Bezirksamt freut sich über Lärmomatzahlen

Lärmpegel war 63 Stunden lang überschritten

Der Lärmomat wurde ausgewertet und der Bezirk ist zufrieden. Foto: psk

Der vielbeachtete Lärmomat an der Admiralbrücke, der dort Ende Juli aufgestellt wurde, wurde im November schon wieder abgebaut. Das war nun nichts Sensationelles, denn in den kommenden Monaten sollten die Ergebnisse ausgewertet werden.

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat die gewonnenen Erkenntnisse nun veröffentlicht.

In dem dreimonatigen Versuchslauf war die Warnfunktion täglich von 22 bis 4 Uhr morgens aktiviert. Konkret bedeutete das: Wenn der Lärmpegel 55 Dezibel überstieg, mahnte ein rotes Licht die Flaneure, mehr Ruhe zu bewahren.

Die Auswertung ergab, dass insgesamt 63 Stunden lang der Lärmpegel überschritten war.

Diese 63 Stunden verteilten sich natürlich nicht gleichmäßig. 27 Mal wurde im August die Lärmlatte gerissen, im September waren es 23 Stunden, im Oktober noch 13. Am häufigsten wurde es an Freitagen und Samstagen laut. Und am lautesten war es zwischen 22 und 23 Uhr.

Doch wie reagierten die Betroffenen? Immerhin sind es ja die Anwohner, die in den Sommermonaten durch die Partys auf der Admiralbrücke um den Schlaf gebracht werden.

Über Reaktionen der Anwohner berichtet der Bezirk nichts, wohl aber über die Zahl der Anzeigen und Beschwerden. Beim Ordnungsamt ist in dem ganzen Zeitraum nur eine Beschwerde eingegangen, bei der Polizei dagegen waren es 53.

Die zweite Aufgabe des Lärmomats war es, durch das eingebaute Moos eine Luftfilterung zu erreichen. Darüber machte der Bezirk keine detaillierten Angaben.

Insgesamt scheint man aber beim Bezirksamt ganz zufrieden mit den Ergebnissen zu sein. In der Pressemitteilung heißt es: »Die Ziele des Bezirksamtes für das Projekt, eine Sensibilisierung und erhöhte Aufmerksamkeit für das Thema, eine detaillierte Lärmdatenerhebung sowie Luftreinigung und -kühlung wurden erreicht. Die Lärmbeschwerden im Bezirk sind rückläufig.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2024.

Ideen gegen Lärm und Müll

Preisverleihung im Kreuzberger Rathaus

Seit über zwei Jahren schwelt der Streit um die Admiralbrücke. Die einen lieben es, bei Pizza und Bier Gitarrenmusik lauschend den Sonnenuntergang über dem Landwehrkanal zu genießen, die anderen hassen die damit verbundenen Geräusch- und Müll­emis­sionen.

»Hört ihr Leut’, und lasst euch sagen, die Uhr hat viertel vor zehn geschlagen«, könnte ein moderner Kieznachtwächter allabendlich auf der Brücke singen und damit die Anwesenden humorvoll aber deutlich auf den Beginn der Nachtruhe hinweisen, schlägt Anwohnerin Jutta Ballweber vor. Ihr Vorschlag ist einer von fünf im Rahmen eines Ideenwettbewerbs prämierten Beiträgen für eine Verbesserung des Brückenklimas. Weitere Ideen sind die Verschönerung der Brücke durch Blumenbeete und Sitzgelegenheiten, ein als Kunstinstallation gestaltetes Dezibelmeter, ein Talentwettbewerb für Musiker, bei denen – angelehnt an eine Idee aus New York – Lizenzen für das Musizieren auf der Brücke verliehen werden, und die Schaffung eines alternativen attraktiven Orts, an dem nicht so viele gestört werden. Ein Sonderpreis ging an Monika Kopyczinski, die in einem fünfseitigen Papier detailliert die Problemsituation analysiert und mehrere Lösungsvorschläge ausgearbeitet hatte.

Der Ideenwettbewerb ist Teil des seit Mai laufenden Mediationsverfahrens »Streit entknoten«. Die insgesamt 500 Euro Preisgeld kommen aus dem Fördermitteltopf »Freiwilliges Ehrenamt« der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Bei der Preisverleihung im Kreuzberger Rathaus betonte Dr. Peter Beckers, Stadtrat für Wirtschaft, Bürgerdienste und Ordnungsamt, dass mit der Prämierung der Idee kein Anspruch auf Verwirklichung besteht und alle eingereichten Ideen in den weiteren Verlauf des Mediationsverfahren Admiralbrücke eingehen werden.

