Kettensägenmassaker statt Karneval

Umfangreiche Sanierungen am U-Bahnhof Gneisenaustraße schockieren Anwohner

Grünstreifen mit gefällten Bäumen oberhalb des U-Bahnhofs Gneisenaustraße, links ein Wahlplakat der Grünen mit dem Slogan "Wir schützen nicht das Klima, sondern: Menschen"Keine gute Werbung für den Klimaschutz: Kahlschlag über dem U-Bahnhof Gneisenaustraße. Foto: cs

Mit großer Fassungslosigkeit wurden die Bewohner:innen des Gneisenaustraßen-Kiezes Mitte Februar Zeugen der Fällung teils über 100 Jahre alter Platanen und Linden oberhalb des U-Bahnhofs Gneisenaustraße zwischen Mittenwalder und Zossener Straße. Grund dafür ist eine gemeinsame Baumaßnahme der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), der Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg (NBB) und der Berliner Wasserbetriebe (BWB).

Geplant sind umfangreiche Sanierungsarbeiten an der überalterten Infrastruktur aus der Gründerzeit. Die BVG ist verantwortlich für die Tunnelsanierung und die Arbeiten am U-Bahnhof. Dazu gehören die Erneuerung der äußeren Abdichtung und der Einbau eines zusätzlichen Rettungswegs. Diese Maßnahmen stehen jedoch nicht im Zusammenhang mit dem seit Monaten im Bau befindlichen Aufzug am U-Bahnhof. Die BWB übernehmen die Arbeiten an den zentralen Trink- und Abwasserleitungen, während die NBB die Gastransportleitungen erneuert.

Die koordinierte Planung soll nicht nur die Bauzeiten optimieren, sondern auch die Einschränkungen des Autoverkehrs und des U-Bahnbetriebs so gering wie möglich halten. Dennoch werden die Eingriffe einen großen Teil des Straßenraums betreffen. Es wird wechselnde Baugruben, zeitweilige Straßensperrungen, Verkehrsbehinderungen, weniger Parkplätze und eine erhöhte Lärmbelastung geben. Ein weiterer Nebeneffekt der Maßnahmen ist, dass der Umzug des Karnevals der Kulturen 2025 nicht wie gewohnt durch Kreuzberg führen kann.

Baumfällungen womöglich ohne vorgeschriebene ökologische Baubegleitung

Laut Bezirksamt und BVG ist die Fällung der Bäume auf der U-Bahn-Trasse unvermeidlich. Die Wurzeln seien in die alte Tunneldecke eingewachsen und würden die dringend notwendige Sanierung gefährden.

Obwohl das Projekt bereits seit drei Jahren geplant ist und am 21. Februar vergangenen Jahres in einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz vorgestellt wurde, kritisieren zahlreiche Kiezbewohner:innen die unzureichende und viel zu späte Informationspolitik.

Erst am 12. Februar, knapp eine Woche vor der Fällung der 18 Bäume, fand eine Informationsveranstaltung im Nachbarschaftshaus Urbanstraße (NHU) statt. Weniger als 20 Personen nahmen teil, davon knapp die Hälfte betroffene Anwohner:innen. Der Grüne Abgeordnete Dr. Turgut Altuğ war als einziger Politiker anwesend.

Die von den BWB, der NBB, der BVG und dem Architekturbüro N. Lehmann Artus GmbH vorbereitete PowerPoint-Präsentation gab zwar einen umfassenden Einblick in das Sanierungsprojekt, hinterließ aber den bitteren Eindruck, dass die Baumfällungen längst beschlossene Sache waren. Fast konnte man den Eindruck gewinnen, dass es sich um eine Art Alibi-Veranstaltung handelte.

Baumschnitt an der GneisenaustraßeAlle 18 Linden und Platanen zwischen Mittenwalder und Zossener Straße wurden gefällt. Foto: cs

Die Bauzeit ist in fünf Bauabschnitten bis 2028/2029 geplant. Wer Berlin kennt, weiß aber, dass sich solche Projekte oft um einige Jahre verzögern können. Der anwesende Verein mog61 e.V. kritisierte die unzureichende Ankündigung der Informationsveranstaltung. Von der BVG wurde dann angegeben, dass angeblich 14.700 Flyer im Kiez verteilt worden seien. Doch alle vom Verein befragten Anwohner:innen gaben an, keine Informationen erhalten zu haben. Auch dem Verein ist niemand bekannt, der einen Flyer oder eine Postwurfsendung im Briefkasten gefunden hat. Kein Wunder also, dass so wenige an der Veranstaltung teilnahmen. Der Verein und einige weitere Anwesende erfuhren nur durch die Vernetzung mit dem NHU von der Veranstaltung. Die Frage nach weiteren Veranstaltungen wurde von der BVG an diesem Tag mit der Begründung abgelehnt, dass der organisatorische Aufwand zu groß sei.

