Schlechte Aussichten für die gute Aussicht

Schöneberg setzt den Bewohnern der Eylauer Straße Eigentumswohnungen vor die Nase

Nur noch Brennholz. Foto: BI Viktoriakiez

Am Bahngraben zwischen Kolonnen- und Monumentenbrücke kreischen die Kettensägen. Die Bäume sollen Wohnhäusern weichen, und zwar zunächst je einem Eckhaus an der Monumenten- und Dudenstraße. Später sollen die Eckhäuser durch einen geschlossenen Riegel von weiteren Häusern verbunden werden, an die 30 Meter hoch, fast 300 Meter lang. Über 200 Eigentumswohnungen sollen hier entstehen, die dann laut einem Bericht der »taz« für Quadratmeterpreise zwischen 2.700 und 4.000 Euro verkauft werden sollen.

Zwar liegt das Gelände »am Lokdepot« – so der Name des Bauprojekts, für das die Projektentwicklungsgesellschaft UTB verantwortlich zeichnet – auf Schöneberger Gebiet, aber die Auswirkungen werden wohl zunächst Kreuzberger zu spüren bekommen.

Die Bewohner der Eylauer Straße wollen sich nicht damit abfinden, dass ihre luftigen, sonnigen, zur Bahntrasse offenen Hinterhöfe bald von einem »Betonklotz«, verschattet werden, und haben bereits 2010 die Bürgerinitiative »Eylauer Straße im Viktoriakiez« gegründet. Damals nämlich wurden die ersten Pläne bekannt, die die Bebauung des Geländes vorsahen, und eigentlich hatte es Ende 2010 so ausgesehen, als wäre das Thema vom Tisch, denn die Mehrheit der BVV Tempelhof-Schöneberg hatte sich gegen das Projekt ausgesprochen.

Ende 2011 aber wurde ohne weitere Einbeziehung der Politik oder der Bürger vom Leiter des Schöneberger Stadtentwicklungsamtes, Siegmund Kroll, eine Baugenehmigung für die beiden Eckhäuser erteilt. Kroll berief sich dabei auf §34 des Baugesetzbuches, der dies beim Einfügen in »die Eigenart der näheren Umgebung« und einer gesicherten Erschließung« auch ohne Bebauungsplan zulässt. Experten aus dem Umfeld der Bürgerinitiative zweifeln an, dass dieser Paragraph hier greift.

Die Gerüchteküche im Kiez munkelt, die Zusage des neuen Investors, die über die letzten Monate auf dem Gelände gewachsene illegale Mülldeponie auf seine Kosten zu beseitigen (es ist die Rede von bis zu 80.000 Euro), habe den Ausschlag gegeben, dass die Baugenehmigung so schnell und unbürokratisch erteilt wurde.

Nicht einmal das Juchtenkäferargument zieht

Dementsprechend war die gemeinsame Sitzung der Stadtplanungsausschüsse von Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg Anfang Februar so gut besucht, dass die Sitzplätze knapp wurden.

Als dann der Schöneberger Ausschussvorsitzende Reinhard Janke (SPD) aufgrund der fortgeschrittenen Zeit (zuvor war bereits über das ähnlich kontroverse Bauprojekt »Hellweg-Baumarkt« am Yorckdreieck verhandelt worden) einer Bürgerin aus der benachbarten Anwohnerinitiative »Flaschenhals/Bautzener Straße« das Rederecht verweigerte, war die Empörung groß. Anders als die Friedrichshain-Kreuzberger schreibt nämlich die Tempelhof-Schöneberger BVV-Geschäftsordnung kein grundsätzliches Rederecht für Gäste fest.

Der Schöneberger Bezirksverordnete Michael Ickes (Piraten) fand eine kreative Möglichkeit, diese Entscheidung zu unterlaufen und wiederholte jeden Satz der Bürgerin als eigenen Redebeitrag. Dies veranlasste Versammlungsleiter Janke dazu, die Sitzung abzubrechen.

