Welle der Hilfsbereitschaft

Giffey rechnet berlinweit mit bis zu 100.000 Geflüchteten

Seit über einem Monat herrscht Krieg in Eu­ro­pa, und ein Ende der russischen Invasion der Ukra­ine ist derzeit nicht in Sicht. Rund eine Viertelmillion Menschen sind seit Kriegsbeginn aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Allein in Berlin kommen derzeit täglich über tausend Geflüchtete dazu. Mittelfristig geht die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von 50.000 bis 100.000 Geflüchteten aus, die vorübergehend in Berlin aufgenommen werden.

Es sind vor allem Frauen, Kinder und ältere Männer, denn wehrfähige Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land nicht verlassen – zumindest, wenn sie ukrainische Staatsbürger sind. Doch auch viele Personen ohne ukrainischen Pass flüchten aus dem Land, beispielsweise Studierende, insbesondere aus afrikanischen Ländern.

Erfreulicherweise stoßen die Kriegsflüchtlinge auf eine Welle der Hilfsbereitschaft: Freiwillige nehmen Geflüchtete am Hauptbahnhof in Empfang, sammeln und sortieren Spenden für die Erstversorgung, aber auch für Hilfstransporte in die Ukraine.

Für alle, die ebenfalls helfen möchten, aber noch nicht genau wissen, was sie am besten tun können, haben wir hier und auf den Mittelseiten der April-KuK eine Übersicht von Initiativen und Hilfsorganisationen zusammengestellt.

Geld spenden

Wer die Möglichkeit hat, Geld zu spenden, kann eigentlich kaum etwas falsch machen.

Neben den einschlägigen großen nationalen und internationalen Hilfsorganisationen gibt es auch mannigfaltige kleinere Initiativen, teilweise sogar direkt hier im Kiez, die mit unterschiedlichen Schwerpunkten vor Ort in der Ukraine, an der polnisch-ukrainischen Grenze und in Deutschland humanitäre Hilfe für vom Krieg betroffene Menschen leisten.

Der Verein Ukraine-Hilfe Berlin e.V. organisiert u.a. Hilfstransporte an die ukrainisch-polnische Grenze, die Verletzten, Kindern, Reservisten und Familien auf der Flucht zugutekommen.

PLAST – der Ukrainische Pfadfinderbund in Berlin e.V. sammelt Spenden, um Erste-Hilfe-Kästen, Verbände und Medikamente für die Versorgung von Menschen in der Ukraine zu kaufen.

Die Kirchengemeinde Heiligkreuz-Passion bittet um Spenden für Hygieneartikel, Windeln, Babynahrung und Essen, um die von ihnen aufgenommenen Familien versorgen zu können.

Auch die meisten der in den weiteren Artikeln auf dieser Seite genannten Projekte können Geldspenden gut für ihre Arbeit gebrauchen.

Ukraine-Hilfe Berlin e.V.

Empfänger: Ukraine-Hilfe Berlin e.V.
Konto: Deutsche Skatbank
IBAN: DE24 8306 5408 0004 8722 15
BIC: GENODEF1SLR
Paypal: ukraine.hilfe@gmail.com

PLAST – Ukrainischer Pfadfinderbund in Berlin e.V.

Kontoinhaber: PLAST Ukrainischer Pfadfinderbund in Berlin e.V. Bank: Deutsche Skatbank
IBAN: DE88 8306 5408 0004 2640 37
BIC: GENODEF1SLR
Verwendungszweck: Spende Nothilfe Ukraine

Evangelische Kirchengemeinde Heiligkreuz-Passion

Empfänger: Ev. KKV Berlin Mitte-Nord
IBAN: DE51 1005 0000 4955 1922 41
Berliner Sparkasse, BIC: BELADEBEXXX
Verwendungszweck: Flüchtlingshilfe Ukraine

Dinge spenden

Für Sachspenden gibt es bei den meisten Hilfsorganisationen und -initiativen Bedarf, allerdings sollte man sich im Vorfeld zeitnah informieren, was wo genau benötigt wird.

Eine kieznahe Annahmestelle für Sachspenden betreibt die Spendenbrücke Ukraine im Hangar1 des Flughafens Tempelhof. Stand Redaktionsschluss wurden hier unter anderem Hygieneartikel, haltbare Lebensmittel, Tierfutter, Decken und Schlafsäcke benötigt.