Katrin Schmidberger, MdA, antwortete schriftlich auf eine Anfrage mit Kritik von Anwohner:innen: »Der Bezirk hat für die Baumfällungen nicht nur hohe Anforderungen an Ausgleichsmaßnahmen (sowohl monetär als auch qualitativ) gestellt, sondern auch die BVG verpflichtet, sämtliche Öffentlichkeitsarbeit in Form von Pressemitteilungen, Aushängen und Infoveranstaltungen zu übernehmen, damit die Anwohner:innen informiert sind. Eine Informationsveranstaltung der BVG hat am 12.2. stattgefunden und sollte eigentlich per Postwurfsendung an alle Anwohner:innen, Gewerbetreibenden und Einrichtungen gehen. Sollte diese Information euch nicht erreicht haben, ist dies natürlich mehr als ärgerlich.«

Zwischenzeitlich haben sich verschiedene Widerstandsinitiativen gebildet. Unter anderem die Berliner NaturFreunde und das Bündnis Stadtnatur in K61 appellieren eindringlich an die zuständigen Behörden, alle weiteren Maßnahmen auszusetzen, bis alle ökologischen und artenschutzrechtlichen Bedenken umfassend geklärt sind.

Ein Schreiben des Bezirksamts auf Anfrage des Bündnisses Stadtnatur in K61 gibt Anlass zur Sorge. Darin heißt es: »Seitens der Bauherren wurde uns im vergangenen Jahr eine artenschutzfachliche Bewertung vorgelegt. Da diese nicht den herkömmlichen Standards hinsichtlich Brutvögelerfassung, Fledermausfauna und Habitatstrukturen entsprach, wurden entsprechende Nachuntersuchungen gefordert. Diese wurden jedoch nicht vorgelegt. Nach wie vor ist unklar, ob die mit dem Gestattungsvertrag des Straßen- und Grünflächenamtes zur Fällung der Bäume beauflagte ökologische Baubegleitung stattgefunden hat.«

Fest steht: Die U7 wird saniert, die Bäume sind bereits gefällt, und eine weitere öffentliche Informationsveranstaltung ist nicht geplant. Die Anwohner:innen fühlen sich übergangen, und der Unmut dürfte noch lange anhalten.

Erschienen in der gedruckten KuK vom März 2025 (auf Seite 1).

Grünendämmerung in Kreuzberg

Pascal Meiser (Linke) gewinnt das Direktmandat im Wahlkreis 82

Pascal Meiser, im Hintergrund der U-Bahnhof Kottbusser TorPascal Meiser zieht wieder in den Bundestag ein – erstmals über ein Direktmandat. Foto: Marshl Ceron

Seitdem Hans-Christian Ströbele 2002 erstmals den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost gewinnen konnte (das erste Grüne Direktmandat überhaupt), war der Wahlkreis fest in Grüner Hand. Ströbeles Nachfolgerin Canan Bayram konnte 2017 und 2021 an den Erfolg anknüpfen.

Bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar trat jetzt Katrin Schmidberger, die seit 2011 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses ist, für die Grünen an. Mit respektablen 30,6 % der Erststimmen musste sie sich jedoch Pascal Meiser von der Linken geschlagen geben, der 34,7 % holen konnte. Drittplazierte ist Carmen Sinnokrot (SPD) mit 13,1 %. Meiser war bereits 2017 und 2021 im Wahlkreis angetreten und hatte sich beide Male mit dem zweiten Platz hinter Canan Bayram begnügen müssen. Über die Landesliste konnte er in beiden Jahren dennoch in den Bundestag einziehen. Die Wiederholungswahl in einem Teil der Berliner Wahlbezirke im Februar 2024 kostete ihn dann allerdings wegen schlechter Ergebnisse für die Linke und einer insgesamt geringen Wahlbeteiligung sein Mandat.

Da Schmidberger und Sinnokrot jeweils nur auf Platz 10 ihrer jeweiligen Landesliste gesetzt waren, ziehen sie nicht in den Bundestag ein, so dass Kreuzberg, anders als in den Jahren 2009 bis 2024, nur noch mit einem Wahlkreisabgeordneten vertreten ist.

Auch bei den Zweitstimmen ist die Linke stärkste Kraft im Bezirk (31,7 %, +13,1 %-Pkt.), während die Grünen herbe Verluste hinnehmen mussten (25,9 %, -5,9). Es folgen mit einigem Abstand SPD (13,4 %, -4,2), CDU (9,3 %, +1,3), AfD (7,2 %, +2,3) und FDP (2,8 %, -2,4).

Die Wahlbeteiligung im Wahlkreis 82 lag dieses Jahr bei 82,7 %, das sind 4,4 %-Punkte über dem Berliner Durchschnitt und 4,3 %-Punkte über dem Wert der Wahl in 2021.

Erschienen in der gedruckten KuK vom März 2025 (auf Seite 1).

Die Qual der Wahl?

Die Direktkandidat*innen aus dem Wahlkreis 82 stellen sich vor

Während mit der Zweitstimme bei Bundestagswahlen vor allem eine Partei gewählt wird, geht es bei der Erststimme um ganz konkrete Personen. Die wohnen in aller Regel der Fälle selbst im jeweiligen Wahlkreis und kennen damit (hoffentlich) auch die Sorgen, Nöte und Bedürfnisse, mit denen man sich dort herumschlägt. Wer das Mandat erringt, ist auch nach der Wahl in gewisser Weise direkter Ansprechpartner für die Bewohner des Wahlkreises.

