Urbane Mitte macht mobil

Widerstand gegen Hochhausprojekt am Gleisdreieckpark

Gleisdreieckpark mit 3D-Modell der geplanten HochhäuserEinschüchternde Skyline: So sehen die Gegner das Projekt. Fotomontage: KJD/Gleisdreieck-Blog

Ein Gespenst geistert um den Gleisdreieckpark, ein ziemlich großes sogar. Fast 100 Meter soll es messen. Sein Name: Urbane Mitte. Zwischen Park und Technikmuseum sollen insgesamt sieben Gebäude entstehen. Zwei von ihnen sollen die stattliche Höhe von 90 Metern erreichen, und am Ende stehen 100.000 Quadratmeter zur Verfügung – für Büros. Wohnungen sind nicht geplant.

Dagegen formiert sich inzwischen ein breiter und massiver Widerstand. Die Bauten, so fürchten viele Kritiker, könnten die Lebensqualität im Park nachhaltig beeinträchtigen.

Das Aufbegehren kommt allerdings ziemlich spät. Denn an den Plänen wird seit Jahren gebastelt. Bereits 2014 begann das Werkstattverfahren. 2018 wurde das ganze Projekt in einen nördlichen und einen südlichen Teil getrennt.

Spätestens mit der Einweihung des temporären Labs B-Part vor knapp zwei Jahren war im Grunde klar, wohin die Reise geht. Doch richtigen Protest hatte es in den letzten Jahren kaum gegeben. Der artikulierte sich erst in den letzten Wochen, als die Pläne für das Baufeld Süd ausgelegt wurden.

Das Areal im heutigen, unbebauten Zustand. Foto: KJD/Gleisdreieck-Blog

Entsprechend zurückhaltend ist denn auch der Baustadrat von Friedsrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, wenn es darum geht, ob das Bauvorhaben noch gekippt werden kann. Gegenüber dem Berliner Tagesspiegel erklärte er: »Wer das grundsätzlich in Frage stellt, muss sich mit erheblichen Entschädigungen auseinandersetzen, die vom Land Berlin aufzubringen wären.«

Dennoch verweisen die Kritiker auf eine ganze Menge Argumente, die gegen das Vorhaben sprechen. Dass zum Beispiel die typische Kreuzberger Mischung, die ortsnahes Arbeiten und Wohnen miteinander verbindet, bei dem großen Projekt keine Rolle spielt, ärgert viele Kritiker, ebenso wie die Tatsache, dass für den Bauherrn elementare baurechtliche Regeln keine Rolle spielen, wie etwa die Traufhöhe von 22 Metern.

Neues Quartier rund um einen Verkehrsknotenpunkt

Doch die eigentliche Empörung wird durch das Bauvolumen entfacht. Die Hochhäuser würden einen Teil des Parks verschatten, ihre schiere Größe die Landschaft verschandeln. Hinzu kommen die üblichen Bedenken in Sachen Naturschutz: Bäume verschwinden, der Vogelwelt gehen Nistplätze verloren, und es gibt Befürchtungen, dass sich das Mikroklima verändern könnte.

Die Bauherren halten dagegen, dass hier Raum für 3000 Arbeitsplätze geschaffen werde. In einem dreieinhalbminütigen Präsentationsvideo weisen sie gleich eingangs darauf hin, dass das Projekt zusammen mit der Stadt und der Nachbarschaft entwickelt worden sei. Von einem »Lebendigen Brückenkopf mitten in der Stadt« ist die Rede, der die Innenstadtbezirke miteinander verbinde.

Viel wird in dem Video über Natur und Mobilität gesprochen. Tatsächlich gruppieren sich die Gebäude des neuen Quartiers um ein Verkehrskreuz des öffentlichen Personen-Nahverkehrs. So soll hier auch ein S-Bahnhof für die geplante S-Bahn 21 enststehen, die dadurch an die U-Bahnlinien 1, 2 und 3 angeschlossen wird.

Als »Stadtquartier der Zukunft« bezeichnen die Planer ihr Projekt in ihrer Präsentation. Doch bis zur Zukunft ist es noch ein paar Jährchen hin. Zunächst sollen die beiden Gebäude im Baufeld Süd errichtet werden. Mit der Fertigstellung wird in den Jahren 2025 oder 2026 gerechnet.

Erschienen in der gedruckten KuK vom März 2021.

O sole mio!

Viele Menschen verlassen dieser Tage – vernünftigerweise – kaum mal die eigenen vier Wände, außer um einzukaufen oder sich vielleicht die aktuelle Ausgabe der Kiez und Kneipe (die es übrigens auch online gibt!) vor der Redaktion abzuholen. Und wenn man so aus dem Fenster schaut, dann wirkt das trübe Wetter auch nicht gerade einladend für längere Aufenthalte im Freien. Kaum mal scheint die Sonne für mehr als ein paar Stunden am Tag. Und doch ist sie da und der Erde näher als im Hochsommer – nur, dass sie derzeit vor allem die Südhalbkugel anstrahlt. Wir wollen Euch trotzdem ein wenig Sonne in die Wohnungen zaubern und widmen unsere Mittelseiten diesen Monat dem Thema Sonne.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2021.