Ebenfalls im Flughafen Tempelhof ansässig ist der THFwelcome e.V., der eine Fahrradwerkstatt betreibt und zur Zeit insbesondere Frauen- und Kinderfahrräder sucht – auch defekte Räder und einzelne Fahrradteile werden gerne genommen, da in der Werkstatt nach dem Aus-zwei-mach-eins-Prinzip gearbeitet wird.

Das Pilecki- Institut sammelt am Pariser Platz in Zusammenarbeit mit der Allianz Ukrainischer Organisationen Hilfsgüter für die Ukraine, mit denen unter anderem zivile Freiwillige, die ihre Städte verteidigen, unterstützt werden sollen. Insbesondere medizinisches Material und Medikamente werden dafür benötigt, aber auch Powerbanks, Gasmasken und Dieselgeneratoren.

Bei mog61 e.V. werden Lesebrillen, nicht rezeptpflichtige Medikamente und Hygieneartikel gesammelt und weitergegeben. Außerdem vermittelt der Verein die Weitergabe von Gehhilfen und Rollstühlen.

Zeit spenden

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, den Ankommenden aus der Ukraine durch persönliches Engagement zu helfen.

So freut sich zum Beispiel die Stadtmission, die die Willkommenshalle am Hauptbahnhof betreibt, über Unterstützung.

»Wir helfen Berlin« ist ein Zusammenschluss von DRK, DLRG, ASB, Maltesern und Johannitern und organisiert das Ankunftszentrum TXL in Tegel, auch hier ist Hilfe willkommen. 

Wer über ein Auto verfügt und Menschen von den Bahnhöfen und dem ZOB zu ihren Unterkünften bringen möchte, kann sich bei Arrival Support Berlin melden.

Das Unionhilfswerk sucht für die von ihnen betriebene Flüchtlingsunterkunft in Friedrichshain Freiwillige für unter anderem Kinderbetreuung, die Annahme und Sortierung von Sachspenden und Essensausgabe. 

Freiwillige Helferinnen und Helfer mit russischen oder gar ukrainischen Sprachkenntnissen sind aus naheliegenden Gründen überall besonders begehrt, es gibt aber auch genug Gelegenheiten, mit anzupacken, wenn man »nur« deutsch und/oder englisch spricht.

In jedem Fall ist eine vorherige Registrierung bei einem Freiwilligenportal wie zum Beispiel dem Volunteer Planner oder GoVolunteer eine gute Idee. Dort kann man einsehen, wo gerade welche Hilfe benötigt wird und sich in Schichtpläne eintragen.

Außerdem:

Berlin Wecome Team

Netzwerk Berlin hilft

Wohnraum anbieten

Wohnraum in Kreuzberg ist bekanntlich ein rares Gut, aber vielleicht hat ja doch jemand ein Gästezimmer übrig, um Menschen für ein paar Tage oder längerfristig bei sich aufzunehmen.

Dann bitte nicht einfach zum nächsten Bahnhof fahren und ein Pappschild hochhalten. Es gibt mehrere Portale, auf denen man sich registrieren kann, wenn man Wohnraum zur Verfügung stellen möchte, zum Beispiel Unterkunft Ukraine, Host4Ukraine oder hometogo.

Aus der Ukraine Geflüchtete ohne ukrainischen Pass – etwa Studierende aus afrikanischen Ländern – haben es häufig schwerer, einen privaten Platz zum Wohnen zu finden.

Wer eine Unterkunft für Menschen aus dieser Personengruppe anbieten möchte, kann sich beim tubman.network melden, einem Bündnis Schwarzer Organisationen und Verbündeter.

Sprachbarrieren überwinden

Der von der VHS Friedrichshain-Kreuzberg angebotene Sprachkurs Ukrainisch war innerhalb kürzester Zeit ausgebucht. Bei anderen Berliner Volkshochschulen gab es zu Redaktionsschluss noch vereinzelte Plätze in ähnlichen Kursen.

Die Anbieter etablierter Sprachlern-Apps wie duolingo und 50languages haben schnell auf den Bedarf reagiert und ihr Angebot um Ukrainisch erweitert, teils kostenlos zumindest für die ersten Lektionen.

