Welle der Hilfsbereitschaft

Giffey rechnet berlinweit mit bis zu 100.000 Geflüchteten

Seit über einem Monat herrscht Krieg in Eu­ro­pa, und ein Ende der russischen Invasion der Ukra­ine ist derzeit nicht in Sicht. Rund eine Viertelmillion Menschen sind seit Kriegsbeginn aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Allein in Berlin kommen derzeit täglich über tausend Geflüchtete dazu. Mittelfristig geht die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von 50.000 bis 100.000 Geflüchteten aus, die vorübergehend in Berlin aufgenommen werden.

Es sind vor allem Frauen, Kinder und ältere Männer, denn wehrfähige Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land nicht verlassen – zumindest, wenn sie ukrainische Staatsbürger sind. Doch auch viele Personen ohne ukrainischen Pass flüchten aus dem Land, beispielsweise Studierende, insbesondere aus afrikanischen Ländern.

Erfreulicherweise stoßen die Kriegsflüchtlinge auf eine Welle der Hilfsbereitschaft: Freiwillige nehmen Geflüchtete am Hauptbahnhof in Empfang, sammeln und sortieren Spenden für die Erstversorgung, aber auch für Hilfstransporte in die Ukraine.

Für alle, die ebenfalls helfen möchten, aber noch nicht genau wissen, was sie am besten tun können, haben wir hier und auf den Mittelseiten der April-KuK eine Übersicht von Initiativen und Hilfsorganisationen zusammengestellt.

Geld spenden

Wer die Möglichkeit hat, Geld zu spenden, kann eigentlich kaum etwas falsch machen.

Neben den einschlägigen großen nationalen und internationalen Hilfsorganisationen gibt es auch mannigfaltige kleinere Initiativen, teilweise sogar direkt hier im Kiez, die mit unterschiedlichen Schwerpunkten vor Ort in der Ukraine, an der polnisch-ukrainischen Grenze und in Deutschland humanitäre Hilfe für vom Krieg betroffene Menschen leisten.

Der Verein Ukraine-Hilfe Berlin e.V. organisiert u.a. Hilfstransporte an die ukrainisch-polnische Grenze, die Verletzten, Kindern, Reservisten und Familien auf der Flucht zugutekommen.

PLAST – der Ukrainische Pfadfinderbund in Berlin e.V. sammelt Spenden, um Erste-Hilfe-Kästen, Verbände und Medikamente für die Versorgung von Menschen in der Ukraine zu kaufen.

Die Kirchengemeinde Heiligkreuz-Passion bittet um Spenden für Hygieneartikel, Windeln, Babynahrung und Essen, um die von ihnen aufgenommenen Familien versorgen zu können.

Auch die meisten der in den weiteren Artikeln auf dieser Seite genannten Projekte können Geldspenden gut für ihre Arbeit gebrauchen.

Ukraine-Hilfe Berlin e.V.

Empfänger: Ukraine-Hilfe Berlin e.V.
Konto: Deutsche Skatbank
IBAN: DE24 8306 5408 0004 8722 15
BIC: GENODEF1SLR
Paypal: ukraine.hilfe@gmail.com

PLAST – Ukrainischer Pfadfinderbund in Berlin e.V.

Kontoinhaber: PLAST Ukrainischer Pfadfinderbund in Berlin e.V. Bank: Deutsche Skatbank
IBAN: DE88 8306 5408 0004 2640 37
BIC: GENODEF1SLR
Verwendungszweck: Spende Nothilfe Ukraine

Evangelische Kirchengemeinde Heiligkreuz-Passion

Empfänger: Ev. KKV Berlin Mitte-Nord
IBAN: DE51 1005 0000 4955 1922 41
Berliner Sparkasse, BIC: BELADEBEXXX
Verwendungszweck: Flüchtlingshilfe Ukraine

Dinge spenden

Für Sachspenden gibt es bei den meisten Hilfsorganisationen und -initiativen Bedarf, allerdings sollte man sich im Vorfeld zeitnah informieren, was wo genau benötigt wird.

Eine kieznahe Annahmestelle für Sachspenden betreibt die Spendenbrücke Ukraine im Hangar1 des Flughafens Tempelhof. Stand Redaktionsschluss wurden hier unter anderem Hygieneartikel, haltbare Lebensmittel, Tierfutter, Decken und Schlafsäcke benötigt.