Nicht alle im Rathaus anwesenden waren indessen von den prämierten Ideen und dem Wettbewerb an sich angetan. Eine kleine Gruppe von Anwohnern machte ihrem Unmut über die Gesamtsituation immer wieder durch verärgerte Zwischenrufe Luft.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2010.

Brückenbauer

Mediation ist jedem Rechtsstreit vorzuziehen und Bürgerbeteiligung ist allemal eine feine Sache. Allerdings setzt Mediation voraus, dass es wenigstens zwei Konfliktparteien gibt. Genau da liegt doch das eigentliche Problem. Während des Bundestagswahlkampfs hatte sich der damalige SPD-Kandidat Björn Böhning klar gegen die allabendliche Fiesta am Landwehrkanal ausgesprochen – mit einer interessanten Begründung. Das habe ja nichts mit dem Kreuzberger Lebensgefühl zu tun, sondern sei eine Erfindung vom Reiseführer »Lonely Planet«.

Wenn erlebnishungrige Backpacker aus Dublin oder Valencia abends an der Admiralbrücke ihre Klampfe auspacken, wird eine Mediation wohl ebenso erfolgreich sein, wie ein Schild, auf dem das Wort »Schallüberträger« steht.

Insofern ist ein Ideenwettbewerb vielleicht noch das beste, was man in der Situation machen kann. Schließlich ist Kreuzberg ja die Kreativmetropole Deutschlands. Vielleicht hat ja jemand eine geniale Idee.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2010.

Gute Idee bringt bares Geld

Mediatorinnen loben Preis für Admiralbrückenbefriedung aus

Kommt nun Bewegung in den Streit um die Admiralbrücke? Im Mai wurde »Streit Entknoten – Büro für Mediation und Interkulturelle Kommunikation« vom Bezirksamt eingeschaltet, nachdem sich der Bezirk darauf geeignet hatte, den Konflikt durch eine Mediation zu lösen.

Sosan Azad und Doris Wietfeldt sollen nun erst einmal herausfinden, wo die Konfliktlinien verlaufen und wo Gespräche sinnvoll geführt werden können.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Mediation ist strikte Neutralität. Mediatoren sind dazu da, zwei Seiten miteinander ins Gespräch zu bringen, die bislang im gegenseitigen Umgang sprachlos waren.

Der Streit um die Admiralbrücke schwelt nun schon seit mehr als zwei Jahren. Zum ersten Mal drang er ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, als Stadträtin Jutta Kalepky ein Schild an der Admiralbrücke anbringen ließ. Darauf bat sie die Brückenbesucher höflich darum, die Brücke sauber zu halten, den Müll selbst zu entsorgen, ab 22 Uhr die Nachtruhe der Anwohner zu beachten und auf das Musizieren zu verzichten. Sie begründete dies mit dem denkwürdigen Satz: »Wasser ist ein guter Schallüberträger«. Das Schild hing nicht besonders lange.

Spätestens nun wurde jedem klar, dass die Admiralbrücke an lauen Sommerabenden eine der angesagtesten Feierlocations der Stadt ist.

Die Anwohner wehrten sich gegen Krach und Müll auf der Brücke, doch je höher sich der Streit aufschaukelte, desto mehr zog die eiserne Brücke im Jugendstil junge Leute zum abendlichen Sonnenuntergangs­spektakel mit Musik an. Inzwischen vergeht kaum eine Woche, an der nicht irgendein Fernsehteam an der Brücke auftaucht, um junge Menschen zu interviewen.

Einerseits ist hier eine Art Touristenattraktion entstanden, andererseits klagen die Anwohner ihr Recht auf Nachtruhe ein. Und hier wollen Sosan Azad und Doris Wietfeldt nun einen Weg finden.

Sie wählen nun eine für eine Mediation vielleicht etwas ungewöhnliche Methode: Sie haben einen Ideen-Wettbewerb ausgeschrieben. Wer glaubt, eine Methode zu kennen, den Frieden zwischen Anwohnern und Brückenbesuchern herzustellen, kann sich daran beteiligen. Die fünf besten Vorschläge werden mit 100 Euro prämiert. Das Geld kommt aus dem Resort von Wirtschaftsstadtrat Peter Beckers (SPD), der »Streit Entknoten« mit der Mediation beauftragt hat. Sechs Monate soll das Mediationsverfahren dauern.

Die Vorschläge können formlos bis zum 31. August eingereicht werden. Alle Informationen zu den Teilnahmebedingungen gibt es auf der Webseite des Mediationsbüros.