Für die erste Unterhaltung können Bildwörterbücher helfen, wie zum Beispiel das der Tüftelakademie, oder auch Übersetzungsapps für gesprochene Sprache wie SayHi von Amazon.

Die eBooks »Ukrainisch Wort für Wort« und »Deutsch als Fremdsprache Ausgangssprache Russisch« aus der beliebten Kauderwelsch-Reihe sind derzeit für nur 1 Cent zu haben.

Die Lehrerin Katia Tangian hat in ihrem Blog ARTSetc eine Linkliste zusammengestellt, die ihren Fokus vor allem auf ukrainische Kinder und Jugendliche und deren Start an deutschen Schulen richtet, aber zum Thema Sprachelernen und Verständigung eine Menge Hilfreiches enthält.

Außerdem:

Linksammlung Ukrainisch lernen bei weltsprachen.net
Artikel über Übersetzungs-Apps bei ntv

Sonstiges und Linksammlungen

Wer sich direkt im Kiez vernetzen möchte, um Hilfe aller Art zu leisten, kann sich auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.de registrieren, den Telegram-Channel von Kreuzberg hilft abonnieren oder mit der Freiwilligenagentur WILLMA Kontakt aufnehmen.

Weitere nützliche Linksammlungen und Webseiten:

Projektportal #LeaveNoOneBehind
Artikel und Linksammlung taz
Artikel und Linksammlung tip
Artikel und Linksammlung Tagesspiegel
Infoseite des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg
Infoseite Land Berlin
Infoseite Bundesinnenministerium
Hilfebörse der Caritas
Initiative Moabit Hilft

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2022.

Silvio-Meier-Preis an Edeltraut Pohl

Auch Initiave gegen Rassismus wird ausgezeichnet

Edeltraut Pohl ist eine der Preisträgerinnen des diesjährigen Silvio-Meier-Preises. Foto: Giovanni Lo Curto

Es ist jetzt 25 Jahre her, dass in Friedrichshain in der Samariterstraße Silvio Meier von Rechtsextremisten erstochen wurde. Im vergangenen Jahr vergab der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zum ersten Mal den Silvio-Meier-Preis. Damit will der Bezirk »Menschen, Vereine, Initiativen und Projekte ehren und unterstützen, die sich in herausragender Weise gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung einsetzen«

Geehrt wurde in diesem Jahr Edeltraut Pohl von der Samaritergemeinde. Einst kam sie als Sekretärin des damaligen Pfarrers Reiner Eppelmann in die Gemeinde, die in der Vorwendezeit unter anderem durch ihre Blues-Messen von sich reden machte. Auch Silvio Meier war in der Gemeinde aktiv.

Nach der Wende wurde die Samaritergemeinde unter anderem durch ihr Kirchenasyl bekannt. Edeltraut Pohl organsierte auch das Kirchencafé, das auch heute noch ein wichtiger Anlaufpunkt für Geflüchtete und Asylsuchende ist.

Außerdem ging der Preis auch noch an die Initiative »Aufstehen gegen Rassismus«. Die hat sich ganz besonders dem Kampf gegen die AfD verschrieben. Unter anderem bietet die Initiative Seminare an, wie man Rassismus und Intoleranz im Alltag richtig begegnet.

Hinter der Initiative stehen die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und der Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Dass die Initiative »Aufstehen gegen Rassismus« sich explizit gegen die AfD positioniert, hat dem Bezirk nicht nur eine Klage eingebracht, sondern auch die Feier zur Preisverleihung nicht unerheblich beeinflusst.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann zeigte sich an jenem Abend ziemlich bestürzt: »Das hätte ich mir nicht träumen lassen, dass wir so eine Veranstaltung mit Security schützen lassen müssen«.

AfD versuchte, Preisverleihung zu verhindern

Tatsächlich hatte man sich von Bezirksseite aus auf mögliche Angriffe oder Provokationen von rechts gewappnet. Doch die blieben an diesem Abend in den Räumen der Jugendwiderstandsmuseums aus.

Allerdings hatte die AfD im Vorfeld schon sehr schweres Geschütz gegen den Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg aufgefahren. Der verletze seine Neutralitätspflicht, wetterte der Landesvorsitzende Georg Pazderski. Doch dabei beließ er es nicht. Auch die Justiz wurde gleich in doppelter Hinsicht bemüht. Einerseits sollte das Berliner Verwaltungsgericht die Preisverleihung per einstweiliger Verfügung stoppen, aber auch strafrechtlich legte Pazderski nach. Wegen »Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung« stellte der Landesvorsitzende eine Strafanzeige.