Ebenfalls im Flughafen Tempelhof ansässig ist der THFwelcome e.V., der eine Fahrradwerkstatt betreibt und zur Zeit insbesondere Frauen- und Kinderfahrräder sucht – auch defekte Räder und einzelne Fahrradteile werden gerne genommen, da in der Werkstatt nach dem Aus-zwei-mach-eins-Prinzip gearbeitet wird.

Das Pilecki- Institut sammelt am Pariser Platz in Zusammenarbeit mit der Allianz Ukrainischer Organisationen Hilfsgüter für die Ukraine, mit denen unter anderem zivile Freiwillige, die ihre Städte verteidigen, unterstützt werden sollen. Insbesondere medizinisches Material und Medikamente werden dafür benötigt, aber auch Powerbanks, Gasmasken und Dieselgeneratoren.

Bei mog61 e.V. werden Lesebrillen, nicht rezeptpflichtige Medikamente und Hygieneartikel gesammelt und weitergegeben. Außerdem vermittelt der Verein die Weitergabe von Gehhilfen und Rollstühlen.

Zeit spenden

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, den Ankommenden aus der Ukraine durch persönliches Engagement zu helfen.

So freut sich zum Beispiel die Stadtmission, die die Willkommenshalle am Hauptbahnhof betreibt, über Unterstützung.

»Wir helfen Berlin« ist ein Zusammenschluss von DRK, DLRG, ASB, Maltesern und Johannitern und organisiert das Ankunftszentrum TXL in Tegel, auch hier ist Hilfe willkommen. 

Wer über ein Auto verfügt und Menschen von den Bahnhöfen und dem ZOB zu ihren Unterkünften bringen möchte, kann sich bei Arrival Support Berlin melden.

Das Unionhilfswerk sucht für die von ihnen betriebene Flüchtlingsunterkunft in Friedrichshain Freiwillige für unter anderem Kinderbetreuung, die Annahme und Sortierung von Sachspenden und Essensausgabe. 

Freiwillige Helferinnen und Helfer mit russischen oder gar ukrainischen Sprachkenntnissen sind aus naheliegenden Gründen überall besonders begehrt, es gibt aber auch genug Gelegenheiten, mit anzupacken, wenn man »nur« deutsch und/oder englisch spricht.

In jedem Fall ist eine vorherige Registrierung bei einem Freiwilligenportal wie zum Beispiel dem Volunteer Planner oder GoVolunteer eine gute Idee. Dort kann man einsehen, wo gerade welche Hilfe benötigt wird und sich in Schichtpläne eintragen.

Außerdem:

Berlin Wecome Team

Netzwerk Berlin hilft

Wohnraum anbieten

Wohnraum in Kreuzberg ist bekanntlich ein rares Gut, aber vielleicht hat ja doch jemand ein Gästezimmer übrig, um Menschen für ein paar Tage oder längerfristig bei sich aufzunehmen.

Dann bitte nicht einfach zum nächsten Bahnhof fahren und ein Pappschild hochhalten. Es gibt mehrere Portale, auf denen man sich registrieren kann, wenn man Wohnraum zur Verfügung stellen möchte, zum Beispiel Unterkunft Ukraine, Host4Ukraine oder hometogo.

Aus der Ukraine Geflüchtete ohne ukrainischen Pass – etwa Studierende aus afrikanischen Ländern – haben es häufig schwerer, einen privaten Platz zum Wohnen zu finden.

Wer eine Unterkunft für Menschen aus dieser Personengruppe anbieten möchte, kann sich beim tubman.network melden, einem Bündnis Schwarzer Organisationen und Verbündeter.

Sprachbarrieren überwinden

Der von der VHS Friedrichshain-Kreuzberg angebotene Sprachkurs Ukrainisch war innerhalb kürzester Zeit ausgebucht. Bei anderen Berliner Volkshochschulen gab es zu Redaktionsschluss noch vereinzelte Plätze in ähnlichen Kursen.

Die Anbieter etablierter Sprachlern-Apps wie duolingo und 50languages haben schnell auf den Bedarf reagiert und ihr Angebot um Ukrainisch erweitert, teils kostenlos zumindest für die ersten Lektionen.

Für die erste Unterhaltung können Bildwörterbücher helfen, wie zum Beispiel das der Tüftelakademie, oder auch Übersetzungsapps für gesprochene Sprache wie SayHi von Amazon.