Digitalisierungsprobleme

Noch vor nicht allzu langer Zeit wurden Video­kon­fe­ren­zen eher belächelt und Livestreaming galt vielen als Medium der Generation YouTube, nicht jedenfalls als ernstzunehmende Bezugsquelle von Kulturellem oder Informativem. Doch die Zeiten haben sich geändert: Der Umgang mit Video­kon­fe­renz­sys­te­men hat breite Schichten der Bevölkerung erreicht, und Livestreaming gibt es gewissermaßen auf allen Kanälen, von Kabarettbühne bis Philharmonie.
Und so hätte an dieser Stelle eigentlich eine Erlebnisreportage über eine Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung gestanden, die Ende Januar als Videokonferenz stattfand und live via YouTube übertragen wurde. Mit zwei Anträgen zur Abwahl von Bezirksstadtrat Florian Schmidt hätte auch ein Thema auf der Tagesordnung gestanden, das umso dringlicher nach der ohnehin vorgeschriebenen Öffentlichkeit verlangt hätte.
Doch die Öffentlichkeit wollte sich nicht herstellen lassen. Eine knappe Stunde lang verfolgten die anfangs um die 50 Zuschauer die verzweifelten Bemühungen, die Technik irgendwie an den Start zu kriegen. Immer wieder brach der Stream ab und wurde – unter einer neuen Adresse – neu gestartet. Bis kurz vor Schluss war kaum mal ein Wort zu verstehen, und auch was man auf dem Bildschirm zu sehen bekam – ein pixeliges Bewegtbild mit einem Neuntel der Auflösung eines halbwegs zeitgemäßen Fernsehers – gab kaum Anlass zur Hoffnung. Als dann endlich wenigstens der Ton funktionierte, hatte der Ältestenrat beschlossen, die noch offenen Tagesordnungspunkte später nachzuholen. Bis auf die Beschlussfassung zur sogenannten Konsensliste und die Bestätigung der Tagesordnung waren das: alle – inklusive, wohlgemerkt, der offenen TOPs der letzten Sitzung, die im Dezember wegen nicht funktionierender Technik vertagt wurde.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2021.

Kostenlose medizinische Masken für Bedürftige

Ab Dienstag werden auch im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die vom Senat zur Verfügung gestellten Schutzmasken kostenlos an Bedarfsberechtigte verteilt. Berechtigt sind Empfänger*innen von ALG II, von Leistungen der Grundsicherung, der Hilfe zum Lebensunterhalt, von Hilfen zur Pflege, von Wohngeld sowie Empfänger*innen von Eingliederungshilfen. Auch Empfänger*innen des Kinderzuschlags und von BAföG erhalten kostenlos Masken. Die Ausgabe der Masken, die durch Netzwerkpartner des Bezirks erfolgt, ist auf fünf Stück pro Person begrenzt. Die Berechtigung muss durch Vorlage des BerlinPass oder eines aktuellen Leistungsbescheids nachgewiesen werden.

»Schluss mit Bürgermeisterei«

Schon vor über einem Jahr hatte Monika Herrmann angekündigt, dass sie bei der Berlin-Wahl 2021 nicht mehr für das Amt der Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg kandidieren werde. Damals klang das nach Rückzug aus der Politik, doch inzwischen ist klar, wo die Reise hingehen soll: ins Abgeordnetenhaus.

Eine Karriere in einem Leitungsjob, etwa als Senatorin, schwebt Herr­mann indessen nicht vor. »Wenn ich das wollte, könnte ich auch im Bezirk bleiben«, erklärt sie im Gespräch mit der KuK. Nach 15 Jahren als Bezirksstadträtin und (seit 2013) -bürgermeisterin sei »dann auch mal Schluss mit Bür­ger­meis­terei«.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2021.

Unterschiedliche Perspektiven auf ein komplexes Problem Raumnutzungskonflikte am Südstern und im Graefe-Kiez / von Veit Hannemann

Nach einer Informationsveranstaltung zum Drogenkonsum rund um den Südstern mit der Berliner Polizei im August wurden am 27. Oktober andere Perspektiven des Themas beleuchtet. Unter dem Titel »Drogenkonsum, Obdachlosigkeit und Raumnutzungskonflikte« stellten Mitarbeiterinnen von Fixpunkt und Gangway ihre Arbeit vor. Die Suchthilfekoordinatorin des Bezirks, Romy Kistmacher, schilderte ihre Zuständigkeiten und aktuelle Veränderungen bei Unterstützungsleistungen für Dro­gen­kon­su­ment*innen.

Eingeladen hatten das Nachbarschaftshaus Urbanstraße und die BürgerGenossenschaft Südstern e.V. anlässlich zunehmender Raumnutzungskonflikte und des Wunsches vieler Bewohner*innen, besser zu verstehen, wer mit welchen Zuständigkeiten agiert und wie sie selbst in ihrer Nachbarschaft unterstützend wirken können.

Wo Bächlein durch Straßen fließen

Ein Bächlein, das die Straße aufhübscht, scheint eine ziemlich revolutionäre Idee. Ist sie das? In Freiburg im Breisgau wurden die »Bächle«, die heute zum Stadtbild gehören, vor exakt 800 Jahren zum ersten Mal urkundlich erwähnt, sind tatsächlich aber schon knapp 1000 Jahre alt. Im Gegensatz zur Kreuzberger Bergmannstraße, wo der kleine Wasserlauf nur ein paar hundert Meter lang sein soll, plätschern in Freiburg die Bächlein fast 16 Kilometer durch Freiburgs Straßen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2020.