Ob es zum Strafverfahren kommt, ist eher ungewiss. Mit der einstweiligen Verfügung gegen die Preisverleihung jedenfalls scheiterte Paz­derski vor dem Verwaltungsgericht.

So ging der Abend der Preisverleihung mit Glühwein nahezu besinnlich zu Ende. Immerhin hatte das rechtliche Hickhack um den Silvio-Meier-Preis der Auszeichnung auch überregional eine gebührende Aufmerksamkeit in den Medien verschafft.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2017.

Drei Neue im Bezirksamt

Wahl der neuen Stadträte verläuft weitgehend reibungslos

Nachdem es im November in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) drei Anläufe bis zur Wahl der Vorsteherin Kristine Jaath (Grüne) und damit der Konstituierung der BVV gebraucht hatte, wurde in der letzten Sitzung vor Weihnachten endlich auch das neue Bezirksamt gewählt.

Bezirksbürgermeisterin bleibt Monika Herrmann (Grüne), die auch weiterhin das Jugendamt unter sich haben wird. Ebenfalls wiedergewählt wurde der Linke Knut Mildner-Spindler (Gesundheit, Soziales, Beschäftigung und Bürgerdienste), der zusätzlich den Vize-Bürgermeisterposten vom scheidenden Peter Beckers (SPD) übernimmt.

Das neue Bezirksamt (v.l.n.r.): Knut Mildner-Spindler, Monika Herrmann, Andy Hehmke, Clara Herrmann und Florian Schmidt. Foto: rsp

Neuer Stadtrat für Schule, Sport, Ordnungsamt und Wirtschaftsförderung wird der langjährige SPD-Fraktionsvorsitzende Andy Hehmke.

Den vakant gewordenen Finanzstadtratsposten konnten die Grünen mit Clara Herrmann besetzen. Die 31-Jährige war zuletzt im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses tätig.

Der dritte Neuzugang des Quintetts ist der Stadtsoziologe Florian Schmidt, der erst kurz zuvor von den Grünen überraschend ins Rennen geschickt worden war. Schmidt leitet seit 2009 das »Projektbüro Kreativquartier Südliche Friedrichstadt« und ist Gründer der »Initiative Stadt Neudenken«.

Während die übrigen Wahlen ohne weitere Vorkommnisse über die Bühne gingen, gab es bei Schmidt vor dem Wahlgang Kritik aus den Reihen der SPD-Fraktion.

Der Bezirksverordnete John Dahl zweifelte nicht nur Expertise und Durchsetzungsvermögen des designierten Baustadtrats an, sondern sprach ihm auch die nötige politische Integrität ab. Für einen ehemaligen Investor des Dragoner­areals habe Schmidt auf Honorarbasis eine fragwürdige Bürgerbeteiligung durchgeführt und sich damit »zum Steigbügelhalter von Spekulanten« gemacht.

Auch wenn Dahl vor seinem Statement erklärt hatte, nicht für die SPD-Fraktion zu sprechen, sah sich deren Vorsitzender Sebastian Forck dennoch genötigt, noch einmal darauf hinzuweisen, dass seine Meinung nicht von der ganzen Fraktion geteilt werde. Im anschließenden Wahlgang erhielt der 41-jährige Kandidat trotz allem 37 von 53 Stimmen.

Monika Herrmann kündigte in ihrer Vorstellung an, sich für eine sozialere und gerechtere Politik im Bezirk einsetzen zu wollen. Dazu gehöre vor allem ein Stopp der stetig steigenden Mieten, die zu einer Verdrängung von Menschen führen. Im kleinsten Bezirk Berlins müsse beim Wohnungsbau aber auch geschaut werden, wo noch weiter verdichtet werden kann, um weiteren bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

In der Flüchtlingsfrage sprach sich die neue und alte Bezirksbürgermeisterin dafür aus, möglichst viele Menschen im Bezirk unterkommen zu lassen. Allerdings musste sie einräumen, dass es derzeit leider an Unterbringungsmöglichkeiten mangele.