Die eBooks »Ukrainisch Wort für Wort« und »Deutsch als Fremdsprache Ausgangssprache Russisch« aus der beliebten Kauderwelsch-Reihe sind derzeit für nur 1 Cent zu haben.

Die Lehrerin Katia Tangian hat in ihrem Blog ARTSetc eine Linkliste zusammengestellt, die ihren Fokus vor allem auf ukrainische Kinder und Jugendliche und deren Start an deutschen Schulen richtet, aber zum Thema Sprachelernen und Verständigung eine Menge Hilfreiches enthält.

Außerdem:

Linksammlung Ukrainisch lernen bei weltsprachen.net
Artikel über Übersetzungs-Apps bei ntv

Sonstiges und Linksammlungen

Wer sich direkt im Kiez vernetzen möchte, um Hilfe aller Art zu leisten, kann sich auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.de registrieren, den Telegram-Channel von Kreuzberg hilft abonnieren oder mit der Freiwilligenagentur WILLMA Kontakt aufnehmen.

Weitere nützliche Linksammlungen und Webseiten:

Projektportal #LeaveNoOneBehind
Artikel und Linksammlung taz
Artikel und Linksammlung tip
Artikel und Linksammlung Tagesspiegel
Infoseite des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg
Infoseite Land Berlin
Infoseite Bundesinnenministerium
Hilfebörse der Caritas
Initiative Moabit Hilft

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2022.

Kinder- und Flegeljahre einer Metropole

Thomas Böhm holt Hans Ostwalds »Großstadt-Dokumente« aus der Versenkung

Wer an Berichte über das Berlin des frühen 20. Jahrhunderts denkt, über die dunklen Ecken und hellen Leuchtreklamen, über soziale Gegensätze und Verwerfungen in der jungen Großstadt, der wird zuerst an die Reportagen und Texte von Joseph Roth und Siegfried Kracauer denken, vielleicht an Alfred Polgar und ziemlich sicher an Egon Erwin Kisch. Die Weimarer Republik, die »goldenen« Zwanziger, die Ringvereine – das sind heute die Zutaten für den Mythos vom »alten Berlin« und ein nach wie vor beliebter Schauplatz für Geschichten, etwa für die Gereon-Rath-Krimireihe von Volker Kutscher.

Thomas Böhm bei der Buchvorstellung im Hinterhof des Theaters Expedition Metropolis. Foto: rsp

Doch die eigentlichen Veränderungen Berlins von einer recht großen Stadt zu einer richtigen Großstadt mit all ihren Facetten reichen weiter zurück und waren schon um die Jahrhundertwende so erklärungsbedürftig, dass Hans Ostwald im Jahr 1904 die fünfzigbändige Schriftenreihe »Großstadt-Dokumente« startete, für die er zahlreiche Autoren verpflichtete. Als »Sachkenner« sollten sie »den Wissbegierigen an die Hand nehmen und ihn hindurchführen durch diese zahllosen Wirrnisse«, heißt es im Vorwort des ersten Bandes.

Die »Großstadt-Dokumente« sind heute weitgehend vergessen. Dem Autor und Literaturkritiker Thomas Böhm ist es zu verdanken, dass mit »Berlin. Anfänge einer Großstadt« jetzt eine Art Best-of vorliegt.

In den Texten, die zwischen 1904 und 1908 erschienen sind, erfährt der Hobby-Berlinforscher Erstaunliches über den damaligen Zustand der Stadt, die mit den umliegenden Orten zwar erst 1920 offiziell zu »Groß-Berlin« verschmolz, aber längst als Zwei-Millionen-Metropole angesehen wurde.

Zum Beispiel die Sache mit der Wohnungsnot: Für den Beitrag »Mörderische Wohnungszustände« hat dessen Autor Alfred Lasson akribisch Krankenkassenakten ausgewertet. Kaum einer der Patienten verfügte auch nur über ein Bett, das nicht mit einem Familienmitglied geteilt wurde. Während der Arbeitsschicht wurden die Betten darüber hinaus an Schlafleute vermietet, um das Geld für die kargen, oft feuchten Räume zusammenzubekommen.

Währenddessen blühte draußen und in schäbigen Hinterzimmern die Prostitution. Neuankömmlinge (und davon gab es viele; Berlin wuchs zwischen 1870 und 1900 um rund eine Million Menschen) waren allen Arten von Nepp und Bauernfängerei ausgesetzt.

