein Live-Musikprogramm, u.a. mit Casino Gitano (Gypsy-Polka-Swing-Punk) und Barny Schlosser (Jazz, Soul, R&B und Rap).

Auch das 2018 etablierte Lesezelt, in dem Autoren aus unabhängigen Verlagen ihre Bücher vorstellen, feiert eine Neuauflage.

Außerdem gibt es Angebote der Polizei und der Freiwilligen Feuerwehr. Los geht’s am 2. September um 14 Uhr.

Comeback zum 25. Jubiläum

Karneval der Kulturen lockt Hundertausende nach Kreuzberg

Tänzerinnen und Tänzer der Gruppe #WAS BEWEGT DICH beim Karneval der KulturenZum 25. Mal tanzte sich der Karneval der Kulturen durch Kreuzberg. Foto: phils

Es war fast wie früher – und dann doch irgendwie anders. Vier Jahre hatte der Karneval der Kulturen auf seine 25. Auflage warten müssen – und alle schienen froh, dass das bunte Treiben nach Kreuzberg zurückgekehrt ist.

Aber es war eben doch nicht ganz so wie früher. Dass der Zug am Pfingstsonntag gefühlt in die falsche Richtung unterwegs war, ließ sich ja noch leicht verschmerzen, zumal das Experiment schon beim letzten Karneval gewagt wurde. Ungewohnt war indes der Startpunkt: Gneisenaustraße Ecke Zossener Straße. Der Grund dafür war ein bitterer. Von den über 90 Gruppen vergangener Jahre sind gerade mal 48 übrig geblieben. 2.500 Menschen beteiligten sich an der Parade bis zum Hermannplatz. Das reichte immerhin für ein siebenstündiges Spektakel. So lange dauerte es, bis die letzte Gruppe die Grenzen von Neukölln erreicht hatte. Die Halbierung des Zuges fiel so gesehen gar nicht so richtig auf. 

Doch warum ist der Zug plötzlich so geschrumpft? Tatsächlich können sich viele Gruppen den finanziellen Aufwand nicht mehr leis­ten. In einem Interview mit dem rbb am Rande des Zuges erklärte Edson Marcelino da Rocha jr von der Furiosa Samba Band: »Mein Wunsch an die Politiker und die Investoren wäre, dass sie ein bisschen mehr uns unterstützen. Wir brauchen Platz und ein bisschen mehr Geld gehört auch dazu.«

Ein Wunsch, der bislang nach jedem Karneval geäußert wurde, aber offensichtlich bislang ungehört verhallte, wie die Halbierung der Gruppen beim Umzug vermuten lässt.

Und einfacher wird es nicht. Der Versuch, dieses Mal auf jegliche motorisierte Unterstützung zu verzichten, war zwar einerseits ein eindrucksvolles umweltpolitisches Statement.

Teilnehmer hoffen auf größere Unterstützung

Andererseits braucht es mindestens acht Leute, um einen großen Wagen durch den Umzug zu ziehen. Es könnte also sein, dass die Zahl der Wagen in Zukunft weiter abnehmen wird.

Während die Teilnehmer des Zuges mangelnde finanzielle Unterstützung beklagten, war manch ein Zuschauer am Straßenrand geschockt und besorgt um seine eigenen Finanzen. Zum Teil wurden für das KdK-Kultgetränk Caipirinha neun Euro aufgerufen. Eine simple Bratwurst war für fünf und eine Dose Bier für vier Euro zu haben.

Für Marie Höpfner, Vorsitzende von mog61 und Veranstalterin des Mittenwalder Straßenfests am 2. September, ein Unding. »Der Karneval der Kulturen ist ja auch ein multikulturelles Fest und dadurch auch ein Fest für Migranten. Viele von denen haben nur wenig Geld. Ausgerechnet sie können sich die Preise beim Karneval der Kulturen gar nicht mehr leisten.«

Die Kommerzialisierung und Professionalisierung des Festes, die schon 2019 mit dem neuen Veranstalter ihren Anfang genommen hatte, war auch dieses Mal Anlass zu manchen Diskussionen. Im Mittelpunkt  der Kritik standen neben den Preisen auch die ausgedehnten Straßensperrungen. Viele Besucher kamen nicht einmal zum Umzug durch, weil alle Zugänge gesperrt waren. Ärgerlich für viele Anwohner, etwa von Mittenwalder oder Zossener Straße. Sie bekamen nur Zugang zur heimischen Wohnung, wenn sie ihren Personalausweis vorzeigten. 