Prioritär wolle sie auch die Verbesserung der Infrastruktur für Radfahrer vorantreiben. »Manchmal«, klagte sie aus eigener Erfahrung, »braucht man eigentlich ein Mountainbike, weil die Hügeligkeit dann doch sehr prägend ist.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2017.

CDU blockiert Flüchtlingsunterkunft

Flüchtlingsfamlien müssen nach Hohenschönhausen / GHS steht weiter leer

Zankapfel GHS: Im Nordflügel der Ex-Schule befindet sich seit Januar eine fertige Unterkunft für 100 Personen.

Foto: rspZankapfel GHS: Im Nordflügel der Ex-Schule befindet sich seit Januar eine fertige Unterkunft für 100 Personen. Foto: rsp

Rund 160 Flüchtlinge, die bisher in Notunterkünften in Kreuzberg untergekommen waren, müssen jetzt den Kiez verlassen, da die Turnhallen der Hector-Peterson-Schule am Tempelhofer Ufer und der Bür­ger­meis­ter-Herz-Grundschule in der Geibelstraße »freigezogen« werden sollen. Gut 100 von ihnen – alles Familien mit Kindern – hätten eigentlich in den Nordflügel der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule (GHS) umziehen sollen, die bereits seit Anfang des Jahres bezugsfertig ist. Doch unter Federführung der CDU wurde eine Entscheidung über die Unterkunft in der GHS jetzt vom Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses auf September vertagt. Den Familien steht nun ein Umzug nach Hohenschönhausen bevor, die übrigen Personen sollen berlinweit verteilt werden, unter anderem in die Hangars des Flughafens Tempelhof.

Bei »Kreuzberg hilft« hält man den Auszug aus den provisorischen Notunterkünften zwar grundsätzlich für einen dringend notwendigen Schritt, ist aber besorgt über die Art und Weise, wie die Betroffenen informiert werden. »Die Menschen brechen in eine ungewisse Zukunft auf. Das schafft Raum für Spekulationen und schürt natürlich Ängste«, so die Initiative. Zudem sei unklar, ob in Hohenschönhausen überhaupt ausreichend Kita- und Schulplätze zur Verfügung stünden.

»Planungen ignorieren Sozialraumbezüge«

Kritik erntet das Vorhaben des Lageso auch beim Nachbarschaftshaus Urbanstraße (NHU), wo man sich seit Monaten mit engagierten Mitarbeitern und Freiwilligen um eine »Beheimatung« der Geflüchteten im Stadtteil bemüht. Die Planungen ignorierten soeben erst entwickelte Sozialraumbezüge, beklagt der Verein in einem offenen Brief. »Es bestürzt uns, dass Menschen mit traumatisierenden Erfahrungen der Entwurzelung nun erneut aus persönlichen Beziehungen in einer engagierten Nachbarschaft herausgerissen werden sollen.«

Adressat des NHU-Briefes ist neben Lageso-Leiter Muschter, dem Regierenden Bürgermeister Müller und dem zuständigen Staatssekretär Glietsch auch Mario Czaja (CDU), der als Sozialsenator für die Flüchtlingsunterbringung zuständig ist. Noch vor einem Monat hatte Czaja erklärt, dass bei der bevorstehenden Räumung der Turnhallen soziale Aspekte berücksichtigt und Familien mit Kindern im Kiez bleiben würden, damit Schule und Kita nicht gewechselt werden müssten. Mit der Entscheidung, die Eröffnung der Unterkunft in der GHS weiter auf die lange Bank zu schieben, düpiert die CDU so auch ihren eigenen Senator, der sich zusammen mit dem Bezirk um eine rasche Belegung der GHS bemüht hatte.

Kommentar: Wahlkampf auf Flüchtlingskosten?

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2016.

Wieder Flüchtlinge in GHS

Ehemalige Schule wird nun offiziell Flüchtlingsunterkunft

Es mutet ja fast wie die Ironie des Schicksals an, dass ausgerechnet die Gerhart-Hauptmann-Schule nun zu einer Flüchtlingsunterkunft umgebaut wird, die vorwiegend von Schwangeren und Frauen mit Kindern bewohnt werden soll.