Ostwald setzte zweifellos einen starken Fokus auf die »dunklen Winkel« der Großstadt, doch verstand er es, auch für andere Themen »Sachkenner« ins Boot zu holen: Ruder-, Segel-, Rad- und Rasensport sind ebenso Thema wie Tanzlokale, Klubs nach englischem Vorbild, Kaffeeklappen und Varietés. Denn trotz aller sozialen Probleme war Berlin eben auch eine moderne Großstadt und ein Ort der Freiheit, wie etwa Texte über schon damals offen ausgelebte Homosexualität zeigen.

Was Ostwald hoch anzurechnen ist, ist dass die Texte seiner »Großstadt-Dokumente« akribisch die Situation beschreiben, ohne sich in moralischen Bewertungen zu ergehen. Damit stehen sie – mitten in der Kaiserzeit – für eine Form von Berichterstattung, wie sie erst Jahre später populär wurde.

Nicht alle Texte, die Böhm für seinen gut 400 Seiten starken Sammelband ausgewählt hat, bestechen durch die sprachliche Brillanz der Epigonen. Dafür wandeln sie trittsicher auf dem »schmalen Grat zwischen Aufklärung und Befriedigung der Sensationslust«, wie es der Herausgeber bei der Buchvorstellung treffend formulierte. Vor allem aber bieten sie einen unschätzbaren Einblick in die Kinder- und Flegeljahre der Großstadt Berlin.

Hans Ostwald, »Berlin. Anfänge einer Großstadt. Szenen und Reportages 1904-1908«, hrsg. von Thomas Böhm, Galiani Berlin, ISBN 978-3-86971-193-5, 416 Seiten, Hardcover, 28 Euro.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2020.

100 Jahre Groß-Berlin

Wie aus Äckern Kieze wurden

Als vor hundert Jahren, am 1. Oktober 1920, das Groß-Berlin-Gesetz in Kraft trat, mit dem zahlreiche einst selbstständige Nachbarorte Berlins eingemeindet wurden, wuchs Berlin mit einem Schlag auf das 13-Fache seiner Fläche und auf unfassbare 3,9 Millionen Einwohner. Tatsächlich spiegelte der Verwaltungsakt nur wieder, was längst Realität war: Denn spätestens seit dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, der unvorstellbar hohe Reparationszahlungen in Preußens Staatskasse gespült hatte und damit die Phase der Hochindustrialisierung vorantrieb, waren Berlin und das Umland immer mehr (zusammen-)gewachsen.

Überlegungen zu Eingemeindungen hatte es schon seit den 1820ern gegeben, als die Stadt Berlin gerade knapp über 200.000 Einwohner zählte und ihre Grenzen noch innerhalb der Akzisemauer lagen, nach deren Stadttoren noch heute zahlreiche Plätze benannt sind.

Doch mit den Nachbargemeinden war jahrzehntelang keine Einigung zu erzielen, wohl vor allem, weil die Gebiete, die zur Debatte standen, hinsichtlich der erzielbaren Steuereinnahmen sehr unterschiedlich aufgestellt waren.

1861 schließlich kam es dann doch zu einer großen Eingemeindung, die Berlin um Moabit, den Wedding, Tiergarten sowie Ackerflächen von Tempelhof und Schöneberg erweiterte. Mit der Tempelhofer Vorstadt, nach wie vor der offizielle Name in Kreuzberger Grundbüchern südlich des Landwehrkanals, war damit auch das heutige Kreuzberg komplett in Berlin integriert.

Die Geschichte des Bezirks Kreuzberg, der bekanntermaßen 2001 im Zuge der Bezirksreform in Friedrichshain-Kreuzberg aufging, beginnt allerdings tatsächlich 1920, wenn auch spitzfindige Menschen anmerken, dass er zunächst ein Jahr lang unter dem Namen »Hallesches Tor« firmierte.

Ist »100 Jahre Groß-Berlin« also auch »100 Jahre Kreuzberg«? Schwer zu sagen und in gewisser Weise eine Definitionsfrage. Völlig unstreitig hingegen ist, dass der Name »Kreuzberg« im nächsten Jahr sein Jubiläum feiert. Zur Einweihung des Nationaldenkmals im Viktoria­park am 30. März 1821 wurde der zuletzt »Tempelhofer Berg« genannte Hügel, auf dem das von Friedrich Schinkel gebaute Denkmal steht, nämlich ganz offiziell in »Kreuzberg« umbenannt.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2020.