Am Ende wurden mehr als eine halbe Million Zuschauer auf dem Umzug gezählt. Am Ende waren die meisten froh, dass der Karneval zurück ist. Die Frage ist allerdings, für wie lange. In zwei Jahren wird das Straßenfest wegen Bauarbeiten auf dem Blücherplatz weichen müssen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2023.

Karneval wieder da, MyFest wohl nicht

Planungen für Straßenfeste konkretisieren sich

Drei Jahre Corona-Pandemie mit Lockdowns und Kontaktbeschränkungen haben auch dazu geführt, dass die meisten der üblichen Straßenfeste drei Jahre lang nicht oder nicht wie gewohnt stattfinden konnten. 2023 werden die meisten Feste aber ihr Comeback feiern.

Bunt gekleidete Tänzerinnen auf dem Umzug beim Karneval der KulturenDer Karneval der Kulturen kommt 2023 zurück – allerdings mit verkürzter Umzugsstrecke. Foto: rsp

So kündigten die Veranstalter des Karnevals der Kulturen Anfang Januar an, dass es zum diesjährigen Pfingstwochenende wieder Straßenfest und Umzug geben werde. Um den durch Pandemie und Inflation gestiegenen Kosten entgegenzuwirken, werde der Umzug allerdings kürzer ausfallen als früher – wie man sich das genau vorstellen darf, ist indessen noch nicht bekannt. Der Ankündigung war ein Beteiligungsverfahren mit über 1000 Personen vorausgegangen, bei dem auch Alternativ­szenarios wie ein anderer Ort oder ein anderer Termin diskutiert worden waren. Zumindest beim eigentlichen Straßenfest wird die Ortsfrage voraussichtlich ab 2025 relevant, wenn auf dem Blücherplatz der Neubau der Amerika-Gedenkbibliothek entsteht.

Weniger rosig sieht die Zukunft des MyFests aus, das dieses Jahr sein zwanzigjähriges Jubiläum feiern würde. Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) hatte in einer BVV-Sitzung Mitte Dezember berichtet, dass der private Trägerverein seine Arbeit nicht fortsetzen wolle. Ihre Aussage, das Bezirksamt sei nicht dafür zuständig, sich um Ersatz zu bemühen, hatte ihr Kritik vor allem von Seiten der Linksfraktion eingebracht.

Auch in Kreuzberg- und Mittenwalder Straße wird wieder gefeiert

Ob in Sachen MyFest das letzte Wort gesprochen ist, bleibt abzuwarten – ein wenig Zeit ist ja noch bis zum 1. Mai.

Blick von hinter einer Bühne in Richtung Publikum in der Mittenwalder StraßeMusik in der Nachbarschaft. Foto: phils

Als gefühlt einziges Kreuzberger Straßenfest hat das Kreuzberg-Fes­ti­val, der Nachfolger des ehemaligen Bergmannstraßenfests, auch in 2022 stattgefunden. Und auch in diesem Jahr soll es am Wochenende vom 30. Juni bis 2. Juli wieder ein buntes Kultur- und Musikprogramm auf den Bühnen in der Kreuzbergstraße geben. Das Fest war 2019 an den Viktoriapark umgezogen, weil wegen der Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in der Bergmannstraße Platz für Stände fehlte, um das Event zu finanzieren. Inzwischen scheint die neue Location auch bei den Besuchern auf überwiegend positive Resonanz zu stoßen.

Nach drei Jahren Unterbrechung feiert auch das vom Verein mog61 organisierte Fest in der Mittenwalder Straße eine Neuauflage. Es soll am 2. September stattfinden.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2023.