Wir haben deshalb die Bewerberinnen und Bewerber der wichtigsten demokratischen Parteien aus dem Wahlkreis 82 (Friedrichshain-Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost) gebeten, sich kurz und knapp vorzustellen. Gelegenheiten, die Personen hinter den Steckbriefen kennenzulernen, gibt es insbesondere während des Wahlkampfs reichlich – mehr erfährt man über die Social-Media-Kanäle der Kandidat*innen.

Sven Hoffmeister

Sven HoffmeisterSven Hoffmeister. Foto: Johannes Höhr (Hoehr Media)
Fahrrad –|––––––––– ÖPNV
Tee –––––––|––– Kaffee
süß ––|–––––––– salzig
Couch ––––––––|–– Party
Meer –––––|––––– Berge
TV ––––––––––| Streaming
Name:
Sven Hoffmeister
Alter:
37
Partei:
FDP
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten mit
Besuchen des BKA Theaters oder einem Besuch beim Restaurant Felix Austria.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Kreuzberg hat heute schon eine lebendige Kulturszene und viele kreative Menschen. In 10 Jahren könnte sich das weiter verstärken. Vielleicht wird Kreuzberg noch mehr zu einem Zentrum für Start-ups, Künstler und digitale Unternehmen, die neue Ideen entwickeln und umsetzen.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Kreuzberg – Freiheit leben und lieben – für alle.
Instagram:
@svenforchange

Katrin Schmidberger

Portrait von Katrin SchmidbergerKatrin Schmidberger. Foto: Vincent Villwock / Grüne Fraktion Berlin
Fahrrad –|––––––––– ÖPNV
Tee ––––––––|–– Kaffee
süß –––––––––|– salzig
Couch –––|––––––– Party
Meer ––|–––––––– Berge
TV –––––––|––– Streaming
Name:
Katrin Schmidberger
Alter:
42
Partei:
Bündnis 90/Die Grünen
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten mit:
Im Sommer draußen Chillen mit Freund*innen – im Görli, am Landwehrkanal und auf dem Tempelhofer Feld. Im Winter mit Ausschlafen.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Kreuzberg bleibt bunt, kämpferisch, solidarisch & offen. Jede*r hat ein sicheres Dach über dem Kopf und es gibt soziale Angebote für alle. Innenhöfe, öffentliche Plätze und Dächer sind grün.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Die Häuser denen, die drin wohnen!
Instagram:
@schmidbergerkatrin
Twitter/X:
@kaddinsky
Bluesky:
@katrinschmidberger.bsky.social

Carmen Sinnokrot

Carmen SinnokrotCarmen Sinnokrot. Foto: Anna Spindelndreier
Fahrrad ––––|–––––– ÖPNV
Tee ––––––––––| Kaffee
süß –––––––|––– salzig
Couch ––––|–––––– Party
Meer |–––––––––– Berge
TV ––|–––––––– Streaming
Name:
Carmen Sinnokrot
Alter:
46
Partei:
SPD
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten
spazierend durch den Viktoriapark bei Sonne und mit gutem Kaffee. Oder in einem der vielen kleinen tollen Buchläden.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Wir sind immer noch bunt und eckig, halten zusammen. Die Mieten und die Nazis haben wir in den Griff bekommen.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Kein Fußbreit dem Faschismus!
Instagram:
@carmensinnokrot
Bluesky:
@carmensinno.bsky.social
Mastodon:
@carmen@spd.social

Kevin Kratzsch

Kevin Kratzsch. Foto: Dustin Jobst
Fahrrad ––––––––|–– ÖPNV
Tee ––––––––––| Kaffee
süß ––––––––|–– salzig
Couch ––––––––––| Party
Meer ––|–––––––– Berge
TV ––|–––––––– Streaming
Name:
Kevin Kratzsch
Alter:
42
Partei:
CDU
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten
am Paul-Lincke-Ufer, im Bergmannkiez und in der Markthalle 9.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Als einen der vielfältigsten, lebendigsten und vielseitigsten Stadtteile Berlins. In dem hoffentlich Wohnen bezahlbar ist und man sicher durch die Straßen gehen kann.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Individualität schützen, Innovation fördern, Kreativität erhalten
Instagram:
@kevkratzsch
TikTok:
@kevin_kratzsch

Pascal Meiser

Portrait Pascal MeiserPascal Meiser. Foto: Marshl Ceron
Fahrrad –––––|––––– ÖPNV
Tee |–––––––––– Kaffee
süß ––––––––|–– salzig
Couch ––––|–––––– Party
Meer ––––––|–––– Berge
TV ––|–––––––– Streaming
Name:
Pascal Meiser
Alter:
49
Partei:
Die Linke
Meine Freizeit in Kreuzberg verbringe ich am liebsten mit
meiner Fußballmannschaft, der Ü40 der FSV Hansa 07, mit der ich, wenn immer möglich, noch auf Punktejagd in der Altliga-Landesliga gehe.
Hier sehe ich Kreuzberg in zehn Jahren:
Ich hoffe sehr, dass dann noch viel von dem rustikalen Charme Kreuzbergs erhalten ist. Aber dafür werden wir uns gewaltig gegen die Macht des großen Geldes zur Wehr setzen müssen.
Mein Slogan für Kreuzberg:
Alle gehen nach rechts? Kreuzberg bleibt links: Löhne rauf, Mieten deckeln – dafür kämpfe ich!
Facebook:
@pascalmeiser361
Instagram:
@pascal.meiser.36

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2025 (auf Seite 14).

