Engagiert trotz widriger Umstände

Quartiersrat fordert Sanierung der Friedrichstraße 1 bis 3

Der Garten des F1 lädt vor allem im Sommer zum Verweilen ein. Foto: rsp

Ende Juni hat sich der Quartiersrat des Meh­ring­platzes mit einem Brandbrief an den Senat gewandt. Der Kiez um den Platz habe sich zunehmend zu einem sozialen Brennpunkt entwickelt. Jugend- und Drogenkriminalität grassierten hier ebenso wie Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen.

»Kaum ein Tag vergeht mehr ohne Polizeieinsatz, bei den Anwohner:innen wächst die Angst«, heißt es in dem offenen Brief. Schon heute habe das Viertel mit seinen rund 5.500 Bewohnern die schlechtesten Einschulungsuntersuchungsergebnisse im ganzen Bezirk. »Viele der hier lebenden Familien wohnen mit 5 bis 9 Personen in 2,5- bis 3-Zimmerwohnungen. Zahlreiche Kinder und Jugendliche im Gebiet verbringen daher ihren gesamten Alltag außerhalb der Wohnung – ohne Geld, ohne Perspektive, voller Wut«, so der Quartiersrat weiter.

Als ganz entscheidenden Punkt zur Wiederherstellung des sozialen Friedens benennt der Brandbrief eine Ausweitung der Kinder- und Jugendarbeit sowie der sozialen Angebote für die Nachbarschaft. Doch die scheitere vor allem an der jahrelang verschleppten Sanierung des Gebäudekomplexes Friedrichstraße 1 bis 3, der die Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung KMA sowie das Stadtteilzentrum F1 beherbergt. Aktuell gehe man von einer Sanierung frühestens 2032 aus.

Der Sanierungsrückstau des 50 Jahre alten Gebäudes ist allgegenwärtig. Foto: rsp

Im F1 wäre man schon froh über eine Instandsetzung. Die war eigentlich ab September 2024 geplant, muss jedoch nach KuK-Informationen mindestens bis Januar verschoben werden, weil die Finanzierung noch nicht steht. Wegen Schimmel und Wasserschäden sind hier bereits seit Längerem einige Räume gesperrt.

Eine unschöne Situation für das Stadtteilzentrum, dessen Konzept gerade darin besteht, Räume für Vereine und nachbarschaftliche Initiativen zur Verfügung zu stellen oder, wie Leiter Matthias Klockenbusch es formuliert, »Ideen, die von außen kommen, groß zu machen.«

Das gelingt dem F1 trotz der widrigen Umstände erstaunlich gut, wie ein Blick in den digitalen Raumplaner offenbart: In den acht derzeit nutzbaren Räumen treffen sich sieben Tage die Woche die verschiedensten Initiativen und Gruppierungen: Ob Chor, Sport- oder Theatergruppe, Mieter-, Frauen- oder Jugendtreffs, Nähgruppe, Repaircafé oder Deutschkurs – das Angebot ist durchaus beachtlich.

Viel Anklang findet die (Kleider-)Tausch­ecke, die vor rund anderthalb Jahren im vorderen »Willkommensbereich« eingerichtet wurde. Im Sommer lädt der riesige Garten zum Verweilen ein, montags bis freitags gibt es ein Nachbarschaftscafé.

Vor allem am Wochenende würde das F1 aber gerne noch mehr anbieten. Wer sich als Verein oder engagierter Nachbar einbringen und eigene Angebote schaffen möchte, findet die Kontaktdaten auf f1­-mehringplatz.de.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2024 (auf Seite 3).

Unterm Kunstrasen liegt der Splittergraben

Willi-Boos-Sportplatz wird mindestens ein Jahr lang saniert

Noch weiß niemand, welche Überraschungen unter dem Willi-Boos-Sportplatz warten. Foto: rsp

Wo kürzlich noch gekickt wurde, türmen sich jetzt Bodenaushub und die Reste des alten Bodenbelags: Der Sportplatz an der Gneisenaustraße wird saniert, und das mindestens ein Jahr lang.

Im Zuge der Sanierung wird nicht nur der über die Jahre stark abgenutzte Kunstrasen ersetzt, sondern auch der Unterbau. Und das ist auch der Grund, warum die Zeitangabe »ein Jahr« mit Vorsicht zu genießen ist: Denn unter dem Platz liegen unter anderem alte Splittergräben (eine Art Minimalbunker). Es dürfte nicht unwahrscheinlich sein, hier auf Munitionsreste aus dem zweiten Weltkrieg zu stoßen. Je nach Belastung müsse womöglich auch umfangreich Sand ausgetauscht werden, wenn in diesem Verunreinigungen durch Kampfmittel entdeckt werden, erklärt Sportstadtrat Andy Hehmke.

Beim BSC Eintracht/Südring, nach dessen Gründer Willi Boos die Sportanlage seit 2010 benannt ist, freut man sich zwar über die dringend notwendige Sanierung, bemängelt jedoch die nicht ausreichende Vergabe von Ersatztrainingszeiten. »Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg steht hier in der Pflicht, da uns in Gesprächen eine vollwertige Vergabe von Ersatznutzungszeiten zugesagt worden ist«, schreibt der Verein auf seiner Website.

Hehmke verweist indessen darauf, dass nicht nur Eintracht/Südring betroffen sei: »Unser hochverdichteter Innenstadtbezirk hat viel zu wenige Sportanlagen. Alle sind zu 100 Prozent ausgelastet. Wenn wegen Sanierung ein Platz temporär vom Netz geht, müssen auch die anderen Vereine von ihren Zeiten welche abgeben.« Eintracht/Südring habe man im Juli über die Maßnahmen informiert.

Auch das angrenzende Leibniz-Gymnasium, das den Platz als Sport- und zum Teil als Pausenfläche nutzt, ist von der Sperrung betroffen. Während der Bauzeit steht der Schule der Sportplatz an der Züllichauer Straße zur Verfügung.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2023.