Ein Nachruf auf Claudia Wudewitz
Besondere Menschen hinterlassen bleibende Spuren in unseren Herzen. Auch wenn sie nicht mehr unter uns sind, bleibt ihre Erinnerung lebendig, und sobald wir ihren Namen aussprechen, tauchen Anekdoten und Erlebnisse auf, die wir mit unvergesslichen Bildern verbinden. So geht es mir mit Claudi. Ich sehe sie vor mir, wie sie mit mäuschenhaften Schritten dahintapste, so zart und doch voller Energie, und ihr Gesicht strahlend wie eine große Sonne. Nicht weil sie blond wie die Sonne war, sondern weil sie auch warmherzig, wohlwollend, strahlend und voller Eleganz war.
Ich bin nicht die Einzige, die so empfindet. Alle, die mir von Claudi erzählt haben, sprechen von ihrer Herzenswärme, Großzügigkeit und ihrem Altruismus. Immer wieder höre ich, dass sie alle um sich herum glücklich machen wollte und immer mehr für andere getan hat als für sich selbst.
Claudia, liebevoll Claudi genannt, wurde am 30.12.1965 in Neukölln geboren und war eine waschechte Berlinerin. Sie wuchs hier auf und verließ ihre Heimat nur für ihre Weiterbildung zur Intensivfachschwester in Hamburg-Eppendorf. Nach gut zwei Jahren kehrte sie jedoch mit Sehnsucht nach Berlin zurück und arbeitete hier auf verschiedenen Intensivstationen.
Ab diesem Zeitpunkt und bis zum Schluss war Claudi nachts auf der Intensivstation im Einsatz und dort unverzichtbar. Mit großer Empathie und ausgeprägtem Verantwortungsbewusstsein meisterte sie selbst die härtesten Nachtschichten. Auf der Intensivstation war sie ständig mit Leben und Tod konfrontiert. Wenn sich Ärger oder Kummer anstauten, teilte sie diese in kurzen Telefonaten oder Treffen mit Beate, einer engen Freundin. Dieses kurze Ventil reichte aus, und dann konnte sie sich wieder dem privaten Geschehen widmen. Ihre Arbeit empfand sie als Berufung, was sich in jedem ihrer Handgriffe zeigte. Ihre Patient:innen liebten sie, weil sie sich so sehr um sie kümmerte, erzählte Birgit.
Birgit war Claudis große Liebe und umgekehrt genauso. Ihre 32-jährige Partnerschaft war eine Quelle des Stolzes und der Kraft. Als Birgit krank wurde, unterstützte Claudi sie unerschütterlich, bis es ihr wieder besser ging. Wenn Claudi mir von Birgit erzählte, leuchteten ihre Augen und sie schmiedete Pläne für weitere glückliche Momente.
Beide teilten die gleichen Werte und Interessen für Kunst, Kultur, Konzerte, Ausstellungen, Theaterabende, Museumsbesuche und natürlich Essen gehen. Gutes Essen und gesundes Kochen waren Claudi wichtig und sie konnte sehr gut kochen. Sie liebte es, scharf zu kochen, und verstand es, auch italienische Klassiker mit unvergleichlicher Leichtigkeit zuzubereiten, weil sie Italien so mochte.
Ja, die große Leidenschaft der beiden war das Reisen. Gemeinsam haben sie die Welt erkundet, und eine Reise nach Mexiko spielte eine ganz besondere Rolle, weil Claudi begeisterte Frida-Kahlo-Fan war.
Selbst bei der Urlaubsplanung dachten sie immer an andere. Als die verwitwete Freundin Ise krank wurde, achteten sie darauf, ihre Reiseplanung so zu gestalten, dass sie sie mitnehmen konnten, solange es ging. Bis zu ihrem Tod kümmerten sie sich rührend und fürsorglich um Ise, insbesondere Claudi. Diese Barmherzigkeit ist eine Eigenschaft, die an Claudi immer wieder hervorgehoben wird. Sie war selbstlos und immer für andere da. Ihre Empathie zeigte sich nicht nur im Beruf, sondern auch im persönlichen Umfeld, denn sie unterstützte Freund:innen in Not und stand ihnen als erfahrene Krankenschwester mit Rat und Tat zur Seite.
Eine von vielen Geschichten, die ihre Großzügigkeit zeigen, ist folgende: Als sie sich bei Karstadt einen neuen Mantel gekauft hatte, sah sie beim Verlassen des Geschäfts vor dem Eingang eine bettelnde Frau in dünner Jacke. Ohne zu zögern schenkte sie ihr ihren alten Mantel. Und wer Claudi kannte, wusste, dass der alte Mantel gar nicht so alt und von guter Qualität war, denn sie war immer gut gestylt und gab gerne etwas für ihr Aussehen aus.
Claudi machte gerne Geschenke und hatte daher große Freude daran, ihr Patenkind Felix zu verwöhnen.
Sie war äußerst gesellig und liebte es, gemeinsam zu feiern, sei es auf Straßenfesten, Partys, Geburtstagen oder in damaligen Kneipen wie dem Bermuda Eck, Too Dark, Cantina Orange, oder Backbord, dem heutigen Charlie’s Biergarten, wo man sie oft zusammen mit Birgit traf. Es wurde viel erzählt und herzlich gelacht. Mit ihrem großartigen Sinn für Humor brachte sie viele zum Kichern. Besonders legendär ist die Anekdote, wie sie nach einem Fest in ein Dixi-Klo stieg, das kurz darauf von einem Kran hochgehoben wurde. Ihre unnachahmliche Mimik beim Erzählen dieser Geschichte ließ alle Tränen lachen.
Sie lebte das Miteinander mit allen Sinnen. Bei unserer Tipprunde kannte man sie als die fröhliche Mitspielerin, die Fußballergebnisse weniger wegen der Spiele, sondern vielmehr aus Freude an der Gemeinschaft, tippte. Für sie standen der Austausch, das Gemeinschaftsgefühl und die herzliche Verbundenheit im Vordergrund, Werte, die sie ihr Leben lang vorlebte.
Als überzeugte Christin ließ sich Claudi mit 18 Jahren in der Passionskirche taufen und lebte ihren Glauben stets durch Taten, sei es im Krankenhaus, bei obdachlosen Menschen oder in ihrem Freundeskreis. Mit Interesse verfolgte sie die Arbeit unseres Vereins mog61 e.V. und hatte immer ein aufmunterndes Wort für mich.
Wir waren alle fassungslos, als wir erfuhren, dass Claudi in der Nacht des 21. März verstorben ist.
Ihre Beisetzung findet am 7. Mai in Bernau statt, wo Birgit ein Baumbegräbnis – für Claudi und auch für sich später neben ihr – gewählt hat. Genau den naturnahen Ort, den Claudi sich für ihre letzte Ruhe gewünscht hätte.
Anschließend wird im Brauhaus Südstern im Kreis ihrer Freund:innen mit einem Drink auf sie angestoßen, ganz so, wie sie es sich gewünscht hätte.