Heftige Kritik am Kreisverband

Canan Bayram begründet Rückzug

Hans-Christian Ströbele schiebt sein Fahrrad, daneben Canan BayramCanan Bayram (hier mit Amtsvorgänger Ströbele) will nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Foto: Grüne Fraktion Berlin, Oliver Feldhaus

Nach der Ankündigung von Katrin Schmidberger, bei der kommenden Bundestagswahl als Grüne Direktkandidatin für den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost antreten zu wollen, hat sich jetzt die derzeitige Amtsinhaberin Canan Bayram zu Wort gemeldet.

»Nach gründlicher Prüfung habe ich mich gegen eine Kandidatur entschieden«, schreibt sie in einem Brief an die Bewohner des Wahlkreises. Ihr werde »immer weniger klar, wofür die Partei Bündnis 90/Die Grünen eigentlich steht«. Im Bundestag habe sie zwar – auch abweichend von der Fraktion – immer ihre eigene Überzeugung vertreten, Debatten würden aber »immer weniger inhaltlich geführt«, sodass es ihr schwerfalle, die getroffenen Entscheidungen nach außen zu vertreten. Die Fraktion nehme »weniger Menschenrechte als po­pu­lis­ti­sche Diskurse in den Fokus ihrer Arbeit«. So laufe sie Gefahr, lediglich als »Feigenblatt« zu fungieren. Bei den Debatten zum umstrittenen Sicherheitspaket gehörte Bayram dann auch zu den Unterzeichnern eines offenen Briefes der Grünen-Basis an die eigene Parteispitze, die den Kurs in Sachen Asylpolitik scharf kritisiert.

Bayram kritisiert indessen nicht nur Parteispitze und Bundestagsfraktion, sondern geht auch mit ihrem eigenen Kreisverband ins Gericht. »Der bündnis-grüne Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg hat sich stark verändert und ist nicht mehr so in dem Wahlkreis vernetzt, wie er es früher war und wie es für meine politische Arbeit notwendig wäre«, heißt es in dem Brief weiter. »Die Gewähr für diskriminierungsfreie politische Arbeit kann vom Geschäftsführenden Ausschuss nicht geleistet werden und damit ist eine für mich notwendige Voraussetzung nicht mehr gegeben. Ich unterstütze keine der Kandidaten bzw. Kandidatinnen und werde den Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg nicht im Wahlkampf unterstützen.«

Canan Bayram sitzt seit 2017 für die Grünen im Bundestag. Wie ihr Vorgänger Hans-Christian Ströbele, der das Mandat seit 2002 innehatte, war sie damit zunächst die einzige direkt gewählte Abgeordnete ihrer Partei.

Dass Bayram nicht mehr antreten will, war bereits seit einiger Zeit bekannt, die massive Kritik an der eigenen Partei überrascht jedoch – auch in Anbetracht der Tatsache, dass ihre designierte Nachfolgerin Katrin Schmidberger vergangenen Monat noch versichert hatte, parteiintern sei »alles schick«. Schmidberger ist von ihrer Partei mittlerweile jedenfalls mit 120 von 194 abgegebenen Stimmen zur Direktkandidatin des Wahlbezirks gewählt worden. Bis zum Ende der Legislatur wird Bayram das Amt weiter ausüben.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2024 (auf Seite 7).

Bewerbung um die Grünen-Hochburg

Katrin Schmidberger will in die Fußstapfen von Hans-Christian Ströbele und Canan Bayram treten

Portrait von Katrin SchmidbergerKatrin Schmidberger will für den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost antreten. Foto: Vincent Villwock / Grüne Fraktion Berlin

Während es im Rest des Landes nach der Europa- und mehreren Landtagswahlen so schlecht um die Grünen bestellt ist, dass sich der Bundesvorstand der Partei genötigt sah, seinen Rücktritt zum November anzukündigen, geht der Bezirk ohne Weiteres als Grünen-Hochburg durch. Durchgängig seit 2002 gelang es zunächst dem 2022 verstorbenen Hans-Christian Ströbele und seit der Bundestagswahl 2017 Canan Bayram, das Direktmandat im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost zu erringen. Jahrelang war er gar der einzige Grüne Wahlkreis überhaupt.

In diese Fußstapfen möchte nun Katrin Schmidberger treten, die seit 2011 für die Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt. Nachdem sie zunächst über die Lan­des­lis­te ins Parlament einzog, kandidierte sie ab 2016 erfolgreich als Direktkandidatin für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg – und erreichte dabei stets über 40 Prozent der Stimmen.