Diese App ist leider ausverkauft

[Update] Leider hat uns das Bürgeramt nur 47 Apps geschickt. Die waren natürlich ganz schnell heruntergeladen. Pünktlich zum 1. April hätte uns eigentlich ein Paket mit 1200 weiteren BürgerAmtsApps erreichen sollen. Doch leider vorde das Paket von DHL, Ups, wir meinten Hermes, auf dem Postwege irgendwie verloren.

Flexible Terminvergabe im Bürgeramt dank personalisierter Zeitzone – das verspricht die neue BüAApp.

Foto: pskFlexible Terminvergabe im Bürgeramt dank personalisierter Zeitzone – das verspricht die neue BüAApp. Foto: psk

Das ist schade, denn nun müssen Sie leider in Ihrer eigenen Zeitzone verharren und können sich nicht mal eine doppelte persönliche Sommerzeit genehmigen. Falls Sie sich trotzdem eine persönliche Zeitzone basteln wollen, geht das übrigens ganz einfach. Fliegen sie einfach an mehreren Tagen hintereinander immer wieder über die Datumsgrenze (irgendwo im Pazifik rechts von Australien). Und das wiederholen Sie so oft, bis die Stundenzahl Ihrer gewünschten Zeitzone entspricht.

Sollte Ihre Uhr dann aber plötzlich den 1. April anzeigen, dann haben Sie es übertrieben.

Berlin-Geschichte zum Erleben

Am Anhalter Bahnhof eröffnet das Berlin Story Museum / von Robert S. Plaul

Gerade erst ließ der Regierende Bürgermeister Michael Müller die Tagesspiegel-Leser in einem Gastbeitrag wissen, wie er sich die Berlin-Ausstellung im künftigen Humboldtforum vorstellt: Als Einrichtung, die mit modernen Präsentationsformen »davon erzählt, welche Idee Berlin und Deutschland von sich hat und auf welchen Ideen die Metropole und das Land gründen.«

Im Stadtschloss soll ab 2019 die Geschichte Berlins erzählt werden – das Berlin Story Museum erzählt auch die Geschichte des Stadtschlosses.

Foto: rspIm Stadtschloss soll ab 2019 die Geschichte Berlins erzählt werden – das Berlin Story Museum erzählt auch die Geschichte des Stadtschlosses. Foto: rsp

Doch was Müller sich wünscht und was frühestens 2019 realisiert sein wird, wenn das Stadtschloss fertiggestellt sein soll, gibt es schon: Am 1. April öffnet das »Berlin Story Museum« im Bunker am Anhalter Bahnhof seine Pforten. An 30 Stationen wird hier die Geschichte Berlins erzählt. Mit Fotografien, Modellen, Kurzfilmen und zahlreichen seltenen und ungewöhnlichen Exponaten wird der jeweilige Zeitgeist anschaulich eingefangen und erlebbar gemacht. Durch die rund 700 Quadratmeter umfassende Ausstellung führt ein Audio­guide in zehn verschiedenen Sprachen.

In gewisser Weise versteht sich das Museum als eine Art Grundlagenkursus in Sachen Berlin-Geschichte. So bilden alle Stationen zugleich auch den Ausgangspunkt für weitere Beschäftigung mit dem Thema und verweisen stets auch auf andere Museen und Titel aus dem eigenen Sachbuchverlag.

Beim Trägerverein Historiale e.V. hat man einige Erfahrung damit, Geschichte populär und erlebbar zu machen. Von 2006 bis 2012 wurde beim gleichnamigen Festival regelmäßig ein unkonventioneller Zugang zu Geschichte geboten – mit aufwändigen Kostümen mitten auf den Straßen Berlins.

Das Museum, das zuvor seit 2010 in kleinerer Form Unter den Linden beheimatet war, erweitert gleichzeitig auch das Angebot des Berlin Story Bunkers. Auf zwei weiteren Etagen des 1942 errichteten Hochbunkers residieren das Gruselkabinett und das Figurenkabinett »Medizin in alten Zeiten«. Das Komplettpaket ist für 9,50 Euro zu haben, das Museum alleine kostet 5 Euro Eintritt (inkl. Audioguide). Geöffnet ist Dienstag bis Freitag 10–19 Uhr, am Wochenende 12–20 Uhr.