Die Mediatorinnen hoffen auf eine rege Beteiligung. »Mit dem Ideenwettbewerb haben Sie die Möglichkeit, sich für ein konfliktfreies Miteinander auf der Admiralbrücke einzusetzen und das Leben im öffentlichen Raum mitzugestalten. Die Brücke soll als Ort der Begegnung bewahrt und der verantwortungsvolle Umgang soll gefördert werden«, heißt es in einer Mitteilung der Mediatorinnen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2010.

Es geht voran

Die Bedeutung der Baucontainer im Kiez

Der Blick auf schutt­überladene Baucontainer beim Spaziergang durch den Kiez regt den Gedanken an, die Renovierung Kreuzbergs schreite voran. Da keimt die Hoffnung auf eine Zukunft in einer zentralbeheizten Altbauwohnung mit gefliestem Badezimmer, Geschirrspülmaschine und romantischer Aussicht auf die Hasenheide auf. Doch der Blick auf die Marktsituation zum Beispiel in der Bergmannstrasse lässt dieses Luftschloss zerplatzen wie eine Seifenblase. Eine solche Wohnung muss man sich heutzutage schon kaufen, dumm nur, dass sich das kaum einer leisten kann.

Wo wie hier gebaut wird steigen vermutlich bald die Mieten.

Foto: pskWo wie hier gebaut wird steigen vermutlich bald die Mieten. Foto: psk

Dass hier irgendetwas schiefläuft, fiel sogar der Wirtschaftswoche auf. Im März 2009 bescheinigte sie dem Berliner Immobilienmarkt den drittletzten Platz: Mäßige Wirtschaftskraft, sehr mäßige Standortqualität, stagnierende Sozialstruktur – alles durch die Brille des Kapitalanlegers gesehen.

Doch unverdrossen wird weiter renoviert, entmietet, die Miete erhöht und gebaut. Nun hat ein aktiv-kreativer Umgang der Kreuzberger mit gesellschaftlich wirtschaftlichen Gegebenheiten eine lange Tradition. Die Polit-Bewegung der 70er mündete fließend in die Hausbesetzer-Bewegung der 80er, die sich gegen spekulativ erzeugten Leerstand richtete, der Platz für schöne neue Betonbunker geschaffen hätte.

Paradoxerweise wird der Erfolg dieser Hausbesetzer-Bewegung dem Kiez jetzt zum Verhängnis. Das Blatt hat sich gewendet, trotz schlechter Bewertung in Kapital-Fachzeitschriften treten auf dem Kreuzberger Wohnungsmarkt vermehrt solvente Käufer auf, die schicke, szenenahe Altbau-Eigentumswohnungen zu horrenden Preisen erstehen. Aber keine Sorge, auch diese Käufer tragen ihr eigenes Paradoxon mit sich herum. Ist der Umzug ersteinmal überstanden, geht es an die Neustrukturierung des Wohnumfeldes. Wer zwischen zweihunderttausend und einer Million Euro für eine Eigentumswohnung hinblättert, toleriert keine Lärmbelästigung. Mit Hilfe des Ordnungsamtes wird genau die Szene, wegen deren Nähe der Preis gezahlt wurde, mundtot gemacht. Kiez und Kneipe berichtet seit geraumer Zeit über die einschlägigen Probleme der Wirte in dieser Hinsicht.

Trotz der aktuellen Maßnahmen zum Milieuschutz scheint der Raum für die lebendige Szene in Kreuzberg zu schwinden. Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen?

Die politischen Direktkandidaten fordern – je nach politischer Couleur – Veränderungen im Mechanismus der Vergleichsmieten (Wawzyniak), Mietpreisbindungen (Ströbele), Raumzuweisungen für Kulturschaffende (Böhning), flexiblere Handhabung amtlicher Auflagen (Löning) oder bedingungsloses Grundeinkommen (Lengsfeld). Ob irgendeine dieser Maßnahmen gegen einen Verdrängungswettbewerb wirkt, der über die Umwandlung in (oder »Schaffung von«) Eigentumswohnungen geführt wird, bleibt zu beobachten. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass überhaupt Schutzmaßnahmen durchgesetzt werden können.

Kultur und Szene werden von real existierenden, lebendigen Menschen gemacht. Falls die aktuellen Tendenzen anhalten, werden diese Menschen durch einen Typus verdrängt, der »Szene« als ein Produkt begreift, das man kaufen und konsumieren kann. Es bleibt die Frage, wie ein kreativer Umgang mit solchen Gegebenheiten aussehen könnte. Die ersten Flucht-Tendenzen nach Neukölln werden sichtbar – sollte sich die Geschichte dort wiederholen? Der gemeinschaftliche Kauf eines Bonner Stadtteils und anschließende Umwandlung à la Worpswede scheint wenig wahrscheinlich und es ist als Kreuzberger auch nicht einzusehen, weshalb man sich von seinem eigenen Publikum aus der Stadt jagen lassen sollte.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2009.