Hans-Christian Ströbele schiebt sein Fahrrad, daneben Canan BayramDer Wahlkreis ist mit Hans-Christian Ströbele (2002, 2005, 2009, 2013) und Canan Bayram (2017, 2021) fest in Grüner Hand. Foto: Oliver Feldhaus

Bundespolitisch will sich Schmidberger vor allem mit dem Thema Mieten beschäftigen, auf das sie sich schon im Abgeordnetenhaus fokussiert hat. »Wir müssen den Berliner Wohnungsmarkt endlich wieder in faire Bahnen lenken«, erklärt sie. Mit dem Milieuschutz in fast allen Bezirken, mit dem Vorkaufsrecht, dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz und der Genossenschaftsförderung zum Ankauf von Wohnraum habe man zwar schon wesentliche Instrumente zum Einsatz gebracht. Dennoch habe sich die Lage für Mieter*innen weiter zugespitzt. »In den fast 13 Jahren als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses musste ich immer wieder feststellen, dass wir Städte zu oft politisch quasi ohnmächtig sind, Menschen wirklich vor Verdrängung zu schützen und Vermieter*innen zu angemessenem Wohnraum zu verpflichten.« Daher wolle sie die wohnungspolitische Wende gemeinsam mit den anderen Städten erkämpfen. »Wenn Berlin den Mietendeckel nicht selbst machen darf, dann müssen wir ihn für Berlin uns aus dem Bund eben holen.«

Doch zunächst einmal muss sich Schmidberger das Mandat und zuvor die Nominierung innerhalb ihrer Partei sichern. Die derzeitige Mandatsträgerin Canan Bayram war für ein Statement nicht zu erreichen, doch parteiinterne Zwistigkeiten scheint es nicht zu geben. Schmidberger versichert jedenfalls: »Ja, alles schick.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2024 (auf Seite 3).

Zum Kandidieren verdammt

Der kommende Wahlkampf steckt voller Absurditäten

Lange Schlange vor einem WahllokalZwei Stunden anstehen für nichts. Die Berlin-Wahl vom September 2021 wird wiederholt. Foto: psk

»Ich freue mich ganz unglaublich darauf«, sagt Oliver Nöll und die beißende Ironie ist nicht zu überhören. Als Bezirksstadtrat unter anderem für Bürgerdienste fällt die Vorbereitung für die Wiederholung der Berlinwahl in sein Ressort. An der Person des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters lässt sich der ganze Irrsinn dieser Wahlwiederholung ziemlich gut verdeutlichen.

Der ehemalige Spitzenkandidat der Linken muss erneut für die BVV kandidieren, obwohl er als Bezirksstadtrat der BVV gar nicht angehören darf. Seinen Job im Rathaus wird er auch über den 12. Februar hinaus behalten können, denn im Gegensatz zum Senat bleiben die Bezirks­ämter in ihrer Besetzung erhalten – es sei denn, ein Bezirksstadtrat wird mit Zweidrittel-Mehrheit abgewählt. Eine solche Mehrheit scheint gegen keinen Bezirksstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg in Sicht.

Wie er allerdings Wahlkampf führen und gleichzeitig die Wahl vorbereiten soll, ist Oliver Nöll jedoch einigermaßen schleierhaft.

Auch Hannah Lupper muss erneut kandidieren. Die SPD-Kandidatin ist im Wahlkreis 1 angetreten, ausgerechnet gegen Katrin Schmidberger, die Stimmenkönigin der Grünen. »Alle Parteien haben die Wahlplakate schon vor dem Urteil des Landesverfassungsgerichts in Auftrag gegeben«, erzählt Hannah Lupper. Natürlich wird sie sich auch dieses Mal wieder voller Elan in den Wahlkampf stürzen. Ein mulmiges Gefühl hat sie diesmal allerdings schon. Sie wurde von einem Stalker verfolgt und hatte das in der Presse auch öffentlich gemacht. Und ausgerechnet nun wird ihr Gesicht bald wieder auf Hunderten von Wahlplakaten zu sehen sein. Sehr glücklich ist sie bei dem Gedanken nicht. Aber sie ist von Gesetzes wegen verpflichtet anzutreten.

Berlin droht nun der Dauerwahlkampf

Wäre es übrigens nach den gesetzlichen Fristen gegangen, dann hätten in der Heiligen Nacht die ersten Plakate aufgehängt werden dürfen. Die Parteien haben sich aber geeinigt: Nun darf erst ab 2. Januar plakatiert werden. Für Hannah Lupper ist das eigentlich immer noch zu früh. Sie denkt an Wahlkampfhelfer, die in das neue Jahr feiern »und am nächsten Tag auf Metallleitern klettern müssen.«

Wer den neuen Wahlkampf nun eigentlich finanziert, ist weder der SPD-Kandidatin noch dem Bezirksstadtrat von der Linken klar. Wie das mit der Wahl­kampf­kos­ten­rück­er­stattung aussieht, weiß derzeit wohl niemand genau.