Adresse:
Schöneberger Straße 23a
10963 Berlin

Web: berlinstory-museum.de

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2015.

Verkehrsverknotung Oberbaumbrücke

Einzige direkte Verbindung nach Friechrichshain bis Mai gesperrt

Einseitige Angelegenheit: Wer von Friedrichhain kommt, muss weite Wege fahren.
Foto: psk

Sie gilt als die schönste Brücke Berlins, doch für den Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg hat die Oberbaumbrücke darüber hinaus noch eine ganz besondere Bedeutung. Sie ist die einzige Brücke über die Spree, die die beiden Stadtteile direkt miteinander verbindet. Und diese Verbindung ist nun zur Hälfte gekappt. Für ein dreiviertel Jahr.

Es hat heftige Diskussionen über die Dauer der Teilsperrung und die Teilsperrung an sich gegeben. Tatsächlich gelangen Autofahrer von Kreuzberg nach Friedrichshain, aber umgekehrt ist der Weg verbaut. Die Umleitungen führen über die Schillingbrücke, was in der Köpenicker Straße und am Engeldamm zu massiven Behinderungen führt, oder über die Elsenbrücke, die für Kreuzberger dafür recht weit abgelegen ist.

Grund für die Sperrung ist die Sanierung eines Regenüberlaufkanals. Eigentlich hätte es schon im Mai losgehen sollen, doch dann gab es Querelen zwischen dem Senat und den Wasserbetrieben über eine Ampelschaltung. Bis zum 17. Mai 2013 soll die Sperrung nun dauern.

Dass es auf den eh schon belasteten Ausweichstrecken zu regelmäßigen Behinderungen kommen wird, gilt als ausgemacht. Und so könnte die Diskussion über die Brommy-Brücke wieder neu aufflammen. Die nach dem Admiral der kurzlebigen Bundesmarine aus dem 19. Jahrhundert benannte Brücke, wurde kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges gesprengt, um die Rote Armee aufzuhalten.

Sie lag zwischen Schilling- und Oberbaumbrücke. Pläne für einen Neubau sahen vor, eine Brücke nur für Fußgänger, Radfahrer und Busse zu errichten, andere gingen von einer vierspurigen Brücke für den Autoverkehr aus. Vor allem dieses Konzept stieß auf große Vorbehalte, weil dies Verkehrsströme mitten in den verwinkelten Teil von SO36 geleitet hätte.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2012.

Bethanien brennt

Zwölf Verletzte nach mutmaßlicher Brandstiftung

Steine und Scherben – Das Rauchhaus nach dem Brand. Foto: fh

Bei einem Brand im ehemaligen Schwesternhaus des früheren Bethanienkrankenhauses am Mariannenplatz sind am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages zwölf Personen verletzt worden. Gegen sieben Uhr ging der Alarm bei Feuerwehr und Polizei ein. Noch ehe die Rettungskräfte eintrafen, waren zwei Männer im Alter von 32 und 44 Jahren in Panik aus dem ersten Stock des Gebäudes gesprungen und hatten sich dabei Knochenbrüche zugezogen. Im dem Gebäude leben 40 Menschen, doch wegen einer Weihnachtsfeier am Vorabend hielten sich wesentlich mehr Personen in dem Haus auf. Zehn Verletzungsopfer wurden mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert.

Über die Brandursache wurde zunächst wenig bekannt. Allerdings ließ die Polizei verlauten, dass die Kripo von Brandstiftung ausgehe. Tatsächlich soll das Feuer an zwei verschiedenen Stellen ausgebrochen sein. Ein Brandherd soll im Keller, einer im Treppenhaus gelegen haben.

Mit 120 Mann war die Feuerwehr am Morgen ausgerückt. Trotzdem waren zwei Stunden nötig, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Starke Rauchentwicklung behinderte zudem die Bergung der Opfer. Viele von ihnen gelangten zwar selbst rechtzeitig ins Freie. Doch die Feuerwehrleute mussten noch 26 Personen aus dem Gebäude retten. Während der Löscharbeiten war der Bethaniendamm mehr als zwei Stunden komplett für den Verkehr gesperrt.