Krach um die Brücke

Bürgerdiskussion um die Admiralbrücke erneut ergebnislos

Partymeile im Wohnviertel

Foto: rspPartymeile im Wohnviertel Foto: rsp

Dienstagabend, 22 Uhr. Rund 70 feierfreudige junge Menschen sitzen neben und zwischen den schmalen Fahrspuren, teils auf den hässlichen Waschbetonpollern, teils auf dem Boden. Sie haben gute Laune, und manche haben eine Gitarre oder Bongotrommeln dabei. Als sich ein Polizeiwagen zwischen den Füßen der am Straßenrand sitzenden durchschiebt, hört der junge Mann, der eben noch rhythmisch mit einem Löffel auf einer Metallschüssel und seinem Flaschenbier herumgetrommelt hat, instinktiv auf, bis die Streife weitergefahren ist. Vom anderen Ende der Brücke schallt von einer größeren Gruppe Gesang herüber. Nebenan führen ein paar Teenager eine angeregte Diskussion, deren Inhalt allerdings in der allgemeinen Geräuschkulisse untergeht.

Kaum einer von ihnen weiß, dass bis vor zwei Stunden noch heftig über sie diskutiert wurde. Denn an den Ufern des Landwehrkanals, die hier von der Admiralbrücke miteinander verbunden werden, wohnen Menschen, die lieber schlafen wollen, als akustisch an der allabendlichen Party teilzuhaben. An jenem Dienstag trafen sie sich erneut zur Bürgerdiskussionsrunde, zu der Baustadträtin Jutta Kalepky ins Rathaus geladen hatte.

Eigentlich sollte es dabei um zwei Alternativvorschläge für bauliche Veränderungen an der Brücke gehen. Wenn Autos und Fahrräder in großer Zahl die Brücke kreuzten, so das Kalkül, würde die Aufenthaltsqualität für feierwillige Fußgänger so weit sinken, dass die nächtlichen Ruhestörer sich einen anderen Treffpunkt suchen würden.

Doch schon zu Anfang der Diskussionsrunde ruderte Kalepky zurück. Einerseits ginge es ihr gar nicht darum, das jugendliche Partyvolk komplett zu vertreiben, andererseits sei zumindest der eine der Vorschläge aus Gründen der Statik vermutlich nicht durchführbar. Für echten Durchgangsverkehr ist die Brücke, die derzeit als Spielstraße ausgewiesen ist, nämlich nicht stabil genug.

Die meisten Anwohner haben ja auch gar nichts gegen das lustige Treiben auf der Brücke – solange es denn irgendwann endet. Doch um zehn Uhr abends geht es auf der Brücke erst richtig los. »Man merkt regelrecht, wie sich das Publikum am späteren Abend verändert«, sagt eine genervte Anwohnerin, »es kommen jüngere, lautere und betrunkenere Leute.« Denen scheint die Nachtruhe der Anwohner egal zu sein. Einige Nachbarn rufen drei Mal am Abend die Polizei, doch die sorgt immer nur kurzzeitig für Abhilfe und erklärt sich ansonsten für unzuständig, von sich aus tätig zu werden.

So wurden dann auch teils abenteuerliche Ideen in die Diskussion geworfen. »Wäre die Straße keine Spielstraße«, so ein Anwohner, »könnte die Polizei gegen die auf der Straße sitzenden vorgehen.« Auch über ein Alkoholverbot wie auf dem Alexanderplatz oder eine uhrzeitabhängige Spielstraßenregelung wurde diskutiert.

Für einigen Unmut sorgte dann allerdings die von einem SPD-Abgeordneten der BVV zutage geförderte Presseerklärung der Grünen, in der bauliche Veränderungen kategorisch ausgeschlossen werden. »Es ist verkehrspolitischer Quatsch, wenn man die Geräusche der Brückenbesucher durch Lärm von neuem Durchgangsverkehr ersetzt«, wird darin Kalepky zitiert. Pikant daran ist, dass die Presseerklärung vorgibt, das Ergebnis der Diskussionsrunde wiederzugeben, obwohl sie bereits im Vorfeld veröffentlicht wurde. Viele Anwohner stellen sich jetzt die Frage, ob ihre Anregungen zu alternativen Umbau- und Umgestaltungsmaßnahmen in der weiteren Planung überhaupt berücksichtigt werden. Sicher scheint aber, dass sich an der derzeitigen Situation in nächster Zeit nichts ändern wird.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2009.