Es ist nicht die einzige Frage, die bislang noch ungeklärt ist. Ist eine beantwortet, so scheinen sich gleich zwei neue zu stellen. Sowohl Hannah Lupper als auch Oliver Nöll erinnern allerdings auch daran, dass diese Situation einzigartig ist. Noch nie hat in Berlin eine komplette Wahl wiederholt werden müssen. »Es gibt einfach keinen Präzedenzfall«, meint Oliver Nöll.

Er kann zwar davon ausgehen, dass er Bezirksstadtrat bleibt, doch was geschieht, wenn die SPD die Linke überholt? Wird dann Kollege Andy Hehmke stellvertretender Bezirksbürgermeister? Oliver Nölls offene Antwort: »Ich weiß es nicht.«

Hannah Lupper treibt derweil noch eine ganz andere Frage um. Sie rechnet vor, dass nach der Berlinwahl im Jahr darauf die Europawahl, dann die Bundestagswahl und danach schon die nächste reguläre Berlinwahl folgen. »Wir haben dann fünf Jahre jedes Jahr Wahlkampf. Und im Wahlkampf wird keine Politik gemacht«, meint sie und befürchtet nun den völligen politischen Stillstand.

In einem sind sich parteiübergreifend wohl die meisten Akteure einig: Das ist ein Wahlkampf, den niemand wirklich will.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2022.

Das Ende des gallischen Dorfes

Die Wahlanalyse: Vom Schmuddelkind zum Vorzeigeobjekt

bvv-sitzebvv-prozent Sitzverteilung und Stimmverteilung in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg. Grafik: kuk

Natürlich war in Friedrichshain-Kreuzberg wieder alles ganz anders, als im Rest von Berlin, sonst wäre der Bezirk ja auch nicht das chaotische Epizentrum dieser Republik. Die Grünen erreichten in absoluten Stimmen gerechnet ein besseres Ergebnis als vor vier Jahren. Die Linken zog triumphal an der SPD vorbei. Die AfD hatte hier nicht den Hauch einer Chance und sieht sich in der BVV umringt von anderen Exoten wie der Partei »Die PARTEI«, den Piraten oder der FDP. Gerechtigskeitshalber muss man auch noch die CDU dazu zählen. Deren Schmuddelwahlkampf am Ende dürfte den Grünen noch einige Stimmen hinzugespült haben. Nicht einmal mehr acht Prozent erreicht die Truppe um Kurt Wansner. Acht Parteien teilen sich nun die 55 Sitze im Bezirksplenum. Das verheißt heitere Sitzungstage.

R2G bleibt unter sich

Im Rathaus hatten sich am Wahlabend ausnahmslos Mitglieder und Anhänger von Grünen, SPD und Linken im Sitzungssal eingefunden, um die Bekanntgabe der Ergebnisse mit zu verfolgen. Kein Pirat ließ sich sehen, und für die CDU ist das Kreuzberger Rathaus in der Yorckstraße sowieso Feindesland. Und dort machte sich auch schnell eine gewisse R2G-Stimmung breit, so das inzwischen immer häufiger genutze Kürzel für eine rot-rot-grüne Koalition, die sich in Berlin nun fast zwangsläufig anbahnt. Es ist nicht die erste in der Republik. In Thüringen funktioniert dieses Bündnis unter dem ersten Linken-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow ganz ordentlich.

Zusammenarbeit ist schon fünf Jahre alt

Trotzdem schielen viele Berliner Politiker nun deutlich eher nach Kreuzberg und Friedrichshain, als nach Erfurt, denn faktisch haben rot-rot-grün im Bezirk die letzten Jahre eigentlich schon zusammengearbeitet, auch wenn immer wieder mal die Funken stieben und die beiden roten Teile dem grünen bisweilen die »Arroganz der Macht« vorwarfen. Am Sonntagabend war das vergessen und die Akteure wurden nicht müde, sich gegenseitig zu versichern, dass man ja in den letzten fünf Jahren ganz gut zusammengearbeitet habe.

Alles zielt aufs Grüne Rathaus

Im Bezirksamt hat das in der Tat ganz gut geklappt. Das scheint auch logisch, denn für die Große Koalition war das einzige Grün regierte Rathaus natürlich auch die logische und ideologische Zielscheibe aller Angriffe auf die kommunale Politik. In allen anderen Rathäusern saßen entweder rote oder schwarze Bürgermeister. Es war doch völlig klar, dass dann hier alle ein wenig enger zusammen rückten – wenigstens jene, deren Herz eher auf der linken Seite schlägt.