Äußerlich hat der Brand nur wenig Spuren an dem Gebäude hinterlassen. Dagegen wurden die Innenräume und die elektrischen Intstallationen stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Sachschaden lässt sich derzeit kaum beziffern. Allerdings scheint die Bausubstanz des Hauses nicht beschädigt worden zu sein. Einsturzgefahr bestehe laut Feuerwehr nicht. Trotzdem mussten die meisten Bewohner das Haus verlassen und sich für die nächsten Tage eine neue Bleibe suchen.

Bei dem Schwesternhaus handelt es sich um jenen Teil des Bethanien, der 1971 besetzt und zum „Georg-von-Rauch-Haus“ erklärt wurde und dem die Band „Ton Steine Scherben“ mir dem „Rauch-Haus-Song“ (Das ist unser Haus) ein musikalisches Denkmal gesetzt hatte.

Ein vergiftetes Geschenk

AGB-Gebäude soll an der Bezirk gehen

Teures Geschenk? Die Amerika-Gedenk-Bibliothek in Kreuzberg. Foto: psk

Auf dieses Geschenk wird der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gerne verzichten. Ob er es kann steht auf einem anderen Blatt. Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU haben nämlich ein überraschendes Zwischenergebnis gebracht. Auf der Temeplhofer Feld soll eine neue Bibliothek entstehen, eine Metropolbibliothek. Knapp 70.000 Quadratmeter auf zehn Stockwerken soll das Gebäude umfassen – und damit die Kapazität von der Bibliothek in der Breitestraße in Mitte und der Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) am Blücherplatz aufnehmen. Der CDU war das alles bislang viel zu teuer. Offensichtlich haben sich die künftigen Koalitionäre noch einmal hingesetzt und mit spitzem Bleistift genau nachgerechnet. 250 Millionen Euro soll das Ganze kosten. Das ist ein stolzer Preis, gewiss, aber nun hat die CDU zugestimmt. Die Begründung lautet: Eine dringend notwendige Sanierung der beiden Standorte in Mitte und in Kreuzberg würde teurer kommen. Der Neubau und damit die Zusammenlegung kämen billiger.

Nun stellt sich allerdings die Frage, was mit den Gebäuden passiert, die so heruntergekommen sind, dass eine Viertel Millarde Euro nicht ausreicht, sie ordentlich zu sanieren? Ganz einfach. Das Haus in der Breitestraße soll an einen privaten Investor verkauft werden. Davon ist in Kreuzberg allerdings nicht die Rede. Der alte und wohl auch neue Senat habe da offenbar ganz konkrete Vorstellungen, wie der Berliner Tagesspiegel zu berichten weiß: »Nach der Eröffnung soll die alte AGB dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg für Kultur- und Bildungszwecke überlassen werden.« Das klingt zwar zunächst sehr gut, aber die Sache hat dann doch einen kleinen, nicht unbedeutenden Haken. Der Bezirk ist chronisch klamm. Um das Gebäude für Bildungs- und Kulturzwecke zu nutzen, müßte es erst einmal umgebaut und renoviert werden. Selbst wenn man die spezifischen Ausgaben, die ein Umbau der Landesbibliothek gekostet hätte, abzeiht, bleiben immer noch Kosten von mehreren Millionen Euro in bedeutender zweistelliger Höhe übrig, die der Bezirk so nicht stemmen kann.  Auf die neugewählte BVV und das künftige Bezirksamt wartet eine spannende Aufgabe.

Genussinitiative scheitert mit Volksbegehren

Schon vor Ablauf der Frist am 25. Mai um 15 Uhr hatte die Genussinitiative ihr Scheitern beim Volksbegehren zur Wahlfreiheit der Wirte eingestanden. Bereits am Sonntagmorgen lag die Pressemitteilung vor, in der Thoma Michel, Sprecher der Initiative, mitteilte, dass es nicht gereicht habe. Am Dienstag war es dann quasi amtlich. Der Landeswahlleiter gab bekannt, dass zwar noch längst nicht alle Unterschriften geprüft worden sein, doch er konnte sich bereits darauf festlegen, dass rund 100.000 Unterstützer fehlten.

Damit hat die Genussinitiative ihr Ziel von 171.000 Unterschriften mehr als deutlich verfehlt. Soviel wären notwendig gewesen, um über das Volksbegehren einen Volksentscheid herbeizuführen. Wäre es zu dem gekommen, hätte die Initiative etwa zehn Mal so viele Wähler an einem Tag an die Urne bringen müssen, wie sie in vier Monaten für die Unterschriftenaktion mobilisieren konnte.

