Kisch & Co kämpft gegen Verdrängung

Auch nGbK e.V. und Museum der Dinge sind mittelfristig bedroht

Kundgebung vor der Oranienstraße 25 in KreuzbergGut 150 Menschen demonstrierten Ende Juni für den Erhalt der Buchhandlung Kisch & Co. Foto: rsp

Gut 150 Menschen kamen Ende Juni zu einer Kundgebung vor der Oranienstraße 25 zusammen. Die dort seit 23 Jahren ansässige Buchhandlung Kisch & Co ist akut von Verdrängung bedroht. Nachdem Verhandlungen über eine Mietvertragsverlängerung mit dem neuen Hausbesitzer, einem anonymen luxemburger Immobilienfonds, gescheitert waren, steht der Buchladen seit Anfang Juni ohne Mietvertrag, aber dafür mit Räumungsaufforderung da.

Schon nach dem letzen Eigentümerwechsel hatten Buchhändler Thorsten Willenbrock und sein Kompagnon Frank Martens das Ende vor drei Jahren nur durch eine Mieterhöhung auf 20 Euro pro Quadratmeter abwenden können. Eine Verlängerung zu gleichen oder gar besseren Konditionen kam für den neuen Eigentümer offenbar nicht infrage. Dem ebenfalls im Haus ansässigen Architekturbüro kleyer.koblitz wurde jedenfalls eine Quadratmetermiete von 38 Euro angeboten.

Tatsächlich hatte man der Buchhandlung zwar eine leicht reduzierte Miete angeboten, verbunden aber mit dem definitiven Aus zum 31. Dezember – und einer Verschwiegenheitsklausel sowie der Verpflichtung, auf YouTube und gegenüber Politik und Presse Positives über das Entgegenkommen zu berichten – ein Ansinnen, das bei der Kundgebung für amüsiertes Kopfschütteln sorgte, als Willenbrock die Klausel verlas.

»Wir wollen uns nicht vertreiben lassen, wir wollen hierbleiben«, erklärte er unter Applaus und rief auch andere von Verdrängung akut bedrohte Gewerbemieter dazu auf, dem Beispiel der Buchhandlung nachzueifern.

Kommentar: Hauptsache nicht in aller Stille

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2020.

Die Nacht ist nicht lang genug

Man kann über die Corona-Pandemie und die Social-Distancing-Maßnahmen sagen, was man will, aber zu einem waren sie immerhin gut: Ich konnte mich endlich einmal mit dieser DVD-Box beschäftigen, die vor ein paar Monaten im Sonderangebot war: eine vollständige Sammlung sämtlicher James-Bond-Filme, die bislang erschienen sind und von denen ich tatsächlich einige noch nicht kannte.

Der Film-Marathon brachte im Wesentlichen drei Erkenntnisse:

Erstens: Eigentlich gibt es nur ein bis zwei wahre Bond-Darsteller.

Zweitens: Das ist aber egal. Heutzutage darf offenbar jeder Bond spielen.

Drittens: Die Handlung ist eigentlich genauso beliebig wie die Besetzung.

Aus all dem folgt zwingend, dass es auch genauso gut einen Kreuzberger Bond-Ableger geben könnte, um nicht zu sagen: sollte.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2020.

»Dieses Homeoffice-Gefühl ist eigentlich ganz angenehm«

Die Maßnahmen zur Eingrenzung der Corona-Pandemie haben viele Menschen vor ganz neue Herausforderungen gestellt, vor allem, wenn es darum geht, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Doch während Arbeiten im Homeoffice und Videokonferenzen zumindest in einigen Branchen kein absolutes Neuland sind, funktioniert Schulunterricht meistens noch ziemlich analog und vor allem: vor Ort und in oft gro­ßen Gruppen – ein Ding der Unmöglichkeit in Zeiten von Corona.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2020.

Eine Geschichte der Aufmüpfigkeit

Jürgen Enkemann kann wohl mit gutem Gewissen als »Kreuzbergversteher« bezeichnet werden. 1963 zog er nach Abschluss eines philologischen Studiums von Göttingen nach Kreuzberg und blieb dort. Als Mitbegründer und Mitglied zahlreicher Ini­tiativen im Bezirk und Herausgeber des Kiezmagazins »Kreuzberger Horn« (seit 1998) hat er viele der Ereignisse und Entwicklungen selbst miterlebt und mitgestaltet, von denen er in seinem jetzt im vbb verlag für berlin-brandenburg erschienenen Buch berichtet.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2020.

They’re talkin’ about an isolation

Ich bin bei dieser Zeitung gewiss nicht derjenige, der für Verschwörungstheorien verantwortlich zeichnet, aber beim Thema Corona muss ich dann doch mal die entscheidende Frage stellen: Cui bono? Wem nützt es? Die Antwort ist einfach: Leuten wie mir.

Während soziale Distanz und Isolation, Nudel- und Klopapier-Engpässe, geschlossene Kneipen und offene Rechnungen für Otto Normalverbraucher zunehmend zum Problem werden, gibt es auch Profiteure der Krise: Lesebühnenautoren und Kiezzeitungskolumnisten. Corona sei Dank können sie endlich schreiben, was noch nie jemand wissen wollte: Was für ein ödes Leben sie zu Hause in den eigenen vier Wänden führen. Wie der erste Brotbackversuch gelaufen ist. Was sie im Supermarkt gekauft haben und was nicht. Wie ihrer Meinung nach das Wort »Quarantäne« ausgesprochen wird. Wie gut die erste Videokonferenz geklappt hat. Was sie bei Netflix gesehen und auf Facebook gelesen haben.

All das haben wir Alltagsschreiber zwar schon immer geschrieben, aber erst die Krise adelt die belanglose Beobachtung zur pointierten Pulsmessung der Zeit. Geistloses wird zur Gesellschaftskritik, Genretext zur Gegenwartsliteratur.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Mai 2020.

»Wir lassen uns nicht unterkriegen!«

Kreuzberger Geschäfte, Restaurants, Kneipen und Selbstständige leiden unter dem Corona-Virus

Die wegen des Corona-Virus erlassene Kontaktsperre trifft in Kreuzberg viele Geschäfte, Restaurants, Cafés, Ateliers und Kulturschaffende sehr hart. Nur wenige Läden bleiben geöffnet. Die KuK hat sich umgesehen und umgehört.

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2020.