Und plötzlich Vorzeigeobjekt

stimmungHans-Christian Ströbele (2 v.l.) verfolgt die eingehenden Wahlergebnisse. Foto: psk

»Das ist jetzt das Ende des gallischen Dorfes«, sagte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann am Wahlabend. Die Zeiten des »Allein gegen alle« sind nun vorbei. Es ist jetzt davon auszugehen, dass Friedrichshain-Kreuzberg nicht mehr der Quell allen Übels auf dieser Welt ist, sondern ganz plötzlich zum Vorzeigeprojekt mutiert. Mit Volker Beck, Kerstin Müller und Hans-Christian Ströbele schaute auch ausgewiesene Grüne Parteiprominenz am Wahlabend im Kreuzbeger Rathaus vorbei. Nur Zufall? Auch wenn nach dem Zweitstimmenanteil die Grünen in einer R2G-Koalition nur drittstärkste Kraft wären, so bringen sie doch Pfunde in den Preußischen Landtag mit. Zum einen werden in Zukunft wohl zwei Rathäuser von den Grünen beherrscht, außerdem verfügen die Grünen über eine so solide Wählerschaft, wie keine andere Partei. Ein Zeichen dafür ist auch der sensationell hohe Sieg von Katrin Schmidberger, die mit 44,1 Prozent das beste Erststimmenergebnis in der ganzen Stadt einfuhr. Auch ihre Mitstreiter in den anderen Wahlkreisen des Bezirks holten – mit einer Ausnahme in Friedrichshain – ihre Wahlkreise mit großen Vorsprüngen.

schmidbergerKatrin Schmidberger holte so viele Stimmen, wie sonst kein Kandidat in Berlin. Foto: psk

Die künftigen Koalitionäre tun gut daran, den Erfahrungsschatz aus Kreuzberg und Friedrichshain schon für die Verhandlungen zu nutzen. Das gilt für die positiven, wie die negativen Erfahrungen, die hier gemacht wurden. Denn eines ist allen Beteiligten klar: Wenn im Stadtstaat Berlin eine rot-rot-grüne Landesregierung das Ruder übernimmt und diese Koalition zu einer Erfolgsgeschichte machen sollte, dann werden auch die Karten bundespolitisch noch einmal völlig neu gemischt. Und wo hat diese Entwicklung begonnen? In einem kleinen »Gallischen Dorf« im Herzen von Berlin.

Kommentar: Danke Frank Henkel! Danke AfD!

Wahlkreise wurden geschrumpft

Grüne schielen in Kreuzberg auf alle Direktmandate bei der Abgeordnetenwahl

Die wichtigste Neuerung bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus betrifft die Wahlkreise. Gab es bisher drei für Friedrichshain und drei für Kreuzberg, gibt es nun mehr fünf. Den spreeübergreifenden Wahlkreis 2 teilen sich nun beide Teilbezirke und er reicht von der Stralau in Friedrichshain bis zum Kotti im Herzen Kreuzbergs. Ein kleines Stück des nördlichen Graefekiezes ist ebenfalls noch dem Wahlreis 2 zugeschlagen worden. Im Süden Kreuzbergs liegt der Wahlkreis 1, der vom Chamissoplatz bis in den Graefekiez reicht. Aus dem massiven Block ist ein fast quadratisches Stück herausgeschnitten und dem Wahlkreis 3 zugeschlagen worden. Es wird von Gneisenau-, Zossener, Baerwald- und Johanniterstraße begrenzt.

In Friedridrichshain-Kreuzberg treten SPD, CDU, FDP, ÖPD, Bergpartei und die Violetten mit Bezirkslisten an, alle anderen Parteien gehen mit Landeslisten ins Rennen. Favorit sind, wie bereits bei den letzten Wahlen, die Grünen. Sie eroberten vor fünf Jahren fünf von sechs Wahlkreisen.

Grüne

Die Direktkandidaten der Grünen: Katrin Schmidberger (WK1), Marianne Burkert-Eulitz (WK2) und Dr. Turgut Altug (WK3).

Fotos: Grüne / Erik MarquardDie Direktkandidaten der Grünen: Katrin Schmidberger (WK1), Marianne
Burkert-Eulitz (WK2) und Dr. Turgut
Altug (WK3). Fotos: Grüne / Erik Marquard

Der »Tagesspiegel« titelte: »Grüner wird’s wirklich nicht«. In der Tat scheint der neue Zuschnitt der Wahlkreise die Grünen nicht gerade zu benachteiligen. Es hat sich allerdings einiges getan. Mit Heidi Kosche und Dirk Behrendt, die nicht mehr antreten, verlieren die Grünen in Kreuzberg zwei echte Zugpferde. Behrendt hatte für die Grünen sogar das beste Ergebnis überhaupt eingefahren.

Trotzdem, diejenigen Kandidaten, die in Kreuzberg diekt antreten, sollten auch alle das Duell gegen die Mitbewerber gewinnen.

Dr. Turgut Altug (WK3), Katrin Schmidberger (WK1) und Marianne Burkert-Eulitz (WK2) sitzen alle bereits im Abgeordnetenhaus und würden auch gerne in der nächsten Legislatur dabei sein. Abgesichert über die Landesliste ist hier keiner. Es sollte trotzdem reichen.

SPD

Die Direktkandidaten der SPD: Börn Eggert (WK1), Sven Heinemann (WK2) und Sevim Aydin (WK3).