Derselbe Pirat Ickes zog dann wenig später die Artenschutzkeule und formulierte einen Antrag an die BVV Tempelhof-Schöneberg, in dem er die Aussetzung der bauvorbereitenden Baumfällgenehmigung forderte, und zwar aus Rücksicht auf die in den Kellern der Eylauer Straße überwinternden Fledermäuse, die bei größeren Temperaturschwankungen gerne ihre Quartiere zu wechseln und in Baumhöhlen einzuziehen pflegen.

Aber Berlin ist nicht Stuttgart, und Fledermäuse sind keine Juchtenkäfer, und so war dieser Versuch nicht von Erfolg gekrönt. Zunächst wurde der Antrag in den für Fledervieh zuständigen Ausschuss für Verkehr und Grünflächen überwiesen, und auf der am 21. Februar in der Robert-Blum-Schule stattfindenden Informationsveranstaltung wurde nur noch lapidar verlautbart, dass der hinzugezogene faunistische Gutachter keine Fledermäuse wahrgenommen habe und im Übrigen auch die auf dem Gelände nistenden Singvögel gleichwertigen Wohnraum in der Nachbarschaft finden würden.

Zwei Tage nach der Informationsveranstaltung kamen die Bagger und Kettensägen und schufen vollendete Tatsachen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom März 2012.

Bürgerdeputierte und Baumscheibenvandalen

Jeden letzten Mittwoch im Monat tagt die BVV Friedrichshain-Kreuberg, und seit Neuestem müssen kommunalpolitisch interessierte Menschen nicht einmal mehr die heimische Wohnküche verlassen, wenn sie wissen wollen, welche Themen im Bezirksparlament verhandelt werden. Auf Initiative der Piratenfraktion werden nämlich alle BVV-Sitzungen live als Audiostream im Internet übertragen und auch aufgezeichnet.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2012.

Bethanien brennt

Bei einem Brand im ehemaligen Schwesternhaus des früheren Bethanienkrankenhauses am Mariannenplatz sind am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages 12 Personen verletzt worden. Gegen sieben Uhr ging der Alarm bei Feuerwehr und Polizei ein. Noch ehe die Rettungskräfte eingetroffen eintrafen, waren zwei Männer im Alter von 32 und 44 Jahren in Panik aus dem ersten Stock des Gebäudes gesprungen und hatten sich dabei Knochenbrüche zugezogen. Im dem Gebäude leben 40 Menschen, doch wegen einer Weihnachtsfeier am Vorabend hielten sich wesentlich mehr Personen in dem Haus auf. Zehn Verletzungsopfer wurden mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert.

Zehn neue Sendungen zum Jubiläum

Ziemlich schnöde hatte sich der rbb vor drei Jahren von seinem Programm Radio Multikulti verabschiedet. Doch so einfach wollten Mitarbeiter und Freunde des mehrsprachigen Programms den erzwungenen Abschied nicht hinnehmen. Mit rund 30 Mitstreitern hob Brigitta Gabrin vor drei Jahren radio multicult aus der Taufe, zunächst nur als Radio im Netz, doch bald wieder mit einer richtigen Frequenz.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2011.

Messerattacke in der Yorckstraße

Lebensgefährliche Stichverletzungen fügten mehrere Unbekannte einem Mann am Sonntagnachmittag zu. Der 28-Jährige befand sich bisherigen Erkenntnissen zufolge gegen 17:10 Uhr auf dem Gehweg der Yorckstraße, als er von mehreren Personen attackiert […]

Ein vergiftetes Geschenk

Auf dieses Geschenk wird der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gerne verzichten. Ob er es kann steht auf einem anderen Blatt. Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU haben nämlich ein überraschendes Zwischenergebnis gebracht. Auf der Temeplhofer Feld soll eine neue Bibliothek entstehen, eine Metropolbibliothek.