Dezentral und im August

Bezirk sagt alle Straßenfeste ab, doch der Karneval der Kulturen soll trotzdem stattfinden

Menschenmassen beim Straßenfest des Karnevals der Kulturen 2014So voll wie 2014 sollte ein Straßenfest in diesem Jahr besser nicht werden. Foto: rsp

Die unscheinbare Pressemitteilung vom 22. Januar hatte es in sich: »Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat einstimmig entschieden, dass aufgrund der Corona-Pandemie im Frühjahr und Sommer 2021 im Bezirk keine großen Veranstaltungen oder Feste im öffentlichen Straßenland oder Grünanlagen stattfinden können.« Davon betroffen seien unter anderem das MyFest, der Karneval der Kulturen und das  LesBiSchwule Parkfest im Volkspark Friedrichshain. »In diesem Jahr wird das Bezirksamt die erforderlichen Genehmigungen für das 2. und 3. Quartal nicht erteilen«, heißt es weiter. Solange keine Herdenimmunität vorliege, sei es »keine gute Idee, wieder zu öffentlichen Festen und Großveranstaltungen zu laden«, lässt sich Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann darin zitieren. »Es wäre das falsche Sig­nal, jetzt mit den Vorbereitungen zu beginnen.«

Tatsächlich scheint es unwahrscheinlich, dass die traditionelle Straßenfestsaison in üblicher Weise begangen werden kann: Die Durchimpfung der Bevölkerung geht wegen verschiedenster Probleme bisher nur schleppend vonstatten, sodass Straßenfeste mit dicht gedrängten Menschenmassen auch in absehbarer Zeit kaum möglich sein dürften.

Bei den Organisatoren des weitaus be­su­cher­stärks­ten Kreuzberger Fests hat man die Hoffnung trotzdem nicht aufgegeben. Ende Januar teilte das Team des Karnevals der Kulturen mit, dass man nach der coronabedingten Zwangspause im vergangenen Jahr in 2021 wieder »ein Zeichen für ein weltoffenes und diverses Berlin setzen« wolle. Der Karneval der Kulturen soll also stattfinden – allerdings in radikal anderer Form und auch erst am 15. August.

Statt einer Großveranstaltung in Kreuzberg plane man mehrere sig­ni­fi­kant kleinere, coronakonforme Veranstaltungen, die über die ganze Stadt verteilt werden sollen.

Planung für coronakonformen Karneval der Kulturen ist noch ganz am Anfang

»Mini-Karneval« als Demo auf der Gneisenaustraße Ende Mai 2020»Mini-Karneval« Ende Mai 2020. Foto: Frank Löhmer

Dass auch im August »keine Millionenveranstaltung stattfinden kann«, sei natürlich klar, erklärte Christiane Dramé von der PR- und Projektmanagementagentur Fabrikpublik auf Rückfrage. Man sei noch ganz am Anfang der Planung, mache sich aber bereits seit geraumer Zeit Gedanken über Alternativen und sei im Gespräch mit der Senatsverwaltung.

Viele Events der letzten Monate sind wegen der Pandemie in hybrider oder sogar rein digitaler Form durchgeführt worden. Abgesehen von der Medienpartnerschaft mit dem rbb, der in den vergangenen Jahren auch Livestreams vom KdK angeboten hat, sei der Karneval jedoch »eine zutiefst analoge Veranstaltung«. Deswegen sei man bemüht, eine Form zu finden, die, wenn irgend möglich, zumindest »an den Karneval erinnert«.

Wie das genau aussehen könnte, ist sechseinhalb Monate vor dem avisierten Termin freilich noch unklar. Während kleinere, über die Stadt verteilte Bühnen noch vorstellbar sind, dürfte es schwierig werden, den normalerweise am Pfingstsonntag stattfindenden Umzug zu miniaturisieren. Im vergangenen Jahr hatte es statt des abgesagten Karnevals zwar einen Mini-Umzug durch die Gneisenaustraße gegeben – angemeldet als Demo – aber in diesem Jahr kommt erschwerend hinzu, dass auch die beteiligten Gruppen bis auf Weiteres keine Gelegenheit haben, für Auftritte zu proben. Es bleibt also weiterhin spannend, was der Sommer bringt.

Kommentar zur Absage durch das Bezirksamt: Klare Haltung, falsches Signal

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2021.