Fotos: SPD Berlin/Joachim GernDie Direktkandidaten der SPD: Börn Eggert (WK1), Sven Heinemann (WK2) und Sevim Aydin (WK3). Fotos: SPD Berlin/Joachim Gern

Die SPD ist in ihrer einstigen Hochburg inzwischen klar und ungefährdet die Nummer zwei. Björn Eggert kandidiert für den Wahlkreis 1 und dürfte es hier sehr schwer haben, sich gegen Katrin Schmidberger durchzusetzen, ihm bleibt die Hoffnung auf die Bezirksliste. Das gilt auch für Sevim Aydin, die im Wahlkreis 3 antritt. Sven Heinemann kandidiert im neugebildeten Wahlkreis 2.

Auch für ihn wird es nicht leicht. Immerhin hat die SPD in Friedrichshain vor vier Jahren ein Direktmandat gewonnen, dass sich Susanne Kitschun auch diesmal wieder holen möchte.

Linke

Direktkandidaten der Linken: Gaby Gottwald (WK1), Pascal Meisner (WK2) und Jiyan Durgun (WK3).

Fotos: Linke BerlinDirektkandidaten der Linken: Gaby Gottwald (WK1), Pascal Meisner (WK2) und Jiyan Durgun (WK3). Fotos: Linke Berlin

Für die Linke ist es klar, dass sie ihre Position als dritte Kraft verteidigen will, und sie stützt sich dabei natürlich auch auf ihre traditionelle Stärke in Friedrichshain. Doch auch in Kreuzberg sind die Linken längst angekommen und profitieren vor allem von zwei Dingen: Einerseits betreibt die Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak ein sehr engagiertes Bürgerbüro am Mehringplatz, andererseits verfügt sie mit Knut Mildner-Spindler auf kommunaler Ebene über einen rührigen Bezirksstadtrat. Trotzdem wird es für das Trio um den Kreisvorsitzenden Pascal Meisner, der selbst im Wahlkreis 2 antritt, sehr schwer werden. Er und Jiyan Durgun (WK3) müssten schon direkt durchkommen. Gaby Gottwald muss auf Platz 25 der Landesliste schon auf ein sehr gutes Abschneiden der eigenen Partei hoffen, um ins Abgeordnetenhaus einzuziehen.

Piraten

Es war leider ein recht kurzes Intermezzo, das die Piraten im Preußischen Landtag gegeben haben. Immerhin sorgten sie dort für viel Unterhaltung – und mit dem Vorsitz im BER-Untersuchungsausschuss prägten sie auch die Legislatur entscheidend mit. Der bekannteste Bezirkspirat ist Fabio Reinhard, der im Wahlkreis 3 antritt.

Rest-Pirat: Fabio Reinhardt wird der Einzug ins Abgeordnetenhaus kaum wieder gelingen. Als Trostpreis winkt aber die BVV. Foto: B. StadlerRest-Pirat: Fabio Reinhardt wird der Einzug ins Abgeordnetenhaus kaum wieder gelingen. Als Trostpreis winkt aber die BVV. Foto: B. Stadler
Der Ewige Wansner Kurt Wansner wird als CDU-Minderheitenvertreter für Kreuzberg wohl wieder ins Abgeordnetenhaus kommen. Foto: pskDer Ewige Wansner
Kurt Wansner wird als CDU-Minderheitenvertreter für Kreuzberg wohl wieder ins Abgeordnetenhaus kommen. Foto: psk

CDU

Dass die Kreuzberger Christdemokraten eher eine Splitterpartei im Bezirk darstellen, wissen sie selbst am besten. Trotzdem hat es für den ewigen Kurt Wansner über die Liste ins Abgeordnetenhaus gereicht. Er führt die Bezirksliste an, und so sollte der streitbare Handwerksmeister, der angeblich schon selbst die Kanzlerin zur Weißglut getrieben hat, seinen Platz in der letzten Bankreihe der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus verteidigen zu können.

FDP

Vielleicht sorgt ja die FDP für eine Überraschung. Landesweit kämpft sie derzeit um die Fünf-Prozent-Hürde. Sollte sie die überschreiten, dann ist ein FDP-Abgeordneter für Friedrichshain-Kreuzberg nicht wahrscheinlich, aber denkbar.

AfD

Ganz undenkbar scheint vielen im multikulturellen und weltoffenen Kreuzberg, dass ein AfD-Abgeordneter den Bezirk verteten könnte. Ausgeschlossen ist das nicht. Die Stimmen kämen dann auch nicht, wie man sich zwischen Kotti und PladeLü dann gerne einreden würde, nur aus Friedrichshain. Auch in Kreuzberg gibt es Ecken, wo man die AfD gar nicht so schrecklich findet. Wer mal ein wenig in die Luisenvorstadt zwischen Linden- und Alexandrinenstraße reinhört, wird da Erstaunliches vernehmen.

Und der Rest …

Bunt ist die Mischung wie immer bei Wahlen in Friedrichshain-Kreuzberg, wenngleich der Exoten weniger sind. Für die Bergpartei geht zum Beispiel der gelernte Grabredner Jan Theiler ins Rennen, der als Beruf Clown angibt. Zudem treten im Wahlkreis 3 auch noch zwei Einzelkandidaten an.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2016.