Einst war die leer stehende Schule den protestierenden Asylbewerbern vom Oranienplatz als Winterquartier zur Verfügung gestellt worden. Doch die humanitäre Tat des Bezirks wurde bald zu einem wahren Horrortrip. Immer mehr Menschen, die eigentlich nichts mit den Protesten auf dem Oranienplatz zu tun hatten, zogen in das Haus ein, Obdachlose und Drogendealer aus dem benachbarten Görlitzer Park zogen in die Schule. Es kam zu Gewaltakten, die hygi­enischen Zustände wurden katastrophal und am Ende stand eine ebenso umstrittene wie dramatische Räumung. 20 Flüchtlinge weigerten sich, die Schule zu verlassen und drohten, sich vom Dach zu stürzen.

Sie leben heute noch immer in der Schule, aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung. Die sah auch ein Flüchtlingszentrum vor, das die Bewohner einrichten wollten. Ein Konzept dafür haben sie allerdings noch nicht vorgelegt.

Der Nordflügel ist inzwischen soweit renoviert, dass dort 109 Flüchtlinge einziehen können. Ein Konfliktpunkt könnte der Pavillion darstellen, den die Bewohner des Südflügels gerne für ihr Flüchtlingszentrum hätten, in dem aber zunächst einmal eine Krankenstation und ein Spielzimmer eingerichtet werden sollen.

Allerdings wird der Pavillion eh bald Geschichte sein, denn er soll im Herbst einem Bauprojekt weichen.

Neben der Flüchlingsthematik gibt es ja in Kreuzberg durchaus auch noch ein anderes Problem: bezahlbarer Wohnraum.

Hier nun plant der Bezirk, zusammen mit der landeseigenen HOWOGE insgesamt 121 Wohnungen zu bauen. Es handelt sich dabei in erster Linie um kleine Wohnungen, deren Bruttokaltmiete nicht über 6,50 Euro pro Quadratmeter liegen soll. Die Bauarbeiten sollen im Herbst beginnen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2015.

Soziale Stadt für Alle

Info-Veranstaltung in der Heilig-Kreuz-Kirche

Flyer zur InfoveranstaltungFlyer zur Infoveranstaltung

»Gute Wohnungen für Alle – statt Notunterkünfte für immer mehr Menschen!« Das ist die zentrale Forderung des Bündnisses Wem gehört Kreuzberg. Am 4. Februar lädt die Initiative zu einer Infoveranstaltung in die Heilig-Kreuz-Kirche ein. »Dass in Berlin Wohnraum fehlt, wissen wir nicht erst, seit Menschen, die vor Hunger, Menschenrechtsverletzungen, Bürgerkrieg und Krieg fliehen, bei uns Schutz und menschenwürdige Lebensbedingungen suchen«, heißt es in dem Flyer zur Veranstaltung. »In einem der reichsten Länder, einem Land, das mitverantwortlich ist für Krisen und Kriege, werden sie in Massenunterkünften wie den Hangars in Tempelhof untergebracht.« Auch, so der Vorwurf an die Politik, würde weiterhin völlig ungenügend darauf reagiert, dass die Einwohnerzahl schon lange steige und Wohnraum für viele zunehmend unbezahlbar ist. Die Planungen des Senats sehen bis 2017 nur 30.000 neue Wohnungen vor, davon ca. 6500 geförderte. Für Flüchtlinge sollen an 60 Standorten sogenannte »Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge« gebaut werden, die jeweils bis zu 450 Menschen Platz bieten sollen – für Wem gehört Kreuzberg ist das kein akzeptables Wohnmodell.

Wie aber könnte eine lebenswerte Stadt für alle aussehen? Über die Frage will man bei der Veranstaltung am Donnerstag ins Gespräch kommen. Als Diskussionsanregung wird es dazu Beiträge zur Wohnungspolitik und zu alternativen Modellen in Kreuzberg geben. Über den ihren Alltag sowie Wünsche und Hoffnungen werden Geflüchtete aus Turnhallen und den Hangars berichten. Musikalische Beiträge wird es unter anderem von der Neuköllner Chanson-Punk-Band The Incredible Herrengedeck geben. An Infotischen verschiedener Initiativen besteht die Möglichkeit, sich über deren Arbeit zu informieren und persönlich ins Gespräch zu kommen.

Hier gibt es den Flyer zum Downloaden.

Termin: Donnerstag, 4. Februar, 18:30 Uhr (Einlass 18:00 Uhr), Heilig-Kreuz-Kirche, Zossener Str. 65, 10961 Berlin