Trotzdem heißt es in der Presseerklärung: „Dennoch ist die Initiative für Genuss Berlin sehr stolz auf das Erreichte“. Allerdings stellte Michel auch die plebiszitären Möglichkeiten in Frage:  „Abschließend wird festgestellt, dass ein Volksbegehren als Bürgerinstrument mit einem Mini-Budget aus Kleinspenden und Eigenbeiträgen nicht durchführbar ist. Die Erreichung der zweiten Stufe wäre nur mit einer wahlkampfmäßig geführten Kampagne im großen Stil machbar, wie ein Vergleich mit den beiden vorangegangenen Berliner Volksbegehren zeigt. Hier stellt die Initiative die Frage: Ist unter diesen Bedingungen ein Volksbegehren überhaupt noch ein basisdemokratisches Werkzeug?“

Polizei nimmt zwei Wochen lang Radler unter die Lupe

Der Frühling kommt nun mit aller Macht und mit ihm auch wieder verstärkt Radler. Im Zeitraum vom 1. bis 13. April 2009 wird die Berliner Polizei im gesamten Stadtgebiet intensive Verkehrskontrollen zum Schutz, aber auch zur Überwachung des Radfahrverkehrs durchführen.

Im Rahmen dieser fast zweiwöchigen Schwerpunktaktion soll dabei in der Öffentlichkeit auch für mehr Rücksichtnahme und Verständnis zwischen Radfahrern, Fußgängern und Kraftfahrern geworben werden. Im vergangenen Jahr 2008 verunglückte etwa alle 1,5 Stunden ein Radfahrer im Berliner Straßenverkehr, mehr als 4.700 bei insgesamt über 7.600 Unfällen mit Radfahrerbeteiligung. Elf Radler verloren 2008 im Straßenverkehr ihr Leben.

Bei den Kontrollen wird besonderes Augenmerk auf die gefährlichsten Fehlverhaltensweisen (Hauptunfallursachen) gerichtet.
Das bedeutet, dass vor allem zum Schutz der Fußgänger gezielt das unzulässige Befahren von Gehwegen und Fußgängerzonen sowie das Fahren auf Radwegen in die Gegenrichtung überwacht werden wird. Insbesondere ältere Mitbürger und Eltern von Kleinkindern fühlen sich auf ihren Gehwegen Radfahrern oftmals schutzlos ausgeliefert.

Erstmals wird die Polizei verstärkt auch auf eine besondere Art von Fahrrädern achten, die so genannten „Fixies“ oder „Singlespeed-Bikes“. Dies sind nur minimalistisch ausgestattete Trend-Räder, die z.B. von Fahrradkurieren und Mitgliedern einer anwachsenden Fan-Szene vermehrt im Großstadtverkehr genutzt werden. Die Räder verfügen zum Zwecke der Gewichtsersparnis und zur Vermittlung eines ganz besonderen „Kicks“ bei der rasanten Fahrt über keinerlei Sicherheitsausstattung, auf Bremsen wird völlig verzichtet. Allein durch vorausschauendes Fahren und enormes Reaktionsvermögen müssen Unfälle verhindert werden. Der Gebrauch solcher ursprünglich für den Bahnradsport entwickelten Geräte im öffentlichen Straßenverkehr ist hochgradig gefährlich und zwangsläufig mit immensen Gesundheits- und Lebensgefahren für alle Verkehrsteilnehmer und die Fahrer selbst verbunden. In der Konsequenz wird die Polizei die Nutzer solcher Fixies nicht nur zur Anzeige bringen, sondern gleichzeitig eindringlich darauf hinweisen, dass die Räder künftig bei wiederholter Feststellung sichergestellt werden.

Zum Schutz der Radfahrer werden Kraftfahrzeugführer verstärkt in ihrem Verhalten beim Rechtsabbiegen gegenüber parallel fahrenden Radfahrern überprüft. Trotz der umfänglichen Diskussionen zu den Gefahren des Toten Winkels bei Lkw verhalten sich immer noch zu viele Fahrer in solchen Situationen unaufmerksam und zum Teil rücksichtslos. Kontrollen werden überwiegend dort stattfinden, wo es in der Vergangenheit vermehrt zu Verkehrsunfällen mit Radfahrerbeteiligung gekommen ist bzw. dort, wo in der täglichen Verkehrsüberwachung auffällig viele dieser Verstöße festgestellt werden müssen.